Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Im röm. Privatrecht
Band III,2 (1899) S. 18091811
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Causa bedeutet im römischen Privatrecht insbesondere 1) einen rechtlich wichtigen Sachverhalt. Dig. L 16, 23 rei appellatione et causae et iura continentur. Darauf beruht die häufige Wendung causa cognita, d. h. nach vorheriger Untersuchung der Sachlage. Dig. III 3, 13. 40 pr. XLI 2, 2, 23 in fine. Gai. IV 118 und sonst vielfach (vgl. hierüber Pernice Zeitschrift der Savignystiftung, Rom. Abt. XIV 144). Daher bezeichnet causa sehr häufig die Processsache, so Dig. III 3, 14 und an vielen andern Stellen, insbesondere in der Wendung causa cadere (s. d.) oder causa maior bezw. minor (vgl. Puchta-Krüger Inst. I10 520 § 171 d). Causa bedeutet demnach auch zuweilen so viel wie casus, vgl. Dig. XX 2 rubr.: in quibus causis pignus vel hypotheca tacite contrahitur. Auch die omnis causa rei, die in wichtigen Fällen neben der Sache selbst einem Anspruchsberechtigten herausgegeben werden muss (Dig. XII 1, 31 pr.), z. B. entgangene Früchte und dergl., bestimmt sich nach einem bisherigen Sachverhalte, der dem Kläger nachteilig war und für den Schadenersatz zu leisten ist. Dig. VI 1, 20: ut et causa rei restituatur, id est ut omne habeat petitor, quod habiturus foret, si eo tempore, quo iudicium accipiebatur, restitutus illi homo fuisset. Dig. XXII 1 rubr. Auf einen Sachverhalt deuten unter anderen auch hin Gai. I 138. Dig. I 8, 6 pr. IV 5, 3, 1. XVIII 1, 67; vgl. auch die causa tigni (d. i. die Thatsache eines vorhandenen Balkens), Dig. VIII 2, 20 pr. In gleichem Sinne heisst die milde Stiftung pia causa, Cod. I 2, 19, da eine solche auf einem Sachverhalte, einer Vermögensverwaltung zu einem festgesetzten Zwecke, beruht (vgl. Pernice Labeo I 254ff.). Ausserdem bedeutet C. 2) eine rechtlich bedeutsame Ursache, also ein Ereignis oder ein Thatbestand, durch den die Entstehung oder die Fortdauer einer bestimmten Sachlage oder ein bestimmtes Ereignis hervorgerufen wird. Dieser einfache Grundbegriff kehrt in mannigfachen Wendungen wieder. So gehört zu den Ursachen eines Sachverhaltes die causa possessionis Dig. XLI 2, 3, 4, d. i. die Vorgeschichte eines Besitzerwerbes, von der abhängt, ob jemand eine Sache im eigenen oder fremden Namen besitzt. Dig. XLI 2, 3, 19: Nemo sibi causam possessionis mutare potest, vgl. hierzu Karlowa Römische Rechtsgeschichte II 312ff. 331ff. Zu den Ursachen rechtlicher Folgen gehören die causae dominii adquirendi Dig. XLI 2, 10, 5 (vgl. hierzu über die causa adiecta und causa superveniens Dernburg Pandekten⁵ I 360 § 151, 3) und die causae ex quibus obligationes nascuntur Inst. I 21 pr. Eine besondere Art dieser Erwerbsursachen sind die causae lucrativae, s. Concursus duarum causarum lucrativarum und Karlowa Röm. Rechtsgeschichte II 402.

Zu den rechtlich wichtigen Ursachen, die nicht sowohl die Entstehung als vielmehr den Fortbestand von Rechten nach sich ziehen, gehört die perpetua causa, die eine Grunddienstbarkeit haben muss, d. h. ein dauerndes oder immer wiederkehrendes [1810] Bedürfnis, dem sie dient (Dig. VIII 2, 28. VIII 1, 15 pr. Weber Ztschr. der Savignystiftung, Rom. Abt. XIV 290), ferner die pignoris causa, d. i. eine noch nicht oder doch noch nicht völlig befriedigte Hauptschuld, für die das Pfand haftet, Dig. XXI 2, 65.

