Passionata
[324] Passionata. (Zu unserer Kunstbeilage.) Ist es eine Erinnerung an Beethovens „leidenschaftliche Sonate“, welche dem Künstler vorschwebte, als er diesen dunkelschönen Frauenkopf schuf? Stürmisch wie dort die Töne, sich verschlingend, brausen, hat es hier in der jungen Seele gewittert: Haß und Liebe, heißes Verlangen und treuloses Abwenden haben sich wie Wellen der Sturmflut übereinander hingewälzt, bis endlich die Kraft erschöpft war, die heißen Thränenströme versiegten und schwermütige Ruhe an Stelle der Verzweiflung trat. Nun klingen die Töne ernst und trauervoll, von süßer Erinnerung sehnsüchtig durchwoben, so wie hier der Blick der Augen sich tief und schwermutsvoll in die Ferne richtet. Festgeschlossen bleibt der Mund, der von höchster Wonne und großen Schmerzen zu reden vermöchte, die Hand vergräbt sich in die dunklen Haarwellen und träumerisch ruht das schöne Haupt weit vorgeneigt, als lausche es den klagenden Stimmen, die von gestorbener Liebe und bösen Schicksalsmächten singen. Nur in den Angen glimmt es noch leise wie ein unheimlicher Funken, der nicht verlöscht und des Augenblicks harrt, da ein plötzlicher Windstoß ihn wieder zur verzehrenden Flamme anfacht. Auf dem Marmortisch vor der Schönen aber liegen, achtlos hingestreut, halbentblätterte Rosen, ein Sinnbild eines kurzen, nun zerstörten Liebesglücks.