Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt im westlichen Teile Susianas
Band I,1 (1893) S. 735 (IA)–736 (IA)
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Agarra (Ἄγαρρα, var. Ἀγάρρα, letzteres Nobbe), Stadt im westlichen Teile Susianas, Länge 83° 40′, Breite 33° 20′, Ptol. VI 3, 5. Sie liegt 55′ südlicher und 20′ westlicher als Susa (Länge 84°, Breite 34° 15′, Ptol. a. a. O.), also südsüdwestlich davon. Die Position von Susa ist zur Zeit bestimmt zu 48° 18′ östl. Länge Greenw. und 32° 11′ 25′′ nördl. Breite; die ihr entsprechende Lage von A. ist also 47° 58′ östl. Länge [736] Greenw. und 31° 16′ 25′′ nördl. Breite, somit ist es in der Nähe der jetzigen Stadt Ḥavîzäh (ältere Form Ḥuveizäh) zu suchen, deren Länge 48° 5′ und deren Breite 31° 27′ beträgt. Diese ist der Hauptort am unteren Kärkhä, dem Choaspes (s. d.) der Alten; seit einem Dammbruch im J. 1837 ist jedoch der Hauptarm des Kärkhä, an dem sie liegt, fast vertrocknet (über Ḥavîzäh vgl. Layard Journ. Roy. Geogr. Soc. London XVI 33ff.). Veränderungen des Flusslaufes, wie diese, sind in jenem Tieflande überaus häufig und legen die Vermutung nahe, dass die Lage des Ortes in entsprechender Weise wiederholt gewechselt habe, und darauf weist auch eine Überlieferung, die eine ältere Niederlassung weiter flussabwärts als das spätere Ḥavîzäh kennt (Layard 34). Wenn man nun ausserdem noch die Ungenauigkeit der ptolemaeischen Positionsbestimmungen in Erwägung zieht, so wird man die Lage von A. und Ḥavîzäh als nahezu mit einander übereinstimmend ansehen und die ältere Stadt mit höchster Wahrscheinlichkeit als die Vorgängerin der neueren bezeichnen dürfen. Beachtenswert ist, dass im Akkadischen, der alten Sprache Süd-Babyloniens, agar die Bedeutung „Feld“ hat, von gar „das Feld bebauen“ (Haupt Akkadische Sprache 10); vielleicht ist also der Ortsname Agarra eigentlich ein Appellativum, zu dem noch ein dasselbe näher bestimmendes Nomen proprium gehörte. Das wäre ganz analog den zahlreichen Ortschaften, die jetzt in Persien den Namen Mäzräʿäh, d. h. „Ackerfeld“ führen, ursprünglich aber natürlich „Feld des N. N.“; ebenso kommen die Appellativa Rustâk und Tasûg (arabis. Ṭassûǧ), die in der Sâsânidenzeit zur Bezeichnung kleinerer Bezirke dienten, an verschiedenen Stellen Persiens als Ortsnamen vor, nachdem der eigentliche Name zuerst als selbstverständlich weggelassen worden und dann in Vergessenheit geraten war. Kühn ist die Vermutung, dass ΑΓΑΡΡΑ in ΑΠΑΡΡΑ zu ändern und dass es ein Singular (Status absolutus) zu dem in den historischen Inschriften der assyrischen Könige vorkommenden apparâti „Rohrsümpfe“ sei (in der Verbindung agammí u apparâtí „Sümpfe und Schilfland“; so z. B. Keilinschriftliche Bibliothek II 96), die ja gerade auch in der allernächsten Nähe von Ḥavîzäh in grosser Ausdehnung vorhanden sind.