Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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zweihenkliges Vorratsgefäß, aus Metall, Stein oder Glas, meist aus Thon
Band I,2 (1894) S. 1969 (IA)–1976 (IA)
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Amphora. 1) Als A., mit lateinischer Wortendung, pflegen wir das von den Griechen ἀμφορεύς genannte zweihenklige Vorratsgefäss zu bezeichnen. Es wurde aus verschiedenem Stoff verfertigt: aus Metall (besonders Erz; jedoch auch aus Silber, z. B. Stephani Compte Rendu 1864 pl. 1, und aus Gold, Il. XXIII 92; Od. XXIV 74), aus Stein (z. B. die sog. λουτροφόροι der Grabmäler, s. u.), vereinzelt aus Glas (Petron. Sat. 34; vgl. die schöne in einem pompeianischen Grabe gefundene Spitz-A. mit Darstellung der Weinlese durch Genien, abg. Mon. d. Inst. III 5) und aus Holz (ἀμφορεὺς ἄκυρος, s. u.), meistens jedoch aus Thon.

Benennung. Die ursprüngliche Wortform ἀμφιφορεύς erscheint noch bei Homer (Il. XXIII 92. 170; Od. II 290. IX 204. XXIV 74); in späterer Zeit kommt sie nur gelegentlich des Versmasses wegen bei Dichtern vor (z. B. Simon, frg. 155, PLG4 III 500), und officiell in dem Namen des ἀγὼν ἀμφιφορίτης (s. u.) in Aigina (Et. [1970] M. p. 95, 3), wo Kallimachos (Schol. Pind. Ol. VII 156) wieder des iambischen Versmasses wegen ἀμφορίτης sagt. Deminutivformen sind ἀμφορείδιον (Aristoph. Fried. 202; Ekkl. 1119) und ἀμφορίσκος (Poll. I 28. VI 14. X 30). Zu beachten ist noch das Verhältnis einiger anderer Gefässnamen zu der Bezeichnung A., zumal man sich seit E. Gerhard gewöhnt hat, der bequemeren archaeologischen Terminologie zu Liebe einige dieser Namen für bestimmte Unterarten der A. zu gebrauchen (s. u.), ohne dass die litterarische Überlieferung dazu berechtigte. So scheint das Wort στάμος und seine Deminutiva σταμνίον und σταμνίσκος mit A. ungefähr gleichbedeutend zu sein, wie besonders die gleiche Art der Verwendung (Hesych. s. στάμνος, σταμνίον. Aristoph. Frö. 22) zeigt; die Attikisten (Moiris p. 44) erklärten στάμνος für das gemeingriechische (Poll. X 72 thasische) Synonymon zu dem attischen ἀμφορεύς. Ähnlich scheint es mit κάδος zu stehen; wenigstens behauptet Philochoros (Poll. X 71), man habe für κάδος früher ἀμφορεύς gesagt. Dass dagegen der ἀμφορεύς auch μετρητής geheissen habe, ist nur ein Missverständnis eines Witzes des Philyllios (Poll. X 70), der im Hinblick auf die Verwendung der A. als Mass (s. Nr. 2) über die mässige Grösse (μετριότης) der zum Gelage aufgesetzten Wein-A. spottet. Das Wort πελίκη, seit Gerhard für die schlauchförmige A. üblich, hat überhaupt mit der A. nichts zu thun; es bezeichnet einen hölzernen boiotischen Napf (Hesych. s. v. Poll. X 78), wie er zu verschiedenen Zwecken (als Trinkgefäss Poll. X 67, als Waschbecken Poll. X 74) diente. Κελέβη, der übliche Name für die A. mit Stangenhenkeln, bezeichnete im Altertum vielmehr eine Art des Mischkruges, eine Verwendung, in der die A. nie vorkommt. Dagegen brauchen die Griechen häufig synonym mit A. das allgemeinere κέραμος (z. B. Herodot. III 96), die Römer diota = δίωτος ἀμφορεύς (z. B. Hor. Carm. I 9, 9) und gastra (Petron. Sat. 70). Über λουτροφόρος s. u.

