RE:Ἴδιος λόγος

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sonderkonto in der ägyptischen Finanzverwaltung
Band IX,1 (1914) S. 882903
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Ἴδιος λόγος (Idiologos), Terminus der Finanzverwaltung des hellenistischen Ägypten. Der Grundbedeutung nach = ,Sonderkonto‘ scil. τοῦ βασιλέως (Preisigke Girowesen 188), bezeichnet das Wort auch die Gesamtheit der in diesem Konto geführten Objekte und in römischer Zeit (inoffiziell) sogar den verwaltenden Beamten (s. u. S. 900). Über die Abgrenzung seiner inhaltlichen Bedeutung, d. h. über die Stellung zur gesamten Finanzverwaltung der ptolemäischen und römischen Zeit Ägyptens sind die grundlegenden Fragen in Anbetracht des schwierigen und besonders für die ptolemäische Zeit dürftigen Materiales strittig, und die nach dem theoretischen Grundgedanken haben daher noch kaum in Angriff genommen werden können. Diese kurze Darstellung muß daher auf eine zusammenhängende Vorführung unserer Kenntnis verzichten und sich auf den Versuch beschränken, von den Einzelurkunden aus festen Boden zu schaffen, soweit das heute möglich ist. In Kürze wird in einer Publikation der Berliner Papyrossammlung (BGU V) reicheres Material vorgelegt werden, auf die darum hier für alle Einzelheiten verwiesen sei.

[883] Licht auf den besonders die Ptolemäerzeit hindurch von urkundlichen Quellen nur spärlich beleuchteten Weg wirft nur die Strabonische Notiz (XVII C 797, 12): ἄλλος δ’ ἐστὶν ὁ προσαγορευόμενος ἴδιος λόγος (so codd., nicht ἰδιόλογος), ὃς τῶν ἀδεσπότων καὶ τῶν εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφειλόντων ἐξεταστής ἐστιν; diese Charakterisierung wird sich durch eine unvoreingenommene Prüfung der Urkunden als richtig erweisen.

I. Stellung zur Agrarverwaltung.

Ptolemäische Zeit. Eine solche Untersuchung leidet unter dem Umstande, daß das geringe Material sich vorzugsweise auf dem verwickelten Gebiet der Agrarverwaltung bewegt, und auch hier ist insbesondere für die ptolemäische Zeit wenig sichere Kenntnis zu gewinnen. In P. Amh. 31 = Wilcken Chrestomathie der Papyruskunde) nr. 161, J. 112 v. Chr. wird an eine Regierungskasse εἰς τὸν ἴδιον λόγον τῶν βασιλέων (die Samtherrscher Kleopatra III. und Soter II.) eine als πρόστιμον φοινικῶνος, in col. III als τιμή bezeichnete Summe gezahlt, auf Grund eines col. I Z. 11 zitierten Gesetzesparagraphen: τὸ καθῆκον πρόστιμον ὡς τῆς (ἀρούρης) διὰ τὸ παρειληφέναι ἀπὸ χέρσου (ταλάντων) (δέκα), der also für unberechtigtes Besitzergreifen von Ödland eine Strafsumme festsetzt, die nach den hier nicht näher wiederzugebenden Grundsätzen ptolemäischer Agrarpolitik gleichzeitig als Kaufsumme (korrekt Erbpachtsumme) gilt und dem Okkupanten den dauernden Besitz mit der Verpflichtung zur weiteren Bebauung sichert (Rostowzew Kol(onat, Archiv für Pap.-Forsch. Beiheft I) 17, 79ff. Das okkupierte Land ist wahrscheinlich nicht γῆ derelicta, sondern absolutes Ödland (so auch P. Meyer Dioik. 133); dafür spricht einmal, daß die Unterbeamten nur berichten über τόπους περιειλημμένους εἰς φυτείαν φοινίκων, also nur die bloße Tatsache der wirtschaftlichen Verwertung, nicht die juristische Qualität als ἀδέσποτα (d. h., wie wir nach Strabon und den Verhältnissen der römischen Zeit vermuten können, Eigentum des ἴ. λ.) hervorheben, und daß ferner auch der für diesen Fall zitierte Gesetzesparagraph (er scheint mit authentischem Wortlaut gegeben zu werden) nur von der Okkupation von χέρσος spricht, wie Wilcken betont. Wir gewinnen damit sicher ein πρόστιμον, vermutungsweise für erstmaliges Urbarmachen absoluten Ödlandes, sofern es heimlich und ohne ausdrückliche Anweisung der Regierung geschah, die an dieser Sorte Landes ein hervorragendes Interesse hatte, da besonders die ersten Ptolemäer mit der Vergebung dieses Landes an die Soldaten, vor allem im Fajûm, eine großzügige Wirtschaftspolitik trieben (s. Rostowzew Kolonat 9). Da normalerweise die Verfügung über diese absolute χέρσος dem Dioiketen, d. h. dem obersten Finanzbeämten (s. Wilcken Grundzüge der Papyruskunde 148) zugestanden hat und dieser die erwähnten Landanweisungen vornahm (s. Grenfell-Hunt Tebt I S. 554/5 und die dort benützten Texte), so muß der Grund, warum hier dies πρόστιμον für Übernahme solchen Landes an den ἴ. λ. gezahlt wird, in der Unrechtmäßigkeit dieser Handlung liegen, nicht darin, daß etwa alles Land dieser Kategorie grundsätzlich in den ἴ. λ. zu rechnen wäre. Andererseits kommt [884] die Meinung von Grenfell-Hunt dadurch zu ihrem Recht, daß das in der Tat merkwürdige Schwanken in der Terminologie (I Z. 3 προστίμου φοινικῶνος; vgl. Z. 8 περιειλημμένους εἰς φυτείαν φοινίκων statt ἀπὸ χέρσου. II Z. 16 ἔξει ἐν φυτείαι τὸν τόπον φοίνιξι) einer Erklärung bedürftig ist, die darin gefunden werden kann, daß an sich die Umwandlung jeden beliebigen Landes, auch von γῆ σιτοφόρος, in Palmenland o. ä. ein eigenes πρόστιμον nach sich zog, das nun hier in diesem Falle mit dem für χέρσπς-Okkupieren (verständlicherweise) zusammengefallen ist. Wir kennen dieses Bepflanzungs-πρόστιμον aus BGU III 929 B (2./3. Jhdt. n. Chr.); dazu Wilcken Arch. II 119. Rostowzew Kol. 105. Oxy. VII 1032 Z. 11/12 vom J. 192 n. Chr. zeigt wenigstens für dieses πρόστιμον, wie formalistisch diese Bezeichnung war; die Strafe für unberechtigtes Vorgehen ohne Vorwissen der Regierung bestand hier wie in anderen Fällen augenscheinlich nicht in dem πρόστιμον, sondern nur in einer Erhöhung der Nebengebühren, P. Amh. 31 = Wilcken Chr. 161 Z. 17 der col. II. Einige vermutlich analoge Fälle eines πρόστιμον, das zur τιμή wird, also ähnliche Verkäufe aus dem Staatsschatz vermutlich für Rechnung des ἴ. λ. (Spezialkonto εἰς τὸ πρόστιμον; s. den obigen Text col. II 15) sind (s. Wilcken Arch. II 119): Wilcken Ostr. II 342 (eine Jahresrate). 351. 1232. 1515, Es kann hier Okkupation von ἀδέσποτα oder vollkommenem Neuland vorliegen.

Für die Urkunde Aktenstücke aus der kgl. Bank zu Theben I (Wilcken Abh. Akad. Berl. 1886) ist mir eine direkte Beziehung zum ἴ. λ. unwahrscheinlich, anders P. M. Meyer Dioik(esis und Idios logos, Festschr. f. Hirschfeld) 134; ein Verkauf aus dem Staatsschatz in den üblichen Formen (Angebot, προκήρυξις, κύρωσις, Zahlung). Objekt: ein vom Ackerlande des Käufers rings umschlossener und darum nur für ihn verwertbarer Hügel (die näheren Angaben über die Qualität des Bodens sind unverständlich; vielleicht mit P. M. Meyer ἐν [ψιλοῖς] τόποις, also nur als Bauland verwertbar), der noch keinen Besitzer gehabt zu haben scheint (so auch Rostowzew Kol. 20), also dieselbe Kategorie wie im vorigen Falle, jedoch liegt keine unrechtmäßige Okkupation und demnach (s. o.) auch kein Eingreifen des Idios logos vor, wie mir scheint. Dieser wird zwar in der (nach dem obigen Text wiederherzustellenden) Zahlungsanweisung erwähnt, aber die lückenhaft erhaltene Stelle führt etwa auf den Zusammenhang (s. Amh. 31 = Wilcken Chr. 161, II 14 und BGU III 992 = Wilcken Chr. 162): διασαφοῦντος (folgen Auskünfte der Lokalbeamten, etwa:) [daß der Hügel nicht ἀδέσποτος sei und nicht ὑποπίπτει τῶι] ἰδίωι λ[όγω]ι [zur Phrase s. z. B. BGU 57 Verso, dazu P. M. Meyer Dioik. 153. Wessely Spec isag. tab. 4 = Lond. II S. 178, 8; tab. 11 nr. 19, 14] und μηδὲν ἠγνοῆσθαι [zur Phrase s. Oxy. IX 1188]. Sollte die Erwähnung des ἴ. λ. besagen, daß an ihn die Zahlung geht, so würde man εἰς τὸν ἴ. λ. und dies vor oder hinter διασαφοῦντος – ἠγνοῆσθαι erwarten. Diese Zahlung geht also vermutlich, wie normal, an die königliche Kasse für das (nicht eigens erwähnte) Konto der διοίκησις (s. o.). Die Annahme, daß der I. sich für das Land hätte [885] interessieren müssen, wenn es statt Neuland γῆ ἀνειλημμένη gewesen wäre, wird sich unten aus dem Material der römischen Zeit rechtfertigen lassen.

