Neunte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität

Textdaten
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Autor: Michael Faraday
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Titel: Neunte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band 111
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum: 1834
Erscheinungsdatum: 1835
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: Johann Christian Poggendorff
Originaltitel: Experimental Researches in Electricity. – Ninth Series.
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Philosophical transactions of the royal society of london. For the year 1835, pt. II.
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
s. auch Experimental-Untersuchungen über Elektricität
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[413]
II. Neunte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität: von Hrn. M. Faraday.
(Uebersandt vom Hrn. Verfasser in einem besonderen Abzug aus den Philosoph. Transact. f. 1835, pt. II.)


§. 15. Ueber den Vertheilungseinfluß eines elektrischen Stroms auf sich selbst und den elektrischer Ströme überhaupt.

1048) Die nachstehenden Untersuchungen betreffen eine sehr merkwürdige Vertheilungswirkung elektrischer Ströme oder verschiedener Theile eines und desselben Stroms, und deuten auf einen innigen Zusammenhang dieser Wirkung mit dem Durchgang der Elektricität durch leitende Körper, selbst mit dem Ueberspringen von Funken.

1049) Die Untersuchung ging hervor aus einer mir von Hrn. Jenkin mitgetheilten Thatsache, die folgende ist. Gebraucht man einen kurzen Draht zur Verknüpfung der beiden Platten einer einfachen voltaschen Kette, so erhält man, wie man auch verfahren mag, aus diesem Draht keinen elektrischen Schlag; wendet man aber den um einen Elektromagneten geschlungenen Draht an, so fühlt man bei jedesmaliger Oeffnung der Kette einen Schlag, sobald man dabei die Enden des Drahts mit beiden Händen anfaßt.

[414] 1050) Zugleich beobachtet man auch, was den Physikern längst bekannt ist, an der Trennungsstelle einen hellen Funken.

1051) Einen kurzen Abriß von diesen Resultaten, nebst einigen dazu gehörigen, bei Anwendung langer Drähte beobachteten Erscheinungen habe ich in den Philosophical Magazine für 1834 bekannt gemacht[1], mit Hinzufügung einiger Betrachtungen über deren Ursprung. Fernere Untersuchungen haben mich die Unrichtigkeit meiner ersten Ansichten einsehen lassen, und mich zuletzt dahin geführt, diese Erscheinungen für identisch zu halten mit den Inductionsphänomenen, welche ich so glücklich war, in der ersten Reihe dieser Experimental-Untersuchungen zu entwickeln[2]. Ungeachtet dieser Identität glaube ich jedoch, daß die Erscheinungen durch die Allgemeinheit und Eigenthümlichkeit der Ansichten, zu welchen sie in Betreff der elektrischen Ströme führen, der Beachtung der K. Gesellschaft nicht unwürdig seyn werden.

1052) Der Elektromotor bestand aus einem (hohlen) Zinkcylinder, der zwischen die beiden Theile eines doppelten Kupfercylinders gesteckt war, und wie gewöhnlich durch Korkstücke an unmittelbarer Berührung desselben gehindert wurde; der Zinkcylinder war acht Zoll hoch und vier Zoll im Durchmesser. Er sowohl wie der Kupfercylinder war mit einem dicken Draht versehen, der ein Näpfchen mit Quecksilber trug, und in diesem Napfchen wurde die Schließung oder Oeffnung der Kette durch gerade oder schraubenförmige Drähte oder Elektromagnete vollzogen. Diese Näpfchen sollen im Laufe dieses Aufsatzes immer und heißen (1079).

1053) Es wurden einige Schrauben[3] angefertigt, [415] die ich vorher nothwendig beschreiben muß. Auf eine Pappröhre waren vier Kupferdrähte gewickelt, jeder war Zoll dick und bildete eine Schraube in gleicher Richtung von einem Ende zum andern. Die Windungen eines jeden Drahts waren unter sich durch eine Schnur getrennt, und die über einander liegenden Schrauben durch Kattun an gegenseitiger Berührung gehindert. Die Länge der diese Schrauben bildenden Drähte war 48, 49,5, 48 und 45 Fuß. Der erste und der dritte Draht wurden mit einander verbunden, so daß sie eine einzige Schraube von 96 Fuß Länge ausmachten. Eben so wurden der zweite und vierte Draht zu einer einzigen, also 94,5 langen Schraube verbunden, welche sich dicht an die erste anschloß. Diese Schrauben will ich durch die Zahlen I und II unterscheiden. Sie wurden sorgfältig mit einem kräftigen elektrischen Strom und einem Galvanometer untersucht, und dadurch fand sich, daß sie keine Gemeinschaft mit einander hatten.

1054) Eine andere Schraube wurde auf einer ähnlichen Pappröhre vorgerichtet, und dazu zwei gleiche Kupferdrähte, jeder von 46 Fuß Länge, gebraucht. Diese Drähte wurden zu einer einzigen Schraube von 92 Fuß Länge vereint, welche beinahe so lang wie die vorher genannten war (but was not in close inductive association with them). Sie sey durch die Zahl III unterschieden.

1055) Eine vierte Schraube wurde aus sehr (0,2 Zoll) dicken Kupferdraht verfertigt; der Draht war, außer den geradlinigen Stücken an den Enden, 79 Fuß lang.

1056) Der hauptsächlich angewandte Elektromagnet bestand aus einem cylindrischen Stabe von weichem Eisen, 25 Zoll lang und 1,75 Zoll dick, gebogen zu einem Ring, so daß die Enden beinahe einander berührten, und umwickelt mit drei Lagen Kupferdraht, deren gleichliegende Enden zusammen verknüpft waren. Dann wurde [416] jedes dieser beiden Hauptenden an einen Kupferstab gelöthet, der als leitende Fortsetzung des Drahts diente. Mithin mußte sich jeder elektrische Strom, der durch einen der Kupferstäbe eintrat, in den den Ring umgebenden Schraubendrähten in drei Theile theilen, die indeß alle in gleicher Richtung fortliefen. Die drei Drähte waren daher zu betrachten als ein einziger Draht von dreifacher Dicke als der wirklich angewandte.

1057) Andere Elektromagnete ließen sich nach Belieben darstellen durch Einschiebung eines weichen Eisenstabes in einen der (1053 etc.) beschriebenen Schraubendrähte.

1058) Das angewandte Galvanometer war von roher Construction, hatte nämlich nur eine Magnetnadel und war gar nicht sehr empfindlich.

1059) Die zu betrachtenden Wirkungen hängen von dem Leiter ab, der zur Verknüpfung der Zink- und Kupferplatte des Elektrometers angewandt wird. Diesen Leiter habe ich in vier verschiedenen Gestalten angewandt: als Schraubendraht eines Elektro-Magneten (1056), als einen gewöhnlichen Schraubendraht (1053 etc.), als einen langen ausgestreckten Draht, von solcher Gestalt, daß seine Theile keinen Einfluß auf einander ausüben konnten, und als einen kurzen Draht.

1060) Am besten zeigen sich die Wirkungen mit dem Elektro-Magnet (1056). Als derselbe (d. h. der denselben umgebende Kupferdraht. P.) zur Schließung des Elektromotors angewandt wurde, fand bei Vollziehung der Schließung kein merklicher Funke statt; allein bei Aufhebung derselben erschien ein sehr großer und heller Funke mit bedeutender Verbrennung des Quecksilbers. Eben so verhielt es sich mit dem Schlag. Wen die Hände mit Salzwasser benäßt waren, und sie mit den gehaltenen Drähten in guter Berührung standen, konnte beim Schließen des Elektromotors kein Schlag verspürt werden, wohl aber beim Oeffnen ein starker.

