Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Würfelspiel, bei den Juristen jedes Glücksspiel
Band I,1 (1893) S. 1358 (IA)–1359 (IA)
Würfelspiel in der Wikipedia
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5) Alea, Würfelspiel, ohne Unterschied ob es mit Würfeln (tesserae, κύβοι) oder Knöcheln (tali, ἀστράγαλοι) gespielt wurde: iacta est alea Suet. Caes. 32; cadat alea Petron. 122. 174; rumor aleae … forum aleatorium calfecimus Suet. Aug. 71; alveolum tabula aleatoria Fest. ep. 8, 1 M.; tabella alearis Cael. Aurel. chron. II 1, 25. Über die Etymologie (verwandt mit os, Knochen) s. Curtius Griech. Etym.⁵ 210.

[Mau. ]

Bei den Juristen heisst alea nicht blos das Würfelspiel, sondern jedes Glücksspiel. Dig. XI 5 de aleatoribus. Dig. XVII 2, 59, 1. XXII 2, 5 pr. In einem abgeleiteten Sinne bedeutet es die Hoffnung auf das Spiel des Zufalls. So heisst es von der emptio spei, dem Kaufe der Hoffnung auf einen ungewissen Erwerb, die auf alle Fälle bezahlt wird, quasi alea emitur Dig. XVIII 1; dahin gehört z. B. der Kauf eines captus piscium. In diesem Sinne redet die neuere Rechtswissenschaft von aleatorischen oder gewagten Verträgen (Windscheid Pand. § 322. Arndts Pand. § 236). Zu diesen rechnet man auch die Wette, weil bei ihr ebenfalls ein ungewisser Erfolg erstrebt wird, und zwar ist dieses Geschäft um so mehr von dem Spiele zu unterscheiden, als es gültig und klagbar war, während dem Spiele in der Regel die Klagbarkeit fehlte. Während die Wette eine freiwillig übernommene Geldstrafe für den Fall der Unrichtigkeit einer Behauptung enthält, ist dem Spiele dieser Strafzweck fremd, es dient vielmehr dem Zeitvertreibe und der Gewinnsucht.

Litteratur: C. Schönhardt Alea, Stuttgart 1885 (und dazu Pernice in der Ztschr. der Savignystiftung VII 148) und weitere Litteratur bei Windscheid und Arndts a. a. O.

[1359] Ein Gesetz gegen das Würfelspiel wird schon bei Plautus erwähnt (Mil. gl. 164, vgl. Cic. Phil. II 56. Hor. carm. III 24, 58. Ovid. trist. II 470ff.); vielleicht folgten andere Gesetze nach; welches die Strafe war, ist zweifelhaft; nach Ps.-Asconius (in divin. 24) hätte sie im quadruplum bestanden. Eine Ausnahme vom Spielverbote wurde für die Zeit der Saturnalien gemacht (Mart. IV 14. V 84. XI 6. Suet. Aug. 71). In späterer Zeit wird ein SC erwähnt, nach welchem es verboten war, um Geld zu spielen, ausser bei solchen Spielen (Speerwerfen, Wettlaufen, Springen, Ringen, Kämpfen), bei welchen es sich um Bethätigung des Mutes handelte (quod virtutis causa fiat, Dig. XI 5, 2f.; vgl. auch Sponsio); auch wurde der familia erlaubt, um das zu spielen, was beim Male aufgetragen wurde (Dig. XI 5, 4). Wenn der, bei welchem gespielt wurde, geprügelt, oder wenn ihm bei Gelegenheit des Spieles etwas unrechtmässig entwendet wurde, gab der Praetor keine Klage (Dig. XI 5, 1). Iustinian verbot alle Spiele mit Ausnahme von fünf namentlich angeführten, die bis zur Höhe von einem Solidus gestattet wurden, und liess sogar die Klage auf die verspielte Summe zu. Insbesondere verbot er das Spiel mit ‚hölzernen Pferden‘; wenn der Verlustträger nicht selbst eine Klage wegen der verspielten Summe einbrachte – was auch die Confiscation des Spielhauses zur Folge hatte – so sollte der Beamte einschreiten und die eingezogene Summe zu öffentlichen Zwecken verwenden. Eine strafrechtliche Verfolgung fand nicht statt (Cod. Iust. III 43). Nur dem, der zum Spielen zwang, wurde vom Praetor Strafe angedroht (Dig. XI 5, 1). Geistliche, die irgendwie am Spiele teilnahmen, sollten für drei Jahre suspendiert und in ein Kloster gesperrt werden (Nov. Iust. 123, 10). Vgl. Becker Gallus (1882) III 465ff. Rein R. Crim.-R. 833f., woselbst auch ältere Litteratur. C. Schoenhardt Alea. Über die Bestrafung des Glücksspiels im älteren römischen Recht, Stuttgart 1885. Anonymus adversus aleatores, erläutert und übersetzt von A. Miodónski, Erlangen 1889, 48ff. 86.