BGU 992 = Wilcken Chr. 162 (162 v. Chr.) gibt eine Quittung der kgl. Kasse (der P. Straßbg. Inv. nr. 277 = Gradenwitz-Preisigke-Spiegelberg Erbstreit 31 gibt Paralleltext und angehängte Quittungen über die weiteren Ratenzahlungen) über τιμὴ γῆς ἠπείρου, die früher in Privatbesitz gewesen und εἰς τὸ βασιλικόν konfisziert worden ist (ἀνειλημμένη). Die Zahlung geht βασιλεῖ εἰς τὸν ἴδιον λόγον und datiert ebenso wie die vorangegangene προκήρυξις–κύρωσος des Verkaufes und διαγραφή vom 19. Jahre (so nach Neulesungen, die durch Erbstreit S. 34 Z. 65f. ἐωνημένου [τὰς ἀγού(ρας) λε ἐ]γ βασιλικοῦ κατὰ διαγραφὴν ἐν τῶι ιθ (ἔτει) sichergestellt sind; s. darüber BGU V; anders Wilcken zu Chr. nr. 162). Der neue Erbpächter soll εἰς τὰ ἱερὰ zahlen τ[ὰ ἐξ ἔθους?] διδόμενα μέχρι τοῦ ις (ἔτους). Vielleicht ist also im 16. Jahre die Konfiskation erfolgt oder völlige Unfruchtbarkeit des Landes eingetreten. Jedenfalls legt dies Zurückgreifen auf den früheren Zustand die Annahme nahe, daß das Land sich zur Zeit in ertragsunfähigem Zustand befindet. Das Land ist ἀνειλημμένηεἰς τὸ βασιλικόν, der Kauf geschieht ἐγ τοῦ βασιλικοῦ (ebenso P. Gen. 20, der anders aufzufassen ist als Rostowzew Kol. 22, 5; s. BGU V), die Zahlung erfolgt βασιλεῖ εἰς τὸν ἴδιον λόγον. Für die Erklärung besteht neben Preisigkes Deutung (βασιλικόν = ἴ. λ., Girowesen 193) die logische Möglichkeit, daß ἴ. λ. Unterbegriff, Teilressort des βασιλικόν ist. Näheres s. römische Zeit. Ob das Land als ἀδέσποτον oder durch Vermögenskonfiskation an den Staat gekommen ist, bleibt unklar. In jedem Falle würde sich eine Übereinstimmung mit der für die römische Zeit feststellbaren Praxis nur dann ergeben, wenn es, wie wir oben unabhängig zu ermitteln glaubten, wirklich unfruchtbar war.

In den beiden Urkunden Wilcken Aktenstücke Theb. Bk. III/IV wird auf ein Angebot eines Privatmannes hin Land aus dem Staatsschatz verkauft (in Erbpacht gegeben), das nach Auskunft der Lokalbeamten und nach Angabe des Bieters ἀδέσποτος ist und nur noch nominell unter dem Namen des Vorbesitzers geführt wird (ἂναγραφομένη εἰς τὸν δεῖνα). In beiden Urkunden ist der Passus, der den Bankbeamten Anweisung gibt, die Zahlung entgegenzunehmen, nicht erhalten. So kann wiederum nur nach Analogie der römischen Zeit Zahlung an den ἴ. λ. vermutet werden, wie diese auch die Annahme nahelegen, daß das Land zurzeit ἄφορος war (anders Rostowzew Kol. 116 Anm.).

Es ergab sich demnach für die ptolemäische Zeit so gut wie nichts Sicheres; aber immerhin paßt die Funktion des ἴ. λ. als Kasse, in die einmal ein prostimon (für unerlaubtes Okkupieren von Neuland sowie für Bepflanzung), außerdem der Erlös von Verkäufen gewisser Kategorien des Staatslandes fließt (nämlich konfiszierte und zwar vermutlich als ἀδέσποτα konfiszierte Grundstücke) zu der Strabonischen Charakterisierung des Beamten als ἐξεταστὴς τῶν ἀδεσπότων καὶ τῶν εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφειλόντων.

Römische Zeit. Mehr läßt sich für die [886] römische Zeit gewinnen. Zunächst klären sich hier die für die ptolemäische Zeit erwähnten Verkäufe aus dem Staatsschatz für Rechnung das ἴ. λ. auf. Wir wissen hier sicher, daß dem ἴ. λ. zugerechnet wurde die γῆ ἀδέσποτος; denn in dem großen Prozeß, den uns mehrere Urkunden in Wesselys Specimina isagogica vorführen, heißt es von einem Denunzianten, er habe vorgehabt, die strittigen Objekte ὠνήσασθαι [ἐκ τ]οῦ ἰδίου λόγου ὡς ὄντας ἀδεπότους (Wessely tab. 8 nr. 11 Z. 5 = Mitteis Chr. 68; das Kaufangebot, das also vermutlich gleichzeitig die Denunziation enthielt, liegt im Auszuge in tab. 9 nr, 14 vor; Genaueres s. BGU V). Der Denunziant mächt einen früheren Besitzer namhaft (Wessely tab. 4 = Lond. II 178, 7, tab. 11 nr. 19, 13; zu lesen vielleicht Λαάρη(?) ᾶ (l. πρότερον) bezw. πρότερον (?) ἀδεπότους γεγ]ονέναι (vgl. Oxy. IV 721 = Chrest. 369 ἀφόρ[ω]ν γεγονότων und Amh. 68 = Chrest. 374 Z. 17) καὶ ὑποπίπτειν τῷ ἰδίῳ λόγῳ), und auch sonst ist für γῆ ἀδέσποτος ein früherer Besitzer nachweisbar (s. o. Aktenstücke III/IV und vermutlich in einigen der gleich zu erwähnenden Fälle, wo der Konfiskationsgrund nicht bekannt ist). Darin liegt, daß sie wirtschaftlich vermutlich meist χέρσος, d. h. zur Zeit ertragsunfähiges Land ist. Wir sahen, daß diese ἀδέσποτα also (nach ihrer Konfiskation für den Staat) im Konto ἴ. λ. bleiben und vom I. dauernd verwaltet werden. – Außerdem konnte Land nun auch durch Vermögenseinziehung an Staatsschuldnern in den ἴ. λ. kommen: P. Società Italiana 104: [ἰδι]ωτικὴ σειτοφόρος γῆ … ἐδηλ(ώθη) εἶναί τινος οὖ τὰ ὑπάρχοντα πρὸς τῇ τοῦ ἰδίου λ(όγου) ἐπιτροπῇ ἀνελήμφθη; es ist dann durch ἐπίσκεψις die wirtschaftliche Beschaffenheit dieser Grundstücke als χέρσος festgestellt worden. Das weitere Material erlaubt hier die Annahme, daß von solchen Konfiskationsgütern das Land eben nur insoweit es ἄφορος war, in der dauernden Verwaltung durch den I. mit den ἀδέσποτα, die naturgemäß meist auch ἄφορα waren, vereinigt und nach den Grundsätzen der damaligen Agrarwirtschaft (durch Erbpacht-Verkauf) für die Staatskasse verwertet wurde, gemeinsam übrigens vielleicht mit anderen Vermögensobjekten, Sklaven, Mobilien usw. (in P. Gen. 5 scheint ein dem konfiszierten(?) Vermögen eines κωμογραμματεύς angehöriger δοῦλος in die γραφὴ τῶν ἀφ[όρ?]ων τῆς διοικήσεως überschrieben zu werden). Soweit die ἐπίσκεψις das Land als in Kultur befindlich und also nach den damaligen Begriffen normal, d. h. durch Verpachtung verwertbar bezeichnen konnte, ging es vermutlich einfach in die βασιλικὴ γῆ über [so schon Rostowzew Kol. 116 Anm., der jedoch, vielleicht mit Unrecht, darin eine Neuerung der römischen Zeit sieht; auch ist hier darauf hinzuweisen, daß die ihrer Entstehung nach dunkle δημοσία γῆ der römischen Zeit von Wilcken Grundz. 289 auf Konfiskationen zurückgeführt wird; neben generellen Konfiskationen durch Kaiser und Präfekten (s. Wilcken Chrest. nr. 368) kommen vielleicht auch diese Einzelkonfiskationen durch den I. dafür in Frage]. Nur bei dieser Annahme erklärt sich, daß die beiden sicheren Fälle von Landverkäufen durch den I. konfisziertes und zwar wirtschaftlich schwer verwertbares [887] Land betreffen; ob konfiziert als ἀδέσποτον oder auf Grund einer Vermögenseinziehung, ist nicht ersichtlich. Oxy. IV 721 = Wilcken Chrest. 369 (13/14 n. Chr.): Angebot ὠνήσασθαι ἐν τῷ Ὀξυρυγχ[είτῃ ἐκ τοῦ ίδίου λόγου (nach Oxy. IX 1188 Z. 19 möglich) ἀπὸ] ὑπολόγου βασιλικῆς … κλήρων … ἀνειλημμένων καὶ ἀφόρ[ω]ν γεγονότων, gerichtet an den I. (ebenso Oxy. IV 835 descr.). Also die γῆ, soweit sie ὑπόλογος ist und aus ἀναλήψεις von ἀδέσποτα herstammt, d. h. soweit sie nicht zur βασιλική (oder δημοσία) geschlagen wird, befindet sich in der Verwaltung des I. Man wird hierherzustellen haben die Fälle, wo Land aus dem ἰ. λ. gekauft wird, ohne daß wir Näheres wissen (C. P. R 28; J. 110 n. Chr.: ὠνητοὶ ἐξ ἰδίου λόγου); mit allem Vorbehalt auch diejenigen, wo Land von genau der gleichen Beschaffenheit verkauft wird, ohne daß es als gehörig dem ἴ. λ. bezeichnet wird oder der I.-Beamte dabei nachweisbar ist. Das eine braucht nicht zu befremden, weil die Bezeichnung ὑπόλογον βασιλικῆς (s. o.) ja lehrt, daß das ἴ. λ.-Land nur in der theoretischen Betrachtung und verwaltungstechnisch von der normalen Verwaltung der βασιλική) geschieden ist, was in den Urkunden nicht hervorzutreten braucht; das andere deswegen nicht, weil alle normalen Beamten für den ἴ. λ. tätig sein können (s. u.); z. B. geht die erwähnte mit einem Kaufangebot auf ἀδέσποτα verbundene Denunziation (Wessely tab. 8 nr. 11 Z. 3–5) an den βασιλικὸς γραμματεύς. Es wären dann mit dem ἴ. λ. in Verbindung zu setzen: Amh. 68 = Wilcken Chrest. 374, Landaruren ἀπὸ τοῦ καθήκοντος καὶ συνκεχωρημένου εἰς πρᾶσιν ὑπολόγου τοῦ ἔπιτα συνχερσεύοντ(ος), κλήρων ἀνε]ιλημμένων κα[ὶ ἀφόρων …] … τῶν γε[γονότων], gekauft ἐκ τοῦ δημοσίου (was, wie wir sehen werden, den ἴ. λ. nicht ausschließt). Tebt. II 443 descr. Amh. 97 Kaufangebot auf εἰς πρᾶσιν ὑπερκείμενα τῆς διοκήσεως … πρότερον τοῦ δεῖνος., Teil eines unbewohnten Hauses und Hofes und einer außer Betrieb befindlichen Ölmühle, vermutlich ἀδέσποτα oder vor längerer Zeit konfisziert; εἰς πρᾶσιν ὑπερκείμενα τῆς διοικήσεως ist ganz parallel mit ὑπόλογος βασιλικῆς und schließt ἴ. λ. nicht aus, sofern er, wie unten behauptet wird, Unterabteilung der διοίκησις ist. In ihrer Identifikation mit dem ἴ. λ.-Land noch unsicherer sind dann z. B. die Fälle: P. Straßbg. 5 Z. 9 ἀπὸ δῆς διοικήσεως ἑτέραν (scil. γῆν) ἐπρίατο. BGU III 915 Z. 3 τῶ(ν) ἐν ἐπικρίσι τεταγμέ(νων) [dazu vgl. Wessely tab. 11 nr. 19 Z. 14: ὑποπίπτειν τῷ ἰδίῳ λόγῳ διὸ ἐν ἐπικρίσει τετάχθαι] ὑπὸ το(ῦ) τοππογργρ(αμματέως)[WS 1] τῶν ἐκ ὑπ(ολόγου) ἐω(νημένων) ἐν τοῖς ἔμπροσθ(εν) χρόνοις. Flor. 67 II handelt von einem ωιλὸς τόπος, der konfisziert (πρότερον τοῦ δ.), ausgeboten, verkauft wird. Lond. III S. 110 = Wilcken Chrest. 375 vom J. 246 n. Chr. Kaufangebot auf ὑπόλογον ἄφορονεἰς πρᾶσιν ἐπιγεγραμμένον, gerichtet an den καθολικός und einen ἐπίτροπος Σεβαστῶν, in dem man den derzeitigen I. vermuten konnte. Dasselbe Zurücktreten der Angabe des Sonderkontos (ἴ. λ.) hinter den Ausdrücken δημόσιον, διοίκησις usw., wie sie diese Urkunden bezeugen würden, wenn ich sie mit Recht zum ἴ. λ. in Beziehung setze, findet sich auch im Gebiet der sog. ἄπρατα, die Rostowzew (Kol. 160) ohne [888]