[417] 1061) Wenn die Schraube I oder III (1053 etc.) als verbindender Leiter gebraucht ward, erschien auch beim Oeffnen ein guter Funke, beim Schließen aber keiner (kein merkbarer). Der Versuch, mit diesen Schrauben einen Schlag zu bekommen, schlug anfangs fehl. Als ich indeß die Schrauben I und II mit ihren gleichliegenden Enden verknüpfte, so daß sie als eine einzige Schraube mit doppelt so dickem Draht anzusehen waren, konnte ich so eben eine Empfindung erhalten. Bei Anwendung der Schraube mit dickem Draht (1055) erhielt ich jedoch einen unverkennbaren Schlag. Als ich die Zunge zwischen zwei Silberplatten brachte, die durch Drähte mit den Theilen in Gemeinschaft standen, welche die Hände früher berührten (1064), gab es beim Oeffnen einen starken Schlag, beim Schließen keinen.

1062) Das Vermögen, diese Erscheinungen hervorzurufen, ist daher sowohl in der einfachen Schraube als in dem Elektromagnet vorhanden; allein keineswegs in gleichem Grade.

1063) Als ein Stab weichen Eisens in die Schraube gesteckt ward, wurde er ein Elektromagnet (1057), und sogleich wuchs die Kraft der letzteren bedeutend. Die Hineinsteckung einer Kupferstange in die Schraube bewirkte keine Veränderung; die Wirkung war wie bei einer bloßen Schraube. Die beiden Schrauben I und II, zu Einer Schraube von doppelter Länge verbunden, erzeugten eine größere Wirkung als I oder II für sich.

1064) Bei Vertauschung der Schraube mit dem bloßen langen Draht wurden die folgenden Wirkungen erhalten. Ein Kupferdraht, 0,18 Zoll dick und 132 Fuß lang, wurde auf dem Fußboden des Laboratoriums ausgebreitet und als Schließleiter (1059) angewandt; er gab beim Schließen keinen sichtbaren Funken, wohl aber beim Oeffnen einen hellen, jedoch einen nicht so hellen als die Schraube (1061). Beim Bemühen im Moment des Oeffnens einen elektrischen Schlag zu erhalten, [418] gelang es nicht, einen solchen in den Händen fühlbar zu machen; allein als ich zwei Silberplatten, die durch kleine Drähte mit den Enden des Hauptdrahtes verbunden waren, anwandte, und die Zunge zwischen dieselbe brachte, gelang es, in dem Mund einen starken Schlag zu bekommen, und leicht war es auch, eine Butte (flounder), einen Aal oder Frosch in Zuckungen zu versetzen. Keiner dieser Effecte ließ sich direct mit dem Elektromotor erhalten, d. h. wenn Zunge, Frosch oder Fisch auf ähnliche, also vergleichende Weise in die Bahn der Communication zwischen der Zink- und Kupferplatte eingeschaltet wurde, Platten, die sonst überall durch die zur Erregung angewandte Säure getrennt waren. Der helle Funken und der Schlag, die nur beim Oeffnen der Kette erschienen, sind daher Wirkungen gleicher Art mit denen, welche im höheren Grade durch die Schraube und in noch höherem Grade durch den Elektromagneten (d. h. durch den um ihn gewickelten Draht. P.) erzeugt wurden.

1065) Um einen ausgestreckten Draht mit einer Schraube zu vergleichen, wurden die Schraube I, welche 96 Fuß Draht enthielt, und ein eben so langer und dicker Draht, der auf dem Fußboden des Laboratoriums ausgebreitet lag, abwechselnd als Schließleiter angewandt. Die erste gab, im Moment des Oeffnens, einen weit helleren Funken als der letztere. Eben so gab ein 28 Fuß langer Kupferdraht, zu einer Schraube aufgerollt, beim Oeffnen der Kette einen guten Funken; als derselbe Draht darauf aber rasch ausgebreitet und wieder angewandt wurde, gab er einen kleineren Funken als zuvor, wiewohl nichts als seine Schraubenform geändert worden war.

1066) Da die Ueberlegenheit einer Schraube über einen bloßen Draht wichtig ist für die Einsicht in die Erscheinung, so war ich angelegentlich bemüht, diese Thatsache genau fest zu stellen. Zu dem Ende bog ich einen 67 Fuß langen Draht in der Mitte, so daß er doppelte Enden bildete, die mit dem Elektromotor in Gemeinschaft [419] gesetzt werden konnten. Eine dieser Drahthälften wurde zu einer Schraube aufgerollt, die andere blieb ausgestreckt. Als diese nun abwechselnd als Schließleiter angewandt wurden, gab die Schraube bei weitem den stärkeren Funken. Sie gab sogar einen stärkeren Funken als im Fall sie und die ausgestreckte Drahthälfte gemeinschaftlich als doppelter Leiter angewandt wurden.

1067) Wenn ein kurzer Draht angewandt wird, verschwinden alle diese Wirkungen. Ist er nur zwei bis drei Zoll lang, kann schwerlich beim Oeffnen ein Funke erhalten werden. Ist er aber zehn bis zwölf Zoll lang und mäßig dick, so läßt sich leichter ein kleiner Funke bekommen. So wie die Länge wächst, wird der Funke verhältnißmäßig stärker, bis er, wegen übergroßer Länge des Drahts und daraus entspringenden Widerstands gegen die Leitung, wieder schwächer wird.

1068) Die Wirkung der Drahtverlängerung geht aus Folgendem hervor. Ein 114 Fuß langer und Zoll dicker Kupferdraht wurde auf dem Fußboden ausgebreitet und als Schließleiter angewandt; er blieb kalt, gab aber beim Oeffnen der Kette einen hellen Funken. Nachdem er so über Kreuz gelegt worden, daß er mit sich selbst nahe an den Enden in Berührung stand (Being crossed so that the terminations were in contact near the extremities) ward er wieder als Leiter gebraucht, nur zwölf Zoll von ihm waren in den Bogen eingeschlossen. Vermöge der größeren Menge durch ihn gehender Elektricität wurde der Draht sehr heiß, und dennoch war beim Oeffnen der Kette kaum ein Funke sichtbar. Der Versuch wurde mit einem Zoll dicken und 36 Fuß langen Draht wiederholt, aber mit gleichem Erfolg.

1069) Daß die Wirkungen und auch der Vorgang (effects and also the action) bei allen diesen Versuchen einerlei sind, erhellt daraus, daß die ersteren sich von den, welche der kürzeste Draht liefert, bis zu denen des stärksten Elektro-Magneten allmälig steigern lassen. [420] Diese Verfolgung der Vorgänge durch Experiment und Raisonnement von den Resultaten der kräftigsten Apparate an bis zu denen sehr schwacher ist von großem Vortheil für die Ermittlung der wahren Ursachen einer Erscheinung.

1070) Die Wirkung (action) hängt offenbar von dem als Leiter dienenden Drahte ab; denn sie verändert sich, so wie der Draht in seiner Länge oder Anordnung geändert wird. Der kürzeste Draht, kann man annehmen, zeigt vollständig den Funken oder Schlag, welchen der Elektromotor durch seine eigene directe Kraft erzeugt; all die übrige Kraft, welche die beschriebenen Vorrichtungen erregen, entspringt dagegen aus einer entweder dauernden oder vorübergehenden Abänderung (affection) des Stroms in dem Drahte selbst. Indeß soll vollständig nachgewiesen werden (1089. 1100), daß es ein momentaner Effect ist, nur erzeugt in dem Augenblick des Oeffnens der Kette.

1071) So lange der Strom besteht, vom Augenblick nach dem Schließen bis zu dem vor dem Oeffnen der Kette, findet keine Veränderung in der Quantität und Intensität statt, ausgenommen, was davon herrührt, daß ein langer Draht dem Durchgang der Elektricität einen größeren Widerstand leistet als ein kurzer. Um diesen Punkt in Betreff der Quantität zu ermitteln, wurden die Schraube I (1053) und das Galvanometer (1058) gemeinschaftlich als Theile des Schließbogens eines kleinen Elektromotors angewandt und die Ablenkung des Galvanometers beobachtet. Dann wurde ein Stab von weichem Eisen in die Schraube gesteckt, und sobald der momentane Effect vorüber war, die Nadel also stationär geworden, wiederum beobachtet, und dabei gefunden, daß sie noch auf demselben Theilpunkt stand wie zuvor. Die bei Fortdauer des Stroms durch den Draht gehende Quantität war also gleich mit und ohne Anwendung von weichem Eisen.

