Pilpay’s Fabeln und die Verwandlungen des Buddhu

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Titel: Pilpay’s Fabeln und die Verwandlungen des Buddhu
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr. 85. S. 337–338.
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans bei Commons
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Pilpay’s Fabeln und die Verwandlungen des Buddhu.[1]


Den Bemühungen Wilson’s verdanken wir die interessanten Aufschlüsse über die Pancha Tantra, eine Sammlung lehrreicher Erzählungen, in Europa unter dem Namen Pilpay’s Fabeln bekannt, welche die asiatische Gesellschaft mittheilt. Ein treues seelenvolles Gemälde der Völker jenseits des Indus mit dem ganzen Zauber antiker Naivetät und der Farbenpracht orientalischer Darstellung gehören diese Dichtungen zu dem Herrlichsten, was der Menschengeist hervorgebracht hat. Indien in seiner ganzen Eigenthümlichkeit, seine Pflanzen, Thiere und Menschen, das Leben in seinen mannigfaltigen Schattirungen, Sitten und Gebräuche, gesellschaftlichen Ton, Rechtspflege, Gesetzgebung, die wechselnden Glücksrollen orientalischer Größe, Weisheit und Thorheit der Welt – zeigt die Pancha tantra in ihrer reizenden Bildergallerie, zu welcher sie den Freund der Natur auf blumigem Pfade hingeleitet. Für den Kenner der arabischen Mährchen hat sie noch den besondern Werth, daß sie (wie die Hitopadesa und andere hindustanischen Schriften) ein in manchen Beziehungen neues Licht auf die arabische Literatur, und auf die von Altersher zwischen Vorder- und Hinterasien bestehende Geistesverbindung wirft.

Ein zweites nicht minder merkwürdiges, wegen seines unerschöpflichen Reichthums an Personificationen eben so originelles als wegen seiner authentischen Erläuterung einer der geachtetsten Religionen des Ostens wichtiges Buch, genannt „Pansiyapamas Jataka“ das heißt, die fünf hundert und fünfzig Verwandlungen des Buddhu, ist ein Geschenk Sir Alexander Johnston’s, der bekanntlich als Oberrichter auf Seilan durch sein humanes mit beharrlichem Eifer durchgeführtes System große Verdienste um die Civilisation dieser Insel sich erwarb, und dabei die Gelegenheit, mehrere seltene Handschriften zu sammeln, nicht unbenutzt ließ.

Der Buddhismus, verfolgt und vertrieben von der indischen Halbinsel, hatte sich zuletzt auf dem schönen Eilande in der Bay von Bengalen, welches die Araber Serendib, die Indier Lanka, die Europäer Seilan (Ceylon) nennen, festgesetzt und von da seine Lehre und seinen Einfluß über die unermeßlichen Landschaften ostwärts vom Ganges ausgebreitet. Die Mehrheit der Bevölkerung des chinesischen Reichs so wie der tatarischen Steppen Mittelasiens bekennt sich zum Buddhu-Dienste, so daß ohne Zweifel diese Religion es ist, die sich einer größern[2] Verbreitung als das Christenthum oder der Islam rühmen darf. Alle diese Millionen nun glauben an die fünfhundert und fünfzig Verwandlungen, die geheiligte Grundlage[3] ihrer Glaubenslehre. Die ängstliche Zurückhaltung der Priester hatte es vor Johnston keinem Europäer möglich gemacht, sich eine vollständige Abschrift von demjenigen ihrer Religionsbücher zu verschaffen, welches die Gechichte jener Verwandlungen und das ganze buddhische System von der Seelenwanderung enthält.

Von der singalesischen Handschrift nahm Clough, der Verfasser einer Grammatik und eines Wörterbuchs der Palisprache, der einige Jahre Missionär auf Seilan war, eine Abschrift; bei dieser Gelegenheit gibt er folgende Bemerkungen:

