Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gall. Fürst u. Heerführer 280 v. Chr.
Band III,1 (1897) S. 829830
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Brennos. 1) Gallischer Fürst und Heerführer[1] aus dem sonst unbekannten Stamme der Prauser (Strab. IV 187). Er führte 280 v. Chr. zusammen mit Akichorios einen Heerhaufen gegen die Paeoner (Paus. X 19, 7) und erschien im folgenden Jahre mit gewaltiger Macht, deren Zahl verschieden angegeben wird, um Makedonien und Hellas zu überziehen (Iustin. XXIV 6. Paus. X 19, 8f. Polyaen. VII 35, 1, vgl. Polyb. IV 46, 1. 30, 3. 35, 4. Suid. s. Γαλάται). In Makedonien wusste sich Sosthenes, der Strateg des königlosen Landes, trotz einigen Niederlagen im ganzen erfolgreich zu verteidigen (Iustin. XXIV 6, 2. Diod. XXII 9. Euseb. chron. I p. 235 Sch.). B. zog weiter nach Griechenland, durchzog Thessalien und kam an die Thermopylen, wo sich die bedrohten mittelhellenischen Staaten zur Verteidigung sammelten, Lokrer, Phokier, Boioter, Athener, Megareer und vor allem die Aitoler; auch die Könige Antigonos und Antiochos hatten einige Truppen gestellt. Vergebens versuchte B. den Eingang in den Pass zu erkämpfen, ebenso konnte eine Abteilung, die er durch Thessalien gegen das innere Aitolien sandte, nicht durchdringen. Aber es gelang ihm, die Thermopylen zu umgehen und ihre Besatzung zum Rückzuge zu nötigen. B. eilte mit den besten Truppen dem übrigen Heere voran, das unter Akichorios nachfolgte, und erschien unerwartet vor Delphi, angeblich mit 65 000 oder nach einem andern Bericht 40 000 Mann. Da die Gallier ermüdet waren, so ward die unbefestigte Stadt nicht sogleich am Tage der Ankunft angegriffen, und die Verteidiger fanden Zeit, sich vorzubereiten und den Angriff der Gallier wirksam zu empfangen. Nicht unwahrscheinlich ist, dass es dem B. wirklich gelang, in das Heiligtum einzudringen (Strab. IV 187. Liv. XXXVIII 15, 16. Val. Max. I 1 ext. 9, vgl. Foucart Archives des missions scientifiques II 2 [1865] 208f.), aber der Angriff ward doch abgeschlagen, dank der Hülfe der Götter, die wie die Sage meldet, durch Erdbeben und Unwetter den Anstrengungen der Verteidiger zur Hülfe kamen. Die immer zahlreicher sich sammelnden Hellenen gingen selbst zum Angriff auf die Gallier über. B. wurde schwer verwundet ins Lager getragen. Da zugleich Mangel und die kalte Jahreszeit viele Gallier dahinraffte, [830] wie erzählt wird, riet B. selbst umzukehren, empfahl den Akichorios als Nachfolger und gab sich den Tod. Die Reste seines Heeres vereinigten sich mit Akichorios, der dann das ganze Heer unter weiteren schweren Verlusten zurückführte (Iustin. XXIV 6, 7. Diod. XXII 9. Paus. X 19. 20. Polyaen. VII 35, 2. Val. Max. I 1 ext. 9). Vgl. M. Contzen Die Wanderungen der Kelten 190f. van Gelder Galatarum res in Graecia et Asia gestae 34f. Droysen Hellenism. II 2, 347f.

[Niese. ]

  1. Die Behauptung Früherer (vgl. Niebuhr Röm. Gesch. II² 588, der sich auf Adelungs Mithridates beruft; ferner Mommsen Röm. Gesch. I⁶ 331. Ad. Schmidt De fontibus veterum auct. in enarr. exped. Gallor. in Abh. z. Alt.-Gesch. 45f. u. a.), dass ,Brennos’ nicht ein Name, sondern ein keltischer Titel im Sinne von König oder ähnlich sei, ist (nach einer freundlichen Mitteilung Heinrich Zimmers) sprachlich durchaus unzulässig (vgl. jetzt auch A. Holder Altceltischer Sprachschatz 1896, 517f.). Damit fallt auch die von Schmidt a. O. und Contzen (D. Wanderungen der Kelten 190ff.) vertretene willkürliche Identificierung von B. und Akichorios.