Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Quebeck
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aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 468–470
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Amerikanische Briefe.

V.0 Quebeck.
Nächtliche Dampfschifffahrt von Montreal nach Quebeck. – Die Physiognomie Quebecks. – Die entscheidende Schlacht bei Quebeck. – Pelz- und Holzhandel. – Lage der Auswanderer. – Klima. – Steinkohlenvorrath auf 20,000 Jahre. – Zunehmende Wichtigkeit der Deutschen in Amerika. – Die Montmorenci-Wasserfälle. – Für 66 Millionen Thaler neue Eisenbahn. – Deutsches Paßwesen und amerikanische, gesunde Unpäßlichkeit. – Die Salons erster und dritter Klasse im amerikanischen Flußdampf-Omnibus.

Unser Schiff war ein drei Stockwerke hoher, unendlich langer Feenpalast, das gegen Abend mit Hunderten von Passagieren sich für die Nacht kühn den gewaltigen Lawrencefluthen anvertraute, die wegen ihrer Feindseligkeit gegen Schiffe kaum weniger berüchtigt sind, als der Mississippi. So lange die Ufer zu sehen waren, erschienen sie größtentheils eben und unansehnlich. Der Lawrence sieht klar aus, so daß die schmutzigen Massen, welche der ungeheuere Ottawa aus den wilden Gegenden hereinwirft, wo die Beamten und wilden Jäger verschiedener Rauchwerk- und Fellhandel-Compagnieen hausen, noch lange darin zu unterscheiden waren. Die anderen zum Theil bedeutenden Flüsse, welche von den vereinigten Staaten her (Richelieu, Yamaska, St. Francis, Nicolet, Chaudière mit einem Wasserfall) und vom Norden (Trois Rivieres d. h. drei Flüsse, Batiscan und nach mehreren andern der Montmorenci mit den großartigsten Wasserfällen nach denen des Niagara) zwischen Montreal und Quebeck in den Lawrence fallen und die Städte, die sich daran ausbreiten, passirten wir in der Nacht, so daß sich nichts davon sagen läßt. Als sich die Erde mit Morgenroth lichtete, sahen wir auch schon an beiden Seiten des eine englische Meile breiten Flusses die hohen felsigen Ufer, das Diamantkap (an Ehrenbreitenstein am Rhein erinnernd) und die Abrahamshöhen, die Quebeck umgeben und vor 95 Jahren das Schicksal Canada’s entschieden. Ich besuchte später das berühmte Schlachtfeld, wo der englische General Wolfe nach der kühnsten Landung die Franzosen unter Montcalm besiegte und letztere nöthigte, Canada den Engländern zu überlassen. Sieger und Besiegter, beide starben auf dem Schlachtfelde, auf welchem eine einfache Säule mit der Inschrift: „Hier starb Wolfe als Sieger“ die Stelle bezeichnet, wo er fiel. Im Schloßgarten der Stadt ließ der General-Gouverneur von Canada, Lord Dalhousie im Jahre 1827, mit mehr Geschmack und Gerechtigkeit einen Obelisk zum gemeinschaftlichen Andenken beider Helden errichten.

Diese wichtige Schlacht, welche das Schicksal einer der wichtigsten Ländermassen des neuen Continents entschied, verdiente wohl eine nähere Besichtigung, da sie in strategischer, wie in kulturhistorischer Beziehung merkwürdiger sein soll, als die Schlachten bei Leipzig und Waterloo, aber vom strategischen Theile verstehe ich nichts und der andere entwickelt sich noch in einer Breite und mit einer zunehmenden Geschwindigkeit und Energie, die noch keinen Ruhepunkt und keinen Rückblick zuläßt.