1072) Daß die Qualität der Intensität des constanten [421] Stroms nicht mit den Umständen variire, welche die besagten eigenthümlichen Resultate begünstigen, so daß sich daraus eine Erklärung dieser Resultate ergäbe, wurde auf folgende Weise ermittelt. Der durch einen Elektromotor erregte Strom wurde durch kurze Drähte geleitet, und seine Intensität dadurch ermittelt, daß man seiner elektrolysirenden Kraft verschiedene Substanzen unterwarf (912. 966 etc.); darauf wurde er durch die Drähte eines starken Elektromagneten (1056) geleitet, wiederum durch dasselbe Mittel auf seine Intensität geprüft, und noch unverändert gefunden. Ueberdieß liefert die Constanz der bei dem obigen Versuch (1071) durchgegangenen Quantität einen ferneren Beweis, daß die Intensität nicht variirt haben konnte. Denn wäre sie durch die Hineinsteckung des weichen Eisens erhöht worden, hätte man allen Grund zu glauben, daß die in einer gegebenen Zeit übergegangene Quantität ebenfalls vermehrt seyn würde.

1073) Thatsache ist, daß bei mannigfaltig abgeänderten Versuchen, der permanente Strom an Kraft verliert, so wie die Wirkungen beim Oeffnen der Kette erhöht werden. Dieß geht aus den vergleichenden Versuchen mit langen und kurzen Drähten (1068) zur Genüge hervor, und zeigt sich noch auffallender durch den folgenden. Man löthe einen dünnen (0,01 Zoll dicken) Platindraht von 1 bis 2 Zoll Länge an das eine Ende des langen Verbindungsdrahts, und auch ein genau eben so langes Stück desselben Platindrahts an das Ende des kurzen Verbindungsdrahts. Um dann die Effecte dieser beiden Verbindungen zu vergleichen, schließe und öffne man die Kette zwischen diesen Platinspitzen und dem Quecksilber in dem Näpfchen oder (1079). Bei Anwendung des kurzen Verbindungsleiters wird der Platindraht, wegen der Menge von Elektricität, durch den constanten Strom in’s Glühen versetzt werden; allein beim Oeffnen der Kette wird schwerlich ein Funke sichtbar seyn; wendet man dagegen den längeren Verbindungsleiter [422] an, welcher durch seinen Widerstand den Strom schwächt, so bleibt das Platin bei dem Durchgang des Stromes kalt, aber dieß giebt einen hellen Funken im Moment da man den Strom unterbricht. So zeigt sich dann das sonderbare Resultat, daß man von dem starken Strom einen schwachen Funken und Schlag, von einem schwachen Strome dagegen starke Wirkungen bekommt. Funke und Schlag im Moment des Oeffnens der Kette, wiewohl hervorgehend aus der großen Intensität und Quantität des Stroms in diesem Moment, sind also keine Anzeiger oder Messer der Intensität oder Quantität des vorher durchgehenden constanten Stroms, durch welchen sie zuletzt erzeugt werden.

1074) Will man den Funken nach seiner relativen Helligkeit als Anzeiger dieser Wirkungen gebrauchen, so ist es sehr wichtig, sich gewisser, mit seiner Erzeugung und seinem Ansehen verknüpften Umstände wohl zu erinnern. Unter einem gewöhnlichen elektrischen Funken versteht man das leuchtende Erscheinen der eine Strecke von Luft oder eine andere schlecht leitende Substanz plötzlich durchdringenden Elektricität. Ein voltascher Funke ist zuweilen von derselben Natur; allein für gewöhnlich entspringt er aus dem Glühen und selbst Verbrennen einer kleinen Portion eines guten Leiters, und dieß ist speciell der Fall, wenn der Elektromotor nur aus einem oder einigen Plattenpaaren besteht. Dieß läßt sich sehr gut beobachten, wenn eine oder beide Metallflächen, die sich berühren sollen, starr und zugespitzt sind. Im Moment, da sie in Berührung kommen, geht der Strom über, er erhitzt, glüht und verbrennt sogar die Berührungspunkte, und die Erscheinung macht sich so, wie wenn der Funke beim Schließen der Kette überspränge, wogegen es nur ein Fall eines, nach vorheriger Schließung, durch den Strom hervorgebrachten Glühens ist, und vollkommen analog dem Glühen eines feinen [423] Platindrahts, welcher die Enden der voltaschen Batterie verbindet.

1075) Wenn Quecksilber zu einer oder beiden Berührungsflächen genommen ist, wird die Helligkeit des Funkens bedeutend verstärkt. Allein da diese Verstärkung von der Einwirkung auf das Metall und wahrscheinlich von der Verbrennung desselben herrührt, so dürfen dergleichen Funken auch nur verglichen werden mit andern aus Quecksilberflächen gezogenen Funken, und nicht mit denen, die man z. B. aus Platin- oder Goldflächen zieht, denn diese sind, bei gleicher Menge von übergegangener Elektricität, weit weniger hell. Es ist selbst nicht unwahrscheinlich, daß die für gewöhnlich eintretende Verbrennung sogar auf die Dauer des Lichtes einwirkt, daß Funken, gezogen aus Quecksilber, Kupfer und anderen brennbaren Körpern, eine merklich längere Dauer haben als diejenigen, welche zwischen Platin und Gold überspringen.

1076) Wenn das Ende eines kurzen sauberen Kupferdrahts, welcher an der einen Platte eines Elektromotors befestigt ist, sorgsam auf die mit der anderen Platte verbundenen Quecksilberfläche herabgelassen wird, so kann man einen fast continuirlichen Funken erhalten. Dieß schreibe ich einer Reihe von Wirkungen folgender Art zu: Zuerst Berührung, – dann Glühen der Berührungspunkte, – Zurückweichen des Quecksilbers als mechanisches Resultat der an der Berührungsstelle entwickelten Hitze und des elektro-magnetischen Zustandes der Theile in diesem Moment[4], – Unterbrechung des Contacts und Erzeugung des davon abhängigen eigenthümlichen starken Effects, – Erneuung des Contacts durch Rückkehr der Oberfläche des undulirenden Quecksilbers, – und dann eine Wiederholung derselben Reihe von Effecten, und zwar mit solcher Schnelligkeit, daß daraus [424] der Anblick einer continuirlichen Entladung hervorgeht. Wenn man statt des kurzen Drahts einen langen Draht oder einen Elektromagnet (d. h. den Draht desselben. P.) anwendet, läßt sich eine ähnliche Erscheinung dadurch hervorbringen, daß man das Quecksilber durch Erschütterungen seines Gefäßes in Schwingungen versetzt; allein die Funken folgen einander nicht so rasch, um den Anschein eines continuirlichen Funken zu erzeugen, weil, wenn ein langer Draht oder ein Elektromagnet gebraucht wird, zur vollen Entwicklung des Stroms (1101. 1106) und zur vollen Aufhörung desselben eine gewisse Zeit erforderlich ist.

1077) Kehren wir indeß zu den in Rede stehenden Erscheinungen zurück. Der erste Gedanke der sich darbietet, ist: daß die Elektricität in dem Drahte mit Etwas, einem Momente oder einer Trägheit Aehnliches circulire, und daß dadurch ein langer Draht in dem Augenblick, da der Strom gehemmt wird, Effecte erzeuge, die ein kurzer Draht nicht hervorbringen kann. Eine solche Erklärung wird jedoch durch die Thatsache niedergeschlagen, daß ein Draht von gleicher Länge die Wirkungen in sehr verschiedenen Graden hervorbringt, je nachdem er einfach ausgestreckt, oder zu einer Schraube aufgerollt, oder um einen Elektromagneten (1069) gewickelt ist. Die (1089) angeführten Versuche werden noch auffallender zeigen, daß die Idee von einem Momente unhaltbar ist.

