Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Saranus/Serranus, Ältere Form Saranus, seit ciceronischer Zeit Serranus
Band II,2 (1896) S. 2094
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57–71) Atilius Saranus oder Serranus. Die ältere Form ist nach den Münzen und Inschriften Saranus, so noch beim Consul des J. 648 = 106, CIL I 566. 567. In ciceronianischer Zeit war die Schreibung Serranus allgemein, und diese Form ist auch in die Redaction der Consularfasten eingedrungen und hat die ältere Form auch bei den Consuln des 2. Jhdts. verdrängt, obwohl in den Consulatsangaben bisweilen noch Sarranus begegnet. Sara, später Sarra = Tyros und Sarranus = Tyrius finden sich bei den lateinischen Dichtern von Ennius und Plautus an. Ob aber auch [2095] das Cognomen in gleichem Sinne gefasst werden muss, erscheint zweifelhaft; denn es bleibt unerklärlich, wodurch ein Zweig der Atilii im 3. Jhdt zur Annahme dieses befremdenden Cognomens veranlasst worden ist. Sicher nachweisbar ist es erst nach dem zweiten punischen Kriege. In der Zeit Ciceros war in Verbindung mit der Form Serranus eine Anekdote verbreitet, nach der ehemals ein Atilius (das Praenomen Marcus giebt ihm der Schol. Gronov. p. 431, Gaius Symmachus) beim Bestellen der Saat von den Abgesandten des Senates angetroffen sei, als ihn diese zum Consulat beriefen, Cic. p. Sex. Rosc. 50 und Schol. Gron. dazu; p. Sest. 72. Val. Max. IV 4, 5 (der auch den Triumph dieses A. erwähnt). Plin. n. h. XVIII 20. Verg. Aen. VI 844. Symmach. ep. I 48. Da diese Erzählung verknüpft ist mit einer späteren und nachweislich falschen Etymologie, so ist sie für die Entscheidung der Frage, wann das Cognomen Saranus aufgekommen ist, ganz wertlos. Dazu kommt, dass keiner der älteren Schriftsteller genauer bezeichnet, welcher A. denn gemeint sein soll; aus Val. Max. IV 4, 6 ergiebt sich nur, dass es M. Regulus Nr. 51 nicht sein soll, aber auch er vermeidet jeden Hinweis auf die Zeit jenes angeblichen Serranus, der über unbekannte Feinde triumphierte. Endlich war der berühmte Regulus noch der späteren Zeit das Musterbild eines armen Bauern (vgl. die Stellen oben S. 2087), und allbekannt die Erzählung von L. Quinctius Cincinnatus, der vom Pfluge zur Dictatur fortgeholt wurde. Aus diesen Elementen in Verbindung mit sprachlicher Unkenntnis scheint jene Erzählung vom ältesten Atilius Serranus geflossen und absichtlich eine genauere Bezeichnung vermieden zu sein (in den Schol. zu Pers. I 74 wird dem Quinctius Cincinnatus geradezu das Cognomen Serranus mit der gleichen Begründung wie bei A. beigelegt). Die gewöhnliche Annahme, dass der erste Atilius Serranus der Consul des J. 497 = 257 C. Atilius Regulus Nr. 47 gewesen ist, stützt sich einzig und allein auf Cassiodor, wo er nach der hsl. Überlieferung C. Atilius Erranus (derselbe Fehler auch beim Consul des J. 648) genannt wird im Gegensatz zu allen übrigen Zeugnissen, die ihn nur Regulus nennen. Dies Zeugnis kann aber nichts weiter beweisen, als dass Livius oder sein Gewährsmann diesen Regulus als den ältesten Serranus ansah und bezeichnete. Ebensowenig lässt sich die gewöhnliche Annahme beweisen, dass die Sarani eine Abzweigung der Reguli waren. Wenn Valerius Maximus a. a. O. nach seinen allgemeinen Phrasen Über den ersten Atilius Serranus fortfährt eiusdem nominis et sanguinis Atilius Regulus primi Punici belli etc., so genügte zu dieser Bemerkung die Kenntnis des gemeinsamen Nomen gentilicium, und man verkennt völlig die Art dieses phrasengeschwollenen Anekdotensammlers, wenn man ihm eine tiefere genealogische Gelehrsamkeit beimisst. So bleibt als Thatsache nur übrig, dass die Stirps der Gens Atilia, welche das Cognomen Saranus, später Serranus führte, geschichtlich erst seit dem zweiten punischen Kriege nachweisbar ist. M. Varro tradit in Serranorum familia gentilicium esse feminas lintea veste nom uti, Plin. n. h. XVIII 8.