Während das Dampfschiff zwischen den wilden felsigen Ufern an der Vorstadt Quebecks unten vorbei schoß, hatte das Auge so viel zu thun und wurde von einer Menge so großartiger Eindrücke überschwemmt, daß mir nur ein wirres Bild geblieben ist, aus welchem nur die Levi-Spitze mit seiner lebhaften, von Fahrzeugen und gigantischen, bebauten Holzflößen aller Art umschwärmten Stadt an der rechten Seite, die hohe, bewaldete Orleansinsel weit über Quebeck hinaus, die den Lawrence in zwei Arme theilt, und die imposante Hochstadt Quebeck selbst an der linken Seite klar hervorragen. Ich schicke Ihnen eine in den Umrissen richtige, sonst aber ziemlich nachlässig gemachte Ansicht Quebecks vom Lawrence aus mit, wie ich sie hier gerade vorfand und überlasse es Ihnen, ob Sie dieselbe in verbesserter technischer Ausführung benutzen wollen. Ich bemerke nur noch, daß das Dampfschiff in der Mitte ein kleines Porträt der Paläste ist, welche zwischen Montreal und Quebeck regelmäßig jede Nacht die 180 englischen Meilen in 12 Stunden zurücklegen, wenn sie unterwegs nicht zerstoßen werden. Auf einer der großen Flößen, die aus den ungeheuern kanadischen Wäldern herabkommen und oft von fünfzig, sechzig bis hundert Menschen bewohnt sind, habe ich einige Stunden zugebracht und mir Wunderdinge erzählen lassen von dem canadischen Holzhandel und den wilden englischen, französischen, amerikanischen und indianischen Colonien und Stationen, welche dem unermeßlichen Norden Amerika’s seit länger als einem Jahrhundert die kostbaren Pelze abziehen, die Indianer und Jäger verwildert, ausgehungert und zum Theil vertilgt, England aber um mehr als 20 Mill. Pf. Sterling oder mehr als 130 Millionen Thaler bereichert haben, ohne daß die Londoner Hudsons-Bay-Compagnie, welche dieses Geld „machte,“ auf den Tausenden von Quadratmeilen, die sie beherrscht, nur eine einzige Schule oder Kirche errichten ließ, so daß die Indianer, denen sie die kostbaren Biber- und weißen Fuchsfelle abkauft (z. B. ein Biberfell, das in London mit zwölf, fünfzehn bis zwanzig Thalern bezahlt wird, für ein baumwollenes Tuch, welches der Compagnie 43/4 Penny, also etwa 4 Neugroschen kostete) noch jetzt oft im Winter ihre eigenen Kinder aufessen, um nicht zu verhungern. Diese wildeste und großartigste aller Jagd-Industrieen im unermeßlichen Norden Amerika’s auf Rechnung englischer, französischer, russischer und einheimischer Compagnien und auf eigene Rechnung der Heere von Freischützen interessirt mich so, daß ich sie noch besonders studiren und Ihnen schildern werde. Die mir mitgetheilten Thatsachen tragen ein so urwäldliches, wildromantisches und heroisches Gepräge, daß sie in einer übersichtlichen Darstellung gewiß jeden Leser lebhaft unterhalten werden.

