Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Mythisches Volk im skythischen N
Band II,1 (1895) S. 826 (IA)–827 (IA)
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Arimaspoi (Ἀριμασποί), mythisches Volk im skythischen Norden, über das alle unsere Nachrichten im Grunde auf das epische Gedicht Arimaspeia des Aristeas von Prokonnesos zurückzugehen scheinen. Aus ihm erzählt Herodot mit ungläubigem Lächeln III 116, im Norden Europas sei das meiste Gold, bewacht von den Greifen, denen es die A., ein einäugiges Volk, heimlich raubten. Nach Herodot IV 13 berichtete Aristeas, er sei φοιβόλαμπτος gen Norden gezogen, das Land der Hyperboreer zu suchen, und sei bis zu den Issedonen vorgedrungen, jenseits deren die einäugigen A., weiterhin die goldhütenden Greife und die Hyperboreer wohnten. Der Name A. sei skythisch (Herodot. IV 27) und bedeute ‚einäugig‘ (vereinzelte andere Ableitung Diod. II 43, 5). Lediglich aus Herodot schöpft, wie so oft, Pausanias I 24, 6 (vgl. Wernicke De Paus. stud. Herod., Berlin 1884, 82, 87). Auch Aischylos (Prom. 802ff., wohl ebenfalls aus Aristeas) erwähnt die Greife und die einäugigen, rossbesteigenden A., die am goldströmenden Plutonfluss wohnen. Aus derselben Quelle stammen mittelbar oder unmittelbar die Erwähnungen bei Kallim. H. Del. 291ff. (ξανθοί). Orph. Arg. 1063. Dion. Perieg. 31 (ἀρειμανεῖς). Mela II 2. Lucan. III 280f. (durchflechten ihr Haar mit Gold). Gell. noct. att. IX 4. Amm. Marc. XXIII 6, 13. Solin. 96, 14ff. Momms. Priscian perieg. 701ff. Strabon I 21 meint, Homer habe die Kyklopen nach den Erzählungen von den A. erfunden; wirkliche Beziehung zu den Kyklopen nimmt an M. Mayer Gig. u. Tit. 115. Vgl. Bähr Excurs 6 zu Herodot III 116. Furtwängler Roschers Lex. I 1767ff.

Den Fabeleien von den A. liegt die Thatsache zu Grunde, dass allerdings im Altertum im Skythenlande Gold gewonnen wurde; neuere Forscher haben deshalb in der Erzählung von den A. einen wunderbar ausgeschmückten Bericht über Bergbau treibende Völker des Nordens erblickt, deren Wohnsitz W. v. Humboldt (Asie Centrale I 402ff.) an den Abhängen des Altaigebirges, Neumann (Hellenen im Skythenl. I 130) am Ural und Altai sucht, während der neueste Bearbeiter der Frage, W. Tomaschek (Kritik d. ältest. Nachr. üb. d. skyth. Norden. I. Üb. d. Arimasp. Gedicht d. Aristeas. S.-Ber. Akad. Wien. CXVI 1888, 715ff., besonders 759ff.) die A. mit den Hunnen identificiert [1] Wenn Diod. VII 81. 1. [827] Strab. XI 507. XV 724. Steph. Byz. s. Εὐεργέται berichten, die A. seien auch Euergetai genannt, so liegt eine Verwechselung der A. mit den Ariaspen (s. d.) vor.

Bildlich sind die A. in späterer Zeit nicht selten decorativ verwandt worden, und zwar a) im Kampfe mit den Greifen: zu Fuss, eine auf Terracottareliefs öfters wiederholte Darstellung (Brit. Mus., abg. Combe Descr. of the anc. Terrac. VI 7. 8; Paris, Campana Op. plast. 80); ferner auf dem Panzer einer als Hadrian ergänzten Kaiserstatue in Villa Albani (Helbig Führer II nr. 715, abg. Zoega Bassiril. II 109. Bonner Studien III 1), dem Sessel des Priesters des Dionysos Eleuthereus in Athen (abg. Ἐφημ. ἀρχ. 1863 πίν. 21), der rf. Vase Berlin 2951, einem Bronzerelief aus Palestrina (Mon. d. Inst. IX 31) u. s.; zu Ross auf Vasen öfters (vgl. v. Wilamowitz Bull. d. Inst. 1873, 152), nicht selten amazonenhaft (vgl. Klügmann Amazonen 11. 54f.). Verzeichnisse bei Stephani C. R. 1864, 83ff. 1865, 20ff. Taf. I. Roulez Ann. d. Inst. 1871, 142ff. b) Auf dem Greif reitend, vgl. Stephani C. R. 1864, 85f. c) Greifen tränkend, öfters auf decorativen Terracottareliefs (Combe a. a. O. VII 11. Reisch in Helbigs Führer II 217. Notizie d. Scavi 1891, 114; vgl. Stephani a. a. O. 86f.).

  1. Von den zahlreichen Anführungen dieses Namens, welche Ukert Skyth. 406ff. gesammelt hat, verdienen nur jene Beachtung, welche aus einer directen Bekanntschaft mit dem Gedicht des Aristeas erflossen sind, also der Bericht bei Herodot IV 14. 16. III 116 (vgl. Paus. I 24, 6), die Verse bei Aischylos Prom. 805. 820. 829 und das Fragment bei Tzetzes Chil. VII 687–692. Die Sage vom Goldreichtum der A. oder von deren Kämpfen mit den goldhütenden Greifen ist von Baktra ausgegangen; frühzeitig haben iranische Handelsleute das serische WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt Emporion Issedon (Ša.čeu) besucht; die Issedones selbst (s. d.), ein tibetisches Handelsvolk, suchten die Fremden über die Herkunft des Goldes zu täuschen und verbreiteten abenteuerliche Fabeln. Das wahre Goldland war das Quellgebiet des Ya.ru-Dzang.bo, von woher auch den Indern das sog. ‚Ameisengold‘ zukam; um die Gefährlichkeit der Goldgewinnung auszumalen und den Tauschwert des Goldes zu steigern, stellte man es als eine Gabe der A. hin, welche nördlich von den Issedones in der Wüste Gobi und im Altai sassen; der räuberische Sinn dieses Steppenvolkes und dessen niedriger Kulturgrad fand bei Aristeas, nach dem Muster des homerischen Kyklopen, in der Einäugigkeit der A. Ausdruck. Die A. waren jedenfalls ein leibhaftiges Volk; wir dürfen sie für die Vorfahren der Hunnen und Türken halten, wie dies zuerst der Sinologe De Guignes erkannt hat. Der iranische Name Arimâçpô, der auch den pontischen Skythai bekannt war, obgleich sie ihn nach ihrer Weise und unter dem Einfluss der hellenischen Fragesteller deuteten, bedeutet ‚Besitzer von wilden, von Steppenrossen‘ (zd. airima ‚Einöde, ἐρημία‘, skolot. arima, wofür fälschlich ,eins‘ als Bedeutung angegeben wird, os. ärmä-st ,abgesondert sitzend, allein‘). In der Gobi sucht man die Urheimat des Steppenrosses; die Hunnen waren seit alters ein Reitervolk, und als ein solches hatte auch Aristeas die A. geschildert; seit unvordenklichen Zeiten hat dieses Reitervolk Einfälle nach Čîna, Tibet und in das baktrische Zweistromland verübt und, um Raum zu gewinnen, auf die Nachbarvölker schiebend und drängend eingewirkt.