RE:Archisomatophylakes
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Rangbezeichnung am Hof der Ptolemaier | |||
Band S VII (1940) S. 46–49 | |||
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Archisomatophylakes. Bezeichnung für die Angehörigen einer Rangklasse am Hofe der Ptolemäer (vgl. Art. Diadochos). Seit der Regierungszeit Ptolemaios’ V. Epiphanes (203–181 v. Chr.) werden diese Bezeichnungen als Titel auch an Männer verliehen, die außerhalb des Hoflebens stehen. In der ersten Erwähnung von Archisomatophylax für die J. 230/29-225 werden wir noch einen wirklichen ἄρχων τῶν σωματοφυλάκων sehen müssen. Der Inhaber dieses Kommandos ist auch gleichzeitig der höchste ptolemäische Verwaltungsbeamte, der Dioiketes (s. die Liste). Auffallend ist es, daß es erst von der Mitte des 2. Jhdts. ab heißt: τῶν ἀ. Bis dahin bezeichnet ὁ. ἀ. vielleicht das Amt. Aus dem Umstand, daß es gleichzeitig mehrere ἀ. gab, da man Offiziere brauchte, könnte sich die Bezeichnung τῶν ἀ. und der Titel entwickelt haben.
Umstritten war die Stellung der ἀρχισωματοφύλακες in der Reihenfolge der Hofrangklassen. Lange Zeit galt die von M. Strack (Rh. Mus. LV 176f.) festgelegte Ordnung, nach der man von der Klasse der διάδοχοι über die der φίλοι, πρῶτοι φίλοι, ἀρχισωματοφύλακες, ὁμότιμοι τοῖς συγγενέσι zu den συγγενεῖς aufstieg (Bouché-Lecl. Hist. des Lag. III 108. Wilcken Grundz. 7). Auf Grund eines neuen Textes setzte P. M. Meyer die Klasse der πρῶτοι φίλοι für höher an als die der ἀρχισωματοφύλακες; denn in P. Griech. Texte 1, 17/18 (vgl. S. 4) werden zwei Beamte genannt, von denen der höherstehende zu den πρῶτοι φίλοι, der untergeordnete zu den ἀρχισωματοφύλακες gehört. Meyer erklärt es für ausgeschlossen, daß ein Untergebener einen höheren Rangtitel führt als sein Vorgesetzter. Dieser These stimmte Wilcken zu (UPZ 14 zu 43), verwarf sie aber, als BGU VIII 1772, 22 einen Mann nannte mit den Titeln τῶν ὁμοτίμων τοῖς συγγενέσι καὶ ἀρχισωματοφυλάκων. Er schloß daraus (Arch. f. Pap. XI 122. P. Würzb. S. 40), daß man von den ἀρχισωματοφύλακες und nicht von den πρῶτοι φίλοι über die ὁμότιμοι τοῖς συγγενέσι aufzusteigen habe. Aber in UPZ II S. 49 zu P. 160, 1 wagt Wilcken keine Entscheidung, sondern will neues Material abwarten. Nun hat T. C. Skeat eine Liste der Strategen des Arsinoitischen Gaues aufgestellt (Mizraim II 30–35) und dabei festgestellt, daß ungefähr bis in die Mitte des 2. Jhdts. die Strategen dieses Gaues zu den ἀρχισωματοφύλακες gehören, von da ab bis gegen 124 v. Chr. zu den πρῶτοι φίλοι und schließlich von ungefähr 120 ab bis zum Ende der Dynastie zu den συγγενεῖς. Das bedeutet, daß die Titel entwertet sind und