Von dem großen, wimmelnden, hölzernen, schwimmenden Landungsplatze von einem irländischen Droschkenkutscher durch enge, zum Theil wie Felsen steil in die Höhe steigende Straßen in die Oberstadt hinaufgepeitscht, stieg ich auf einem großen, viereckigen Platze ab, wo großartige Hotels und stolze, alte Privatpaläste, mürrische, klosterartige Gebäude und mittelalterliche Kirchen dahinter, bärtige Gesichter und blaue Kittel mit einem Blicke zeigten, daß hier noch das alte, französische Gepräge vorherrscht. Erst im Jahre 1763 ward Quebeck definitiv unter englische Verwaltung gebracht. Mit Aufzählung merkwürdiger Gebäude und Stellen will ich den Leser nicht aufhalten. Seitdem nun auch das neue Parlamentsgebäude wieder abgebrannt ist, nachdem die Vertreter Canada’s auch in Montreal ausgebrannt worden waren, weiß ich kaum ein architektonisches Werk, das als solches auf besondere Aufmerksamkeit Anspruch machen könnte. Literarische Institute, Vereine mit Bibliotheken und Verträgen, wissenschaftliche, artistische und Erziehungsinstitute, große Zeitungen und viel Literaturabsatz verstehen sich in allen größeren selbst kleineren Städten allemal von selbst, eben so Kirchen für jedes Glaubensbedürfniß. Außer den Franzosen treten noch die Engländer, Schotten und Ireländer hervor. In den bisher besuchten Städten fand ich nur wenige, zerstreute Deutsche. Viele davon vertheilen sich auf dem Lande und concentriren sich in Canada bis jetzt besonders nach Detroit hin. Von den Deutschen in Amerika werde ich erst in New-York, Cincinnati, Philadelphia u. s. w. mehr erfahren. Ihre materielle, sociale, moralische und politische Wichtigkeit in Amerika steigt mit jedem Tage, so daß es wohl der Mühe werth ist, sich dieselben einmal näher und zugleich in ihrer Gesammtbedeutung anzusehen. Hoffentlich gewinn’ ich noch Zeit genug dazu, obgleich, wie Sie wissen, der eigentliche Zweck meiner Reise viel Zeit und Aufmerksamkeit in ganz andere Richtungen zieht.

So viel habe ich schon erfahren, daß es allen Auswanderern durch ganz Canada sehr gut geht und sie bei der überaus schnell wachsenden [469] rüstigen Bevölkerung, den sich täglich erweiternden Verkehrsstraßen und Absatzquellen, der rasch aufblühenden und sich verdichtenden Civilisation mit Fleiß und Ausdauer, was sie auch ergreifen, schnell in die Höhe kommen und sehr comfortable leben, wohnen, essen und trinken können. Ein großes Uebel ist allerdings der fünf Monate lang anhaltende und tief in die Erde frierende harte, scharfe Winter. Aber dagegen giebt’s Holz genug und einen üppig Blüthen und Früchte treibenden heißen Sommer, zunehmend gesundes Klima in jeder Jahreszeit, unbehindert rasch zunehmender Wohlstand, ohne polizeiliche Aufsicht üppig gedeihende Freiheit und steigende Achtung vor solider Arbeit jeder Art.

Quebeck.

Von meinem Ausfluge auf der Nordseite des Lawrence hinunter durch Dörfer und einzeln gesäete Landhäuser und Meiereien, über Brücken und vor verschiedenen historischen Merkwürdigkeiten vorbei bis zu den 11/2 deutsche Meilen von Quebeck tosenden Fällen des Montmorenci könnte ich Vieles erzählen: ich beschränke mich auf die kürzeste Skizze dieses größten Wunders Unter-Canada’s, indem ich zugleich verspreche, bei dem größten von Ober-Canada, den Niagara-Fällen, ganz nüchtern zu bleiben, wie ein Yankee. Der Montmorenci zwingt erst seine Wassermassen durch ausgehöhlte Kalksteinfelsen, die nach unten hier und da durchscheinen, springt dann gleichsam stufenweise Felsentreppen hinunter in dunkele Schluchten, über welchen wilde, felsige Vorsprünge von Strauchwerk bedeckt, kühn hervorragen. Die rechte Seite des Ufers ist so zerrissen und kantig, daß man den Weg nicht weiter verfolgen kann, so daß wir über die Brücke auf die andere Seite gingen, wo wir bald die eigentlichen Fälle vor uns sahen. Die ganze Wassermasse schießt hier von einem 250 Fuß hohen Felsen plötzlich in die Tiefe hinunter, wo sie zerstoben in weißen Schaum fortwährend niederdonnert, sich aber schon 1/4 Meile weiter wieder so beruhigt, daß sie ganz sanft beinahe in einem rechten Winkel sich mit dem Lawrence vereinigt.