Zweifel mit Recht gedeutet hat als εἰς πρᾶσιν ὑπερκείμενα, die mehrfach ausgeboten, aber nicht verkauft worden sind und daher in den Rechnungen immer weiter als bisher noch nicht losgeschlagen geführt werden müssen (vgl. εἰς πρᾶσιν προκειμένη ἔτι πάλαι von einer Prophetie Wilcken Chr. 78). BGU IV 1091 pachtet jemand Land ἀπὸ ἀπράτω[ν] τῆς τοῦ ἰδίου λόγου ἐπιτροπῆς τρότερον τοῦ δ. (also konfisziert und nach Z. 22–25 minderwertig). Diese Rubrik fällt mit dem Land zusammen, welches wir oben in die dauernde Verwaltung des I. verwiesen haben: ἀνειλημμένη – ἄφορος bezw. ὑπόλογος – εἰς πρᾶσιν προκειμένη.. Dies Land wird hier nun vom Standpunkt des I. unnormal, d. h. durch Zeitpacht verwertet. Ob diese ἄπρατα mit dem in Oxy. III 513 erwähnten, aus der Vermögenskonfiskation eines ehemaligen Beamten herstammenden ἄπρατα τῆς διοικήσεως (trotz der ἐπιστολή des Dioiketen Z. 29) identisch sind und ob die aus BGU 18 = Chr. 398 bekannte Schätzungskommission εἰς τὸ συντιμήσασθαι (vgl. συντίμησις Oxy. III 513 Z. 11/12) τὰ ἐν ἀπράτοις ὑπάρχοντα vielleicht gerade im Interesse des ἴ. λ. tätig ist, kann nur als vorsichtige Vermutung ausgesprochen werden. Unklar ist die Erwähnung BGU II 599 = Wilcken Chrest. 363, 16.

Für die römische Zeit geben also die Urkunden eine eingehendere, die Kenntnis von der ptolemäischen Zeit erweiternde Vorstellung von den Beziehungen des ἴ. λ. zur Agrarverwaltung. Der I. konfisziert ἀδέσποτα, die natürlich, soweit Land, meist χέρσος sind, und auch ganze Vermögen von Staatsschuldnern für die Staatskasse. Nur soweit sie in die γραφὴ ἀφόρων übernommen werden müssen und nicht direkt an staatliche Ressorts (γῆ σπόριμος zur βασιλικὴ γῆ, Geld an die τράπεζα, Getreide an den θησαυρός?) gegeben werden können (nämlich außer der γῆ ἄφορος noch δοῦλοι, Mobilien), behält er sie, was allerdings nur vermutet werden kann, in seiner Verwaltung und sucht sie, vom allgemeinen Verwaltungsstandpunkt aus in unnormaler Weise, d. h. durch Verkauf für die Staatskasse zu verwerten. So würden sich seine Beziehungen zu den Verkäufen speziell von γῆ ὑπόλογος ἀνειλημμένη erklären. Diese Einheitlichkeit des Verwertungsmodus würde die Zusammenfassung in der Hand eines Beamten verwaltungstechnisch rechtfertigen. Aber diese Scheidung ist für den Einzellall ἐπὶ τόπων unwesentlich, und darum tritt, wenn die obigen Identifikationen der Landrubriken richtig sind, mehrfach statt der speziellen Angabe des Spezialressorts (ἴ. λ.) die allgemeine (διοίκησις, δημόσιον; eine Erklärung dieses Wechsels durch Identität der Ausdrücke (so Preisigke Girowesen 190) würde der Tatsache nicht gerecht, daß es sich überall, wo der ἴ. λ. wirklich genannt wird, um diesen beschränkten Kreis von Dingen handelt. Es ist darum das Verhältnis des ἴ. λ. zur allgemeinen Verwaltung, wie es hier nach der Agrarverwaltung (s. auch u. S. 893) scheint, das eines Spezialressorts, dessen ausdrückliche Nennung vielfach unterbleibt. Auch die weitreichenden Kompetenzen, die Rostowzew (Kol. 131 Anm.) und Wilcken (Grundz. 289f. 300; Chrest. zu nr. 369, vgl. auch Hirschfeld Kais. Verw. 356) dem I. zuschreiben, daß nämlich die gesamte βασιλικὴ [889] γῆ ihm unterstanden haben soll, scheinen mir durch das oben vorgelegte Material und durch die gleiche Erwägung widerlegt. Anders und durchaus richtig P. M. Meyer Arch. III 87; dieses für die Agrarverwaltung gewonnene Ergebnis für die Beziehungen zwischen ἴ. λ. und der Dioikesis gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, daß es sich mit etwas größerer Sicherheit auch auf dem Gebiet der sonstigen Kompetenzen des I. entnehmen läßt.

II. Die eigentlichen Kompetenzen. Diese verwaltende Tätigkeit des I. im Agrarressort (für γῆ ἀνειλημμένη, soweit ὑπόλογος) ist nämlich lediglich eine Appendix zu seiner eigentlichen Funktion, dem ἀναλαμβάνειν, die wir zwar nur für die römische Zeit ausreichend kennen, die aber schon in ptolemäischer Zeit die gleiche gewesen zu sein scheint. Wenigstens finden wir im ἴ. λ. auch schon in ptolemäischer Zeit (s. o. das πρόστιμον für Okkupieren absoluter χέρσος bezw. für Bepflanzung mit Bäumen) die allgemeine Kategorie, die Strabon εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφείλοντα nennt. Und die Funktion als Verwalter der γῆ ἀδέσποτος und sonstiger ἀνειλημμέννη, soweit Ὑπόλογος, ließ sich auch für die ptolemäische Zeit wenigstens vermuten. Es ist darum erlaubt, unsere Kenntnis des römischen I. in allen wesentlichen Zügen auf den ptolemäischen zu übertragen (so auch Wilcken Grundz. 147).

Die eigentliche Funktion ist demnach das ἐξετάζειν und ἀναλαμβάνειν von ἀδέσποτα und εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφείλοντα (über die logische Scheidung dieser beiden Begriffe s. u. S. 890, über die Art des ἐξετάζειν und das ganze Verfahren im Verwaltungsgebiet des ἴ. λ. s. u.). Belegt sind bisher (die Berliner Veröffentlichung wird unsere Kenntnis wesentlich erweitern) folgende Beispiele dieser Haupttätigkeit des I.-Beamten:

Trockenes Holz fällt als ἀδέσποτον an den ἴ. λ. Oxy. IX 1188 (J. 13 n. Chr.), Kaufangebot auf einige trockene Äste an einem vertrockneten (l. Z. 21 ἐξη(ραμμένου) als Gegensatz zu ζωγονούσης im Folgenden, beachte μονόκλαδον) und mehreren lebenden Perseabäumen, die sämtlich in heiligen Bezirken stehen, sowie auf zwei Nilakazien, die bei einem Dammriß oder -durchstich umgefallen, also auch vertrocknet sind, alles bezeichnet als käuflich ἐκ τοῦ ἰδίου λόγ(ου) und als ξύλα ἐξηραμμέ(να) ἀδέσπ(οτα) ὀφείλοντ(α) εἰς ἴδιον λόγ(ον) ἀναλη(φθῆναι), d. h., wie die Parallelerwähnungen nahelegen, wo die Bezeichnung als ἀδέσποτα fehlt, Holz, das vertrocknet und daher als ἀδέσποτον zu betrachten und daher zu konfiszieren ist. Man hat sich darnach die in Oxy. VIII 1112 für die Zwecke des ἴ. λ. verzeichneten Bäume, die ein Privatmann nach seinen im Auszuge wiedergegebenen Anzeigen (aus dem ἴ. λ. ) gekauft hat, als vertrocknet vorzustellen; zum Teil werden sie ausdrücklich als umgefallen (Z. 23) bezeichnet, sie stehen sämtlich auf Dämmen (s. auch Oxy. VI 909), werden also wie jene in Oxy. IX 1188 Z. 24 τοῦ μεγά(λου) περιχ(ώματος) vermutlich mit dem Damm zusammen (zu dessen Befestigung sie angepflanzt wurden, Dig. XLVII 11, 10) im Eigentum des Staates stehen. Mit dem Trockenwerden erfolgte also die Überschreibung auf den ἴ. λ. , zu der in diesem Ressort üblichen Verwertung durch Verkauf. Vermutlich [890] werden darum amtliche Verzeichnisse und Berichte wie BGU II 492 (vgl. Oxy. I 53. C. P. H. 7. Tebt. II 343, 79ff.) gerade im Interesse des ἴ. λ. gemacht sein. Mit der Bedeutung der Bäume für die Dämme sowie mit der Holzarmut Ägyptens erklären sich die Hauverbote (Neues Reich s. Wilcken Grundz. 258. Tebt. I 5, 205f. Dig. XLVII 11, 10, vgl. Cod. Iust XI 78, 1). Privateigentum an Bäumen bezeugen Oxy. VI 909. Flor. I 50, 34. 66. 72. Oxy. I 121, sämtlich 3. Jhdt n. Chr. Grenf. II 16(?) für ptol. Zeit. Die Überschreibnng der vermutlich im Staats-bezw. Tempeleigentum stehenden Bäume, soweit sie vertrockneten, auf den ἴ. λ. legt den Schluß nahe, daß es mit den privaten ebenso geschah. Wertvoll ist, was sich oben ergab: daß das Eintreten der Unfruchtbarkeit die rechtliche Qualität als ἀδέσποτον und folglich εἰς ἴδιον λόγον ἀναληφθῆναι ὀφεῖλον begründete. Es könnte leicht sein, daß auch für γῆ das gleiche gilt und immer das Eintreten der Verödung und Verwahrlosung, das den Staat um die Möglichkeit der Steuererhebung brachte, die Rechte des Privateigentumers zugunsten des Staates, genauer des ἴ. λ., erlöschen ließ. Dann wäre das oben vermutete Zusammenfallen von γῆ ἀδέσποτος und ἄφορος keine bloße praktische Wahrscheinlichkeit, sondern eine rechtliche Notwendigkeit.

