Praktisches Kochbuch für die Deutschen in Amerika/Verschiedenerlei selten vorkommende Speisen

« Fische und Schalthiere Henriette Davidis
Praktisches Kochbuch für die Deutschen in Amerika
Warme Puddings, vom Kochen derselben »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).

[146]

VII. Verschiedenerlei selten vorkommende Speisen.


Dieser Abschnitt soll Aufschluß über einige Anforderungen der feineren Küche geben, und es fehlt ja auch in bescheidenen Haushalten nicht an besonderen Gelegenheiten, wo man einmal etwas Besonderes auftischen will.

1. Schildkrötensuppe (Turtlesoup). Mittelgroße Schildkröten sind den großen vorzuziehen, indem das Fleisch der letzteren gewöhnlich hart und zähe ist. Die Schildkröte wird am Morgen des vorhergehenden Tages bei den Hinterfüßen aufgehangen, der Kopf, sobald sie denselben lang aus dem Schilde streckt, ergriffen und mit einem scharfen Messer abgeschnitten. Darnach läßt man sie 4 Stunden hängen und ausbluten, legt sie auf ein Küchenbrett, schneidet die weiße Platte ringsum heraus und nimmt vorsichtig die Eingeweide weg, damit die Galle, welche bekanntlich an der Leber sitzt, unverletzt bleibt und gänzlich entfernt werden kann. Leber und Herz, auch wenn sich Eier vorfinden möchten, legt man in frisches Wasser, die Därme werden nur dann gereinigt und in Wasser gelegt, wenn man sie zu Würstchen verwenden will; den mit Stacheln [147] versehenen Mastdarm brühe man zum Reinigen und Abziehen der Stacheln in heißem Wasser ab. Nach dem Herausnehmen der Gedärme schneidet man die Vorderfüße – Ruder genannt – mit ziemlich großen Fleischklumpen von der Seite heraus, die Hinterfüße enthalten kleinere Fleischstücke. Die Flossen werden, so weit die Außenseite geht, abgeschnitten, Füße und Bauchplatte in kochendem Wasser abgebrüht, wodurch die Haut schuppenweise abgezogen werden kann. Die Schildkröte ganz zu kochen, wie es auch wohl geschieht, ist nicht anzurathen, da alsdann viel Schleim und starker Geruch zurückbleibt.

Man wäscht nun das Fleisch gut ab, legt es einige Stunden in kaltes Wasser, wechselt solches mehremal und hängt das Fleisch auf, damit es über Nacht auslüfte. Am andern Tage setzt man Fleisch und Herz zur beliebigen Zeit mit schwacher Rindfleisch-Bouillon, welche schon am vorhergehenden Tage gekocht sein kann, und dem nöthigen Salz auf’s Feuer, nimmt den Schaum sorgfältig ab, gibt ein Bündchen Dragon und Thymian, feingehackte Zwiebeln und eine Flasche weißen Wein hinzu, und läßt es, gut zugedeckt, langsam weich kochen. Dann nimmt man es aus der Brühe und schneidet es, nachdem es abgekühlt, in zierlich längliche Stückchen. Die Leber wird nicht mitgekocht, sondern in Butter weich gedämpft, beim Anrichten in Scheiben geschnitten und in die Terrine gelegt.

Die Schildkrötensuppe wird sowohl klar als gebunden gegeben, letzteres aber von den Meisten vorgezogen. Man macht dazu Mehl in Butter braun, rührt es mit Brühe fein und gibt es mehr zuletzt an die Suppe. Das Schildkrötenfleisch läßt man ¼ Stunde in der Suppe, sowohl in einer klaren als gebundenen, kochen, würzt sie mit Ingwer, Cayenne- Pfeffer, Nelken und Muskatblüte, dies alles pulverisirt; auch gibt man Klöße hinein, welche von etwas zurückgelassenem rohen Schildkrötenfleisch gemacht werden, wie folgt: Es wird dieses mit reichlich Ochsenmark möglichst fein zerhackt, dann noch im Mörser breiartig zerstoßen, mit Milchbrod, Eiern, Salz, Muskatblüte, abgeriebener Zitronenschale und weißem Pfeffer gut vermengt und Klößchen davon aufgerollt. Statt derselben kann man auch Kalbfleischklöße nehmen. Da Klöße überhaupt in einer gebundenen Suppe so leicht dicht werden, so geht man sicherer, sie in der Suppe zu kochen, ehe Mehl hineingegeben wird, und mit etwas kochender Suppe bis zum Anrichten in der Terrine heiß zu halten.