Ein felsiger Vorsprung unweit des großartigen Schauspiels breitet vor uns rechts die hohe Quebeck, gerad vor uns den ungeheuern insulirten Waldberg, die Orleansinsel und weiterhin den 1 deutsche Meile breiten Lawrence, hinter uns in der Ferne graue Berge und in der Nähe große, schnarchende Sägemühlen zu einem unbeschreiblich reichen und großartigen Panorama aus. Die bedeutenden Mühlen werden durch eine ganz kleine Ader, die man oberhalb den Falles künstlich geschlagen, so kräftig getrieben, als arbeitete hier die Dampfkraft von vielen hundert Pferden. Man denke sich einmal den Yankee-Vorschlag ausgeführt, die Wasserkräfte des Niagara und Montmorenci statt des fabrizirenden Dampfes anzustellen! Die Kraft des Niagarafalles soll allein alle Dampfmaschinen der Erde zu Wasser und zu Lande bei Weitem übertreffen.

Quebeck ist als Sitz der Regierung, Hauptstapelplatz des Holzhandels, durch seine Schiffsbauten und als erste Station des reichen Verkehrs vom Meere den Lawrence herauf, wo die Auswanderer gern landen, um sich von hier aus nach allen Richtungen zu vertheilen, von rasch zunehmender Bedeutung. Auswanderer finden in dem Bureau des Emigrations-Agenten Buchanan am Quay unten nicht nur guten Rath, sondern auch eine Menge Dienst- und Beschäftigungs-Anerbietungen, denen man auf Dampfschiffen und Eisenbahnen nach allen Richtungen rasch und wohlfeil zueilen kann. Dampf führt täglich in den elegantesten Palästen nach Montreal, Kingsston, Toranto, Hamilton und weiter nach allen Theilen der großen Seen. Von Hamilton führt die große Nordwest-Eisenbahn gerade durch das fruchtbare, westliche Canada bis Detroit, wo man verjüngtes deutsches Leben, eine deutsche [470] Zeitung und darin Einladungen zu Bier, Tanz, Büchern, deutschen Geschäften und Läden aller Art findet.

Diesen Juli wurde ein Zweig der großen canadischen Eisenbahn zwischen Quebeck und Longueil eröffnet, von wo die zwei englische Meilen lange Eisenbahn-Lawrence-Brücke nach Montreal führt, welches bald das Hauptcentrum der canadischen Dampfcommunicationsmittel zu Wasser und zu Lande werden wird. Die große Bahn ist eins der riesigsten Unternehmungen dieses Jahrhunderts. Die Kosten sind auf 66 Millionen Thaler (9,500,000 Pfund) veranschlagt und werden jedenfalls bedeutend überschritten werden müssen. Mir wurde gesagt, daß über 10,000 Menschen daran arbeiten. Sie wird ihre eisernen Füße über ein Gebiet von 1200 englischen Meilen erstrecken und nach ihrer Vollendung (1858) von Quebeck aus nach allen Richtungen der Windrose für geringes Geld jedem Reisenden Flügel geben. In Verbindung mit den bestehenden und den Bahnen der vereinigten Staaten, im Anschluß an die jetzt gebauten Seedampfschiffe, die immer in 6-7 Tagen die Reise zwischen Liverpool und Quebeck (oder Portland im Winter) zurückschleudern wollen, wird sie nicht nur alle amerikanischen Hauptstädte bis an die Ufer des Mississippi in regelmäßige, lebendige Verbindung bringen, sondern auch ihre warmen, frischen Lebensblutpulsschläge bis Liverpool und London und von da bis Paris, Amsterdam, Rotterdam, Ostende, Hamburg und von da bis Köln, Berlin, Halle, Leipzig, Dresden u. s. w. ausdehnen, ohne daß man jenseits Frankreich und Hamburg jemals auf Tausenden von Meilen nach einem Passe gefragt wird, so daß man sich ihn auch niemals zu visiren lassen braucht. Ich fiel bei dem Manne, der mir ein Zimmer abgelassen hatte, ganz in Ungnade, nachdem ich ihm vom deutschen Paßwesen erzählt. Er sagte, so etwas könne kein Mensch vertragen, das sei unmöglich und ich wolle ihn nur mit abenteuerlichen Geschichten foppen. So wenig kann der Amerikaner unsere geordneten, polizeilichen Verhältnisse begreifen!