Verwendung. Die Verwendung der A. ist sehr mannigfaltig, doch diente sie hauptsächlich als Vorratsgefäss, besonders häufig für Wein und Öl. Bereits in der Odyssee (IX 204) nimmt Telemachos seinen Reisevorrat an Wein in Amphoren mit, und auch späterhin diente die A. bei Griechen und Römern zur Aufbewahrung von Wein (Aristoph. Plut. 808. Hor. Carm. I 36, 11. Poll. VI 14. X 70). Man lehnte die unten spitz gebildeten Weinamphoren [Formen: CIL IV Taf. 170. Bull. com. VII 1879 Taf. 7. 8. Mau.] im Keller an die Wand, wie pompeianische Funde zeigen (im Keller der Villa suburbana, sog. Haus des Diomedes, Overbeck-Mau Pompeji 375; vgl. die Abbildung S. 451 Fig. 250), oder grub sie in den Boden ein. Die Gefässe waren verkorkt und mit Gips (operculum gypsare, Petron. Sat. 34. Colum. XII 39) oder Pech verschlossen (corticem pice adstringere Hor. Carm. III 8, 10); sie trugen die Bezeichnung der Sorte und des Jahrgangs (nach den Consuln, Hor. Carm. III 21, 1 u. ö.) entweder aufgemalt mit Pech (Plaut. Poen. IV 2, 15) oder Farbe (häufige Funde); oder es waren die Aufschriften auf besonderen Täfelchen (pittacia Petron. Sat. 34; notae Hor. Carm. II 3, 8; tituli Iuven. V 34) angehängt. [A. mit [1971] aufgemalten Inschriften werden in Pompeii (auch mit griechischen Inschriften) und Rom gefunden, CIL IV p. 171. Dressel Ann. d. Inst. 1878, 149. Bull. com. VII 1879, 36. 143. Not. d. scavi und Bull. d. Inst. passim, letzteres namentlich seit 1874. Die römischen werden in CIL vol. XV 2, die pompeianischen im Suppl. zu vol. IV gesammelt erscheinen. Die Inschriften sind nicht alle sicher erklärt; meist beziehen sie sich auf den Inhalt. Auf Wein-A. bezeichnen sie selten und wohl nur bei besseren Sorten den Jahrgang (vgl. Galen XIV 25 K.), daneben bisweilen das Grundstück (CIL IV 2551 C. Pomponio C. Anicio cos. ex fund. Badiano diff. id. Aug. bimum); häufiger sind sonstige Bezeichnungen des Weines und der Name des Producenten (vgl. Plin. n. h. XXIII 33) oder Händlers im Genetiv, beides sowohl allein als verbunden (Not. d. scavi 1882, 317 Coum vet. P. Appulei Bassi). Mau.] Wurde der Wein gebraucht, so holte man die A. herauf (mehrere A. im Peristyl der casa del Fauno in Pompeii neben dem Speisesaal gefunden; vgl. Overbeck-Mau a. a. O. 346. 352), öffnete den Verschluss (dimovere Hor. Carm. III 8, 10; solvere vincla cado Tibull. II 1, 28) und setzte das Spitzgefäss in ein Gestell (incitega Fest. p. 107, wohl aus ἀγγοθήκη; vgl. das Totenmahlrelief, abg. Beschreib. a. antik. Sculpt. d. Berl. Mus. nr. 816). War die A. leer, so wurden wohl die geringeren Sorten von herumziehenden Händlern neu eingefüllt (vgl. das Wandbild aus dem pompeianischen Lupanar Helbig 1487); bessere Sorten wurden importiert (vgl. Gell. XV 12 und das Relief vom Laden eines Weinhändlers in Pompeii, abg. Becker Gallus³ III 28), zum Teil von weit her. Auch dieser häufig überseeische Transport des Weines geschah in Amphoren, deren Henkel mit Herkunftstempel versehen waren; hiervon giebt die Auffindung zahlreicher derartiger Henkelinschriften Kunde (Zusammenstellung der Litteratur bei Hermann-Blümner Griech. Privatalt.³ 230, 4), von denen die meisten aus Thasos (vgl. Aristoph. Ekkl. 1119), Rhodos, Knidos und Chios (vgl. Anth. Pal. XIII 9) stammen. Mit diesem blühenden Weinexport wird wohl auch die Notiz Poll. VII 30 zusammenhängen, wonach die Lastträger am Markt und Hafen auch ἀμφορεαφόροι hiessen.

