Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Neue Wärmflaschen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 72
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[72] Neue Wärmflaschen. Bevor wir unseren Lesern von einer vor Kurzem erdachten und durchgeführten Reform der altbekannten Wärmflaschen und anderer ähnlicher Wärmapparate berichten, möchten wir ihnen der Verständlichkeit halber zunächst ein Capitel aus der Naturlehre in’s Gedächtniß zurückrufen.

Bekanntlich verbrauchen feste Körper, wenn sie in flüssige Form verwandelt werden, eine gewisse Wärmemenge, welche sie ihrer Umgebung entziehen. So kühlt z. B. Eis, während es schmilzt, die dasselbe umgebende Luft ab. Aber das aus dem Eise entstandene Wasser besitzt zunächst nur die Gefriertemperatur, das heißt 0° Wärme. Der schmelzende Körper hat also in diesem Falle eine gewisse Wärmemenge in sich aufgenommen, ohne selbst, im gewöhnlichen Sinne des Wortes, wärmer geworden zu sein und nur mit Hülfe derselben seinen Aggregatzustand verändert: er ist aus einem festen ein tropfbar-flüssiger geworden. Die Wärme aber, die er verschlungen hat, ist nicht verloren gegangen, sondern bleibt in dem Körper gebunden, und sobald derselbe aus dem flüssigen in den festen Zustand übergeht, strahlt er diese Wärme wieder aus.

Dieses Naturgesetz bildet nun die Grundlage einer neuen Erfindung, nach welcher die Wärmfähigkeit unserer Wärmflaschen bei ihrer Anwendung im Haushalte, in den Eisenbahncoupés etc. bedeutend erhöht wird. Bis jetzt wurden diese Wärmapparate mit erhitztem Wasser oder Sande gefüllt. Im vorigen Jahre aber schlug der französische Ingenieur Ancelin vor, zur Füllung derselben essigsaures Natron zu verwenden, ein Salz, welches schon bei 59° C. schmilzt. Der Vortheil dieser Neuerung liegt nach dem Obengesagten klar auf der Hand.

Füllt man eine Wärmflasche mit diesem Salze an und erhitzt dieselbe in der Weise, wie man es mit der Wasserwärmflasche thut, so wird das essigsaure Natron mehr Wärme ausstrahlen, als dies unter gleichen Umständen dieselbe Menge Wasser vermöchte; denn während das Salz beim Erkalten allmählich fest wird, giebt es auch die in ihm gebundene Wärme an seine kältere Umgebung ab.

Man hat nun dieses Verhalten des essigsauren Natrons im Vergleich zum Wasser praktisch geprüft und ist zu folgendem Ergebniß gelangt: Eine Wärmflasche [von 1 Liter In]halt wurde mit Wasser gefüllt und auf 80° C. er[hitzt. Hierauf maß m]an genau die Menge der von ihr ausgestrahlten [Wärme: sie betrug 440] Calorien.[1]

Dieselbe Wärm[flasche lieferte aber, na]chdem man sie mit der gleichen Menge essigsauren Natrons gefüllt und wiederum auf 80° C. erhitzt hatte, 1731 Calorien, also etwa viermal mehr Wärme.

Daraus ergiebt sich nun, daß die neuen, mit essigsaurem Natron gefüllten Wärmflaschen in den Waggon-Coupés nur alle zehn Stunden ausgewechselt zu werden brauchen, während man die gewöhnlichen Wasserwärmflaschen schon nach zwei bis drei Stunden durch frisch erhitzte ersetzen muß. Die auf den französischen Staatsbahnen neuerdings angestellten Versuche haben die Richtigkeit der oben [angeführtn Behauptung] im vollsten Maße bestätigt.

Inzwischen hat sich diese Erfindung auch [nach Deutschland] Bahn gebrochen, und das deutsche Patent von A. Nieske in Dresden benutzt zur Füllung ähnlicher Wärmflaschen eine Mischung von essigsaurem und unterschwefligsaurem Natron, welche gewisse Vortheile gegenüber dem französischen System zeigt. Die Wärmflaschen werden zu dreiviertel ihres Inhalts mit dieser Mischung gefüllt und dann in einem Ofen oder einem Bade siedenden Wassers erhitzt, bis das Salzgemenge in denselben geschmolzen ist. Nach der Größe der Behälter strahlen sie die Wärme durch zehn bis achtzehn Stunden aus. Die Füllung braucht selbstverständlich nicht erneuert zu werden.

Es liegt klar auf der Hand, daß diese Wärmapparate auch im Haushalte überall die gewöhnlichen Wärmflaschen in geeigneter Weise ersetzen können, und sie verdienen in der That daher die Beachtung des großen Publicums.



  1. Calorie, die Einheit des physikalischen Maßes für Wärme, bedeutet diejenige Menge Wärme, welche ein Kilogramm, das heißt ein Liter Wasser, um 1° C. zu erwärmen im Stande ist.