Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Sklaverei“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 10181020
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Sklaverei. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 1018–1020. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Sklaverei (Version vom 24.11.2024)

[1018] Sklaverei, Zustand eines Menschen, welcher seiner persönlichen Freiheit beraubt ist, als Sache behandelt wird und als solche im Eigentum eines andern steht. In der antiken Welt, deren wirtschaftliches System größtenteils auf der S. beruhte, war diese allgemein verbreitet, indem man sich zur Verrichtung häuslicher und gewerblicher Dienstleistungen zumeist der Sklaven bediente, zu welchen seit uralter Zeit insbesondere die Kriegsgefangenen verwendet wurden. So finden wir im Altertum die S. ebenso bei den Völkern des Orients wie bei den Griechen und Römern verbreitet, welch letztere die S. zu einem besondern Rechtsinstitut ausgebildet hatten. Der Sklave (homo servus) hatte nach römischem Recht, welches übrigens in der ältern Zeit die Entstehung der S. auch durch Schuldknechtschaft zuließ, keine Persönlichkeit und ebendarum auch keine Rechtsfähigkeit. Er war als bloße Sache Gegenstand des Handels, Sklavenkinder waren von Geburt an Sklaven, dem Herrn stand das Recht über Leben und Tod des Sklaven zu. Was der Sklave verdiente, gehörte dem Herrn. Erst nach und nach entwickelte sich das Pekulienwesen, welches dem Sklaven aus seinem Nebenverdienst den Erwerb eignen Vermögens (peculium) in beschränkter Weise gestattete und ihm dadurch die Möglichkeit eröffnete, sich loszukaufen. Aber auch die Freigelassenen (libertini) standen immer noch zu dem Patron, welcher sie freigelassen hatte, in einem Abhängigkeitsverhältnis. Die Arten der Freilassung (manumissio) selbst waren sehr verschieden. Sie konnte durch letztwillige Verfügung (per testamentum) oder durch einen solennen Rechtsakt vor dem Magistrat (per vindictam) oder dadurch, daß der Herr den Sklaven bei Aufstellung der Bürgerrolle als freien Bürger eintragen ließ (per censum), oder durch Zusendung eines Freibriefs (per epistolam) oder endlich durch eine einfache Willenserklärung (inter amicos, per mensam, per convivium) erfolgen. Die Behandlung der Sklaven, deren Zahl eine sehr große und deren Verwendung eine sehr verschiedenartige war, gab durch Willkür und Grausamkeit wiederholt zu blutigen Sklavenaufständen, ja selbst zu förmlichen Sklavenkriegen (s. d.) Veranlassung, zumal nachdem gegen das Ende der Republik die Sitte aufgekommen war, Sklaven zu Tierkämpfen und zu blutigen Fechterspielen zu verwenden. Namentlich war es der Aufstand des Spartacus (s. d.), welcher gefährliche Dimensionen annahm. Mit dem Christentum und mit der Erhebung desselben im römischen Reich zur Staatsreligion traten gewisse Milderungen der S. ein; die S. selbst überdauerte aber die Zertrümmerung des abendländischen Reichs. Bei den germanischen Völkerschaften bildeten die aus Unterjochten und Kriegsgefangenen hervorgegangenen Unfreien einen besondern Stand, dessen Angehörige sich im Lauf des Mittelalters in Hörige oder Leibeigne verwandelten (s. Leibeigenschaft). Einen milden Charakter hatte die S. schon im Altertum bei den Orientalen, bei denen sie aber selbst die Zivilisation der Neuzeit und zwar namentlich in Ägypten, Arabien, Marokko, Persien und in der Türkei nicht zu beseitigen vermocht hat. In Algerien, Tunis, Tripolis und Marokko wurde der Handel mit Christensklaven, verbunden mit Seeräuberei, bis ins 19. Jahrh. betrieben, und erst 1842 erfolgte das Verbot des Sklavenhandels und 1846 die Aufhebung der S. durch den Bei von Tunis. Die Entstehung des Negersklavenhandels ist sicherlich schon auf die frühste Zeit zurückzuführen. Seit unvordenklicher Zeit pflegten nomadische Stämme der Sahara Neger zu rauben, auch wohl von den Häuptlingen einzutauschen und an die Bewohner des Mittelmeers zu verkaufen. In Lissabon soll der Portugiese Gonzales 1434 zum erstenmal Neger feilgeboten haben. Dies Verfahren fand dann auch in Spanien Nachahmung, und bald waren Sklavenmärkte auf der Pyrenäischen Halbinsel an der Tagesordnung, die bis ins 16. Jahrh. fortdauerten. Einen ganz besondern