Die zweite, eben so allgemein verbreitete Verwendung benutzt die A. zur Aufbewahrung des Öles. Die panathenaeischen Sieger erhielten als Kampfpreise Amphoren mit Öl von den heiligen Bäumen der Athena (Schol. Aristoph. Wolk. 1001. Simonides a. a. O.; vgl. Boeckh Staatshaush. I³ 54f. 271), die mit der aufgemalten Fabrikmarke der Athena in Kampfstellung in alle Welt exportiert und wegen der Berühmtheit des attischen Öles (Plin. n. h. XIII 6. Athen. XV 688 F) auch nicht selten nachgeahmt wurden. Viele Exemplare sind gefunden (Gesamtausgabe Mon. d. Inst. X 47ff.); vgl de Witte Ann. d. Inst. 1877, 294ff. Urlichs Beitr. z. Kunstgesch. 31ff. Die Rolle der A. beim Ölhandel zeigt auch das Vasenbild des Mus. Gregor., abg. Mon. d. Inst. II 44b, vgl. Robert Bild und Lied 81ff. Pernice Arch. Jahrb. VIII 180ff. Auch bei den Römern diente die A. als Ölgefass (amphora olearia, Cato de agric. 10, 2).

[1972] Ausser Wein und Öl wurde aber noch manches andere in Amphoren aufbewahrt, z. B. Milch (Aristot. h. a. III 16, 5, vgl. Eur. Kykl. 327), Honig (Il. XXIII 170 – Totenspende. Hor. Epod. II 15), Honigwein (mulsum, nach der Aufschrift einer A. aus Pompeii, Overbeck-Mau a. a. O. 359), eingesalzene Fische (Xen. Anab. V 4, 28, bei den Mossynoikoi); Wasser, wobei also die A. an Stelle der Hydria (s. d.) trat, Thuk. IV 115. Poll. X 30, vgl. Petron. Sat. 70 und den ἀμφιφορίτης ἀγών in Aigina, wo die Jünglinge in Erinnerung an ein Vorkommnis der Argonautenfahrt (Apoll. Rhod. IV 1766ff.) einen Wettlauf anstellten, indem sie dabei mit Wasser gefüllte A. auf der Schulter trugen; [ferner Nüsse, Pfeffer (Not. d. scavi 1881, 323, 10. 16), Linsen (φακαί Bull. d. Inst. 1883, 225, 9), Hautglättungs- und Enthaarungsmittel (lomentum, psilothrum, CIL IV 2597. 2613. 2614). Eine besondere Klasse bilden die zahlreichen urcei, welche garum und liquamen enthielten. Mau.]

Eine besonders schlanke Form, die sog. λουτροφόρος, diente in Athen bei der Hochzeit für das Holen des Wassers zum Brautbade (Wiener Vorlegebl. 1888 Taf. VIII 2); solchen, die unvermählt gestorben waren, wurde die Lutrophoros, deren Gaben sie im Leben nicht teilhaftig geworden, auf das Grab gesetzt, bald als Thongefäss (auf einen Pflock gesteckt, daher stets ohne Boden), bald in Marmor ausgeführt; und als durch die Grabordnung des Demetrios von Phaleron der Luxus der Gräberausstattung beschränkt wurde, blieb die λουτροφόρος, an den Grabstelen in Belief angebracht, das redende Symbol für die Gräber unvermählt Verstorbener; vgl. Wolters Athen. Mitt. XVI 1891, 371ff.

Seit die Sitte der Verbrennung der Toten in Hellas heimisch wurde, diente ferner die A. häufig, um darin Asche und Knochen der Verstorbenen zu bergen und beizusetzen. So schon bei Homer (Il. XXIII 92; Od. XXIV 74), vgl Soph. frg. 303. Neuere Funde haben dies bestätigt, vgl. den Bericht von Brückner und Pernice über die Ausgrabungen nahe beim Dipylon (Athen. Mitt. XVIII 1893, 159 Taf. IX 2–4). [Auch in Italien wurden von armen Leuten A. als Särge gebraucht, Prop. IV 5, 73. Abbildung eines solchen Not. d. scavi 1881, 30; vgl. 1884, 361. 1885, 301. Mau.]

Auch bei der Abstimmung mit ψῆφοι kam die A. in Athen zur Verwendung; es wurden zwei A. aufgestellt, eine eherne (ἀμφορεὺς κύριος) und eine hölzerne (ἀ. ἄκυρος), Poll. VIII 123; über die Art der Abstimmung vgl. G. Busolt Griech. Staatsalt.² 283f. Ähnlich ist wohl auch das von O. Jahn (Arch. Ztg 1860, 83) als Losen erklärte Bild eines Goldplättchens (Durand 2167) aufzufassen; gewöhnlich brauchte man beim Losen eine Hydria, vgl. Suid. und Phot. s. κλῆρος Ἑρμοῦ.

