Miscellaneen (Journal von und für Franken, Band 5, 2)
Bey dem Artikel von dem schwärmerischen Schuster zu K. im Hohenlohischen, ist mir ein Landstreicher eingefallen, der sich seit 6 bis 7 Jahren öfters in Franken sehen läßt, und einen gewaltigen Hang zur Schwärmerey hat, dabey aber auch ein unverschämter Lügner ist.
Er ist nach seinem Dialekt ein Sachse, und nennt sich Schilling. Nach seinem Vorgeben war sein Vater Superintendent zu Orlamünde. Dieser soll in seiner letzten Predigt von seiner Gemeinde Abschied genommen, und dabey gesaget haben: daß er nunmehr vor ihren Augen, wenn er die heilige Stätte verlassen hätte, den Geist aufgeben würde. Dieses sey auch, zur Erbauung der ganzen Gemeinde, geschehen, indem er auf der untersten Stufe der Canzel umgesunken, und tod geblieben wäre. Auf Befragen, wer die Leichenpredigt| gehalten hätte, sagte er: der Herr Superintendent von Koburg. Ich erwiederte, daß mir dieses unglaublich scheine, weil Orlamünde 14 bis 15 Stunden weit von Koburg entfernt sey. Er war so unverschämt zu sagen: daß sie einen Nebenweg von 4 Stunden hätten. Nach seinem Vorgeben war er Dänischer Schiffsprediger, und rühmte sich der besondern Freundschaft des damahligen K. Dänischen Hofpredigers Cramer. Er gab auch vor, daß er die Englische Sprache vollkommen verstände. Ich hatte so eben ein Londner Zeitungsblatt in der Hand, als er solches behauptete, und befragte ihn über eine gewisse Stelle aus demselben. Da veroffenbarte sichs, daß er dieser Sprache völlig unkundig war. Er verlangte aller Orten zu predigen, und erreichte auch hie und da seinen Endzweck, besonders bey solchen Pfarrern, die neben ihrer Mutterkirche noch eine Filialkirche zu bedienen haben: wiewohl er auch etlichemahl die Schulmeister auf den Filialen angelogen und fälschlich vorgegeben hat, daß er von ihren Herren Pfarrern geschickt worden sey. Wenn er die Erlaubniß nicht bekam, in den Kirchen zu predigen, so that er es in den Wirthsstuben, wobey ihm die Zuhörer ein Geschenk an Geld reichten, das sich gemeiniglich auf 45–50 Kr. ober einen Gulden belief. In einem öffentlichen Blatt, das ich aber nicht gelesen habe, soll die Nachricht stehen, daß dieser Schilling ein Schuhmachergeselle| sey, und auf der Universität Halle den Erbauungsstunden beygewohnt habe, wodurch er dermassen begeistert worden daß er Stundenlang in biblischer Sprache haranguirt. Seit anderthalb Jahren habe ich ihn nicht mehr gesehen. Damahls gab er vor, daß er aus Holland komme, wo dergleichen Leute bey dem gemeinen Volk noch mehr Beyfall finden, als bey uns.
Den 22ten Junius starb H. Franz Fridrich Günther, der Gottesgel. Doctor, apostolischer Erznotar, fürstlich Bambergisch. geheimer und geistlicher Rath, Dechant und Custos des Stifts zum heiligen Jacob, Vicecanzler der Bambergischen Universität im 82ten Lebensjahre. Seine Inauguraldissertation De voluntate Dei saluandi omnes, die er ohne Präses zu Bamberg vertheidigte, ist vom Jahr 1740.
Der bey dem in k. k. Dienste gegebenen Bataillon Bamberg als Auditeur stehende Herr Oberlieutenant Sensburg wurde zum Hauptmann ernannt. Er ist der Übersetzer des im Göbhardischen Verlage zu Bamberg erschienenen Staatsrechts von Real.
Herr Hofrath Gönner überkam die Nominalprofessur der Pandekten, und Herr von Reider, zeitheriger Extraordinarius, wurde als Ordinarius angestellt, und ihm die Institutionen zu seinem Lehrfache angewiesen.
| Herr Lorenz Carame, der Gottesgelartheit Baccalaureus, fürstlich Bambergisch wirklicher geistlicher Rath, und Dechant des kaiserlichen Stifts St. Stephan erhielt die ehrenvolle Stelle eines Vicekanzlers unserer Universität.Den 23ten Julius wählten die Capitularen des Stifts zum heiligen Jacob einmüthig ihren Scholastikus, den Herrn geistlichen Rath und ordentlichen Lehrer des Kirchenrechts D. Johann Schott, zum Dechant.
Das allgemeine Krankenhaus erhält immer mehrere Vollkommenheiten, daß man es billig den ersten Häusern dieser Art an die Seite setzen darf.
Man hat jetzt auch Tropfbäder in demselben angelegt. Das Todenhaus ist nunmehr eingerichtet, und Bamberg hat meines Wissens die Ehre, das erste Todenhaus in Franken angelegt zu haben.
Zu Bayreut existirt meines Wissens nur eine einzige Leichencasse, welche von alten Invaliden und andern nicht bemittelten Personen, durch die Einleitung des Herrn Ordensprediger Wolf zu St. Georgen, errichtet worden ist. Die Gesellschaft ist ziemlich zahlreich. Jede unterzeichnete Person legt wöchentlich etwas geringes ein. Diese Anstalt hat schon mancher unbemittelten Person große Erleichterung in Ansehung der Begräbnißkosten verschafft.
Der verstorbene Herr Hofrath Wagner soll der erste gewesen seyn, der in Bayreut Blattern inoculirte. Das Jahr kann ich aber nicht genau angeben.
Den 18 April Abends um 5 Uhr erhob sich nach einem kurzem Erdbeben ein Sturmwind, der in manchen Orten dieses fürstl. Eichstättischen Pfleg- und Kastenamts Schaden anrichtete. In dem einzigen Dörfchen Lanzendorf, dessen arme Einwohner durch den undankbaren Boden, den sie bearbeiten müssen, überhaupt, und einige Jahre her insonderheit durch Schauer, (Hagel) Viehfall und Brand weit herunter gekommen sind, wurden dadurch zwey Häuser und Scheunen ganz nieder gerissen, einige Häuser ganz oder zum Theil abgedeckt, über 8000 Ziegel zerschmettert, Camine zerrissen, Decken herabgeworfen, und dadurch ein Schaden von einigen tausend Gulden angerichtet. Den Beschädigten ist der einzige Trost übrig, daß sie auf große Unterstützung ihres Fürstbischoffes sicher rechnen können, dessen ächttameralische Grundsätze in diesem Punct den Lesern dieses Journals schon rühmlichst bekannt sind.
An die Stelle des zu Weitersroda verstorbenen Herrn Pfarrer Bayer ist Herr Candidat Bartsch aus Hildburghausen befördert worden.
- ↑ So viel die Herausgeber des Journals aus dem Hergang ersehen, so scheint das ein eigner in seiner Art merkwürdiger Fall zu seyn, wenigstens ist er selten. Ein Filial einer evangelischen Pfarrkirche, meist von Einwohnern dieser Religion bewohnt, wird von seiner Mutterkirche getrennt, um mit einer katholischen Parochie, die zuvor nicht existirte, verbunden zu werden.