Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gentilianus, aus Etrurien, Schüler eines Lysimachos
Band I,2 (1894) S. 1822 (IA)–1823 (IA)
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Amelius, oder, wie er sich selbst lieber nannte, Amerius Gentilianus, ist in Etrurien geboren (Porph. v. Plot. 7. Eunap. v. soph. 17). Er war zuerst Schüler eines Lysimachos, wahrscheinlich des Stoikers, den Longin (bei Porphyr a. a. O. 20) nennt, schloss sich aber im J. 246 Plotin an und blieb 24 Jahre sein Schüler (Porph. 3). Im J. 269, also kurz vor Plotins Tode, begab er sich nach Apamea und muss hier längere Zeit gelebt haben, da er auch Ἀπαμεύς genannt wird (Porph. 2. Suid.). Äusserst arbeitsam hat er zahlreiche weitschweifige Werke in rhetorisch gekünstelter Sprache verfasst (Porph. 20. 21). Plotins Vorträge gab er in ungefähr hundert Büchern heraus (Porph. 3); gegen den Vorwurf eines an Numenios begangenen Plagiats verteidigte er ihn in einer auf Veranlassung Porphyrs verfassten Schrift über den Unterschied der Lehren des Plotin und Numenios (Porph. 17); Einwendungen des jugendlichen Porphyr gegen Plotins Lehre von der Immanenz der Ideen im Nus widerlegte er in zwei Schriften (Porph. 18), und in einem Briefe an Longin erörterte er die Methode der plotinischen Philosophie (Porph. 20). Wider die einem angeblichen [1823] Zostrianos von christlichen Schriftstellern untergeschobenen Orakel schrieb er ein Werk von 40 Büchern (ebd. 16). Auch die Schriften des von ihm hochgeschätzten Numenios hat er gesammelt, herausgegeben und zum grössten Teile auswendig gelernt (ebd. 3). Dass er einen Commentar zu Platons Timaios geschrieben habe, schliesst Zeller (Ph. d. Gr. III 2³, 632, 3) aus den häufigen Anführungen seiner Meinungen und Erklärungen, die sich bei Proclus zum Timaios finden. Doch geht gerade aus einer Mitteilung dieses Schriftstellers (in Tim. 233 B) hervor, dass ihm ein solcher Commentar nicht vorgelegen hat. Ebensowenig ist aus seinen Bemerkungen zur platonischen Republik (p. 354 Steph. = p. 76, 36 Schoell) auf das Vorhandensein einer Erklärungsschrift zu diesem Werke zu schliessen. Alles, was uns von Lehrmeinungen des A. berichtet wird, zeigt uns einen durchaus unselbständigen Denker, der Plotin sich aufs engste anschliesst, dem hohen Fluge seiner Gedanken aber nicht zu folgen vermag, dem Opfer- und Orakelwesen viel entschiedener als sein Lehrer sich zuwendet (Porph. a. a. O. 10. 22) und bald die alberne Zahlenmystik der Neupythagoreer (Procl. in Tim. 205 C), bald unreife Anschauungen des Numenios mit tiefsinnigen Lehren Plotins verbindet (Procl. a. a. O. 93 D. 226 B. 249 A). Eine alles Bemerkenswerte umfassende Zusammenstellung der uns überlieferten philosophischen Ansichten A.s giebt Zeller (a. a. O. 633f.).