Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
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ziemlich hohen Berge nahe an die Stadt, und sind von dieser Seite aus durch die Betriebsamkeit der Einwohner urbar gemacht, und in fruchtbare Baum- und Gemüßgärten, die mit bewohnbaren Häuschen versehen sind, umgeschaffen; entfernter schon sind sie gegen Westen, wo größtentheils dichte Tannenwälder das sich krümmende Thal einschliessen; freier und weiter endlich breitet sich das Thal gegen Osten aus, wo die Aussicht auf die nicht weit entfernte süd-östliche schwäbische Alpen einen schönen Ausblick gewährt. Die Stadt selbst stellt sich von der Südseite her auf dem nahen Strasdorfer Berg am besten dar. Ueberraschend ist von hier aus der dem Wandrer sich aufdringende Ueberblick der mannichfaltigen Lebhaftigkeit, der natürlich schönen, romantischen Gegend, und das dumpfe Gewühl der industriösen Stadt. Das ganze Thal, so weit das Auge reicht, auf- und abwärts, ist eine Kette von Gärten und Wiesen, durch die sich die Rems hinschlängelt. Gegen Osten blickt das ehemalige schöne Frauen-Kloster, jetzt das Zuchthaus, Gotteszell, wie hinter der Stadt versteckt hervor, und unter der Stadt gegen Westen nimmt sich die St. Katharinapfleg (Spital) unter den vielen Gartenhäusern, Mühlen u. s. w. besonders aus. Der ganze Umkreis der Stadt ist überdas mit vielen Dörfern, Weilern und Höfen angefüllt.

Das Alter von Gmünd läßt sich nicht genau angeben, so wie die Art seiner Entstehung nur aus einzelnen Geschichtsstellen zu vernehmen ist. Einige Chroniker setzen das erste Bekanntwerden desselben in die Mitte oder das Ende des siebenten Jahrhunderts. Seinen Ursprung soll es, wie die Alten erzählen,

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den Jagdbelustigungen benachbarter adelichen Herrn, und zwar zunächst denen auf dem Rechberg hausenden zu verdanken haben. Es lebte nämlich, wie Lyrer’s und Felix Fabri Chroniken melden, in der Mitte oder gegen das Ende des siebenten Jahrhunderts (650–699) zur Zeit, wo die Irländische Missionarien Gallus, Kollumban, Kilian, Ruppert, Emeran und Bonifaz in Deutschland umher das Evangelium verkündigten, ein mächtiger Graf oder Dynast auf dem Teckerberg, welcher noch den Götzen opferte, und die von denselben abgefallene und zum Christenthum sich bekehrte Heiden und andere benachbarte christliche Anwohner mit vieler Grausamkeit verfolgte. Diesen Gräueln entschloß sich der schwäbische Herzog Romulus oder Romelius ein Ende zu machen, zog mit einem gewaltigen Heer gegen diesen Christenfeind aus, und schlug ihn im Thale bey Haußen am Fuße der Teck auf das Haupt, wo 13000 Heiden auf dem Schlachtfelde blieben; schickte dann unter andern Gefangenen den Markgrafen selbst und vier Brüder mit dem rothen Löwen in die Gegend zwischen der Rems und Fils, und wieß ihnen dieselbe zur Ansiedlung an. Diese bekehrten sich nachher zum Christenthum, und erbaueten sich da eine Wohnung auf dem Rechberg, die Burg hohen Rechberg; lebten christlich und ritterlich allda, und beschäftigten sich, da die ganze Gegend umher nur Wald, Sumpf und der Aufenthalt wilder Thiere, folglich zu nichts als zu Jagd geeignet war, häufig nach ihrer Väter Sitte mit der Jagd, theils um sich zu ernähren, theils die Zeit zu verkürzen. Um nun des Abends nicht immer den hohen Berg hinaufsteigen zu dürfen, erbauten sie