1078) Der helle Funke an dem Elektromotor und der Schlag in den Armen scheinen mir offenbar von Einem Strom in dem langen Drahte herzurühren, der durch den doppelten Weg, welcher sich ihm durch den Körper und durch den Elektromotor darbietet, in zwei Theile zerfällt. Denn daß der Funke an der Stelle der Trennung zwischen Draht und Elektromotor nicht aus einer directen Einwirkung des letzteren, sondern aus einer unmittelbar in dem Verbindungsdraht ausgeübten Kraft entspringe, [425] scheint mir unzweifelhaft (1070). Daraus folgt, daß man durch Anwendung eines besseren Leiters an der Stelle des menschlichen Körpers hier diesen Extra-Strom gänzlich übergehen lassen, ihn von dem durch unmittelbare Action des Elektromotors erzeugten trennen, und seiner Richtung nach gesondert von jeder Störung von Seiten des ursprünglichen und erzeugenden Stroms untersuchen könne. Diese Folgerung ergab sich als richtig. Denn als die beiden Enden des Hauptdrahts durch einen Querdraht von zwei bis drei Fuß Länge verbunden wurden, dort, wo die Hände den Schlag gefühlt hatten, ging der Extra-Strom ganz diesen neuen Weg, und zugleich wurde an der Trennungsstelle am Elektromotor kein besserer Funke erhalten als mit einem kurzen Draht.

1079) Den so getrennten Strom untersuchte ich mittelst eines Galvanometers und Zersetzungsapparats, die in die Bahn dieses Drahts gebracht wurden. Ich will immer von ihm als vom Strom in dem Querdrahte oder den Querdrähten sprechen, damit hinsichtlich seines Orts oder seines Ursprungs kein Mißverständniß entstehe. In Fig. IV Taf. III stellen und die Zink- und Kupferplatte vor, und die Näpfchen mit Quecksilber, wo der Contact vollzogen oder unterbrochen wird (1052), und die Enden von , dem zur Schließung der Kette angewandten langen Draht, Schraubendraht oder Elektromagnet; und sind die Querdrähte, welche entweder bei in Berührung gebracht, oder mit einem Galvanometer (1058) oder Elektrolysirungsapparat (312. 316) verbunden werden.

Daß von dem Strom in dem Querdraht ein Schlag erzeugt wird, mag ein lang ausgestreckter oder ein schraubenförmig aufgerollter Draht oder ein Elektromagnet seyn, ist bereits beschrieben worden (1064. 1061. 1060).

1080) Der Funke des Querdraht-Stroms ließ sich bei in folgender Weise erhalten. ward zu einem [426] Elektromagneten gemacht, die Metall-Enden bei wurden dicht zusammen gehalten oder leicht gegen einander gerieben, während der Contact bei oder abgebrochen ward. Wenn die Communication bei vollkommen war, erschien bei oder wenig oder gar nichts von einem Funken. War bei der Zustand der Nähe günstig für das verlangte Resultat, so ging daselbst in dem Moment der Trennung ein heller Funke über, während bei und keiner erschien. Dieser Funke war der leuchtende Durchgang des Extra-Stroms durch die Querdrähte. Wenn bei kein Contact oder Uebergang des Stroms vorhanden war, so erschien der Funke bei oder , indem der Extra-Strom seinen Weg durch den Elektromotor selbst erzwang. Dieselben Resultate ergaben sich auch, wenn bei ein Schraubendraht oder statt des Elektromagneten ein ausgestreckter Draht angewandt wurde.

1081) Als bei ein zarter Platindraht eingefügt, und bei der Elektromagnet angewandt wurde, traten, so lange die Kette geschlossen blieb, keine sichtbaren Wirkungen ein. So wie aber bei oder der Contact unterbrochen ward, gerieth der zarte Platindraht augenblicklich in’s Glühen und Schmelzen. Ein langer oder dicker Draht konnte so ajustirt werden, daß er bei jedesmal wenn der Contact bei oder unterbrochen ward, in’s Glühen kam, ohne zu schmelzen.

1082) Mit Drähten oder Schraubendrähten ist es etwas schwierig diese Wirkung zu erhalten, und zwar aus sehr einfachen Gründen. Bei den Schrauben I, II oder III fand, wegen der Länge ihrer Drähte, eine solche Verlangsamung des elektrischen Stroms statt, daß während der Fortdauer des Contacts, an am Querdrähten, in Folge der durch sie gehenden Portion von Elektricität ein Platindraht von 0,02 Zoll Dicke und einem vollen Zoll in Länge glühend erhalten werden konnte. Es ist also unmöglich die besonderen Wirkungen beim [427] Schließen und Oeffnen von dieser unausgesetzten Wirkung zu unterscheiden.

1083) Bei Anwendung der dickdrahtigen Schraube (1055) ergaben sich dieselben Resultate. Ausgehend von der bekannten Thatsache, daß elektrische Ströme von großer Quantität, aber geringer Intensität, wohl fähig sind, dicke Drähte in’s Glühen zu versetzen, nicht aber dünne, gebrauchte ich jedoch bei einen sehr dünnen Platindraht, und verringerte seinen Durchmesser so weit, bis bei und ein Funke erschien, wenn der Contact daselbst unterbrochen ward. Ein ein Viertelzoll langes Stück eines solchen Drahts konnte bei eingeschaltet werden, ohne durch die bei und unterhaltene Berührung in’s Glühen zu kommen; als aber an einer dieser Stellen die Berührung unterbrochen ward, wurde dieser Draht rothglühend. Durch diese Methode ist also erwiesen, daß in diesem Momente ein inducirter Strom entsteht.

1084) Nun wurden chemische Zersetzungen durch den Strom des Querdrahts bewirkt, und zu dem Ende bei ein Elektromagnet, so bei ein Zersetzungsapparat mit Jodkalium-Lösung in Papier angewandt (1079). Die Leitungskraft des Verbindungssystems war hinreichend den primären Strom vollständig fortzuführen, und daher fand, so lange die Berührung bei und unterhalten ward, keine chemische Action bei statt. Allein so wie diese Berührung unterbrochen ward, trat bei sogleich Zersetzung ein. Das Jod erschien am Draht und nicht am Draht , was beweist, daß der bei Unterbrechung des Contacts durch die Querdrähte gehende Strom die umgekehrte Richtung von dem mit einem Pfeil bezeichneten Strom besitzt, d. h. von dem, welchen der Elektromotor durchgesandt haben würde.

1085) Bei diesem Versuch tritt an der Trennungsstelle ein heller Funke auf, was beweist, daß nur ein kleiner Theil des Extra-Stroms bei durch den Apparat [428] geht, wegen der geringeren Leitungskraft des letzteren.

1086) Mit bloßen Schraubendrähten und Drähten fand ich es schwierig chemische Zersetzungen zu erhalten, weil diese Vorrichtungen eine geringe Inductivkraft besitzen, und weil, sobald ein sehr kräftiger Elektromotor angewandt wird (1082), bei ein starker constanter Strom durchgeht.

1087) Die lehrreichste Reihe von Resultaten ergab sich, wenn bei ein Galvanometer eingeschaltet wurde. Als bei ein Elektromagnet angewandt und der Contact (bei und ) unterhalten wurde, zeigte die Ablenkung der Magnetnadel einen von nach , also in Richtung des Pfeiles gehenden Strom an; der Querdraht diente dabei zur Leitung eines Theils der durch den Elektromotor erregten Elektricität und die Vorrichtung , wie es der Pfeil anzeigt, zur Leitung des andern und bei weitem größeren Theils. Nun wurde die Nadel, mittelst Stifte, die an die entgegengesetzten Seiten seiner beiden Enden gehalten wurden, in ihre natürliche Lage, in die, welche sie ohne Einwirkung eines Stroms einnahm, zurückgeführt, und darauf die Berührung bei oder unterbrochen; sogleich wich sie stark nach der entgegengesetzten Seite ab, und bewieß so, in Uebereinstimmung mit den chemischen Wirkungen (1084), daß der Extra-Strom in den Querdrähten eine umgekehrte Richtung hatte als durch den Pfeil angegeben ist, d. h. als der durch die directe Action des Elektromotors erzeugte Strom[5].