Hat man Kenner zur Tafel und hält es für gut, Schildkrötenwürstchen in der Suppe zu geben, so nimmt man dieselbe Farce, wie zu den bemerkten Klößen, mischt noch ein kleines Glas Cognac, etwas fein gehackte, in reichlich Ochsenmark geschwitzte Schalotten, noch etwas weißen Pfeffer und geriebene Leber durch, füllt diese Masse in die kleinen gereinigten Därme, kocht sie gahr und legt sie, in schräge Stücke geschnitten, beim Anrichten in die Terrine. Zuletzt werden die etwa vorgefundenen Eier nebst einer Flasche Madeira in die Suppe gegeben und diese sofort recht heiß auf Leber und Klößchen angerichtet.

Eine Schildkröte mittlerer Größe bedarf zum Kochen 11/2–2, eine alte Schildkröte 3–31/2 Stunden.

[148] 2. Suppe von marinirtem Schildkrötenfleisch. Wenn eine Suppe davon bereitet werden soll, so wird es in kleine viereckige Stücke geschnitten und in einer sehr kräftigen Espagnoll mit Madeira nur einmal aufgekocht, dann angerichtet.

Zur Espagnoll bestreicht man den Boden einer tiefen Kasserolle halb Finger dick mit frischer Butter, legt ein Pfund mageren rohen Schinken in Scheiben geschnitten darauf, dann 3–4 große in Scheiben geschnittene spanische Zwiebeln, eine Kalbsnuß, 2 alte Feldhühner oder 2 alte Tauben, ein altes Huhn und etwaigen Abfall von rohem oder gebratenem Geflügel, gießt zwei Fülllöffel Fleischbrühe darauf und stellt die Kasserolle auf schwaches Feuer, wo man das Ganze langsam einkochen und lichtbraun anziehen läßt; indeß sei man recht aufmerksam, daß es nicht bränzlich werde. Dann wird es mit Fleischbrühe aufgefüllt, zum Kochen gebracht, ganz rein abgefettet, einige gelbe Mohrrüben, Porree und Pastinak dazu gethan und langsam gekocht. Unterdeß wird feines Mehl in ½ Pfund frischer Butter eine Stunde langsam auf schwachem Feuer lichtbraun geröstet, mit Fleischbrühe glatt und dünnfließend angerührt, zu der anderen Brühe gethan und 2 Stunden lang ununterbrochen langsam gekocht, während man oftmals Fett und Schaum rein abnimmt und es dann durch ein Haarsieb gießt, wieder auf’s Feuer bringt, eine halbe Flasche Madeira hinzufügt und solches unter starkem Rühren so lange einkocht, bis eine klare dickflüssige Brühe entstanden ist , der man zuletzt noch den Saft einer Zitrone beifügt.

3. Froschschenkel-Ragout. Hierzu werden die Froschschenkel mit Wasser, Essig und Salz in ein Gefäß gelegt, mit einem Besen gepeitscht und tüchtig gewaschen. Dann läßt man einen Stich Butter zergehen, legt sie nebst einigen Schalotten und etwas Salz hinein und dämpft sie, gut zugedeckt, beinahe gahr. Darnach stäubt man etwas Mehl darüber hin, gibt kräftige Bouillon, Muskatblüte und einige Zitronenscheiben hinzu, läßt die Froschschenkel vollends weich werden und rührt die Sauce mit Eidottern ab. Auch kann das Ragout mit in Bouillon oder gesalzenem Wasser gekochten Fleisch- oder Weißbrodklößchen umgelegt werden.

Anmerkung. Die Frösche werden durch einen schweren Hammerschlag auf den Kopf getödtet, und denselben darnach die Schenkel abgeschnitten.

