Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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thrakische, später makedonische Stadt, am Strymon gelegen
Band I,2 (1894) S. 1949 (IA)–1952 (IA)
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Amphipolis (Ἀμφίπολις). 1) Stadt in einem früher zu Thrakien gerechneten Teile Makedoniens, am Strymon gelegen, 25 Stadien oberhalb seiner Mündung, an welcher der Hafen Eïon sich befand. Die Lage war sehr charakteristisch, ein in natürlichen regelmässigen Terrassen aufsteigender Hügel in einer Umklammerung des Flusses, ein weit sichtbares Wahrzeichen sowohl für die [1950] vom Meere kommenden, wie für die Binnenländer (Thukyd. IV 102); als ein Haupteingangspunkt in Thrakien, und insbesondere die fruchtbare Strymonebene, früh besiedelt, als Strassenknotenpunkt Ἐννέα ὁδοί benannt (Herod. VII 114. Thukyd. I 100. IV 102) und von grosser strategischer wie merkantiler Bedeutung. Schon Aristagoras aus Milet wollte hier 497 v. Chr. eine Niederlassung gründen, wurde aber von den Edonen, welchen der Platz gehörte, erschlagen (Thuk. IV 102; etwas abweichend Herod. V 124; s. u. Myrkinos). Angezogen von den Vorteilen der Lage, versuchten die Athener, die sich mit Fabeln