1088) Mit dem bloßen Schraubendraht würden sich diese Wirkungen schwerlich erhalten lassen, weil dieser [429] eine geringere vertheilende Kraft besitzt, weil der Galvanometerdraht selbst durch Vertheilung entgegengesetzt wirkt, und wegen anderen Ursachen. Bei dem bloß ausgestreckten Draht haben alle diese Umstände einen noch größeren Einfluß, und daher giebt derselbe noch weniger Aussicht auf einen Erfolg.

1089) Diese Versuche, welche in der Quantität, Intensität und selbst Richtung einen Unterschied zwischen den primären oder erzeugenden Strom und den Gegenstrom (Extra-current) festsetzen, ließen mich schließen, daß der letztere identisch war mit dem in der ersten Reihe dieser Untersuchungen (6. 26)[6] beschriebenen inducirten Strom; und bald war ich im Stande diese Ansicht zu erweisen, und zugleich die beiden Ströme nicht theilweis, sondern gänzlich von einander zu trennen.

1090) Die doppelte Schraube (1053) wurde so vorgerichtet, daß I den Verbindungsdraht zwischen den Platten des Elektromotors abgab, II aber außerhalb des Stroms sich befand und mit seinen Enden frei war. Bei dieser Anordnung gab I zur Zeit und am Ort der Trennung (von dem Elektromotor. P.) einen guten Funken. Nun verknüpfte ich die Enden von II mit einander, so daß ein geschlossener Draht gebildet wurde, ließ aber I unverändert. Allein nun konnte mit letzteren am Trennungsort kein oder ein kaum sichtbarer Funke erhalten werden. Jetzt wurden die Enden von II bloß so dicht an einander gehalten, daß wenn ein Strom diesen Draht entlang lief, er als Funke erscheinen mußte, und auf diese Weise wurde aus II ein Funke erhalten, wenn die Verbindung von I mit dem Elektromotor unterbrochen ward, statt daß er früher (als die Enden von II einander nicht so nahe gebracht waren. P.) an dem abgehobenen Ende von I selbst erschien.

1091) Nach Einschaltung eines Galvanometers oder Zersetzungsapparats in den von der Schraube II gebildeten [430] Kreises konnte ich durch den inducirten Strom, welcher bei Unterbrechung des Contacts der Schraube I mit dem Elektromotor entstand, und selbst durch den, welcher bei Herstellung dieses Contacts erregt ward, leicht Ablenkungen oder Zersetzungen erhalten, und in beiden Fällen zeigten die Resultate bei den beiden so erzeugten inducirten Strömen entgegengesetzte Richtungen an (26).

1092) Alle diese Erscheinungen, mit Ausnahme der Zersetzungen, ließen sich auch mit zwei langen ausgestreckten Drähten erhalten, die nicht die Gestalt von Schrauben besaßen, aber dicht neben einander lagen. Und so ergab sich, daß der Extra-Strom sich aus dem Draht, der den ursprünglichen Strom leitete, auf den benachbarten Draht übertragen, und zugleich, sowohl in Richtung wie in jeder anderen Hinsicht, identificiren lasse mit den durch Induction erregbaren Strömen (1089). Mit dem Funken und dem Schlag bei Unterbrechung des Contacts verhält es sich demnach so: Wenn ein Strom durch einen Draht geleitet wird, und ein anderer Draht, der einen geschlossenen Kreis bildet, befindet sich dem ersten parallel gelegt, so wird, im Moment da im ersten Draht der Strom unterbrochen wird, in dem zweiten Draht ein Strom in gleicher Richtung erregt, und der erste zeigt alsdann nur einen schwachen Funken; allein, wenn der zweite Draht fortgenommen wird, veranlaßt die Abtrennung des ersten Drahts (von dem Elektromotor. P.) in diesem Drahte selbst einen Strom in gleicher Richtung, der einen starken Funken erzeugt. Der starke Funke aus dem einfachen langen Draht oder dem Schraubendraht im Moment der Abtrennung (von dem Elektromotor P.) ist daher das Aequivalent des Stroms, welcher in einem benachbarten Draht erzeugt seyn würde, wenn ein solcher zweiter Strom gestattet wäre.

1093) Betrachtet man die Erscheinungen als die Resultate der Vertheilung elektrischer Ströme, so wird Manches [431] bei den früheren Versuchen weit deutlicher, so z. B. die Verschiedenheit der Wirkungen kurzer und langer Drähte, Schraubendrähte und Elektromagnete (1069). Beobachtet man die vertheilende Wirkung, welche ein fußlanger Draht auf einen daneben liegenden Draht von ebenfalls der Länge eines Fußes ausübt, so findet man sie sehr gering; leitet man aber denselben Strom durch einen Draht von funfzig Fuß Länge, so erregt er, im Moment da mit ihm der Elektromotor geschlossen oder geöffnet wird, in einem benachbarten Draht von funfzig Fuß Länge einen weit kräftigeren Strom, und jede Verlängerung des Drahts erhöht die Summe der Wirkung. Aus denselben Gründen (by parity of reasoning) würde eine ähnliche Wirkung eintreten, wenn der leitende Draht zugleich der ist, in welchem der inducirte Strom gebildet wird. Dieß ist der Grund (hence the reason) warum ein langer Draht beim Oeffnen der Kette einen helleren Funken giebt als ein kurzer (1068), wiewohl er weit weniger Elektricität leitet.

1094) Wenn ein langer Draht zu einer Schraube aufgerollt wird, so ist er, beim Oeffnen der Kette, noch wirksamer in Hervorbringung von Funken und Schlägen: denn durch die vertheilende Einwirkung der Windungen auf einander verstärkt eine jede die benachbarte und wird von ihr verstärkt, wodurch dann die Summe der Wirkung sehr erhöht wird.

1095) Durch einen Elektromagneten wird die Wirkung noch weit mehr verstärkt, weil das durch die Kraft des continuirlichen Stroms magnetisirte Eisen seinen Magnetismus in dem Momente der Aufhörung des Stroms verliert, und, wenn dieß geschieht, in dem um ihn geschlungenen Draht einen elektrischen Strom zu erregen trachtet (37. 38), übereinstimmend mit demjenigen, welchen die Aufhörung des Stroms in dem Schraubendraht in diesem selbst ebenfalls hervorzurufen sucht.

1096) Durch Anwendung der früherhin (6. etc.) aufgestellten [432] Gesetze der Vertheilung elektrischer Ströme lassen sich verschiedene Versuche erdenken, deren Resultate als Beweise für die Richtigkeit der eben gegebenen Ansichten dienen können. Wenn so z. B. ein langer Draht von der Mitte aus zusammengeschlagen wird, so daß der Strom in den beiden Hälften entgegengesetzte Wirkung ausüben muß, so darf er bei Oeffnung der Kette keinen merkbaren Funken geben, und dieß ist wirklich der Fall, denn ein mit Seide besponnener Draht von 40 Fuß Länge, von der Mitte aus zusammengeschlagen, und bis vier Zoll von den Enden dicht zusammengebunden, gab in diesem Zustand kaum einen wahrnehmbaren Funken; als derselbe Draht aber aus einander gebreitet wurde, gab er einen sehr guten Funken. Als die beiden Schrauben I und II an einer Seite mit ihren Enden verknüpft, und darauf die beiden andern Enden zur Schließung des Elektromotors gebraucht wurden, so daß beide Schrauben eine einzige lange Schraube bildeten, deren Hälften entgegengesetzte Richtungen hatten, – erhielt ich kaum einen wahrnehmbaren Funken, selbst wenn ein Stab von weichem Eisen in die Schraube gelegt worden, die doch beinahe 200 Fuß Draht enthielt. Wurden dagegen die beiden Schrauben in übereinstimmender Richtung zu einer einzigen Schraube verbunden, so gab diese einen sehr hellen Funken.