Gleichzeitig gewinnen wir mit dem allgemeinen Grundsatz: ἀδέσποτα gehören dem ἴ. λ. eine Bestätigung der Strabonischen Charakterisierung auch für die römische Zeit; denn auch die εἰς Καίσαρα πίπτειν Ὀφείλοντα können wir nachweisen, wie sogleich zu zeigen sein wird. Das logische Verhältnis der beiden Begriffe ist nach der soeben erwähnten Urkunde (ξύλα ἐξηραμμένα καὶ ἀδέσποτα καὶ εἰς ἴδιον λόγον ἀναληφθῆναι ὀφείλοντα) nicht das des Ausschlusses; vielmehr ordnet sich der Begriff ἀδέσποτα dem andern, allgemeineren unter. Erst zusammen mit dem Anheimfall von Nachlässen wegen Mangels berechtigter Erben, den Konfiskationen von Vermögen im Strafwege, sowie mit den durch richterliches Urteil in konkreten Einzelfällen festgesetzten ἐπίτιμα, die dann als Präzedenzfälle zur Normierung fester Sätze für bestimmte Übertretungen führen, schließt sich der Kreis der εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφείλοντα, wie das die erwähnte Berliner Publikation im einzelnen illustrieren wird. [Daß auch die dem Kaiser vermachten Erbschaften dazu gehören, behauptet P. M. Meyer Dioik. 149, bezweifelt Wilcken Grundz. 154, 4 wohl mit Recht] Einiges davon ist schon in unserem bisherigen Material angedeutet.

Mehrfach lassen sich z. B. Einziehungen von Nachlässen durch den I. erkennen. In P. Cattaoui Arch. III S. 61 = Mitteis Chrest. nr. 372 col. VI wird vor dem I. auf Grund einer Denunziation gegen die Frau eines römischen Soldaten verhandelt, der beschuldigt wird, aus dem Nachlaß ihres ἀκληρονόμητος verstorbenen Mannes sieben Sklaven unrechtmäßig sich angeeignet zu haben. Dieser Nachlaß ist also an den Fiskus und zwar an den ἴ. λ. gefallen, und es handelt sich nun hier um seine Abgrenzung (auch in der Gegenklage). Der Grund dieses Heimfalls liegt in dem ἀκληρονόμητος; daß er auch ἀδιάθετος war, wie Meyer Arch. III 90 will, ist nicht notwendig; [891] es können für die im Testament eingesetzten Erben sich Erbhindernisse herausgestellt haben. Eine der vielerlei Möglichkeiten, die durch den Berliner Text bald genauer bekannt werden, könnte in BGU III 786 angedeutet sein, wo eine διαθήκη eines χρεώστης τοῦ ταμείου gewordenen Beamten gegen ἀπειρημένα ὑπ[ὸ τῶν κατὰ καιρὸν] verstößt. Nachlässe, für die keine berechtigten und erbfähigen Erben vorhanden, fallen an den Fiskus (εἰς τὸν κυριακὸν λόγον). Die gleiche Abgrenzung von Nachlässen oder Nachlaßanteilen, die dem Fiskus aus meist nicht näher erkennbaren Gründen (als herstammend von ἀδιάθετος, ἄτεκνος, ἀκληρονόμητος o. ä.) anheimfallen, findet sich, wie P. M. Meyer erkannt hat (Festschrift für Hirschfeld 153), in BGU III 868 gegenüber dem Sohne des Verstorbenen, in BGU 388 = Mitteis Chr. nr. 91 gegenüber der Tochter und anderen Personen, die Sklaven und ἀργυρώματα bezw. κτήνη aus dem Nachlaß des Ermordeten entwendet haben sollen; der I. arbeitet hier mit dem Vormund des minderjährigen Erben (col. III Z. 12, col. II Z. 9 und wohl Z. 42, wo wohl Σεμπρωνι⟨αν⟩ῷ zu lesen) zusammen, ἵνα μηδὲν τῶν διαφερόντων τῷ ταμείῳ ἢ τῷ παιδὶ παραπόλῃται. Fälle wie die Anzeige gegen einen Priester, der beim Tode einer ἄτεκνος ἀδιάθετος ἀκληρονόμητος allerlei fortgeschleppt haben soll, zeigen, wie nahe die Nachlaßabgrenzungen dem Verfahren bei unrechtmäßiger Okkupation von ἀδέσποτος γῆ stehen; die theoretische Verwandtschaft der beiden Kategorien liegt ja zutage. Wenn denjenigen, die strittige Objekte aus solchen Nachlässen besitzen, einfach nur die Objekte weggenommen werden (z. B. in dem erwähnten Passus des P. Cattaoui), ohne daß sie für die Widerrechtlichkeit der Okkupation noch eigens mit einem πρόστιμον bestraft werden, so mag das hinreichend schon dadurch erklärt werden, daß wir in allen erwähnten Fällen zunächst in ein reguläres, unmittelbar nach dem Tode einsetzendes Verfahren der Abgrenzung des betreffenden Nachlasses hineinsehen, in dem einfach dies und jenes dem Fiskus oder Privaten zugesprochen wird. Doch liegt hier die für uns einstweilen unlösbare Frage nahe, ob auch die Qualität der Objekte mit im Spiele war, ob beispielsweise mobile ἀδέσποτα, unrechtmäßig okkupiert, durch eine πρόστιμον-τιμή in den rechtmäßigen Besitz des Okkupanten übergingen oder der Staat in einer Auktion sich davon größeren Gewinn versprach; andererseits, ob aus einem Nachlaß entwendete γῆ ἄφορος schon im Abgrenzungsverfahren dem Okkupanten unter Zahlung einer πρόστιμον-τιμή aufgenötigt wurde.

Für die Okkupation von γῆ ἀδέσποτος mit dem anschließenden πρόστιμον sind die Belege: Wessely Spec. isag. tab. 7 nr. 9 Z. 7 ψιλοὶ τόποι Z. 12 ἀπαιτείσθω ἐπίτιμο(ν) (δραχμῶν) (διακοσίων) [die Lesung bestätigte mir Wessely freundlichst nach dem Original], was jedoch gleichzeitig noch für eine andere strafbare Handlung gilt Auch in dem großen Prozeß Wessely Spec. isag. tab. 9 nr. 13, tab. 7 nr. 10, tab. 9 nr. 14, tab. 8 nr. 11, tab. 7 nr. 8, tab. 11 nr. 18, tab. 3 = Lond. II S. 149, tab. 2, tab. 11 nr. 19, tab. 4 = Lond. II S. 178 handelt es sich um ψιλοὶ τόποι ἀδέσποτοι, für deren Okkupation ein [892] ἐπίτιμον (ὑπὲρ ἐπιβεβαιώσεως) scil. der Okkupation, nicht der ὠνή, Meyer Dioik. 151) erhoben und auf das Konto ἴ. λ. gebucht wird.

Diese Fälle stehen in der Mitte zwischen den ἀδέσποτα-Konfiskationen sowie den Nachrichten über deren Verwaltung und den sonstigen Erwähnungen der Tätigkeit des I., die durch keinen andern Zusammenhang als den rein formellen, daß es sich immer um ein fälligwerdendes πρόστιμον handelt, miteinander verbunden sind. So erklärt sich die merkwürdige Kompetenz des I., Namensänderungen auf Antrag zu genehmigen (s. P. Straßburg = Wilcken Arch. IV 122 col. V = Wilcken Chrest. nr. 52) durch das an ihn zahlbare πρόστιμον für ἀκαταλλήλως χρηματίζειν das der Berliner Text zusammen mit ähnlichen Strafen für mannigfache Verschleierungen und Fälschungen des Personenstandes bekannt machen wird. Eine ähnliche Vermutung wird durch dies neue Material für BGU IV 1033 nahegelegt, wo (Z. 20) der πρὸς τῷ ἰδίῳ λόγῳ im Zusammenhang mit der sog. militärischen ἐπίκρισις (s. Wilcken Grundz. 399) und zwar insbesondere mit der ἀπογραφή und ἐπίκρισις (Z. 19, 22) von Sklaven erscheint, die einem Römer gehören (Z. 9) und deren οἰκογένεια (Z. 25ff.) behandelt wird. In dem großen Prozeß Wessely Spec. isagogica tab. 7 nr. 8 Z. 36 wird an den I. ein Antrag auf Bestrafung von συναλλαγματογράφοι gerichtet, die die Registrierung einer Kaufurkunde unterlassen haben sollen, wofür Mitteis Grundz. 85 mit Recht ein ἐπίτιμον vermutet hat. Ganz unklar ist der Gegenstand der Verhandlung vor dem I. Arch. II S. 440 nr. 49 (s. Wilcken Arch. IV S. 394f.). Arch. II S. 430 nr. 5 kommt nicht in Betracht. Ob in Wessely Spec. isag. tab. 7 nr. 9 Z. 10ff. und Z. 18ff. Dinge berührt werden (Diebstahl von Ziegeln, ein ἐλαιουργῖον, das bestimmte Zahlungen nicht geleistet hat), die mit dem Ressort ἴ. λ. zusammenhängen, ist nicht sicher zu ermitteln, aber wahrscheinlich. Eine Strafe für κακῶς ὑπεσχημένοι auf eine nicht verkäufliche PriestersteUe (Gen. 7 = Wilcken Chrest. 80), nämlich Konfiskation der τιμή für Rechnung des ἀρχιερεύς oder ἴ. λ., hängt mit meiner Vermutung zusammen, daß der Absender der I.-Archiereus ist.