von alten Ansprüchen trugen (Aesch. II 9 mit Schol.; vgl. Schol. Lykophr. 495), in dieser Gegend sich festzusetzen; allein die 10,000 Colonisten, welche aus Athen und vielen anderen Orten unter den Athenern Leagros und Sophanes herbeigezogen waren, hatten bei Drabeskos das Schicksal des Aristagoras, 465/464 v. Chr. (Thuk. a. a. O. Diod. XI 70, vgl. Busolt Griech. Gesch. II 414), allerdings wurde nach Herodot IX 75 Sophanes in Daton erschlagen, vgl. auch Isokr. VIII 86. Endlich besiegte 437 v. Chr. Hagnon, Sohn des Nikias, den hartnäckigen Widerstand der Thraker, vertrieb die Edonen aus den ‚neun Wegen‘ und gründete die Colonie, die er A. nannte, nach Thukyd. a. O., weil der Fluss sie ἐπ’ ἀμφότερα umfloss; die Gunst der natürlichen Lage erhöhte er dadurch, dass er an der einzigen, nicht durch den Fluss geschützten Hügelseite, der östlichen, eine Mauer zog ἐκ ποταμοῦ ἐς ποταμόν (Thukyd. a. O. Harpokr., von Pallisaden hinter dieser Mauer spricht Thukyd. V 10); später scheint A. auch an der Flussseite Mauern besessen zu haben (Thukyd. IV 103). Die öfter [1951] erwähnte Brücke (Herod. VII 114. Thukyd. IV 103) war im Norden der Stadt kurz nach dem Austritt des Flusses aus dem strymonischen See, der Kerkinitis. Über die Begründung von A. s. bes. H. Weissenborn Hellen III 137ff. Als Namen von A. führt Steph. Byz. auch Krademna und Anadraimos an. Die Anhänglichkeit der Tochterstadt an Athen war zu keiner Zeit sehr gross, die Stimmung vielmehr feindlich, da die Bevölkerung aus Griechen aller Art, auch Thrakern, gemischt und die athenische in der Minderzahl war (Thuk. IV 106, vgl. 103, 3. Diod. XII 32). Im J. 424 ergab sie sich ohne Widerstand dem spartanischen Heerführer Brasidas, für die Athener ein sehr empfindlicher Verlust, weil sie ihre Bedürfnisse für den Schiffbau hauptsächlich von hier bezogen; darauf wusste Brasidas die Zuneigung der Bürger so sehr zu gewinnen, dass, als er in der zu Verteidigung der Stadt gelieferten Schlacht gegen Kleon (vgl. Vömel lineamenta belli Amphipolitani, Francof. 1826; Proleg. in Demosth. Phil. I 32ff. Leake North. Gr. III 191ff.) fiel, A. ihn als einen Heros und Gründer der Stadt verehrte, vgl. Deneken in Roschers Mythol. Lexic. I 2518; und als nach dem Frieden des Nikias die Colonie den Athenern zurückgegeben werden sollte, und die Spartaner selbst auf die Vollziehung drangen, weigerten sich die Bürger geradezu, der Mutterstadt sich zu unterwerfen, 422/421 v. Chr. (Thuk. IV 103ff. V 11. 18. 21. 46. Diod. XI 70. XII 32. 68. 74). Um diese Zeit beginnen auch die Münzen von A., wohl die schönsten in Nordgriechenland, beherrscht vom Kult des Apollon und der Artemis Tauropolos. Die Bewohner scheinen ihre Unabhängigkeit mit wenigen Unterbrechungen fortwährend gegen die Athener behauptet zu haben, und auch später noch (360), als Iphikrates abgeschickt ward, die Widerspenstigen zum Gehorsam zu nötigen, waren die Bemühungen dieses Feldherrn so vergeblich wie die seines Nachfolgers Timotheos; vielmehr hatte sich A. dem makedonischen König Perdikkas unterworfen und blieb in makedonischer Gewalt bis 359, in welchem Jahre Philippos seine Besatzung herauszog und die Stadt für frei erklärte – in diese Zeit fällt CIG II 2008 = Le Bas II 1418, vgl. Sauppe Inscr. Maced. quatt., Weimar 1847 – doch nur um im folgenden Jahre sich durch einen Überfall von neuem in ihren Besitz zu setzen, während er die Athener durch das Versprechen begütigte, die Stadt in ihre Hände geben zu wollen. Allein weit entfernt, sein Wort zu halten, befestigte er sich, ohne dass ihn die Athener, eines zehnjährigen Kampfes ungeachtet, daran hindern konnten, nur immer mehr in dem Besitze des höchst wichtigen Platzes, der von jetzt an bis zum Untergang des makedonischen Reiches ein Bestandteil des letzteren blieb (Aeschin. II 8. Demosth. XXIII 116ff. 149f. VII 26ff.) und ein Hauptmünzplatz seiner Könige. Auch abgesehen von seiner Lage war A. durch grosse natürliche Vorzüge ausgezeichnet: die Umgegend lieferte in vorzüglicher Menge und Güte Wein, Feigen, Öl, Holz besonders zum Schiffsbau; ergiebige Gold- und Silbergruben; rege Gewerbe (namentlich in Wolle) und der durch die glückliche Lage begünstigte Handel erhöhten den Wert dieses viel bestrittenen [1952] (Diod. XII 68) Besitzes (Herod. V 23. Thuk. I 108. Plut. Cim. 7. Theopomp. bei Athen. III 77 e. Strab. VII 323. 331. Liv. XLV 30). Gleichwohl scheint die Stadt wegen fortwährender Störungen des inneren und äusseren Friedens nie zu rechtem Wohlstand gelangt zu sein. Die Verfassung hatte bei der gemischten Bevölkerung keinen festen Bestand. Die ursprüngliche Demokratie scheint seit Brasidas durch aristokratische Elemente verdrängt gewesen zu sein, daher Beamte προστάται (CIG 2008), bis durch eingewanderte Chalkidenser unter Kleotimos wieder Volksherrschaft eingeführt ward, Aristot. Pol. V 2, 11. Von dem Götterkultus der Stadt wissen wir, dass die brauronische Artemis der Athener oder die Tauropolos (Diod. XVIII 4) einen Tempel hier hatte, dessen Ruinen in der Römerzeit die sinkende Stadt lange überdauerten (Antip. von Thessal. Anth. Pal. VII 705). Der berühmteste Amphipolite ist der paradoxe Kritiker (ὁμηρομάστιξ) Zoilos, welcher die Geschichte seiner Vaterstadt in drei Büchern beschrieben hat. Die Römer erhoben A. zur Freistadt und Hauptstadt von Macedonia prima (Plin. n. h. IV 38) und führten die makedonische Hauptstrasse, die Via Egnatia, durch dieselbe (vgl. It. Ant. p. 320. 331. It. Hier. p. 604. Tab. Peut.). A. hiess im Mittelalter nicht Chrysopolis (Schol. Ptol. III 13, 31), sondern Popolia (s. Tafel Thessal. 498f.; de viae Egnat. parte orient. 9). Ausser den schon angeführten Stellen s. über A. noch Strab. VII 323. 331. Diod. XIX 50. Ptol. III 13, 31. VIII 12, 5. Liv. XXXVII 6. 44. XLV 29. 30. Act. Ap. 17, 4. Hierokl. 640. Steph. Byz. Kantakuz. I 38. Vgl. Kutzen De Amphipoli, Breslau 1836; De Atheniensium imperio Cimonis atque Periclis tempore constituto, Grimmae 1837, 12ff. H. Weissenborn Hellen III 126–196. Münzen Head HN 190. Inschriften CIG II 2008f. Le Bas 1417–24. Heuzey 169. CIL III 632. Jetzt an der Stelle Neochori, türk. Jenikoei. Leake N. Greece III 183, Situationsskizze 191 (umstehend reproduziert). Cousinéry Voyage dans la Macédoine I 100. 122. Heuzey et Daumet Mission Archéol. Macéd., Paris 1876, 166.

Nachträge und Berichtigungen

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S. 1952, 40 zum Art. Amphipolis Nr. 1.

Ein neues Psephisma zu Ehren eines Gymnasiarchen (1. Jhdt. v. Chr.) ist österr. Jahresh. I 180f. veröffentlicht. Über die reichen Funde von Terracotten, die in den Gräbern von Amphipolis gemacht wurden, handelt Perdrizet Bull. hell. XXI 1897, 514ff. vgl. XXII 1898, 335ff.

[Cumont. ]
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S. 1949 zum Art. Amphipolis ›1)‹:

Neue Literatur: Joh. Papastavrou Amphipolis, Geschichte und Prosopographie. etc. etc.

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Amphipolis

1) Thrak., später maked. Stadt. (L) S I. (L) S X (erg.: ›1)‹).