1097) Aehnliche Beweise lassen sich aus der gegenseitigen Einwirkung zweier getrennten Ströme (1110) herleiten; und es ist wichtig für die allgemeinen Principien, die übereinstimmende Wirkung zweier solcher Ströme nachzuweisen. Gehen zwei Ströme in gleicher Richtung und werden sie gleichzeitig unterbrochen, so verstärken sie einander durch ihren gegenseitigen Einfluß; gehen sie aber in entgegengesetzten Richtungen, so schwächen sie einander unter denselben Umständen. Ich bemühte mich zunächst zwei Ströme aus zwei verschiedenen Elektromotoren durch die beiden Schrauben I und II zu leiten, [433] und eine gleichzeitige Oeffnung beider Ketten mechanisch zu bewerkstelligen; allein dieß gelang nicht, denn immer ward die eine Kette etwas früher als die andere geöffnet, und dann gab sie wenig oder gar nichts von einem Funken, indem die vertheilende Kraft des geöffneten Kreises zu Erregung eines Stroms in dem geschlossen gebliebenen (1090) verwandt wurde; der Strom, welcher zuletzt unterbrochen ward, gab immer einen hellen Funken. Wenn es je von Nutzen seyn sollte, auszumitteln, ob die Oeffnung zweier voltaschen Ketten genau zu gleicher Zeit geschieht, so würden diese Funken einen Beweis dafür liefern, der fast einen unendlichen Grad von Vollkommenheit besitzt.

1098) Diese Punkte vermochte ich auch noch auf einem andern Wege zu erweisen. Ich nahm zwei kurze dicke Drähte zur Vollziehung oder Unterbrechung des Contacts mit dem Elektromotor. Die zusammengesetzte Schraube, bestehend aus I und II (1053), ward so ajustirt, daß die Enden dieser beiden Schrauben mit den beiden dicken Drähten verbunden werden konnten, und zwar so, daß der Strom sich in den beiden Schraubendrähten in zwei gleiche Theile theilte, und diese beiden Theile, je nach der Verknüpfungsart, in gleicher oder entgegengesetzter Richtung gehen mußten. Auf diese Weise wurden zwei Ströme erhalten, welche gleichzeitig unterbrochen werden konnten, weil die Unterbrechung in oder durch Abhebung eines einzigen Drahts vollzogen werden konnte. Hatten die beiden Schrauben entgegengesetzte Richtungen, so war an der Trennungsstelle kaum ein Funke sichtbar; hatten sie aber gleiche Richtung, so erschien daselbst ein sehr heller.

1099) Nun wurde beständig die Schraube I gebraucht, zuweilen verknüpft mit der Schraube II in übereinstimmender Richtung, zuweilen mit der Schraube III, welche in kleinem Abstande daneben gelegt ward. Die Verknüpfung von I und II, welche zwei, vermöge ihrer Nähe, [434] vertheilend auf einander einwirkende Ströme darbot, gab einen helleren Funken als die Verknüpfung von I und III, wo die beiden Ströme ihren wechselseitigen Einfluß nicht ausüben konnten; allein der Unterschied war nicht so groß als ich erwartet hatte.

1100) So beweisen denn alle Erscheinungen, daß die Wirkungen von einer Vertheilung herrühren, die im Augenblick der Hemmung des Hauptstromes eintritt. Einmal glaubte ich, sie entsprängen aus einer anhaltenden Wirkung während der Fortdauer des Stroms, und erwartete, daß ein Stahlmagnet, in gehöriger Lage in einen Schraubendraht gebracht, einen ähnlichen Einfluß wie das weiche Eisen ausüben und also die Wirkung verstärken würde. Allein dieß ist nicht der Fall, denn harter Stahl oder ein Magnet, in den Schraubendraht gebracht, ist nicht so wirksam als weiches Eisen, noch macht es einen Unterschied, wie der Magnet in den Schraubendraht gelegt wird. Die Gründe hievon sind einfach die, daß die Wirkung nicht von einem permanenten Zustand des (eisernen oder stählernen. P.) Kerns (core), sondern von einer Veränderung seines Zustands abhängt, und daß der Magnet oder harte Stahl seinen Zustand im Moment der Aufhebung des Contacts nicht so rasch wie weiches Eisen verändern kann; daher ist es denn auch in der Hervorrufung eines Elektricitätsstroms durch Vertheilung nicht so wirksam wie dieses[7].




1101) Da ein elektrischer Strom im Momente seines Beginns mit gleicher Stärke vertheilend wirkt, wie im Momente seines Aufhörens (10. 26) nur in entgegengesetzter Richtung, so mußte die Herleitung der in Rede stehenden Erscheinungen von einer vertheilenden Wirkung zu der Folgerung führen, daß entsprechende, aber [435] entgegengesetzte Wirkungen in einem langen Draht, in einem Schraubendraht oder Elektromagneten eintreten werden, jedesmal wenn die Berührung mit dem Elektromotor vollzogen wird. Diese Wirkungen werden im ersten Augenblick in einem langen Leiter einen Widerstand, und dadurch ein dem Umgekehrten von einem Schlag oder Funken äquivalentes Resultat hervorzubringen suchen. Nun ist es zwar sehr schwierig, Mittel zu ersinnen, die zur Erkennung solcher negativen Resultate geschickt wären; allein da es wahrscheinlich ist, daß zugleich irgend eine positive Wirkung hervorgebracht wird, sobald wir wissen was zu erwarten steht, so glaube ich, die neuen Thatsachen, welche auf diesen Gegenstand zielen, werden der Erwähnung werth seyn.

1102) Die zuvor (1084) beschriebene Vorrichtung mit einem Elektromagnet und einem Zersetzungsapparat bei wurde wieder angewandt, ausgenommen, daß die Intensität der chemischen Action des Elektromotors so verstärkt wurde, bis der elektrische Strom, bei Unterhaltung des Contacts in und (1079) gerade im Stande war die schwächsten Anzeigen einer Zersetzung zu geben (Jod erschien dann am Ende des Querdrahts P.). Der Draht war auch bei von getrennt, so daß daselbst der Contact nach Gefallen vollzogen oder abgebrochen werden konnte. Unter diesen Umständen wurde die folgende Reihe von Operationen mehrmals wiederholt; der Contact wurde bei unterbrochen, dann bei unterbrochen, dann bei wieder hergestellt und zuletzt auch bei erneut. So wurde jeder durch Unterbrechung des Contacts herrührende Strom von nach hin verhütet; allein jede aus der Vollziehung des Contacts entspringende Verstärkung des Stroms von nach hin konnte beobachtet werden. Auf diese Weise ergab sich, daß durch wenige Vollziehungen des Contacts eine weit stärkere Zersetzung (Entwicklung von Jod an [436] P.) erhalten werden konnte, als in weit längerer Zeit durch einen bei Fortdauer des Contacts übergehenden Strom. Dieß schreibe ich dem Act der Vertheilung in dem Draht zu, wodurch im Momente des Contacts dieser Draht zu einem schlechten Leiter ward, oder vielmehr der Durchgang der Elektricität durch denselben für einen Augenblick eine Verzögerung erlitt, so daß eine größere Menge von der vom Elektromotor erzeugten Elektricität seinen Durchgang durch den Querdraht nahm. Im Augenblick da die Vertheilung aufhörte, bekam wieder seine volle Kraft zur Leitung eines elektrischen Stroms, und diese Kraft mußte, wie wir aus den früheren (1060) Versuchen wissen, sehr verstärkt werden durch die entgegengesetzte Vertheilungswirkung, welche im Momente der Unterbrechung des Contacts bei oder in Thätigkeit gesetzt ward.

1103) Es wurde nun bei ein Galvanometer eingeschaltet, und, während der Contact bei und unterhalten ward, die Ablenkung der Nadel aufgezeichnet. Die Nadel ward dann, wie früher, nach der einen Richtung hin gehemmt (1087), so daß sie bei Aufhörung des Stroms nicht zurückkehren konnte, sondern in der Lage bleiben mußte, welche ihr der Strom gegeben hatte. Bei Unterbrechung des Contacts bei oder war natürlich keine Wirkung sichtbar; jetzt ward er wieder hergestellt, und augenblicklich wich die Nadel von den Hemmstiften ab, so daß sie also noch weiter aus ihrer natürlichen Lage abgelenkt ward als es durch den constanten Strom geschehen war. Durch diesen temporären Ueberschuß des Stroms in der Querleitung war also die temporäre Verzögerung in dem Bogen nachgewiesen.