Andere Verwendungen sind: zur Aufbewahrung von Geld (Nep. Hann. IX 3. Gell. XV 12. Iustin. XXXII 4, vgl. Herod. III 96); als Blumentöpfe eingegrabene Unterhälften von Spitzamphoren in der pompeianischen Handelsgärtnerei (Overbeck-Mau a. a. O. 384); als Pissoir im angiportus (römische Sitte, Macrob. Sat. III 16, 5, vgl. Petron. Sat. 79); [eine solche Vorrichtung, wo die A. hingestellt und fortgenommen werden konnte, ist kenntlich in dem Gebäude der Eumachia in Pompeii, [1973] welches von den Fullonen, für deren Gewerbe Urin erforderlich war, benützt wurde. Nissen Pompej. Stud. 296. Mau.]; Verwendung als Trinkgefäss nur scherzhaft dem Säufer Polyphem zugeschrieben, Eur. Kykl. 327.

Formen. Die Entwicklung der Form der A. können wir fast ausschliesslich in der Keramik verfolgen, da allein hier ausreichendes Material zur Verfügung steht; manche Einzelheiten zeigen jedoch, dass die Entwicklung in der Metallindustrie im ganzen einen gleichen Verlauf genommen haben muss. Unter dem Thongeschirr der ältesten Zeit findet sich keine Form, die man speciell als A. bezeichnen könnte. Erst in einer bereits hoch entwickelten Keramik, am Ende der mykenischen Periode, tritt die A. auf; ihre Erscheinung (vgl. Furtwängler-Loeschcke Myken. Vasen S. 29 Fig. 17) zeigt deutlich, dass die Metallindustrie bereits vorangegangen war; der cylindrische Hals scheint auf den bauchigen Körper wie aufgesetzt und weist gleich den bandartigen Henkeln auf Metallvorbilder wie die aus Bronzeblech zusammengenieteten Gefässe, die öfters in etruskischen Gräbern gefunden werden (z. B. Martha L’art étrusque 201). Ganz anders, dem Charakter dieses Stiles entsprechend, strenger und straffer geformt, erscheint die A. in dem die mykenische Keramik ablösenden geometrischen Stil (vgl. Conze Anf. d. Kunst Taf. I); der Körper erscheint gestreckter, der enger gebaute Hals hebt sich mehr heraus, ja bisweilen (z. B. Ann. d. Inst. 1872 K 7) wird er übermässig verlängert; die Henkel pflegen horizontal zu stehen (Abarten italischer Fabriken vgl. Furtwängler Beschr. d. Berliner Vasens. Form 4–6. 9). Die horizontale Stellung der Henkel wird in der Folgezeit im allgemeinen wieder aufgegeben; bereits die altattische A. vom Hymettos (Form 1 Furtw.) hat senkrechte Henkel. In der nächsten Periode, der sf. Vasenmalerei, findet die A. in den verschiedenen Mittelpunkten der Thonindustrie, besonders Rhodos, Chalkis und Korinth, die der A. ein besonderes Interesse widmen, ihre weitere Ausbildung. Es entstehen verschiedene Formen, je nachdem man den Hals vom Bauch scharf absetzen (Form 20. 30 Furtw.) oder beide in sanft geschwungener Linie in einander übergehen lässt (Form 28. 35 Furtw.); die Henkel stehen bei diesen Formen senkrecht; besonders die chalkidischen A. verleugnen den Zusammenhang mit der berühmten chalkidischen Metallarbeit nicht. Alle diese Formen haben den grössten Umfang ungefähr in der Mitte des Vasenkörpers. Korinthische Fabriken erfinden eine neue Form, indem sie den grössten Umfang mehr nach oben verlegen und dort, nahe dem kurzen und weiten Halse, die alten Horizontalhenkel ansetzen, die sie aufwärts biegen und durch eine horizontal darauf gelegte Platte mit dem Rande des Gefässes verbinden: so entsteht die A. mit Stangenhenkeln (sog. Kelebe oder A. a colonnette, Form 22 Furtw.). Das Erbe dieser ganzen Entwicklung