Es ergibt sich darnach aus dem gesamten Material die Vorstellung von dem ἴ. λ. als einer aus der ptolemäischen Verwaltung in die römische Zeit, wie es scheint, unverändert übernommenen Kasse für die von Strabon durchaus richtig charakterisierten an den Staat πίπτειν ὀφείλοντα, deren hervorragendste Kategorie die ἀδέσποτα sind, d. h. für alles, was nach bestimmten Vorschriften dem Staat an unregelmäßigen Einkünften zufließt. Die innere Einheit und damit die Berechtigung einer verwaltungstechnischen Absonderung und Zusammenfassung liegt in der Unregelmäßigkeit des Eingangs, der ein ständiges Achtgeben und Nachforschen der Behörde (ἐξετάζειν) erfordert und dem ganzen (unten darzustellenden) Verfahren in diesem Ressort einen eigentümlichen Stempel aufdrückt, sowie zweitens in der gezwungenermaßen von der Norm abweichenden Qualität der ἀνειλημμένα, die eine absonderliche Form der Verwertung erfordert, wie oben angedeutet. Was das Verhältnis des ἴ. λ. zur gesamten [893] Finanzverwaltung anbelangt, so ergibt sich auch hier (über Agrarverwaltung s. S. 888; es liegt mir fern, meine dort geäußerten Meinungen z. B. über die Identität der ἄπραταdes ἴ. λ. und der διοίκησις als sicher bezeichnen zu wollen; aber sie scheinen mir hier eine Stütze zu finden) dasselbe Verhältnis: in P. Cattaoui konfisziert der I. εἰς τὸν κυριακὸν λόγον, in BGU 388 achtet er darauf, daß nichts dem Erben ἢ τῷ ταμείῳ entgehe. Auch an die durch die Urkunden im wesentlichen bestätigten Worte Strabons εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφείλοντα, denen das εἰς ἴδιον λόγον ἀναληφθῆναι ὀφείλοντα des P. Oxy. IX 1188 gegenübersteht, muß hier noch einmal erinnert werden. Die absolute Gleichsetzung der Begriffe ταμεῖον (ptolem. βασιλικόν) bezw. διοίκησις und φίσκος mit dem ἴ. λ., wie sie Preisigke Girowesen 190 vorschlägt, ist logisch möglich, praktisch unwahrscheinlich, denn 1. vernachlässigt sie die Strabonische Charakterisierung des Beamten vollkommen, 2. übergeht sie die merkwürdige Tatsache, daß nun einmal alle sicheren Erwähnungen des ἴ. λ. mit solchen ungewöhnlichen Einnahmen des Staates (mit γῆ ὑπόλογος und ἀνειλημμένη, ἀδέσποτα, konfiszierten Nachlässen, πρόστιμα) in Zusammenhang stehen, was schwerlich nur Zufall ist; zudem scheint ein sicherer Wechsel von ἴ. λ. mit διοίκησις, der sich nur durch die Annahme des ἴ. λ. als Teil der διοίκησις erklären läßt, in P. Rain. 171 (Wessely Kar. S. 26) zusammen! mit BGÜ 337, 1 = Wilcken Chrest. 92 Z. 3, vorzuliegen, wo die Abgabe ὑπὲρ βωμῶν κτλ. einmal an die διοίκησις, einmal an den ἴ. λ. im Gegensatz zur Dioikesis gerechnet wird. Man wird darum den ἴ. λ. als den lediglich buchmäßigen Verrechnungstitel zu betrachten haben, auf den die normalen Finanzbeamten der kgl. Banken und kgl. Speicher (über Sonder-οἰκονόμοι der röm. Zeit s. u. S. 899) diese unregelmäßig einlaufenden Einnahmen eintrugen. Zu dem gleichen Ergebnis kam schon P. M. Meyer in seinen guten Bemerkungen über den ἴ. λ. Arch. III 87. Zweifelhaft scheint mir nur die von Meyer (88) angenommene Verwandlung in ein selbständiges Ressort; s. auch Mitteis Röm. Privatr. 357, 24, Zu Grunde muß natürlich die Vorstellung einer ursprünglich (frühester Beleg für die ganze Institution bislang 162 v. Chr., BGU 992 = Chrest. 162) gesonderten Kasse liegen, deren Eingänge durch einen besonderen staatsrechtlichen Grundgedanken zu einer Einheit zusammengefaßt werden. Über diese juristische Konstruktion verlohnt es einstweilen nicht, Hypothesen zu wagen.

III. Der Idioslogos als Archiereus. Das gleiche gilt von den Motiven, die in römischer Zeit zu einer dauernden Vereinigung des I.-Amtes mit dem neugeschaffenen Amte eines ἀρχιερεύς führten, in welchem wiederum schon eine doppelte Funktion (ἀρχιερεὺς καὶ ἐπὶ τῶν ἱερῶν) zu stecken scheint.

Über den Zeitpunkt dieser Vereinigung läßt sich mit Sicherheit augenblicklich nur sagen, daß sie spätestens unter Hadrian erfolgt sein muß, da im J. 122/3 der Procurator ἰδίου λόγου als ἀρχιερεύς rangiert (s. Wilcken Grundz. 127); manches spricht dafür, sie in den Anfang der römischen Zeit zu verlegen. Das Motiv für diese Vereinigung des ἀρχιερεύς mit einem Finanzbeamten gerade vom Charakter des I. ist ja, [894] ganz gleich, wann sie erfolgt ist, wenigstens insofern klar, als man darin einen wesentlichen Zug der auch nach andern Anzeichen feststellbaren, fest zugreifenden Kirchenpolitik der Römer sehen kann, und, wenn einmal zutage kommen sollte, daß schon Augustus diese Einrichtung getroffen hat, und wenn wir über die Kirchenpolitik der späten wie der frühen Ptolemäerzeit (s. Rostowzew Gött. Gel. Anz. 1909, 611ff.) einmal mehr lernen, so könnte sich leicht herausstellen, daß die Römer, der späteren Ptolemäerzeit gegenüber auf die frühere zurückgreifend und noch energischer die staatliche Aufsicht speziell unter dem geldlichen Gesichtspunkt (Schaffung des ἀρχιερεύς, Vereinigung mit I.) durchführend, einen scharfen Einschnitt in die Entwicklung gemacht haben (vgl. Rostowzew Gött. Gel. Anz. 1909, 616).

Auch jetzt schon wird nämlich mehr und mehr klar, daß das Interesse des ἀρχιερεύς an den Tempeln und ganz besonders an den Priestern stark finanziell gefärbt war. Gewiß, sie unterstehen ihm auch in den reinen Kultdingen. Auch heute noch muß man z. B. CIG 5069 = Wilcken Chrest. 73 (J. 247/8), einen Erlaß des Procurator usiacus in Stellvertretung des ἀρχιερεύς, κελεύσαντο πάντας τοὺς χοίρους ἐξελασθῆναι ἀπὸ ἱεροῦ κώμης Τάλμεως τῆς (Δωδεκα)σχοί(νου … πρὸς τὸ δύνασθαι τὰ περὶ τὰ ἱερὰ θρήσκια κατὰ τὰ νενομισμένα γείνεσθαι, als eine wirkliche Fürsorge für ungehinderte Ausübung des Kultes auffassen. Manche anderen Dinge, die man bislang (s. Otto Priester und Tempel I 62f.) als Belege für die rein kultliche Tätigkeit des ἀρχιερεύς-I. betrachtete, stehen dagegen (nach dem unpublizierten Berliner Material) sogar in engster Verbindung mit dem Geldgesichtspunkt, da es sich um ἐπίτιμα handelt (s. jedoch u.). So BGU 16 = Wilcken Chrest. 114 vom J. 159/60 (Denunziation eines Priesters ὡς κωμῶντος καὶ χρωμένου ἐρεαῖς ἐσθήσεσι). Allgemeiner P. Rainer 107 (J. 140), wo (nach Wessely Karanis 56, 64) ein Priester denunziert wird, er werde von den Ortsbehörden bevorzugt; augenscheinlich hatten sie ihm (in den monatlichen Berichten, s. u.) allerlei Vernachlässigungen seiner Amtspflichten nachgesehen, weshalb der I. dem Strategen Anweisung gibt, die Zügel etwas straffer anzuziehen, ἵνα μηκέτι αἱ τῶν θεῶν θρησκείαι ἐμπδίζωνται; auf Vernachlässigung der θρησκεῖαι stand ein ἐπίτιμον. Ganz allgemein lernen wir die genaue und dauernde Aufsicht des ἀρχιερεύς-I. darüber, ob nicht im Kultwesen Unregelmäßigkeiten vorkamen, und das bedeutete vielfach ἐπίτιμα fällig wurden, aus den Monatsberichten der Ortsbehörden (s. u.) kennen. Aus alledem ergibt sich zwar nicht notwendig ein Hinübergreifen des I. in seiner eigentlichen Funktion in das Gebiet der Tempelverwaltung, aber jedenfalls eine stark finanzielle Färbung des ἀρχιερεύς-Amtes. Diesem Verhältnis entspricht auch der Sprachgebrauch, der häufig ,Idios logos‘ setzt, wo eine reine Funktion als ἀρχιερεύς in Betracht kommt, nie das Umgekehrte; andrerseits ist die Revision der Tempelinventare durch einen vom ἀρχιερεύς gesandten Prüfer (Tebt. II 315 = Wilcken Chrest. 71; P. Rain. 172 = Wessely Kar. 66. 71, eine Liste frommer Spenden, eingereicht an den ἀρχιερεύς) für die eigene finanzielle Tätigkeit des ἀρχιερεύς beweisend, der man darum möglicherweise [895] sogar die Priester-ἐπίτιμα zurechnen konnte.

Daneben tritt nach wie vor in anderen Zeugnissen die allgemeine Verwaltung des ganzen Kultus durch den ἀρχιερεύς-I. zutage, z. B. wird BGU 362 = Wilcken Chrest. 96 p. 5 Z. 10 (vom J. 215 n. Chr.) eine generelle oder individuelle Amtsanweisung für den Vorstand des städtischen Kultus, die vom I. ergangen ist, als Inbegriff von dessen Pflichten erwähnt. Eine reine Verwaltungstätigkeit, wie es scheint, ohne direkte finanzielle Note, ist auch die Überwachung der Qualifizierung von Priestern, insbesondere der Beschneidung (Tebt. II 292 = Wilcken Chrest. 74. Tebt. II 293 = Chrest. 75), wichtig hier: καὶ δεῖν αὐτὸν περι[τμη]θ[ηναι διὰ [τ]ὸ μὴ δύνασθαι τὰς ἱε[ρου]ργίας (s. auch Tebt. II 608 und Tebt. II 294 = Chrest. 78 Z. 24) ἐκτελεῖν εἰ μὴ τοῦτο γενήσεται; BGU I 437 = Chrest. 76. P. Straßbg. graec. 60 = Chrest. 77. P. Gen. ined. = Preisigke S(ammel)-B(uch) 15-17. BGU 82 = Arch. II 7. P. Rain. 121 = Wessely Kar. 65f. P. Tebt. II 291,33-35. P. Tebt. II 314. Auch in P. Rain. 150 (lies 139?) = Wessely Kar. 64f. handelt es sich um Verordnungen betr. die Qualifikation der Priester, und in P. Rain. 107 = Wessely Kar. 64, 56 wird eine ἐπιστολὴ τοῦ πρὸς τῷ ἰδίῳ λόγῳ erwähnt, die die übliche Bestallung zum Priester zu bedeuten scheint.