4. Frische Froschschenkel zu braten. Nach dem Reinigen läßt man dieselben ¼ Stunde, mit Salz bestreut, stehen, wäscht sie mit kaltem Wasser, tunkt sie in geschlagenes Ei mit Muskatnuß, wälzt sie in Zwieback oder Semmel und backt sie in heißgemachter Butter während einer ¼ Stunde gelb.

5. Fischotter zu braten. Dieselbe wird in Stücke geschnitten, der Kopf entfernt und mit allen Sorten Kräutern, klein geschnittenen Wurzeln, Zwiebeln, Knoblauch, einigen Lorberblättern, Salz, grob gestoßenem Gewürz und einem Glas Essig 24 Stunden eingelegt. Dann macht man ein Stück Butter gelb, thut ein paar in Scheiben geschnittene Zwiebeln mit einigen ebenfalls klein geschnittenen Wurzeln hinein, legt [149] die Fischotter-Stücke darauf und läßt sie zugedeckt dämpfen. Nach einiger Zeit wendet man die Stücke um, thut 1/8 Quart rothen Wein, einen Fülllöffel gute Fleischbrühe und 3–4 in Butter gelb geröstete Weißbrodschnittchen hinzu und läßt die Fischotter darin gahr werden, worauf man sie so lange in ein anderes Geschirr hinstellt, bis das Fett abgenommen ist. Hierauf gibt man die Sauce durch ein Sieb über die Fischotter und thut den Saft einer halben Zitrone hinzu.

6. Fischotter in feinen Kräutern. Die Fischotter wird nach vorhergehender Angabe eingelegt. Dann nimmt man einige Schalotten oder eine andere Zwiebel, ein Stückchen Knoblauch, etwas Petersilie, 1 Unze Kapern, 4 Sardellen, wenig Thymian und Basilikum, schneidet das alles fein, dämpft es in einer Kasserolle mit 4 Eßlöffel Provenceöl, legt die Fischotter-Stücke hinein, dämpft auch diese, während man sie einigemal umlegt, und gießt dann ein Glas weißen Wein darüber. Nachdem dies eingekocht ist, streut man einen halben Eßlöffel Mehl darauf, thut einen Fülllöffel gute Fleischbrühe, etwas Dragon und den Saft einer Zitrone oder etwas Essig dazu, läßt es aufkochen, nimmt das Fett ab und richtet an.

7. Wilde Gans. Zäher noch als eine alte zahme, ist eine alte wilde Gans. Daher nehme man die Gans nur, wenn sie jung ist, zum Braten. Andernfalls werde sie nach der Vorrichtung unter I. in kleine Stücke zertheilt, mit kochendem Essig, Lorberblättern und Nelken übergossen und 8 Tage gebeizt, während täglich die Stücke umgelegt werden. Die Zubereitung ist wie Hasenpfeffer, doch lasse man den Zucker weg.

Zum Braten wird die Gans mit feingemachtem Salz in- und auswendig eingerieben, so auch mit Pfeffer und Muskatnelken, und wie Gans, doch ungefüllt, mit Butter und feinem Nierenfett weich und gelb gebraten. In der letzten halben Stunde eine halbe Tasse Sahne hinzugefügt, gibt eine angenehme Sauce.

8. Wilde Ente. Hinsichtlich der Verwendung richte man sich nach vorhergehender Bemerkung. Ist die Ente zum Braten bestimmt, so wird sie mit feingemachtem Salz und Pfeffer eingerieben, mit reichlich Butter und feinem Nierenfett aufs Feuer gebracht, zwei Lorberblätter, 2 Zitronenscheiben, 8 Wachholderbeeren hinzugethan, und nachdem die Ente, fest zugedeckt, auf beiden Seiten gelblich geworden, sehr wenig kochendes Wasser hinzugegossen und langsam zart und gelb gebraten. Etwas dicke Sahne ist bei der Zubereitung zu empfehlen. Die Sauce wird mit etwas kaltem Wasser zusammengerührt, mit etwas Fleischextrakt und einem Glas Rothwein durchgekocht und angerichtet.

Bei Zubereitung einer alten wilden Ente richte man sich nach Hasenpfeffer, nehme dazu reichlich Zwiebeln, keinen Zucker.