1104) Als bei (1081) ein so ajustirter Platindraht angebracht wurde, daß er durch den Strom, welcher bei Unterhaltung des Contacts in und durch ihn ging, nicht in’s Glühen gerieth, wohl aber durch einen etwas stärkeren Strom, war ich leicht im Stande dieses [437] Glühen durch Vollziehung sowohl wie durch Aufhebung des Contacts hervorzubringen. So war denn die momentane Verzögerung in bei Vollziehung des Contacts so gut wie das entgegengesetzte Resultat bei Aufhebung des Contacts hiedurch erwiesen. Das zweimalige Glühen des Drahts bei wurde also erzeugt durch elektrische Ströme, die in entgegengesetzten Richtungen wanderten.

1105) Bei Anwendung des bloßen Schraubendrahts konnte ich, durch den Extra-Strom bei Vollziehung des Contacts, keine deutlichen Ablenkungen bei erhalten, aus Gründen, die bereits erwähnt wurden (1088). Als daselbst ein sehr dünner Platindraht angewandt wurde (1083) gelang es, durch Vollziehung des Contacts, denselben in’s Glühen zu versetzen; allein bei weitem nicht in dem Grade wie mittelst des Elektro-Magneten (1104).

1106) Der Effect bei Vollziehung des Contacts läßt sich auch erkennen und abschätzen, wenn man die Vertheilungskraft aus dem Draht, welcher den ursprünglichen Strom leitet, in einen Seitendraht überführt, wie in den beschriebenen Fällen (1090), und wir erlangen dabei sowohl durch chemische als durch galvanometrische Resultate (1091) die Gewißheit, daß die bei Vollziehung und Aufhebung des Contacts entstehenden Kräfte, wie Action und Reaction, einander an Stärke gleich, in Richtung aber entgegengesetzt sind. Wenn daher der Effect bei Vollziehung des Contacts auf eine bloße Schwächung (Retardation) des Stroms im ersten Moment seiner Existenz zurückkommt, so muß er, seiner Stärke nach, äquivalent seyn der großen Verstärkung (Exaltation), die derselbe Strom im Moment der Unterbrechung des Contacts erfährt.

1107) Der Vorgang unter obigen Umständen besteht also darin, daß die Intensität und Quantität der sich in einem Strom bewegenden Elektricität zu Anfange und bei Verstärkung des Stromes kleiner, bei Aufhebung oder [438] bei Schwächung größer sind als sie seyn würden, wenn die in diesen Momenten eintretende Vertheilungswirkung nicht stattgefunden hätte, oder wie sie in dem Draht des ursprünglichen Stromes sind, wenn die vertheilende Wirkung aus diesem Draht in einen benachbarten übergeführt wird (1090).

1108) Aus der Leichtigkeit der Ueberführung in benachbarte Drähte und aus den Effecten überhaupt, scheint es, als seyen die vertheilenden Kräfte lateral, d. h. als wirken sie in senkrechter Richtung gegen den ursprünglichen und den erzeugten Strom; auch scheinen sie genau durch die magnetischen Curven dargestellt zu werden, und in innigem Zusammenhange mit den magnetischen Kräften zu stehen, wenn nicht mit ihnen identisch zu seyn.

1109) Ganz ohne Zweifel wirkt der in einem Theile eines Drahts vorhandene Strom durch Vertheilung auf andere Theile desselben Drahts, die dem ersteren zur Seite, d. h. mit ihm in einem Querschnitt liegen, oder mehr oder weniger schief gegen ihn sind (1112), gerade so wie ein Strom einen anderen in einem benachbarten Draht hervorzubringen vermag. Dieß giebt dann zu dem Schein einer Rückwirkung des Stroms auf sich selbst Veranlassung; allein alle Versuche und Analogien neigen dahin zu zeigen, daß die Elemente (wenn ich so sagen darf) der Ströme nicht auf sich selbst einwirken, und dadurch die in Rede stehende Wirkung hervorbringen, sondern dieselben erzeugen, indem sie in einer leitenden Substanz, die ihnen zur Seite liegt, Ströme erregen.

1110) Es wäre möglich, daß einige der von mir gebrauchten Ausdrücke scheinbar die Meinung einschließen, als sey die vertheilende Wirkung nichts anderes als (essentially) die Wirkung eines Stroms auf einen anderen, und die von einem Elemente eines Stromes auf ein anderes Element desselben Stroms. Um eine solche Folgerung zu verhüten, muß ich meine Meinung deutlicher [439] ausdrücken. Nehmen wir einen geschlossenen (endless) Draht, so haben wir die Mittel, in demselben einen Strom zu erzeugen, welcher in dem Kreise circulirt, ohne die vorher im Draht befindliche Elektricität zu vermehren. So weit wir zu beurtheilen vermögen, ist die Elektricität, welche als Strom erscheint, dieselbe, welche zuvor im Drahte ruhend war; und wiewohl wir bis jetzt nicht im Stande sind, den wesentlichen Unterschied im Zustands der Elektricität zu beiden Zeiten anzugeben, so können wir doch leicht diese beiden Zustände erkennen. Wenn nun ein Strom durch Vertheilung auf eine zur Seite liegende leitende Substanz einwirkt, so wirkt er wahrscheinlich auf die in dieser leitenden Substanz befindliche Elektricität, diese mag strömen oder ruhen; im ersten Fall wird er den Strom, je nach seiner Richtung, verstärken oder schwächen, im letzteren aber einen Strom erregen, und der Betrag der vertheilenden Wirkung ist wahrscheinlich in beiden Fällen derselbe. Nach dem eingeschränkten Sinne, welchen man gegenwärtig mit dem Worte Strom verknüpft (283. 517. 667), würde es daher ein Irrthum seyn, wenn man sagte, die Vertheilungswirkung beruhe auf der gegenseitigen Beziehung zweier oder mehrer Ströme.

1111) Mehre der Wirkungen, wie z. B. die bei Schraubendrähten (1066), bei gleich oder entgegengesetzt laufenden Strömen (1097. 1098) und die bei Erzeugung von Seitenströmen (1090) schienen anzudeuten, daß ein Strom leichter in einem benachbarten Draht einen Vertheilungseffect hervorbringen könne als in seinem eigenen Drahte, und es stand daher zu erwarten, daß einige abweichende Resultate erhalten werden würden, wenn man statt eines einfachen Drahts ein Bündel Drähte als Leiter anwendete. Demzufolge wurden nachstehende Versuche angestellt. Ein Kupferdraht von Zoll Dicke wurde in mehre 5 Fuß lange Stücke zerschnitten; sechs derselben wurden neben einander liegend zu einem Bündel [440] vereinigt und mit ihren Enden an zwei dickere Kupferdrähte gelöthet. Wenn diese Vorrichtung als Entladungsdraht gebraucht wurde, theilte sich der Hauptstrom in sechs Arme, die entweder parallel dicht neben einander liefen, oder durch Ausbreitung der Drähte mehr oder weniger ihrem wechselseitigen Einfluß entrückt werden konnten. Wenn die sechs Drähte dicht zusammen lagen, schien mir bei Unterbrechung des Contacts der Funke etwas heller zu seyn, als im Fall sie aus einander gehalten wurden.

1112) Ein anderes Bündel, zwanzig solcher Drähte enthaltend, war 18 Fuß lang, und seine Enddrähte hielten 0,2 Zoll Dicke und sechs Zoll Länge. Dieses Bündel wurde verglichen mit einem 19 Fuß langen Kupferdraht von 0,2 Dicke. Bei Aufhebung des Contacts gab das Bündel, selbst wenn seine Stränge durch einen Faden dicht zusammengeschnürt wurden, einen kleineren Funken als der einfache Draht; und noch kleiner war der Funke, wenn die Stränge des Bündels aus einander gebreitet wurden. Im Ganzen entsprach indeß die Verringerung des Effects nicht meiner Erwartung, und ich bezweifle, ob die Resultate irgend einen Beweis von der Wahrheit der obigen Voraussetzung ablegen.