Wir freilich können uns eben so wenig eine Vorstellung davon machen, wie der Amerikaner ohne Polizei und Staat nicht blos zur lebendigsten Ordnung und Regelmäßigkeit, sondern auch zu einer Eleganz und einem Privatstaat kommen konnte, wodurch ich bei dem deutschen Leser in Ungnade fallen könnte, wenn ich Alles genau beschriebe. Ich denke hier zunächst an den Salon des Dampfschiffes, in welchem ich nach Montreal zurückfuhr. Der Mann, der mich in Montreal brauchte (Privatangelegenheiten, die ich stets unberührt lasse), hatte für mich erste Klasse bezahlt. So ruhten meine Stiefeln auf dem kostbarsten persischen Teppich, während ich halb liegend in einem prächtigen, weichen Armsessel mich wiegte. Vor mir ein riesiger, spiegelblanker Marmortisch auf vergoldeten Füßen, auf welchem sich besonders eine prächtig gebundene Bibel zwischen krystallenen Wasserflaschen vom feinsten Schliff bemerkbar machte. Von Oben glänzen prächtige Kronenleuchter herab und besehen sich in riesigen Spiegeln, an welchen sich große, feine Vasen mit kostbaren Blumen erheben. Klingel-, Thürgriffe und Klinken sind von Porcellan mit ächter Vergoldung oder Elfenbein. Die Sopha’s ringsum erröthen in lauter ächtem Sammet. Und der so ausmeublirte Salon war 150 Fuß lang, dessen Beleuchtung durch Himmelslicht von Oben („Himmelslicht“ heißen die Fenster in der Decke), am Tage eben so bezaubernd aussah, wie des Nachts in der brillantesten Beleuchtung. Die eine weitere Hälfte des Salons hat Seitenfenster, die andere ist ringsum mit Privatzimmern umgeben; jedes bequem ausmeublirt und mit zwei Betten versehen. In der Mitte am Ausschnitte für die Maschinen macht ein eleganter Barbierladen brillante Geschäfte, da Engländer und Amerikaner sich mindestens jeden Tag einmal, oft zweimal rasiren oder rasiren lassen, wenigstens alle, die erste Klasse fahren. Sie sind mehr oder weniger alle Sklaven ihres Backenbartes und der Angst um ein glattes Kinn.

In dem Salon der dritten Klasse sah es desto bärtiger und natürlicher aus, wo Auswanderer mit Weibern, Kindern, Koffern, Kesseln, Betten, Speisen und Getränken wie Kraut und Rüben durcheinander wühlten. In der einen Ecke stand ein Schilderhaus d. h. eine Schenke, aus welcher starke Recepte gegen Mäßigkeit und Nüchternheit verabreicht wurden, die auch ganz stark zu wirken schienen. Wenigstens bewiesen dies einige Irländer mit Frauen dazwischen, die sich über Koffer und Menschen weg boxten und bei den Haaren zerrten, so daß sie bald aufsprangen, bald niederstürzten und in einanderverschlungen herumkollerten. Man schickte nach dem Capitain, welcher jedoch auch bei den Irländern die Freiheit so respectirte, daß er antwortete: „Na, sie mögen’s ausfechten – unter sich selbst abmachen.“

Von Montreal werde ich nach Toronto, zum Niagara, nach Kingston, Boston, New-York und dann wahrscheinlich in Gegenden kommen, deren Namen und Lage ich selbst noch nicht kenne. Das Meiste hängt natürlich von dem Erfolge meines eigentlichen Reisezweckes ab.




Anmerkung des WS-Bearbeiters: Dieser Beitrag erschien als Nr. V in der Reihe Amerikanische Briefe.
Nr. IV Boston. Montreal siehe Heft 36
Nr. VI Canada. Niagara-Fälle folgt in Heft 48.