„Die Verwandlungen Buddhu’s wurden von seinen Verehrern als der Beweis der Erhabenheit und Heiligkeit seiner Person betrachtet. Bald befand er sich unter den Göttern, bald unter den Dämonen, meist unter den Menschen, oft aber auch unter den Thieren, den Vögeln und den Fischen. Indem er jede mögliche Form [4] [338] des Daseyns annahm, befreundete er sich mit der ganzen Natur, deren Leiden und Freuden er theilte. Mitten unter diesen Wandelbarkeiten seiner äußern, vom Strome des Werdens fortgerissenen Erscheinung bleibt sein Charakter – eine Seele voll Reinheit, ein Herz voll Liebe, ein Geist voll Weisheit – unverändert. Jede Jataka enthält die ausführliche Nachricht über eine seiner Offenbarungen unter den verschiedenen Classen der Wesen durch Besuch oder Geburt und über seinen Verkehr mit ihnen; sodann eine bündige Nachweisung jener drei Grundzüge seines Charakters, eine Beleuchtung desselben durch moralische Betrachtungen, Parabeln, Erzählungen oder Gespräche, und schließt mit der Aussicht auf die Nirwana, den Lohn des Glaubens und des Gehorsams.

Das Buch ist ursprünglich im Pali geschrieben, und erst später in das Singalesische übersetzt worden. Die Londoner Handschrift enthält 1172 Blätter oder 2344 Seiten. Ein singalesischer Abschreiber könnte im Durchschnitt täglich vier Seiten abschreiben und würde also 586 Tage brauchen.

Einige von diesen Offenbarungen sind besonders charakteristisch und werden von den Buddhisten selbst als Fundamentalsätze ihres Glaubens ausgezeichnet. Um so erwartungsvoller sehen wir daher der nahe bevorstehenden Herausgabe eines Werks entgegen, welches die vier interessantesten Jatakas mit einer Anzahl bildlicher Darstellungen aus dem Gebiet der Religion und der Sitten der Buddhisten auf Seilan, sowie Nachrichten über ihre Thierkreis- und Planetensysteme, ihre Astrologie, ihre Vorstellungen von Teufel, Hölle und Höllenstrafen enthalten soll. Bereits sind die Materialien von Hrn. Upham aus den Bana (Reden des Buddhu) gesammelt; die Bilder (mehr als vierzig) sollen nach den Originalien, welche Sir Alexander Johnston aus den Händen der buddhistischen Priester erhalten hat, lithographirt und illuminirt werden.

  1. Transactions of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland Vol. 1. Part. 1.
  2. Ueber die Frage, ob sich der Buddhudienst auch nach Europa verbreitet habe, sehe man in B. 7 der Mémoires et dissertations sur les antiquités nationales et etrangères publiés par la Société royale des antiquaries de France. Paris 1826, die Abhandlung von Coquebert-Monbret: Considerations sur la religion des anciens habitans de la Grande Bretagne, sur son origine et sur ses rapports avec la religion des Gaulois.
  3. Man vergleiche J. G. Rhode über religiöse Bildung, Mythologie und Philosophie der Hindus etc. Leipzig 1827 B. 1 S. 409 folgg. „Der öffentliche Gottesdienst der Buddhisten, sagt Rhode (S. 432), ist feierlich und ernst und hat eine große Aehnlichkeit mit dem Gottesdienste in katholischen Kirchen, auch mit dem Tempeldienste des alten Zendvolks. Gesang und Gebet bilden den Haupttheil; ewig brennende Lampen, Weihrauch und Blumen, wie Bilder und Reliquien fehlen nicht; auch lieben sie Prozessionen und Wallfahrten.“ Das Gesetz des Buddhu trat 546 Jahre von Chr. Geb. in Wirksamkeit, und soll 5000 Jahre gelten, denn so lange versprach Buddhu, ehe er die Erde verließ, dieß Gesetz und seine Verehrer zu erhalten.
  4. Coquebert-Montbret, am a. O., zeigt das Vorhandenseyn der Seelenwanderungslehre mit der Ahnung eines großen allgemeinen Weltorganismus bei den Gälen. Der Barde Taliesin sagt in dem Gedicht Angar Cyvyndawd: „ich ward der Reihe nach ein Lachs, ein Hund, ein Hirsch, ein eiserner Nagel, ein Hahn, ein Hengst, ein Bullen, endlich ein Waizenkorn, und nachdem ich als solches von einem Huhn verschluckt worden war, erhielt ich wieder eine menschliche Gestalt, zuerst unter dem Namen Aedd und später unter dem Namen Taliesin, den ich noch führe.“ Ein anderes Mal sagt der Barde, er seye ein Waldstrom, eine Woge etc. gewesen.