daß deshalb zum Ausgleich die Träger ein und desselben Amtes innerhalb einiger Jahrzehnte die nächst höheren Hofrangklassen bekleiden. Ähnliche Beobachtungen hat Skeat auch für die Strategen der andern Gaue gemacht. Eine gewisse [47] Stütze findet die These von Skeat, wenn man alle bisher bekanntgewordenen Angehörigen der Klasse der A. zeitlich geordnet zusammenstellt und dabei auf ihre Ämter achtet. Dabei ergibt sich, daß von ungefähr 140 ab sich nur noch Offiziere und untergeordnete Beamte unter den A. befinden. Ausnahmen sind Grenf. I 38, das die Herausgeber [48] im 2./1. Jhdt. ansetzen, und Wilcken Chrest. 447 aus dem 2. Jhdt. Vielleicht sind beide Texte aber früher anzusetzen. Ungeklärt bleibt auch die oben aus BGU VIII 1772, 22 zitierte Titulatur: τῶν ὁμοτίμων τοῖς συγγενέσι καὶ ἀρχισωματοφυλάκων. Folgende A. sind bisher bekannt:
230/29, 227, 226/5, 225 | Χρύσιππος ἀρχισωματοφύλαξ καὶ διοικητής | P. Petr. III 53 13. Wilck. Chr. 410. P. Petr. III 53 m 2. Wilck. Chr. 411 |
3. Jhdt. spät | Πτολεμαῖος ὁ. ἀ. [καὶ στρατηγός?] | P. Tebt. 773, 2 |
3./2. Jhdt. | Ἀπολλ[ ] ἀ. καὶ στρατ[ηγός | SB 1557 |
3./2. Jhdt. | Πολυκράτης Πολυκράτου τοῦ Πολυκράτου Ἀργεῖος ὁ ἀ. | SB 3659 |
188–181 | Πτολεμαῖος ὁ. ἀ. καὶ ἀρχικύνηγός | Syll. or. 99 |
178/7, ca. 175, 171, 170? | Πτολεμαῖος ὁ. ἀ. καὶ στρατηγός | P. Tebt. 778,5. 779,1. 780,1. BGU 1012, 18 |
171 | [ ] ἀ. καὶ στρατηγός | P. Tebt. 780 Einl. |
169–163 | Ἱερώνυμος ὁ. ἀ. καὶ στρατηγός | SB 1436, 6 |
nach 164/3 | Καφισόδωρος Καφισοδώρου Βοιώτιος ὁ. ἀ. καὶ στρατηγὸς τοῦ Ξοΐτου | SB 6664, 6 |
ca. 164 | [...ἀ.] καὶ στρατηγός | P. Tebt. 781, 1 |
163–146 | Ἁγίας Δαμοθέτου Κρὴς ἀ. καὶ ἐπὶ τῆς πόλεως | Syll. or. 113 |
163–146 | Ἄρειος τῶν ἀ. ὁ στρατηγὸς τοῦ Φαρβαίθου | SΒ 1164 |
163/2 | Ἀσκληπιάδης ὁ ἀ. καὶ διοικητής | UPZ 25, 4. 26, 3 |
157 | Δημήτριος ὁ ἀ. καὶ γραμματεὺς τῶν δυνάμεων | UPZ 14, 94, 118 |
157, 156 | Ποσειδώνιος ἀ. καὶ στρατηγός | UPZ 122, 1. 123, 1. 15, 29, 38. 16, 18. |
ca. 152 | Βόηθος τοῦ Νικοστράτου Χρυσαορεὺς ἀ. καὶ στρατηγὸς καὶ κτίστης τῶν ἐν τῆς Τριακοντασχοίνωι πόλεων | Syll. or. 111, 8 |
2. Jhdt. Mitte | Μενεκράτης ὁ ἀ. καὶ στρατηγός | P. Tebt. 771, 22 |
2. Jhdt. Mitte | Σαραπίων ὁ ἀ. καὶ στρατηγός | P. Tebt. 743, 2 |
149/48 | Σαντοβίθυς ἀ. καὶ στρατηγός | BGU 1247, 1 |
ca. 148, 144 | Διονύσιος ἀ. | P. Tebt 79, 52. Meyer, Gr. Texte 1, 18 |
146–116 (?) | Καλλικκλῆς ὁ ἀ. [καὶ ἐπὶ] τῶν ἐν Ἀλε[ξανδρείαι ὅπλων] καὶ διδάσ[καλος μαθημάτων] τακτικῶν | Syll. or. 149 |
ca. 143/2 | Ἡρώδης Δημοφῶντος Βερενικεὺς ὁ ἀ. καὶ στρατηγός | Syll. or 130, 4 |
141/0–119 | [...Π]ολυρρήνιος τῶν ἀ. | SB 2039, 8 |
138/37 | Πανίσκος Λυκόφρονος Βερενικεὺς τῶν ἀ. καὶ ἱππάρχης ἐπ’ ἀνδρῶν καὶ ἐπιμελητής | SB 6184, 6 |