Unter den rechtlich wichtigen Ursachen einzelner Ereignisse sind von besonderer Wichtigkeit die causae der Veräusserungs- und Verpflichtungsgeschäfte (causae alienandi, Karlowa Röm. Rechtsgeschichte II 417ff., oder sese obligandi) z. B. die causa traditionis Dig. XLI 1, 31 pr. oder promissionis XXII 3, 25, 4. Es ist hierbei in der Regel nicht an alle Thatsachen gedacht, die das Veräusserungs- und Verpflichtungsgeschäft nach sich gezogen haben. Nur ausnahmsweise heisst auch der rechtlich unerhebliche Beweggrund C., z. B. Inst. II 20, 31. In der Regel bedeutet causa bei Veräusserungen und Versprechen nur den rechtlich wichtigen Beweggrund, nämlich eine solche Voraussetzung, von deren Vorhandensein, Eintritt oder Fortdauer der Urheber des Rechtsgeschäftes den Eintritt oder den Fortbestand der Geschäftsfolgen ausdrücklich oder stillschweigend abhängig macht. Dahin gehört namentlich eine Bestimmung darüber, ob ohne Entgelt oder gegen ein bestimmtes Entgelt die Veräusserung oder Verpflichtung wirksam werden soll, z. B. die causa donationis. Dig. XXXIX 5, 2, 7. Manche Rechtsgeschäfte, z. B. der Kauf, setzen bei ihrem Abschlusse eine Äusserung über die C. der übernommenen Verpflichtung oder bewirkten Veräusserung voraus, andere, die sog. abstracten Geschäfte, sind auch ohne den Nachweis einer derartigen Äusserung gültig und verbindlich, s. Mancipatio und Stipulatio. Wo eine causa alienationis sive promissionis erklärt ist, da bildet sie mit dem Veräusserungs- und Verpflichtungsacte selbst zusammen die causa adquirendi für den andern Teil, dem ein Rechtserwerb zugedacht ist. Darum können sich aus ihr Mängel eines solchen Rechtserwerbs ergeben, um deren willen er ganz oder teilweise rückgängig gemacht werden kann. Ein solcher Rechtserwerb, wie jeder andere, dessen rechtliche Ursache mangelhaft ist, heisst sine causa und die Klagen, die sich gegen seine Folgen kehren, sind die condictiones sine causa, Dig. XII 4–7.

Die Bedeutung der Ursache oder der Veranlassung eines rechtlich wichtigen Ereignisses kommt dem Worte C. auch sonst noch mehrfach zu. So ist z. B. die utilis actio ex causa interdicti (Inst. IV 15, 8) ein Anspruch, der auf Grund der thatsächlichen Vorbedingungen eines Interdictes gegeben wurde, auch ohne dass ein Interdict erfolgte, s. Interdictum. Wo überhaupt ein Rechtsmittel von besondern Voraussetzungen abhing, da hiess der Inbegriff dieser Voraussetzungen causa oder auch iusta causa; vgl. Dig. IV 6, 1, 1. Gai. III 38. 192 (magna causa) und sonst, auch Dig. III 3, 45 pr.

Litteratur: Bähr Die Anerkennung als Verpflichtungsgrund² 33ff. Windscheid Die Lehre von der Voraussetzung 1850. Schlossmann Zur Lehre von der causa obligatorischer Verträge 1860. Lotmar Über causa im römischen Recht. München 1875; Fortsetzung von Brinz Pandekten IV 239ff. Karlowa Röm. Rechtsgeschichte II 761ff. [1811] Leonhard Der Irrtum bei nichtigen Geschäften I 243, 2. Petersen Loftet og dats, causa, Kjöbenhavn 1896. Weitere Litteratur s. bei Windscheid Pandekten I § 97, 1 Anm. 1. II § 318 Anm.