9. Schneehuhn. Die Bereitung ist wie beim Feldhuhn, doch muß die ganze Haut mit den Federn vorher abgezogen werden.

10. Wasserhuhn. Die Haut wird ihres thranigen Geschmacks wegen abgezogen und das Huhn, mit Speckscheiben umbunden, wie wilde Ente gebraten.

[150] 11. Perlhuhn. Das Perlhuhn ist nur jung zu gebrauchen und wie Feldhuhn zu braten.

12. Fischreiher zu bereiten. Vom Fischreiher ist nur die Brust brauchbar und sehr wohlschmeckend, das Uebrige thranig. Man bestreue die Brust bei der Zubereitung mit dem nöthigen Salz, binde feine Speckscheiben darüber, lege sie in reichlich heißgemachte Butter und brate sie bei öfterem Begießen und späterem Hinzuthun von einer Tasse Sahne bei mäßigem Feuer weich und gelb. Die Sauce wird wie beim Hasenbraten gemacht.

13. Auerhahn zu braten. Zum Braten ist nur junges Auerwild zu empfehlen, da alte Auerhähne, selbst wenn sie (was zum Weichwerden des Fleisches empfohlen wird) 8–10 Tage in einem Sacke 2–3 Fuß tief in die Erde vergraben werden, mit seltenen Ausnahmen zähe bleiben und dieserhalb am besten zum Ragout oder Fricassee verwandt werden. Der Auerhahn wird mit nachstehend bemerkter Farce gefüllt: Ein Stück gutes Kalbfleisch und etwas roher Schinken nebst dem Fett werden fein gehackt, dann fügt man hinzu einige Eidotter, ein paar gestoßene Nelken, etwas dicke süße Sahne, Salz, geriebenes Weißbrod und das zu Schaum geschlagene Eiweiß. Dies alles wird gut gemischt, der Auerhahn damit gefüllt und wie Puter gebraten.

14. Auerwild-Pastete (sehr zu empfehlen). Man schneidet den Auerhahn in kleine Stücke, löst alle Knochen daraus und läßt die Stückchen in Butter etwas braten. Darauf legt man sie einige Stunden in Weinessig mit Pfeffer, Muskat und feinen Zwiebelchen. Unterdeß wird Kalbfleisch, Rindfleisch und frisches Schweinefleisch zu gleichen Theilen ganz fein gehackt, hinzugethan ein rohes Eidotter und das gehackte Eigelb einiger hartgekochter Eier, etwas Weißbrod und Muskat. Dann belegt man die Pastetenform unten mit Speck und Butter, darauf eine Lage Auerhahnstückchen, demnächst eine Lage von dem gehackten Fleisch, und so fort, bis die Form gefüllt ist. Oben auf legt man einige Zitronenscheiben, streut etwas Salz darüber und gibt eine halbe Flasche Wein hinzu. Darnach wird die Form fest zugedeckt und auf gelindem Feuer 4–5 Stunden gekocht. Möchte die Pastete unterdeß zu trocken werden, so kann man etwas Wein hinzugießen. Nachdem dieselbe gahr geworden ist, nimmt man die Zitronenscheiben weg, macht die Sauce mit Eigelb etwas sämig und gibt die Pastete kalt zur Tafel.

15. Dachs zu braten. Ein junger Dachs soll sehr zart und wohlschmeckend, Schweinsfilet ähnlich sein. Man lege ihn 2–3 Tage lang mit Zwiebeln, gelben Wurzeln, Salbei und allerlei Küchenkräutern, Lorberblättern, Pfeffer, Nelken und Salz in Essig, spicke und brate ihn wie einen jungen Hasen, doch seines zarteren Fleisches wegen kürzere Zeit.

16. Dachspfeffer. Alles Fleisch, welches man nicht als Braten gebraucht, wird in Stücke gehauen und gerade wie Hasenpfeffer zubereitet. Um nöthigenfalls die Portion zu vergrößern, kann etwas Schweinefleisch hinzugethan werden.




« Fische und Schalthiere Praktisches Kochbuch für die Deutschen in Amerika Warme Puddings, vom Kochen derselben »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).