130/29 | Σωτήριχος Ἰκαδίωνος Γορτύνιος τῶν ἀ. ἀπεσταλμένος – – – – ἐπὶ τὴν συναγωγὴν τῆς πολυθελοῦς λιθείας καὶ ἐπὶ τῶν πλῶν καὶ παρεξόμενος τὴν ἀσφάλειαν τοῖς κατακομίζουσι ἀπὸ τῶν κατὰ Κόπτον ὄρους τὰ λιβανωτικὰ φορτία καὶ τ’ ἆλλα ξένια | Syll. or. 132, 5 |
119 | Ἡρακλείδης τῶν ἀ. καὶ ἐπιστάτης τοῦ Περὶ Θήβας | UPZ 160, 1 |
117, 116 | Ἡρακλείδης τῶν ἀ. καὶ ἐπιστάτης τοῦ Περὶ Θήβας καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων τοῦ νομοῦ | UPZ 162, 2. 196, 1 |
112/11 | Ἑρμοκλῆς τῶν ἀ. καὶ ἐπιστάτης τοῦ Παθυρίτου | UPZ 189, 1 |
2. Jhdt. | [ τῶν?] ἀ. καὶ στρατηγός | Wilcken, Chr. 447, 1 |
2./1. Jhdt. | Νουμήνιος ἀ. καὶ στρατηγός | P. Grenf. I 38, 1 |
57/56 | Ἰατροκλῆς τῶν ὁμοτίμων τοῖς συγγενέσι καὶ ἀρχισωματοφυλάκων | BGU 1772, 22 |
In anderen Diadochenstaaten finden sich keine A. Dagegen sind verschiedentlich Somatophylakes (s. d. Art.) belegt. Soweit es sich erkennen läßt, sind das aber wirkliche Leibwächter. Unter Alexander d. Gr. begegnen im Anfang seiner Regierung 7, später 8 Somatophylakes. Ihre Namen stellt Berve zusammen (Das Alexanderreich I 25–30). Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß von 330/29 ab die Bezeichnung Somatophylax zum [48] Teil auch Titel geworden ist, da eine Reihe seiner Träger als Generale weit von Alexander entfernt ist. Dazu gehört auch der Begründer der Dynastie der Ptolemaier (Arrian. anab. III 7, 6. 27, 5. VI 28, 4). Bei den Diadochen finden sich gleichfalls Somatophylakes. Sie sind anscheinend keine Titelträger, sondern haben das Amt des Leibwächters inne (Beloch GG IV 1, 385). Für das Ptolemäerreich sind sie belegt durch [49] Polyb. XV 27, 6. 31, 4. 32, 6. 8 und die Inschrift SB 1685 (dazu Bull. Soc. d’Arch. d’Alex. XIX 116), für das Seleukidenreich durch LXX Macc. III 2, 23. Athen. I 19 d. Syll. or. 747. Suppl. ep. VII 3, für Pergamon durch Syll. or. 329, 5, für Makedonien durch Polyb. XXVIII 8, 9. Diod. XXX 10, 2. 11, 1. Liv. XLIII 20. Außerdem begegnen sie noch in Epirus (Polyain. VIII 52), Syrakus (Liv. XXIV 7) und im Partherreich (Suppl. ep. II 815. Dura-Pergament 10).
Wie schon angedeutet, mag sich im Ptolemäerreich aus dem Posten des Kommandanten der Leibwache die Rangklasse entwickelt haben. Vielleicht geschah es unter dem Vorbild des Hofes der Perserkönige, wo der Chiliarchos (s. d. Art.), der Führer der Leibwache der 1000 eine besondere Stellung innehatte.
Literatur: M. Strack Griechische Titel im Ptolemäerreich, Rh. Mus. LV 176f. Bouché-Lecl. Hist. des Lag. III 102ff. Wilcken Grundz. 7f. E. Bevan A history of Egypt under the Ptolemaic dynasty 277–280.
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