tritt endlich die attische Keramik an, die vom 6. bis ins 4. Jhdt. hinein den Weltmarkt beherrscht. Die korinthischen und chalkidischen Formen werden zuerst einfach übernommen und dann stilvoll ausgestaltet. Neben einander her gehen zuerst die beiden Formen mit scharf absetzendem und schön geschwungenem Übergang [1974] vom Hals zum Bauch; allmählich wird durch Hinaufrücken des grössten Umfangs eine elegantere Form erzielt (z. B. Furtwängler Samml. Sabouroff Taf. 52, 6). Daneben bilden sich Spielarten, wie die schlauchförmige A. (sog. Pelike, Form 42 Furtw.), wo im Gegensatz zu der sonst herrschenden Tendenz der grösste Umfang sehr tief liegt; die λουτροφόρος (s. o., sog. Prothesis-A., Form 34 Furtw.), auffallend schmal und langgezogen; einer Caprice des in äusserlichen Kunstgriffen erfindsamen Fabrikanten Nikosthenes (s. d.) verdankt die Bandhenkel-A., auf Nachahmung zusammengenieteter Metallblechgefässe beruhend, ihre Wiedereinführung (Form 165 Furtw., vgl. Wiener Vorlegebl. 1890/91 Taf. I); sein Genosse Pamphaios (s. d.) ist geschmacklos genug, sie auch noch in die rf. Technik hinüberzunehmen. Im strengen rf. Stil tritt die A. an Bedeutung hinter der Schale zurück; doch findet auch sie neue gefällige Formen, wie die Spitz-A. (Form 36 Furtw.) und die nach einem Hauptfundort sog. nolanische A. (Form 45 Furtw., vgl. auch 52); die korinthische Kelebe wird zum monumental wirkenden Prachtgefäss (Form 48 Furtw.) oder durch Herabrücken der Horizontalhenkel und Weglassen der Deckplatte zum sog. Stamnos (Form 39 Furtw.) umgestaltet. In der nun folgenden Blütezeit des sog. schönen Stils werden die Formen noch gefälliger, bisweilen übertrieben elegant, wie die fast körperlose λουτροφόρος (Form 44 Furtw.), die nolanische A. wird mit strickartig gedrehten Henkeln verziert (Form 37 Furtw.), aus der Kelebe wird ein kraterartiges Prachtgefäss mit zwei Horizontalhenkeln, auf denen Verticalhenkel aufsitzen, die über dem Rande des Gefässes in Voluten endigen (Form 38 Furtw.; ähnliche Form bereits unter den kyrenaeischen Vasen, vgl. Arch. Ztg. 1881 Taf. 11, 2). Ein grosser Teil dieser Vasen wurde nach Italien als Grabschmuck und Hausgerät exportiert; zuerst meist nach Etrurien, später nach Unteritalien; es war natürlich, dass sich dort bald eine locale Concurrenz regte, die zuerst ungeschickt, allmählich geschickter nachahmend nach dem Aufhören der attischen Thonindustrie noch eine Zeit lang selbständig das Feld behauptete. In dieser unteritalischen, verschiedenartig in Campanien, Apulien und Lucanien ausgebildeten Keramik finden sich noch einige originelle Formen der A., wie die Kelebe mit geknoteten Henkeln (Form 57 Furtw.), eine lang gestreckte, unter Einwirkung der Lekythos entstandene Form (Form 53. 56 Furtw.) in colossalen Dimensionen, ferner die sog. candelaberförmige A. (Form 65 Furtw.) und die vierhenkelige lucanische A. mit Rosettenhenkeln (Form 54. 55 Furtw.). Aus der attischen Voluten-A. entsteht die riesige apulische Grabvase, die an Stelle der Voluten Masken setzt und die Verticalhenkel unten in Schwanenhälse enden lässt. Als endlich das Thongeschirr auch als Grabschmuck völlig aus der Mode kam, wurde diese Fülle von Formen bemalter A. nur von dem langgestreckten, unten spitz zulaufenden, meist schmucklosen Vorratsgefäss der römischen Zeit überdauert (Beispiele s. o.).

