Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Ägypt. König
Band III,2 (1899) S. 22362238
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Cheops (Χέοψ, nur in den Casus obliqui belegt), ägyptischer König, der die grösste der drei berühmten Pyramiden beim heutigen Dorfe Gizeh erbaut hat, Herod. II 124ff. Schol. Clem. Alex. IV 113 ed. Klotz, bei Diodor (I 63) Chemmis genannt, entspricht dem zweiten König der vierten Dynastie Σοῦφις Manethos nach African. bei Syncell. p. 56 D (bei Euseb. ebd. p. 57 C irrig als der dritte bezeichnet, weil bei Manethos der Nachfolger des Ch. ebenfalls Suphis genannt war) und dem fünfzehnten König der Liste des Eratosthenes Σαῶφις (FHG II 548f. Lepsius Königsbuch Quellent. 6–7). Der ägyptische Name, der sich auch mit roter Farbe auf Blöcken der Pyramide aufgeschrieben findet (Lepsius Denkm. II 1) und in den sie umgebenden Gräbern von Angehörigen und Dienern des Königs oft genannt wird (Lepsius Denkm. II 18–34), ist Ḫwfw (Herod. Χέοψ), woraus in der Ptolemaeerzeit durch den gewöhnlichen Übergang des ch (ḫ) in sch (š) wohl Šwfw (Maneth. Σοῦφις, Eratosth. Σαῶφις) geworden war; die Aussprache des Namens ist unbekannt. Die von dem Glossator des Eratosthenes gegebene Übersetzung des Namens κωμαστής, κατὰ ἐνίους δὲ χρηματιστής ist einstweilen nicht controllierbar. In Herodots wunderlicher [2237] Chronologie ist der König an eine ganz falsche Stelle geraten, hinter den der zwanzigsten Dynastie angehörenden König Rampsinitos; auch bei Diodor ist Chemmis der achte Nachfolger des Remphis, der demselben Könige entspricht. Demgemäss wird von Diodor das Alter der Pyramiden nur auf ,nicht weniger als 1000 Jahre‘ angegeben; doch teilt er daneben noch eine andere Schätzung mit, nach der sie mehr als 3400 Jahre vor seiner Zeit erbaut sein sollten, eine Zahl, die so wenig abgerundet ist, dass sie offenbar auf einer genaueren Berechnung beruhte. Sie ist zwar vielleicht etwas zu hoch gegriffen, kommt der Wahrheit aber doch bedeutend näher, denn später als in den Anfang des dritten vorchristlichen Jahrtausends wird man die Erbauung der grossen Pyramiden nicht setzen dürfen. Über die Dauer der Regierung des Ch., die Herodot und nach ihm Diodor auf 50, Africanus in seinem Auszuge aus Manethos gar auf 63, Eratosthenes auf 29 Jahre angeben, ist nichts bekannt, doch scheinen die beiden ersten Zahlen aus gewissen Gründen zu hoch zu sein (s. Meyer Gesch. d. Altert. I § 76). Das Hauptdenkmal aus der Regierung des Ch. ist seine Pyramide, die einstmals seine Leiche barg, jetzt aber nur noch den geöffneten leeren Sarg enthält. Sie ist nicht nur die erste wirkliche Pyramide, die sich ein ägyptischer König als Grabmal erbaute, sondern übertrifft auch alle anderen an Grösse bedeutend; sie ist das beredteste Zeugnis für die Macht ihres Erbauers, und ihr ist es gelungen, seinen Namen noch bis in unsere späten Zeiten lebendig zu erhalten. Näheres über sie s. unter Πυραμίδες. Die drei kleinen Pyramiden, die vor ihrer Ostseite liegen, waren nach Diod. I 64 für Angehörige des Königs bestimmt; Herod. II 126 erzählt, die mittlere sei von der Tochter des Königs, die sich auf seinen Befehl prostituieren musste, erbaut worden; eine in der Nähe gefundene Inschrift aus späterer Zeit bestätigt, dass die südlichste einer Tochter des Ch. Namens Ḥntsn gehörte (Mariette Monuments divers 53). Sonst haben sich nur noch im Tempel von Bubastis Bauteile aus seiner Zeit gefunden; der Bau des Tempels von Denderah und eines Tempels der Isis bei den Pyramiden wird ihm in späteren Inschriften zugeschrieben. Im Wadi Magharah auf der Sinaihalbinsel zeigt ihn ein Felsrelief die dort ansässigen Beduinen vernichtend und bezeugt so seine Herrschaft über dieses für die Ägypter wegen der Kupferminen wichtige Gebiet (Lepsius Denkm. II 2). Von dem Ruf der Gottlosigkeit und Tyrannei, in dem Ch. bei Herodot und den späteren griechischen Schriftstellern steht, die ihm alles mögliche Schlechte nachsagen (Diod. a. a. O. Maneth. a. a. O. Themist. or. V 68 b), hat sich in den ägyptischen Denkmälern keine Spur gefunden. Unter seinen Nachfolgern sowie unter der folgenden Dynastie wird sein Totencult eifrig gepflegt, und als man nach etwa zweieinhalb Jahrtausenden zur Zeit der Psammetiche die ausgeraubten Pyramiden wieder herstellte, wurde ihm ebenso wie den andern alten Königen der, wie es scheint, mittlerweile längst eingeschlafene Cult erneuert. Im 10. Jhdt. v. Chr. wie zur Ptolemaeerzeit werden ihm, wie erwähnt, Tempelbauten an verschiedenen Orten Ägyptens nachgesagt. Alles [2238] dies spricht entschieden dagegen, dass er den späteren Ägyptern für einen Gottesverächter galt; ebenso auch, wenn wir bei Africanus lesen, dass er der Verfasser eines heiligen Buches gewesen sei, das die Ägypter noch zu Africanus Zeit sehr hoch schätzten und das dieser selbst erwarb. So muss es fast scheinen, als ob die Sage von der Schlechtigkeit des Königs nicht bei den Ägyptern, sondern bei den Griechen entstanden sei. Sie könnte wohl ein Ausfluss des nüchternen Urteils über den Wert der Pyramiden sein, dem wir bei Plin. n. h. XXXVI 75. 79 begegnen, dass sie nämlich nur Producte thörichter Eitelkeit der Könige, ohne Nutzen für das Volk, das diese Riesenarbeit leisten oder durch Aufbringung der Kosten ermöglichen musste, seien. Den Ägyptern, die keinen höheren Wunsch kannten, als dass ihr Name ,leben‘ bleibe, lag ein solcher Gedankengang gewiss gänzlich fern, ihnen musste die grosse Pyramide, die diesen Zweck eines Denkmals so glänzend erreicht hatte, vielmehr Gegenstand der grössten Bewunderung sein. Vor dem phantastischen Buch von Lauth ,Chufus Bau und Buch‘ sei gewarnt.

[Sethe. ]