In ganz engem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des I. steht dagegen wieder die andere Art der Besetzung von Priesterstellen (vgl. Rostowzew Gött. Gel. Anz. 1909, 618), die durch Kauf. Wir haben ein Angebot auf eine Priesterstelle, an den I. gerichtet (Tebt. II 294 = Wilcken Chrest. 78), eine Korrespondenz des I. (meine Herstellung des Namens s. u.) mit dem Strategen, die Zahlung betreffend (Tebt. II 296 = Chrest. 79), zwei Briefe, offensichtlich vom I.-Archiereus (nur ein hoher römischer Beamter kann sagen: ὥσπερ οἱ πρ[ὸ ἐ]μοῦ ἔστησαν κατὰ τὸ ἐξ ἀρχῆς ἔθος, und andere Beamte kommen ja in diesem Verwaltungszweig nicht in Frage) über die unrechtmäßige Gefährdung eines Inhabers einer Archiprophetenstelle (P. Gen. 7 = Wilcken Chrest. 80), endlich eine Anweisung an die Lokalbehörden über einen Stolistenstellenkauf (P. Achmim = Chrest. 81). Diese von einem διαδεχόμενος τὴν ἀρχιερωσύνη ergangene Anweisung zeigt zwar, daß der I. bei diesen Priesterstellenverkäufen in seiner Eigenschaft als ἀρχιερεύς fungierte. Aber formell decken sich ja diese Käufe vollkommen mit denen von Land aus dem ἴ. λ. (s. o.; vgl. besonders die Bezeichnung des Objekts als εἰς π[ρ]ᾶσιν π[ρ]οκειμένη ἔτι πάλαι und dazu o.). Nimmt man die ἐπίτιμα hinzu, so ergibt sich eine nahe Verwandtschaft der Tätigkeit des ἀρχιερεύς, soweit er Finanzbeamter war, und das war er zu einem guten Teil, und des I. Und diese Verwandtschaft könnte allein schon die Zusammenlegung der Ämter rechtfertigen. Inwieweit der I. qua Archiereus eine eigene Kasse geführt hat [die normalen Einnahmen aus den Tempeln gehen an die διοίκησις (BGU 337 + 1 = Wilcken Chrest. 92), über die ἱερατικὰ ἐδάφη s. Wilcken Grundz. 300, zum εἰσκριτικόν, d. h. der Gebühr für Zulassung zum Priesterstande s. P. Tebt II 294 = Wilcken Chrest. 78; es wird einmal an den ἴ. λ. verrechnet [896] (P. Rain. 150 = Wessely Kar. 65)], wie sie sich zum Finanzressort ἱερατικά (Wilcken Chrest. zu 341) verhält, dies alles ist noch unklar. Vielleicht geht es doch zu weit, wenn P. M. Meyer Arch. ΙΙI 88 die ἱερά direkt als εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφείλοντα bezeichnet. Die prinzipielle Auffassung mag allerdings nicht weit davon entfernt gewesen sein.

Zu den Fragen, die an dieser Stelle zu berühren weder notwendig noch ihrer Schwierigkeit und Ungeklärtheit wegen angängig ist, gehören 1. die, ob der I. der einzige zum ἀναλαμβάνειν Berechtigte ist, oder inwieweit er in dieser Tätigkeit durch andere Beamte (Präfekt und andere hohe Beamte, diese innerhalb ihres Ressorts?) beschränkt wurde; 2. die Frage nach dem Verhältnis des οὐσιακὸς λόγος zum ἴ. λ. (dazu P. M. Meyer Arch. III 88. Hirschfeld Kais. Verw. 356f. Wilcken Grundz. 158, 127. Gegen das aus der Stellvertretung genommene Argument s. jedoch Wilcken Grundz. 156 über die wechselseitige Vertretung von Dioiketes und Iuridicus; s. auch Mitteis Röm. Privatr. 358, 24); 3. die nach der Entstehungszeit und Dauer der Institution; 4. die damit zusammenhängende nach ihrer theoretischen Begründung; 5. die nach den Parallelinstitutionen in andern Ländern, von denen nur für Rom ausreichendes Material vorzuliegen scheint (s. P. M. Meyer Dioik. 149. Mitteis Röm. Privatr. 352ff.).

Der Name scheint eine Sonderheit Ägyptens zu sein (s. jedoch Mitteis Röm. Privatr. 360, 27), was natürlich beim Stande des Materials über seine Herkunft noch nichts Sicheres besagt.

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IV. Das Verfahren im Ressort des ἴδιος λόγος; Unterbeamte. An dem Gesamtbilde von den Einnahmen, die an den ἴ. λ. fielen, ist vieles nur im Wege der Vermutung entstanden, aber immerhin wenigstens so viel sicher, daß man die Strabonische Charakterisierung des I. als ἐξεταστής dieser Dinge durchaus billigen kann. Sie besagt, daß allerdings eine stete Nachforschungsarbeit notwendig war, damit dem Fiskus, speziell dem ἴ. λ., hier nichts verloren ging (richtig P. M. Meyer Arch. III 87; so ist auch Wilcken Grundz. 157, Hirschfeld Kais. Verw. 352 zu verstehen). Wir gewinnen von dem System dieser ἐξέτασις ein ziemlich klares Bild. Sie konzentriert sich naturgemäß bei den untersten LokalbehOrden, den κωμογραμματεῖς. Diese haben dauernd den weiten Kreis von Unregelmäßigkeiten, die für den I. von Interesse waren, im Auge zu behalten, ob irgendwo ein trockener Ast an einem Baume sich vorfand, ob das Grundstück irgend jemandes plötzlich und unerklärlich um 2 Ellen gewachsen war, ob jemand ohne Erben starb, ob ein Priester lange Haare trug, ob jemand den Namen seiner Mutter bald griechisch, bald ägyptisch angab, usf. Unterstützt wurden sie darin durch die guten Freunde und getreuen Nachbarn der Übeltäter, die ihre Denunziationen entweder direkt an den I. richten (z. B. Wessely Spec. isag. tab. 7 nr. 8 Z. 36; Beschwerden und Gesuche Gen. 7 = Wilcken Chrest. 80. P. Straßbg. Arch. IV 123 = Chrest. 52, wohl auch Dittenberger OG 210 = Chrest. 73) oder den Ortebehörden übergeben (δηλοῦν, σημαίνειν, εἰσαγγέλλειν) konnten (βασιλικὸς γραμματεύς Wessely tab. 8 nr. 11 Z. 3; [897] an den ἐπὶ τῶν προσόδων Amh. 31 = Wilcken Chrest. 161). Was dem κωμογραμματεύς zu Ohren kam, ging den Amtsweg an die vorgesetzte Behörde, den Strategos bezw. βασιλικὸς γραμματεύς: δηλῶ μηδὲν σεσημάσθ(αι) μαι (lies μοι) ἀνῆκον τῇ τοῦ ἰδίου λόγου ἐπιτροπῇ τῶν ἀπὸ Παῦνι ᾱ ἕως Μεσορὴ ἐπαγ(ομένων) ε μηνῶν γ usw. (Lond. III S. 124 = Wilcken Chrest. nr. 172). Ganz ähnlich die speziell in Rücksicht auf den Amtskreis des ἀρχιερεύς abgefaßten monatlichen Berichte (P. Rainer = Wilcken Chrest. 72, zusammen mit den ganz ähnlichen P. Rainer Ausstellungsnummern 247 und N. N. 11/12 von Wessely gütig im Wortlaut mitgeteilt; s. schon P. M. Meyer Dioik. 162): δηλοῦμεν μηδὲν δεῖν ἀνῆκον σεσημᾶναί ποτε τῇ τοῦ ἰδίου λόγου καὶ ἀρχιερεέως ἐπιτροπῇ, μηδένα δὲ τῶν ἱερέων ἢ ἱερωμένων ἐγκαταλελοιπέναι τὰς θρησκείας. Aus solchen Berichten stammen vermutlich z. B. die Anzeigen trockenen Holzes (Oxy. VIII 1112). Übersichten über private Delationen, κατὰ κώμην und κατ’ ἄνδρα: Wessely Spec. isag. tab. 7 nr. 9, tab. 11 nr. 19 mit Angabe der Entscheidungen und angehängter Quittung, tab. 7 nr. 10, tab. 9 nr. 13, tab. 9 nr. 14. Bei ἀδέσποτα und ähnlichen Objekten hat häufig die Denunziation gleichzeitig das Kaufangebot enthalten: Wessely tab. 9 nr. 14 Inhaltsangabe eines Kaufangebots; der gebotene Preis ist gleich der συντίμησις des Objekts, von der der Beschuldigte tab. 7 nr. 8 Z. 27 spricht, und die bei einer reinen Delatio höchstens als Kaution einen Sinn geben würde. Oxy. IX 1188 scheint ebenfalls Anzeige mit Kaufangebot zu verbinden, sonst würde vermutlich die Nachprüfung der Angaben des Kauflustigen einfach durch Nachweis aus den amtlichen Listen (vgl. die Vermerke in den amtlichen Listen Wilcken Aktenstücke III/IV über ἀδέσποτα), nicht durch Lokalinspektion erfolgen. Derartige Rückfragen an die Lokalbehörden sind natürlich der nächste Schritt bei direkten Denunziationen an den I. (BGU 16 = Chrest. 114 und Wessely tab. 11 nr. 19 durch schriftliche, eidliche Erklärung der πρεσβύτεροι ἱερέων beantwortet). Die oberen Lokalbehörden gaben das Material dann an den I. weiter (Wessely tab. 8 nr. 11 Z. 12 ἄγειν (τῷ) πρὸς τῷ ἰδίῳ λόγῳ εἰς διαλογισμόν, der die Beschuldigten vorlud, sobald ein gerichtliches Verfahren notwendig wurde. Einfache Kaufangebote (Wessely tab. 9 nr. 14 an βασιλικὸς γραμματεύς; BGU IV 1091 [Pacht] an Strategen; Oxy. IV 721 = Wilcken Chrest. 369, Oxy. IV 835 direkt an I.; Lond. III S. 110 = Chrest. 375 an καθολικός und I. [?]; für Priesterstellen s. Wilcken Chrest. 78ff.) wurden in der üblichen Weise im Wege der Auktion erledigt (BGU 992 = Wilcken Chrest. 162. Tebt. II 296 = Chrest. 79; vgl. die dort folgenden Nummern; Wilcken Aktenstücke II, III/IV[?]). Der erfolgte Zuschlag wurde wiederum der Behörde (vermutlich der Lokalbehörde) angezeigt (Oxy. VIII 1112). Bei Einziehung von Nachlässen und Vermögen bediente sich der I. wieder der Ortsbehörden zur Abgrenzung und Qualifizierung der Objekte; BGU 388 = Mitteis Chrest. 91 col. II 8. III 13, wo die sστρατηγοί und auch die städtischen Beamten (ἄρχοντες, ἐξηγητής col. II 23) im Interesse des Fiskus sowie des unmündigen Erben (dessen Vormund II 9, 42 [898] [wo Σεμπρωνι⟨αν⟩ῷ zu lesen] III 12) handeln; vgl. P. Soc. Ital. 104. Von dem gegebenenfalls notwendigen gerichtlichen Verfahren geben mehrere Urkunden eine Vorstellung (Wessely Spec. isag. tab. 11 nr. 18; tab. 2; tab. 3, ein großer Delationsprozeß, über den im einzelnen mancherlei zu bemerken, worüber die demnächst erscheinende Berliner Publikation; fernerWessely tab. 7 nr. 9. BGU 868. P. Cattaoui = Mitteis Chrest. 372 col. VI, wo die eine Partei mit einem, die andere sogar mit zwei Anwälten verhandelt).

