Textdaten
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Autor: Karl Brandt
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Titel: Nach hartem Kampf
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aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 69, 83
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[69]

Nach hartem Kampf.
Nach dem Gemälde von J. Deiker.
Photographie von Franz Hanfstaengl Kunstverlag A.-G. in München.

[83] Nach hartem Kampf! (Zu dem Bilde S. 69.) An einem naßkalten Februarmorgen lehnen wir, die gespannte Flinte unterm Arm, Hektor zu Füßen, an einer schneetropfigen, in den Buchenhochwald eingesprengten Fichte und lauschen nach dem Fuchsbau hinüber, in welchem Erdmännchen als ungebetener Gast das Hochzeitsfest Reinekes, seines Erzfeindes, stört. Wie das da unten poltert und rumort! Der dumpfe „Hals“ (Bellen) des Hündchens, der zeitweise unser Ohr trifft, dann wieder verstummt, um nach hellem Klopfen, Pochen und Rollen unter der Erde von einer andern Stelle des Baues weit giftiger zu uns herüber zu klingen, läßt uns schließen, daß es drinnen zu ernsten Auseinandersetzungen gekommen ist. Aber je lauter es im Bau wird, desto lauter klopft auch unser Herz vor Weidmannslust – denn wir wissen, daß der Augenblick ganz nahe bevorsteht, wo unser schneidiges Teckelchen dem rothen Gauner handgreiflich beweist, daß es draußen trotz des matschigen Schlappschneewetters viel angenehmer ist als drinnen im warmen trockenen „Bau“ – – und ihn zum „Springen“ veranlaßt. Das Fuchshetzen ist eine der erregendsten Jagden, die den Jäger in der gespanntesten Aufregung hält, wie den Backfisch der erste Roman.

Jetzt ist plötzlich alles still – – und wie der Blitz, so unerwartet schnell fährt das Hündchen aus der Röhre und stürmt, die Nase suchend dicht auf der Erde, rings um den Bau und, ohne auch nur eine Sekunde zu stutzen, wieder hinein in das verhaßte Malepartus. Aufgepaßt! Der Fuchs ist vor dem Teckel geflohen, „er hat sich versetzt“, er will „springen“. Das Teckelchen hatte ihn in dem unterirdischen Labyrinth verloren und suchte deshalb oben den Bau ab, ob sein Feind schon das Weite gesucht hätte.

Ritsch! Da saust ein rother Streifen aus einer anderen Röhre. Dicht über die Erde, so rasch ihn seine Läufe zu tragen vermögen, geht’s in schnellster Flucht der Fichtenschonung zu. Aber selbst in der wildesten Hast weiß sich der Schlauberger doch zu decken – hier durch einen Stamm, dort durch einen Busch. Da heißt es rasch gezielt und gedrückt. Es knallt – der Fuchs knickt ein wenig zusammen und ist in den dichten Büschen verschwunden. „Donnerwerter! daß einem das passiren muß! Hektor faß!“ Und Hektor rast dem Erzschelm nach.

Und Erdmännchen? Drunten kläffte und „hühntscht’s“ von neuem. Der schwarze, giftige Satan macht Frau Fehin, die sich während seiner Auseinandersetzung mit dem Gemahl verschämt in das entlegenste Gemach der weitverzweigten Raubritterburg zurückgezogen hatte, seine unerwünschte zudringliche Aufwartung.

Aber auch über der Erde wird’s lebendig. Laut „ausgebend“ (bellend) folgt Hektor flüchtig dem krankgeschossenen Fuchse. Wie genau erzählt doch der „Boll“ des Hundes dem lauschenden Jäger die ganze Jagd!

Vorerst ist Hektor noch weit vom Wilde im dichten Gebüsch. Jetzt wird der Hals des Hundes rascher und hin und wider klingt er auch heller Hektor rückt dem Füchslein näher, und in der Dickung, wo er jagt, sind lichte Stellen. Immer rascher, immer feuriger wird das „Geläute“ des Hundes – jetzt klingt es ganz hell durch den Forst, und mit dem Solo des Hundes mischt sich das Echo, welches in ununterbrochenem Schall der Berglehne entlang zieht. Hektor jagt auf einer Blöße dicht hinter dem Fuchse her. Immer heftiger wird sein Hals – jetzt wieder dumpf – er ist wieder im Buschwerk – und jetzt!? In kurzen, tiefen, ich möchte sagen, so regelmäßigen Tönen wie das Ticken einer Uhr, oft dumpf, oft hell, jauchzt uns der Hals des Hundes zu, daß sich Reineke gestellt hat, daß er unter einem Busch in lichter Dickung steckt – den Kopf mit offenem „köckerndem“ Rachen und giftig äugenden Sehern vorangestreckt – die Lauscher geknickt, wagrecht liegend – dem Hunde zugekehrt, der, um das Buschwerk kreisend, einen günstigen Augenblick zum Angriff sucht.

Aber wle er sich auch dreht, immer blickt er in die weißen haarscharfen Fänge des wüthenden Fuchses.

Plötzlich schreit der Hund laut auf – er hat einen Schmiß vom Fuchse weg – dann ist’s todtenstill. Wenn wir näher wären, würden wir nur ein Schnarchen und tiefes Athmen und ein dumpfes Schütteln und Schlenkern hören.

Unsere Aufmerksamkeit ist wieder ganz auf den Bau gelenkt, in dem

es wieder lustig hergeht. Von Zeit zu Zeit schielt unser Blick aber doch zur Dickung hinüber, ob Hektor noch nicht erscheint. Da ist er endlich, der alte Bursch – im hochgehobenen Rachen den gewürgten Kapitalfuchs tragend – – nach hartem Kampfe.
Karl Brandt.