Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Tabaxir“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 17 (Supplement, 1890), Seite 785
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Tabaxir. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 17, Seite 785. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Tabaxir (Version vom 26.10.2022)

[785]  Tabaxir (pers. Tabaschir, engl. Tabasheer, Bambuskampfer, Bambuszucker), eine zuerst von Avicenna beschriebene, im Mittelalter als Arzneimittel mit Silber aufgewogene Konkretion, die sich in den Hohlräumen zwischen den Knoten des Bambusrohrs mancher Gegenden bildet, namentlich in Indien. Es sind unregelmäßige, rundlich-eckige Körnchen, bis zu Erbsengröße, von weißer, gelblicher und bräunlicher Farbe, opalartig durchscheinend, die wesentlich aus amorpher Kieselsäure mit 5–13 Proz. Wasser (nebst Spuren von Eisenoxyd, Kalk und Kali) bestehen. Als Arzneimittel spielt der T. heute nur noch in der chinesischen und arabischen Heilkunde eine Rolle, interessanter aber ist er durch seine in neuerer Zeit vielbesprochene Entstehungsweise und seine physikalischen Eigenschaften. Da man ihn nur in manchen Bambusrohren findet, so hielten ihn Brewster u. a. für ein pathologisches Erzeugnis der Pflanze; es darf aber durch die neuern Untersuchungen von Guibourt und Cecil als ausgemacht gelten, daß er nur ein Erzeugnis periodisch verlangsamten Wachstums ist. In den Hohlräumen des Bambushalmes sammelt sich nämlich eine fade, süßlich schmeckende Flüssigkeit, die mitunter das Internodium bis zu drei Vierteln seines Hohlraums erfüllt und reich an Kieselsäure ist. Es scheint, daß diese Flüssigkeit die Rolle eines Speicherstoffes spielt, welcher den Halm in seinen nachwachsenden Teilen mit dem Kieselsäurematerial versieht, die er in verhältnismäßig großen Massen, wie alle Grashalme, enthält und vielleicht zu seiner Festigung und vermehrten Tragfähigkeit bedarf. Bleibt nun das Wachstum periodisch zurück, so trocknet dieser Saft ein, und es entsteht der T., welcher nach Zusammensetzung und physikalischer Beschaffenheit die größte Ähnlichkeit mit Opal darbietet und der Vermutung Raum gibt, daß dieser geschätzte Edelstein in ähnlicher Weise entstanden sein könnte. Ähnlich manchen gleichartig zusammengesetzten Halbedelsteinen wird auch der T. im Wasser durchsichtig und durch Trocknen wieder undurchsichtig, was auf feine Poren schließen läßt, die indessen Judd selbst mit den stärksten Mikroskopen nicht entdecken konnte. Merkwürdig ist, daß der T. den kleinsten Brechungsindex unter allen bekannten festen Stoffen besitzt, er beträgt 1,11–1,18, im Vergleich mit Luft (= 1,00). Gleich dem Opal verhält er sich gegen polarisiertes Licht völlig isotrop, d. h. nicht drehend. Vgl. Huth, Der T. in seiner Bedeutung für die Botanik, Chemie und Physik (Berl. 1887).