Decoration. Der für die Decoration verfügbare Raum ist je nach der Anlage der Henkel verschieden; bei hochsitzenden Henkeln bietet sich unterhalb derselben rings um den Bauch eine [1975] zusammenhängende Fläche dar; ist der Hals hoch genug, so sind auch an ihm zwei durch die Henkel von einander getrennte Flächen vorhanden. Setzen die Henkel tiefer an, so ergiebt sich die Gliederung der Decoration in eine Vorder- und eine Rückseite von selbst. Die A. der ältesten Gattungen ist vom Fusse an bis zur Mündung mit horizontalen (bald ornamentalen, bald figürlichen) Streifen decoriert, die nach Massgabe des Raumes entweder rings herum laufen oder in Vorder- und Rückseite geschieden sind. Diese Streifenverzierung ist eine Erinnerung an die metallenen, aus Blechstreifen zusammengesetzten, mit aufgelegten Blechstreifen verzierten Vorbilder der Thon-A. Gegen das Ende des geometrischen Stils und weiterhin in der unter orientalischem Einflusse stehenden rhodischen Keramik treten uns zuerst zwei ornamentale Hauptelemente der späteren Amphorendecoration entgegen: das sog. Stabornament, das alsbald seinen festen Platz an der Grenze von Hals und Bauch (,auf der Schulter‘) einnimmt, und die vom Fuss emporsteigenden Strahlen, die das Gefäss gleichsam fusslos in einen Strahlenkorb gestellt erscheinen lassen (Beispiel Arch. Jahrb. I 140, wo am Halse auch das den rhodischen Vasen eigene Knotennetz erscheint). Der korinthische Stil der älteren Zeit begnügt sich, die Oberfläche der A. in horizontale Streifen zu zerlegen, die er mit stilisierten Tiergestalten füllt. Zugleich mit dem Aufkommen des glänzenden schwarzen Firnisses erhalten auch die Darstellungen einen menschlichen, oft mythischen Inhalt, die wuchernde Ornamentik tritt mehr und mehr zurück, die Tierstreifen werden als Fries dem Hauptbilde untergeordnet oder an weniger bedeutsame Stellen (Hals, Mündung, Fuss) gesetzt; die Henkelscheiben der Kelebe werden mit Einzelfiguren verziert; häufig wird das ganze Gefäss mit Firniss überzogen und nur jederseits eine Bildfläche ausgespart. In anderer Weise wirkt die chalkidische Keramik; ihr verdanken die sf. attischen Vasen vorzugsweise die stilvolle Strenge ihrer Ornamentik; sie fixiert den Strahlenkorb am Fuss, das Stabornament am Beginn der Schulter, das gegenständige Palmettenlotosband als Halsschmuck; sie gliedert die figürlich bemalte Fläche in ein Hauptbild am Bauch und ein friesartiges Schulterbild. Der attischen Vasenmalerei war es vorbehalten, den Kampf zwischen dem schmucken Glanzfirniss, der immer mehr von der Vasenfläche in Besitz nahm, und den schwarzen Figuren zum Austrag zu bringen. Die Ornamente und Nebendarstellungen verschwinden fast ganz, es bleibt nur jederseits ein ausgespartes Bild übrig, das vor dem Firniss immer mehr nach oben zurückweicht, bis es zu einem Schulterbild geworden ist; über die Decoration der panathenaeischen A. s. o.; auf der Rückseite finden sich oft Bilder von Wettkämpfen. Ebenso finden wir auf den λουτροφόροι zum Gebrauch passende Scenen der Hochzeit oder Bestattung dargestellt. Inzwischen wird an der Schale die neue Technik, die statt der Bildfläche die Figuren ausspart, erfunden (vgl. Klein Euphronios² 29ff.). Nach einigen vergeblichen Versuchen, dieser Consequenz der bisherigen Entwickelung zu entgehen (s. Andokides, Nikosthenes, Pamphaios), entschliesst sich auch die A. zaghaft zu folgen, indem [1976] sie einem sf. Hauptbild und schwarzen Ornamenten auf der Rückseite ein rf. Bild hinzufügt. Im rf. Stil wird alles Decorative sehr discret behandelt; als Grundlinie der figürlichen Darstellung dient häufig ein Maeanderstreif. Man gewöhnt sich mehr und mehr, Vorder- und Rückseite zu unterscheiden; die letztere zeigt oft nur bedeutungslose Mantelfiguren. Besonders elegant wirken diejenigen A., die auf jeder Seite nur eine Gruppe von zwei Figuren oder gar nur eine Figur zeigen (nolan. A., Pelike, Spitz-A.); bald gehören dann Vorder- und Rückseite (nicht selten als eine Scene) zusammen, bald stellen sie gewissermassen nur ,das Motiv an sich‘ dar. Die unteritalische Keramik endlich greift wieder auf das mehrere Reihen über einander anordnende Decorationsprincip zurück oder setzt wie die apulischen Prachtamphoren ein tempelartiges Gebäude in die Mitte der Bildfläche und ordnet ringsum die Darstellung in freien malerischen Gruppen an. Im übrigen vgl. den Artikel Vasen.