Naturgemäß mußte dies Sykophantenwesen, das mit der ἐξεταστής-Tätigkeit des I. eng verwachsen war, leicht zu Auswüchsen führen, die denn auch das Edikt des Ti. Iulius Alexander (Dittenberger OG 669 § 9) lebendig schildert: ἤδη δὲ τῆς πόλεως σχεδὸν ἀοικήτου γενομένης διὰ τὸ πλῆθος τῶν συκοφαντῶν καὶ πάσης οἰκίας συνταρασσομένης, verbietet der Präfekt bei Strafe, eine einmal durch Freispruch erledigte Delation zu erneuern (lies τοῦτο statt τούτωι) οὐδὲν γὰρ ἔσται πέρας τῶν συκοφαντημάτων, ἐὰν τὰ ἀπολελυμμένα ἄγηαι ἕως τις αὐτὰ κατακρείνηι. Ferner sollen die κατήγοροι in Prozessen vor dem I. immer den Urheber der Denunziation persönlich stellen. Wenn sie unter eigener Verantwortung drei Denunziationsprozesse verlieren, so dürfen sie keine weiteren συκοφαντῴδεις κατηγορίαι einreichen, und es wird die Hälfte ihres Vermögens konfisziert. Wertvoll ist, daß sich hier die ἐν ἰδίῳ λόγῳ κατήγοροι als eine feste Klasse ergeben, die entweder als συνήγορος und ῥήτωρ eines Privatdenunzianten, oder mit dessen Material ἰδίῳ ὀνόματι, auf eigene Verantwortung, vor dem I. derartige Verfahren anhängig machen.

Die gesamten Normen für die praktische Tätigkeit des I., d. h. für die Gründe des ἀναλαμβάνειν von Vermögen und einzelnen Wertobjekten und die Höhe der Strafsummen und ἐπίτιμα enthielt eine als γνώμων bezeichnete Sammlung von Bestimmungen und Präzedenzentscheidungen (Genaueres s. die erwähnte Berliner Publikation), der mehrfach genannt wird: Oxy. IX 1188 ξύλα ἐξηραμμέ(να) ἀδέσπ(οτα) ὀφείλοντ(α) εἰς ἴδιον λόγ(ον) ἀναλη(φθῆναι) κατὰ τὸν γνώμο(να). Auch das Edikt des Ti. Iulius Alexander spricht im Anschluß an die Maßnahmen gegen das Sykophantenunwesen (Dittenberger OG 669 § 9) von diesem γνώμων (worunter nicht der Beamte zu verstehen ist) in dem schwierigen Passus: καὶ καθόλου δὲ ἐ[π]ικελεύσομαι τὸν γνώμονα τοῦ ἰδίου λόγου [διὰ] (so mit Schubart oder [πρὸς] oder vielleicht [καὶ] statt Dittenberger [ἀεὶ] τὰ λαομπ[ποηθέντα παρὰ τὰς τῶν Σεβαστῶν χάριτας ἐπανορθώσαι περὶ οὗ προγράψω: ,Und ganz im allgemeinen (d. h. nicht bloß auf dem Gebiet des Sykophantieunwesens) werde ich Anweisung geben, den γνώμων des ἴ. λ. [,wegen der‘ bezw. ,in Hinsicht auf die, entgegen den‘ oder vielleicht ,und die‘] Bestimmungen, die dort im Widerspruch mit älteren kaiserlichen Erlassen hineingekommen sind, wieder auf den früheren Standpunkt zu bringen, worüber ich Genaueres noch edizieren werde‘. Es folgt dann ein Satz, der besagen muß: ,wie ich für jetzt gegen die Sykophanten streng eingeschritten bin‘ (Schubart). An den Bestimmungen dieses γνώμων sind also noch andere gesetzgeberische Faktoren beteiligt als die Kaiser. Von [899] seinem Inhalt wird der neue Berliner Text eine genauere Vorstellung geben.

Das Urteil im Delationsprozeß, die vollzogene ἀνάληψις bezw. der Zuschlag beim Verkauf führt dann zur Anweisung an die Finanzbeamten, die Zahlung entgegenzunehmen; Quittungen s. Amh. 31 = Wilcken Chrest. 161. BGU 992 = Chrest. 162, nebst Gradenwitz-Preisigke-Spiegelberg Erbstreit 31ff. Wessely tab. 11 nr. 19 col. II, hier σύγκριμα im J. 2, Forderung notiert im J. 3, Zahlung erfolgt im J. 4; vgl. Tebt. II 294 = Chrest. nr. 78. Neben diesen Zahlungen an die Regierungskassen sind solche an kaiserliche οἰκονόμοι bezeugt (Wilcken Chrest. 79 in Alexandria. P. Achmim = Chrest. 81 wohl ebenso), die also zum alexandrinischen Amtsbureau des I. gehört haben könnten.

Von sonstigen Unterbeamten des I. kennen wir außer dem völlig unklaren προσοδοποιός (BGU 868, 3. 388 = Mitteis Chrest. 91, I 27. II 19, dazu P. M. Meyer Arch. III 87f. und Mitteis a. a. O.) und dem Tabularius τῆς ἀρχιερωσύνης (P. Achmim = Wilcken Chrest. 81, 8) genauer sein Sekretariat. Es besteht, analog wie das Steuerberechnungsbureau aus ἐκλογισταί für jeden einzelnen Gau, aus γράφοντες ἐν ἰδίῳ λόγῳ· τὸν δ. νομόν auch selbst ἴδιοι λόγοι genannt, s. Wilcken Chrest. zu nr. 190 (P. Lips. 121 = Wilcken Chrest. 173. Amh. 69 = Chrest. 190. Fay. 23 a ein γραμματεὺς νομῶν τινῶν ἰδίου λόγου, der also den Gau gewechselt hat, P. Ausonia 1907 Bd. II S. 138). An dieses Bureau bezw. den speziellen Gau-γραμματεύς richten die Strategen bezw. die πράκτορες ἀργυρικῶν und σιτικῶν, sowie die Verwalter der kgl. Kornspeicher ihre Abrechnungen über die Einnahmen für das Konto ἴ. λ., gegen die ihnen Quittungen ausgehändigt werden (Lips. 121 = Wilcken Chrest. 173: λόγοι εἰσπράξεως der πράκτορες ἀργυρικῶν, Amh. 69 = Chrest. 190: κατ’ ἄνδρα εἰσδοχῆς der Sitologen, in vorliegendem Fall ἀπολογισμὸς περὶ τοῦ μηδὲν ἡμειῖν μεμετρῆσθαι für ein Vierteljahr zusammen mit einem Parallelbericht an die ἐκλογισταί, wie ja überhaupt solche monatlichen Berichte bekannt sind [z. B. Arch. IV 122 an den Procurator Neaspoleos; ebenso wohl BGU 8, II 12–25]. P. Auson. II (1907) 138 von den πράκτορες σιτικῶν κατ’ ἄνδρα τῶν ἀπαιτηθέντων ὑφ’ ἡμῶν ἀπὸ λημμάτων ἰδίου λόγου). Spezielle Unterbeamte für den I. sind demnach bisher nur für Alexandria bekannt geworden; außerhalb Alexandrias arbeiten die normalen Verwaltungs- und Finanzbeamten mit für seine Geschäfte.

V. Titel und Rang; bisher bezeugte Inhaber des Amtes. Die Kasse bezw. das Konto führt auch in römischer Zeit immer noch die einfache Bezeichnung ἴ. λ., wie in ptolemäischer Zeit (Amh. 31 = Wilcken Chrest. 161 εἰς τὸν ἴ. λ. τῶν βασιλέων; BGU 992 = Chrest. 162 βασιλεῖ εἰς τὸν ἴ. λ.; vgl. Theb. Bk. I ἰδίῳ λόγῳ), trotzdem das βασιλικόν, dessen Gegenspiel der ἴ. λ. τοῦ βασιλέως ist, als Bezeichnung nicht mehr existiert. Belege römischer Zeit: Wessely tab. 8 nr. 11 Z. 6. Oxy. 721 = Chrest. 369. C. P. R. 28. Oxy. IX 1188. Wessely tab. 4. Wessely tab. 11 nr. 19. BGU 57. Oxyrh. VIII 1112. P. Ausonia (1907) Bd. II S. 138. P. Rain. 150 = Wessely Kar. 65.

Der Beamte heißt in ptolemaischer Zeit (Lepsius 234 = Dittenberger OG 188 [900] = Wilcken Chrest. 163. Lepsius 235) ὁ πρὸς τῷ ἰδίῳ λόγῳ. Ebenso noch häufig in römischer Zeit (Oxy. IX 1188 Z. 8. BGU IV 1033. P. Rain. 107 = Wessely Kar. 56, 64 und P. Rain. 121 = Kar. 66. Arch. II 440 nr. 49. BGU I 250 = Chrest. 87 [hier als Archiereus fungierend]; Tebt. II 294 = Chrest. 78, dazu Wilcken Arch. V 234; Dittenberger OG 669 § 9), ὁ πρὸς τῷ ἴ. λ. τεταγμένος, oder ὁ κράτιστος πρὸς τῷ ἰδίῳ λόγῳ (BGU 868. P. Rain. 107 = Wessely Kar. 56. 64[?]. P. Straßbg. = Wilcken Chrest. 52). Inoffiziell wird er auch kurzweg ἴδιος λόγος bezw. ἰδιόλογος genannt (Strab. ὁ προσαγορευόμενος ἴδιος λόγος [so!]; P. Cattaoui = Mitteis Chrest. 372 col. VI, sofern hier nicht Ressort gemeint. CIL X 4862 idio logo ad Aegyptum. CIG 4815 c).