1113) Die vertheilende Kraft, durch welche zwei Elemente Eines Stroms (1109. 1110) auf einander wirken, scheint in dem Maaße abzunehmen als die Verbindungslinie zwischen ihnen schiefer wird gegen die Richtung des Stroms, und endlich ganz zu verschwinden, wenn sie ihr parallel ist. Aus einigen Resultaten vermuthe ich, daß sie dann sogar in die von Hrn. Ampère[8] beobachtete Abstoßungskraft übergeht, welche auch die Ursache der von Sir Humphry Davy[9] beschriebenen Erhebung des Quecksilbers ist, und vermuthlich direct mit der Qualität der Intensität zusammenhängt.

[441] 1114) Ungeachtet die Effecte nur bei Vollziehung und Aufhebung des Contacts zum Vorschein kommen (der Strom anscheinend in der Zwischenzeit unergriffen bleibt), so kann ich mich doch des Gedankens nicht erwehren, daß durch die Seitenwirkung der Elemente des elektrischen Stroms, während der Zeit seiner Fortdauer, irgend ein verwandter und entsprechender Effect ausgeübt werde (60. 242). Eine Wirkung dieser Art ist wirklich in den magnetischen Beziehungen der Theile des Stromes sichtbar. Nehmen wir indeß an (wie wir es für diesen Augenblick thun wollen), daß die magnetischen Kräfte es seyen, welche so auffallende und abweichende Resultate zu Anfange und zu Ende eines Stroms erzeugen, so scheint doch, als fehle noch ein bisher unerkanntes Glied in der Kette von Effecten, ein Rad in dem physischen Mechanismus der Wirkung. Betrachtet man Elektricität und Magnetismus als die Resultate zweier, in bestimmten Richtungen senkrecht gegen einander ausgeübten Kräfte eines physischen Wesens oder eines besonderen Zustands der Materie, so scheint mir muß man auch annehmen, diese beiden Zustände oder Kräfte seyen bis zu geringerem oder größerem Grade in einander umwandelbar, d. h. ein Element eines elektrischen Stroms habe nicht eine bestimmte elektrische Kraft und eine bestimmte magnetische Kraft, die beständig in einem und demselben Verhältniß vorhanden seyen, sondern diese beiden Kräfte seyen durch einen uns bis jetzt unbekannten Proceß oder Zustandswechsel in einander unwandelbar. Wie könnte sonst ein Strom von gegebener Intensität und Quantität im Stande seyn, durch seine directe Einwirkung einen Zustand zu unterhalten, welcher, wenn man ihn zu reagiren erlaubt (bei Aufhebung des ursprünglichen Zustands), einen zweiten Strom erregt, der eine weit größere Intensität und Quantität als der erzeugende besitzt? Dieß kann nicht aus einer directen Reaction der elektrischen Kraft entspringen; und wenn es aus einer [442] Verwandlung der elektrischen Kraft in eine magnetische und eine Rückverwandlung dieser in jene entspränge, so würde dieß zeigen, daß sie in mehr als bloß der Richtung verschieden seyen, rücksichtlich desjenigen Agens in dem Leitungsdraht, welches ihre unmittelbare Ursache ausmacht.

1115) Was den intermediären und indifferenten Zustand betrifft, durch den die, bei Vollziehung und Aufhebung des Contacts erfolgenden Effecte getrennt werden, so ist diese Trennung wahrscheinlich mehr scheinbar als wirklich. Geschieht die Leitung der Elektricität durch Vibrationen, oder durch einen andern Vorgang, bei welchem entgegengesetzte Kräfte successiv und rasch erregt und vernichtet werden, so läßt sich erwarten, daß zu Anfange und zu Ende der Zeit, während welcher die Leitung fortbesteht, eigenthümliche und entgegengesetzte Kraftentwicklungen stattfinden (einigermaßen analog den Farben an den Gränzen eines unvollkommen entwickelten Sonnenspectrums); und die intermediären Actionen, wiewohl sie auf demselben Wege nicht sichtbar sind, mögen das Eigentlichste der Leitung ausmachen. Dergleichen Ansichten und Schlüsse, welche mir scheinen mit den Fundamental-Gesetzen und -Thatsachen der Elektricitätslehre im Zusammenhange zu stehen, hatten mich veranlaßt, ausführlicher, als ich es sonst gethan hätte, in eine experimentelle Prüfung der in diesem Aufsatz beschriebenen Erscheinungen einzugehen.

1116) Ehe ich schließe muß ich noch bemerken, daß eine voltasche Batterie von 50 Plattenpaaren Resultate von genau derselben Art gab, wie eine einfache Kette (1052). Der Funke beim Schließen der Batterie war aus zuvor angegebenen Gründen sehr klein (1101. 1107), der beim Oeffnen aber sehr glänzend und schön. Die continuirliche Entladung schien im Charakter nicht geändert zu werden, es mochte ein kurzer Draht oder ein [443] kräftiger Elektromagnet (d. h. dessen Draht. P.) als verbindender Entlader angewandt werden.

1117) Die zu Anfange und Ende eines Stroms erzeugten Effecte (welche, wenn dieser Strom von einem voltaschen Apparat geliefert wird, durch eine Zwischenzeit getrennt sind) müssen gleichzeitig eintreten, wenn eine gewöhnliche elektrische Entladung durch einen langen Draht geleitet wird. Ob sie, wenn sie genau gleichzeitig geschehen, einander neutralisiren, oder ob sie der Entladung doch keine bestimmte Eigenthümlichkeit verleihen, bleibt noch zu untersuchen[10]. Allein es ist sehr wahrscheinlich, daß das Eigenthümliche und Stechende der aus einem langen Draht gezogenen Funken zum Theil beruht auf der erhöhten Intensität, welche an den Enden des Entladers durch die daselbst stattfindende Vertheilungswirkung erzeugt wird.

1118) In dem Schraubendraht der magneto-elektrischen Maschine (z. B. der schönen des Hrn. Saxton)[11] zeigt sich der wichtige Einfluß der obigen Principien. Vermöge der Construction des Apparats muß der elektrische Strom in dem ersten Augenblicke seiner Bildung einen geschlossenen Metallbogen von großer Länge durchwandern; er nimmt allmälig an Stärke zu und wird dann plötzlich durch Oeffnung des Metallbogens unterbrochen; so erhält dann die in diesem Momente überspringende Elektricität durch Vertheilung eine große Intensität (1064. 1060). Diese Intensität zeigt sich nicht nur durch den Glanz der Funken und die Stärke der Schläge, sondern auch durch die erfahrungsmäßig erprobte Nothwendigkeit einer guten Isolirung der Windungen des Drahts, in welchem [444] der Strom gebildet wird; sie giebt dem Strom eine Stärke, welche der Apparat ohne Benutzung des Princips, welches den Gegenstand dieses Aufsatzes ausmacht, bei weitem nicht erreichen würde.

Royal Institution, 8. Dec. 1834.


  1. Mitgetheilt in diesen Annalen, Bd. XXXIV S. 292.
  2. Diese Annalen, Bd. XXV S. 91.
  3. Kürze halber ist das Wort Helix hier meistens durch Schraube wieder gegeben.
    P.
  4. Quarterly Journal of Science, Vol. XII p. 420.
  5. Es ward durch Versuche ausgemittelt, daß, wenn ein starker Strom bloß durch das Galvanometer geleitet und die Nadel auf obige Art in ihre natürliche Lage zurückgeführt wurde, bei Aufhebung des Stroms keine Vibration der Nadel in entgegengesetzter Richtung stattfand.
  6. Annalen, Bd. XXV S. 92 und 98.
  7. Bei Bewegung würde aber natürlich der Stahlmagnet wie weiches Eisen wirken.
    P.
  8. Recueil d’observations életrodynamique, p. 285.
  9. Philosoph. Transact. 1823, p. 155.
  10. In dieser Hinsicht sind wohl die merkwürdigen und zu ihrer Zeit so wenig gewürdigten Versuche des Hrn. Savary (Annal. Bd. IX S. 443 und Bd. X S. 73) wieder vorzunehmen und durchzusehen.
    P.
  11. Annal. Bd. XXXIV S. 502.
    P.