Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Im christl. Sprachgebrauch
Band II,1 (1895) S. 166 (IA)–167 (IA)
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Apologeten. Im weiteren Sinne können nach kirchlichem Sprachgebrauch alle so bezeichnet werden, die sich die Verteidigung christlicher Anschauungen und Einrichtungen zur Aufgabe machen, im engeren versteht man darunter die Schriftsteller des christlichen Altertums, welche Schutzschriften verfasst haben, in denen das Christentum überhaupt vor der öffentlichen Meinung oder vor den Staatsbehörden verteidigt werden soll gegen die ihm von den Zeitgenossen gemachten Vorwürfe: eine Verteidigung, die meistens in dem Nachweis gipfelt, dass die neue Religion nicht blos ungefährlich, für das öffentliche Wohl sogar förderlich sei, sondern dass die anderen Religionen an keinem Punkte den Vergleich mit ihr aushielten. Diese Schriftstellerei konnte erst im 2. Jhdt. entstehen, als die Kirche die Aufmerksamkeit des Staates auf sich zog; sie ging im 5. Jhdt. ein, sobald die Kirche die Alleinherrschaft erworben hatte und keine Anklage mehr fürchtete. Natürlich ist der Ton bei den A. des 4. und 5. Jhdts., Apollinarios von Laodikeia, Gregorios von Nazianz und Kyrillos von Alexandrien, schon ein ganz anderer als bei den Männern der vorconstantinischen Zeit, die nicht, wie jene, einmal die Gelegenheit, für die Sache des Christentums gegenüber seinen Feinden einzutreten, benützten, sondern an diesen Kampf ihre ganze Kraft setzten, die eigentlich nichts weiter als A. sind. Unter den Abendländern gehört in diesen Kreis weniger der vielseitige Tertullian, obwohl dessen Apologeticus sein gewaltigstes Werk ist und die Schriften ad nationes, ad Scapulam, auch de testimonio animae hierher gehören, oder der mit innerkirchlichen Fragen vollauf beschäftigte Cyprian, als Minucius Felix in Rom um 200, die Africaner Arnobius und Lactantius 100 Jahre später. Ebenso sind bei den Griechen die typischen Vertreter der Apologetik nicht Origenes († 254) mit seinen 8 Büchern κατὰ Κέλσου oder Methodios um 300, auch nicht Clemens Alexandrinus mit seinem προτρεπτικὸς πρὸς Ἕλληνας, sondern eine Anzahl Männer des 2. Jhdts., deren schriftliche Hinterlassenschaft seit F. Morel 1615 (S. Patris nostri Iustini Philos. et Mart. opera, Parisiis) mehr oder minder vollständig zusammen gedruckt zu werden pflegt: grösste Ausgabe von J. C. Th. Otto Corpus Apologetarum christianorum saeculi secundi IX Voll. 1842 ff. Ausser den Resten von Quadratus, Aristeides, Ariston, Miltiades, Meliton, Claudius Apollinaris enthält die Ausgabe alle dem Iustinus Martyr zugeschriebenen Werke (vol. I–V), Tatianus Assyrius (vol. VI.), Athenagoras Atheniensis (vol. VII), Theophilus Antiochenus (vol. VIII), endlich einen wohl in spätere Zeit [167] gehörigen, recht unbedeutenden Scribenten Hermias philosophus (vol. IX). Die hier vereinigten A. stehen einander so nahe in der Auffassung ihrer Aufgabe, in der Gesamttendenz wie den einzelnen benützten Argumenten, namentlich auch in ihrer rationalisierenden Anschauung vom Christentum, dass sie mit Recht immer als eine einheitliche Grösse betrachtet werden, dogmengeschichtlich gerade so wie litterargeschichtlich. Schon der Bischof Arethas von Kaisareia um 915, dem wir den Codex Parisinus 451, die Grundlage unseres Wissens von den A., verdanken, hat sie zusammengenommen; mit Recht behandelt Ad. Harnack Die Überlieferung der griech. Apologeten des 2. Jhdts. in der alten Kirche und im Mittelalter (Texte und Untersuchungen zur Gesch. d. altchristl. Lit. I 1. 2) 1883 sie gemeinschaftlich. Eine neue, die strengsten Grundsätze der Textkritik anwendende Ausgabe der griechischen A. mit kurzem sprachlichen Commentar und Registern von Ed. Schwartz, A. Harnack und O. v. Gebhardt in Bd. IV der genannten Texte und Untersuchungen hat bisher 1888 und 1891 blos Tatians und Athenagoras Schriften gebracht. Näheres s. unter den Einzelartikeln.