Med. Topographie Gmuend:056
Franz Joseph Werfer Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd | |
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[108] der Name Talente gegeben wird, und auch wahres Talent, so sie etwa haben mögen, vor Fremden oder von Freunden gerühmt wird; wenn der Tanz und Putz ein Hauptstück der Erziehung werden u. s. w. Schwer oder nie werden dann die guten Lehren in das Herz Eingang finden, so ihnen nicht zuvor und gleichzeitig dasselbe durch das allwirkende Beyspiel vorbereitet und empfänglich dafür gemacht wird, wenn nicht immerhin der natürliche Hang zum Bösen unterdrückt, und der Sinn und das Gefühl für das Gute dagegen durch Lehre und Beyspiel geweckt und belebt wird. Für den Unterricht in der Zeichnungskunst sind zwey Lehrer, und einer für die französische Sprache öffentlich aufgestellt. Für Musikunterricht sorgt ebenfalls ein dazu bestimmter Lehrer, wenn sich Talent und Neigung dazu finden; beynebst werden die Kinder sonst auch in der Kirche und Schule in dem jetzt mehr beliebten Kirchengesang fleißig geübt. In der Industrieschule bey St. Ludwig wird den Mädchen Anleitung und Unterricht in den weiblichen Arbeiten gegeben; auch ist gegenwärtig in eigner zur Unterrichtung der Taubstummen aufgestellter Lehrer hier, der die hiesige taubstumme Kinder, so wie alle andre dergl. Unglückliche des Reichs, welche sich darum melden und die nöthige Zeit hier wohnen können, zu unterrichten hat, bis etwa eine künftige Organisation eines eignen Taubstummeninstituts den Unterricht und die allgemeinen Theilnahme daran selbst noch mehr erleichtert. Es fehlt daher von Seite des Staats in keiner Hinsicht etwas, das zur Erlernung der nöthigen Kenntnisse und Fertigkeiten, zur Bildung des Herzens und Verstandes der Jugend erfoderlich [109] ist, wenn nur der Aeltern ernster und guter Wille die mögliche Erreichung des Staates hohen Zwecks mitunterstützet, und der Jugend Unfleiß und Nachlässigkeit denselben nicht vereiteln. Die Zeit des Schulbesuchs in der Normalschule ist vom sechsten Jahresalter angefangen bis nach zurückgelegten 14 Jahre vorschriftsmäßig festgesetzt; sonst dauerte sie nur bis ins 12te Jahresalter, nach welchem die Knaben gewöhnlich, oft später zur Erlernung irgend einer Kunst, oder der Handlung, oder eines Handwerks angehalten werden; und mehrere, besonders die zu den erstern übergehen wollen, besuchen auch einige Jahre zuvor die lateinische Schule mit jenen, welche einstens den höhern Wissenschaften sich zu widmen wünschen. Nach dem Austritt aus der deutschen Schule müssen die Söhne und Töchter jetzt noch bis ins achtzehnte Jahr in der Regel die Sonn- und Feyertagsschule besuchen. Die Aufsicht über das deutsche Schulwesen und die dahin gehörige Unterrichtsanstalten in der Stadt und zum Theil auf dem Land hat ein hiezu aufgestellter Schulinspector zu besorgen. Auf dem Lande haben die meisten unsrer Dorfgemeinden ihre eigne Schulen, eigne Schulhäuser und eigene Schullehrer, und besonders lassen sich unsre Pfarrer die Pflege ihrer Schule angelegen seyn, und an manchen Orten, wo man’s oft am wenigstens suchen würde, findet man den Eifer im Stillen, zumal für die religiös-sittliche Bildung der Jugend verdoppelt, wenn auch weniger auf viele Verstandeskenntnisse, die oft großentheils bald wieder, besonders unter dem Landvolk, vergessen werden, und wohl auch mit weniger Schaden vergessen werden können, gedrungen werden sollte. |