In seiner Eigenschaft als ἀρχιερεύς scheint die bislang beste Fassung des Titels zu sein: ἀρχιερεὺς καὶ ἐπὶ τῶν ἐν Αἰγύπτῳ ἱερῶν (P. Gen. ined. = Preisigke Sammel-Buch 15–17). Über den (vielleicht lokalalexandrinischen?) Charakter dieses ἀρχιερεύς-Titels werden vielleicht die von Wessely Kar. 66 erwähnten P. Rainer 172 und 104, dazu Meyer Dioik. 158, Aufklärung geben; das ἐπὶ τῶν ἐν Αἰγύπτῳ ἱερῶν liegt in einer wortreichen, aber wohl hochoffiziellen Form vor in P. Rain. 104: ἐπὶ τῶν] κατ’ Ἀλεξάνδρειαν καὶ κα[τ’ Αἴγυπτον πᾶσαν ὄντων καὶ ⟨να⟩ῶν (Blumenthal) καὶ τεμενῶ[ν καὶ ἱερῶν. Einstweilen muß man sich auf die Feststellung beschränken, daß der Titel aus der Verbindung von zweien (wie ἀρχιδικαστής und ἐπιμέλεια τῶν χρηματιστῶν καὶ τῶν ἄλλων κριτηρίων; vgl. die Vermutung von Meyer Dioik. 157, dagegen Blumenthal Arch. V 325, dessen Ausführungen aber die Möglichkeit nicht ausschließen, daß der ἀρχιερεύς ein ursprünglich städtisch alexandrinischer Priester, des Sarapis oder der Kaiser o. ä. gewesen sein kann) erwachsen zu sein scheint, die sich nur ungenau in der Formel ἀρχιερεὺς Ἀλξανδρείας καὶ Αἰγύπτου πάσης (IG XIV 1085 = CIG 5900, wo übrigens möglicherweise vorher ἐπιτρόπῳ Αἰγύπτου ἰδίου λόγου καὶ] ἀρχιερεῖ zu ergänzen ist) spiegeln könnte (vgl. jedoch Hirschfeld Kais. Verw. 347). Abgekürzt heißt der Titel meist ἀρχιερεὺς καὶ ἐπὶ τῶν ἱερῶν (BGU 347 = Chrest. 76. P. Straßbg. = Chrest. 77. BGU 82 = Arch. II 7), inoffiziell ὁ ἀρχιερεύς (Tebt. II 315 = Chrest. 74. Tebt. 291, 33-35, 314. P. Rain. 172 = Wessely Kar. 66. 71; vgl. auch die διαδεχόμενοι τὴν ἀρχιερωσύνην: Dittenberger OG 210 = Chrest. 73. BGU 362 = Chrest. 96 p. V. P. Achmim = Chrest. 81) oder ὁ κράτιστος ἀρχιερεύς (Tebt. II 292 = Chrest. 74. BGU 347 = Chrest. 76. P. Straßbg. = Chrest. 77. P. Rain. 129 s. Meyer Dioik. 158). Das Amt und das Ressort als Behörde heißt inoffiziell ἴδιος λόγος (Dittenberger OG 669 § 9 τὰ ἐν ἴ. λ. πράγματα, οἱ ἐν ἰ. λ. κατήγοροι; OG 665 Z. 74, s. auch oben die γράφοντες ἐν ἰ. λ. τὸν δ. νομόν), offiziell dagegen in römischer Zeit ἡ τοῦ ἰδίου λόγου ἐπιτροπή (P. Soc. Ital. 104. BGü IV 1091. BGU 16 = Chrest. 114. Lond. III S. 124 = Chrest. 172 bezw. ἡ τοῦ ἰ. λ. καὶ ἀρχιερέως ἐπιτροπή P. Rain. = Chrest. 72 und die oben erwähnten anderen Rainertexte; Lips. 121 = Chrest. 173). Es kommt daher auch die Bezeichnung des Beamten als ἐπίτροπος Αἰγύπτου ἰδίου (sic nach Abklatsch) λόγου (jetzt Preisigke Sammel-Buch [901] 173) bezw. proc(urator) hidi logi, proc(urator) ducenarius Alexandria(e] idiu logu CIL III 6054 = 6756. 6055 = 6757) vor.

Für die hohe Rangstellung des I. spricht einmal, daß Strabon ihn mit den höchsten ritterlichen Beamten Ägyptens in einem Atem nennt (Hirschfeld Kais. Verw. 357) und daß im Anfang des 3. Jhdts. ein Inhaber des Amtes (vielleicht auf Grund persönlicher Verdienste, Hirschfeld 437) der Rangklasse der ducenarii angehört. Im allgemeinen vermutet Hirschfeld (440) Zugehörigkeit zu den centenarii. Er wird statt des normalen κράτιστος vereinzelt als τιμιώτατε angeredet (P. Gen. ined. = Preisigke Sammel-Buch 15–17). Seine hohe und nur dem Präfekten nachgeordnete Stellung, die sich aus dem ἴ. λ. als Teilkasse der normalen Finanzverwaltung nicht notwendig ergeben würde (s. die Bedenken von Hirschfeld Kais. Verw. 353), rechtfertigt sich [902] aus der Schwierigkeit des Verfahrens in seinem Ressort (s. o.), welches für ihn die Kompetenz zur Rechtsprechung (von einzelnen Ausnahmefragen abgesehen, worüber BGU V) erforderlich machte, sowie aus der Verbindung des Amtes mit der politisch bedeutsamen Oberaufsicht über die ägyptische Kirche.

Die Frage nach dem Verhältnis des Procurator usiacus zum I. bedarf erneuter Prüfung (s. o. S. 896). Sicher ist nur, daß in den drei Fällen (s. o.) einer Vertretung des I.-ἀρχιερεύς diese vom Procurator usiacus ausgeübt wird.

Der einzige I. der ptolemäischen Zeit, den wir kennen, gehört der obersten Rangstufe der συγγενεῖς an (Wilcken Chrest. 163).

Die bisher bezeugten Inhaber des Amtes (s. die älteren Listen von P. M. Meyer Dioik. 159 und 162; dazu Arch. III 87, 1. Otto Priester und Tempel I 173. II 322) sind: [903]

Ptolemäische Zeit:
57 v. Chr. Κάστωρ.Wilcken Chrest 163. Dittenberger OG 189.
Römische Zeit:
12/13 n. Chr. Quintus Attius Fronto. – Oxy. IX 1188.
14/16 n. Chr. Caius Seppius Rufus. – Oxy. IV 721. 835. Wessely Spec. isag. tab. 8 Nr. 11; tab. 11 nr. 18
(wo in der Datierung nach 11 Nr. 19 Z. 6 J. 2 zu lesen; ebenso:) tab. 3 = Lond. II 276a S. 149 und
tab. 2 = Lond. II 276 b; tab. 11 nr. 19 Z. 6.
Tiberius M. Vergilius M. f. Ter. Gallus Lusius. – CIL X 4862; s. Otto I 173,2.
40/1 ? n. Chr.
[44/5 ? n. Chr.
Servianus Severus]
Lucius Tullius C[.]b[..]us]
Tebt. II 298, 25. 27; wohl Praefecten (Wilcken Arch. V 235).
[Claudius C. Vitrasius Pollio]. – s. Otto I 173, 3; wohl Procurator metallorum (Fitzler Steinbrüche und Bergwerke im ptolem. und röm. Ägypten 96, 2. 126).
[Domitian Claudius Blastus]. – Mitteis Chrest. 220, 5/6. Idiologus oder Usiacus.
[1. Jhdt. n. Chr. Caius Iulius Asklepiades]. – Er ist, wie es scheint, durch P. Rainer 172. Wessely Karanis 66 als ἀρχιερεύς bezeugt. Der Text ist für die Frage, welchem Gott dieser ἀρχιερεύς ursprünglich gehörte, interessant genug, läßt sich aber nicht verwerten, solange er nicht vollständig publiziert ist. In diese Reihe gehört er nur unter der Annahme, daß damals schon die Vereinigung des ἀρχιερεύς– und I.–Amtes vollzogen war. Schubart erwägt die Identifikation der Persönlichkeit mit dem Inhaber der bekannten οὐσία Rostowzew Kol. 121/3).
105/6 n. Chr. …]αινου (so nach Orig. statt Wilcken Arch. III 505 –λίνου. – BGU IV 1033. 20.
[vor 123 n. Chr. Τε[ι]μοκράτης]. – Die Vermutung, daß er ἀρχιερεύς oder I. war, legt Tebt. II 297 nahe.
120/1–122/3 n. Chr. Marcius Moesia[nus. – Arch. II 440 nr. 49 = Breccia Cat. Alex. nr. 67 tab. XIX 49. Die Form –a[nus ist durch meine (von Hunt und Edgar Lobel nach dem Original bestätigte) Vermutung gesichert, daß in Tebt. II 296 = Wilcken Chrest. 79 Μάρ[κιος] Μοισια[νός zu lesen sei.
123 n. Chr. Iulius Pardalas. – nach Mechir (s. vor.); Wilcken Chrest., 87; vgl. Otto I 173, 6.
Hadrian L. Iulius Vestinus. – CIG III 5900 = IG XIV 1085 = O. G. 679: s. Otto I 59.
Hadrian Titus Statilius Maximus Severus. – CIG III 4815 c; vgl. Otto I 173, 7.
135/6–140 n.Chr. Claudius Iulianus. – P. rain. 107 = Wessely Kar. 66, 68. P. Cattaoui = Mitteis Chrest. 372 col. VI.
146–148 n. Chr. Tiberius Claudius Iustus.Wilcken Chrest. 78 und 173; derselbe vermutlich Lond. II nr. 359 S. 150.
148–150 n.Chr. Flavius Melas. – Tebt. II 291. P. Rain. 104 = Wessely Kar. 66. P. Straßb. = Wilcken Chrest. 77.
153–155/6 n.Chr. Claudius Agathokles. – P. Rain. 121 = Wessely Kar. 66. P. Gen. = Preisigke Sammelb. 15–17.
158/9 ca.? n.Chr. Postumus. – BGU 868. 388. 57; dazu P. M. Meyer Dioik. 153.
161/2–170/1 n.Chr. Ulpius Serenianus.Wilcken Chrest. 76. Tebt. II 291, 35. P. Rain. 150 (l. 139? vgl. S. 65) = Wessely Kar. 64/66, dazu P. M. Meyer Dioik. 158.
[899]
194/5 n.Chr. Claudius Apollonius. – P. Straßbg. Arch. IV 123.
[196/7 n.Chr. Claudius Diognetos, Procurator usiacus und stellvertretender (unverständlich Otto II 76) ἀρχιερεύς]. – Wilcken Chrest. 81; vgl. Flor. II 278. IV 21.
[198/9 n.Chr. Aurelius Victor]. Erwägenswert, ob I. – Chrest. 174.
[200 ca. Titus Aurelius Calpurnianus Apollonides.Preisigke Sammelb. 173.
[214/5 n.Chr. Aurelius Italicus, Procurator usiacus und stellvertretender ἀρχιερεύς] – Wilcken Chrest. 96 p. V. VII.
[Anf. 3. Jhdt.
n.Chr.
Publius Sempronius Aelius Lycinus. – CIL III 244. 6054 = 6756. 6055 = 6757.
[246 n.Chr. Marcius Salutarius]. – Vielleicht I. (s. o. S. 897) Lond. III S. 110/1 = Chrest. 375. Derselbe Oxy. I 78, 16 (s. Wilcken Arch. IV 539).
[247/8 n.Chr. Myron, Proc. usiacus und stellvertretender ἀρχιερεύς]. – Wilcken Chrest 73.
[251/2 n.Chr. Iulius Ruf[inus? vermutlich ἀρχιερεύς]. – Tebt. II 608.
[3. Jhdt. n.Chr. Flavius]. – Tebt. II 418 recto.

Literatur: P. M. Meyer Dioikesis und ἴ. λ. Festschrift für Hirschfeld 131ff. Hirschfeld Kais. Verwaltungsbeamte 352ff. Bouché-Leclercq Histoire des Lagides III 378. 381. Otto I 58ff. Preisigke Girowesen 188ff.. Mitteis Röm. Privatrecht 357ff., vor allem P. M. Meyer Arch. III 86-88 und Wilcken Grundzüge 147. 154. 157 und 127. – Wessely Kar(anis und Soknopaiu Nesos) findet sich in Denkschriften Akad. Wien phil.-hist Cl. 47, 4.

  1. Vorlage unverständlich