Aufschwung nahm dieser verabscheuungswürdige Menschenhandel mit der Entdeckung Amerikas. Man erzählt, daß der Priester Las Casas zur Erleichterung der zur schweren Arbeit untauglichen Eingebornen den Import von Negern zu den Arbeiten in den Minen und Zuckerplantagen der spanischen Kolonien angeregt habe. Karl V. erteilte vlämischen Schiffern 1517 das Privilegium, alljährlich 4000 afrikanische Sklaven in Amerika einzuführen, und dieser sogen. Assientohandel wurde von der spanischen Regierung nacheinander an verschiedene Nationalitäten vergeben (s. Assiento). Auch Engländer, selbst der berühmte Francis Drake, Franzosen, Holländer und Dänen und sogar die Nordamerikaner beteiligten sich, nachdem sie das englische Joch abgeschüttelt hatten, an diesem lukrativen Geschäft. Die Abschaffung dieses Negerhandels wurde zuerst durch die Quäker angeregt, und seit 1788 wirkte besonders William Wilberforce, von Pitt und andern Staatsmännern unterstützt, im englischen Parlament dafür, bis dann 1807 der „Abolition-act of slavery“ durchgebracht wurde, wonach der englische Negerhandel mit 1. Jan. 1808 aufhörte. Für Dänemark und Norwegen war übrigens schon 1792 und für die Vereinigten Staaten von [1019] Nordamerika 3. März 1807 der Negerhandel zur See verboten worden, insofern es sich um Angehörige dieser Staaten handelte. Verhandlungen der Großmächte zu London führten sodann 1816 zur Aufhebung des französischen Sklavenhandels, nachdem bereits zuvor 1814 im Frieden von Wien Spanien und Portugal auf den Sklavenhandel nördlich vom Äquator verzichtet hatten. Spanien gab ihn dann 1817 gegen eine Entschädigung von 400,000 Pfd. Sterl. und Portugal 1823 gegen eine solche von 300,000 Pfd. Sterl. gänzlich auf. Ebenso untersagte Brasilien denselben auf Grund von Verträgen mit England von 1826 und 1830. Insgeheim freilich wurde der Negerhandel immer noch fortbetrieben, und die Freigabe der vorhandenen farbigen Sklaven erfolgte in den amerikanischen Staaten und Kolonien nur zögernd und teilweise unter den größten Schwierigkeiten. Nachdem nämlich zunächst die britische Regierung 1830 sämtliche Kronsklaven freigegeben hatte, erfolgte 28. Aug. 1833 die völlige Emanzipation der Sklaven in den englischen Kolonien gegen Entschädigung der Pflanzer mit 20 Mill. Pfd. Sterl., so daß hier mit einemmal nahezu 639,000 Sklaven, auf Jamaica allein 322,000, frei wurden. Ebenso wurde 1848 in den französischen Kolonien infolge der Revolution die S. abgeschafft, und ebendasselbe geschah nach und nach in den nördlichen Staaten der nordamerikanischen Union. In den Südstaaten dagegen nahm dieselbe mehr und mehr überhand, so daß man 1860 hier nicht weniger als 3,949,557 farbige Sklaven zählte. Vielfache Anläufe zur Beseitigung der S. waren erfolglos. Man blieb dabei stehen, daß ihre Beibehaltung für die Südstaaten eine Lebensfrage, daß die dortige Baumwollkultur ebenso wie der Tabaks- und Zuckerbau nur mit der Sklavenarbeit erfolgreich zu betreiben seien. So ward denn das sogen. Missourikompromiß von 1820, wonach in den Gebieten nördlich vom 36.° die S. für immer aufgehoben sein sollte, 1854 durch die Kansas-Nebraska-Akte wieder aufgehoben, in welcher Einführung, Beibehaltung oder Abschaffung der S. lediglich für eine partikuläre Angelegenheit jedes einzelnen der unierten Staaten erklärt wurde. Dieser der S. günstigen Strömung arbeitete aber nunmehr die republikanische oder Freibodenpartei entgegen, und die Wahl Lincolns zum Präsidenten 1860 bedeutete den Sieg dieser Partei, aber auch zugleich die Losung zum Bürgerkrieg und zum offenen Aufstand der elf südlichen Sklavenstaaten. Die 1. Jan. 1863 erfolgte Emanzipationsproklamation für alle Sklaven und ihre Nachkommenschaft war zunächst nur eine Kriegsmaßregel, wurde aber durch Kongreßbeschluß vom 31. Jan. 1864 zum Gesetz erhoben und der nordamerikanischen Verfassung einverleibt. Die 1865 erfolgte Niederwerfung der Südstaaten verschaffte diesem Gesetz die thatsächliche Anerkennung, und wirksame Gesetze, welche zur Ausführung des erstern erlassen wurden, sorgten für die praktische Verwirklichung desselben. Namentlich sind durch die sogen. Rekonstruktionsbill allen Farbigen die politischen Rechte (aktive und passive Wahlrechte) eingeräumt worden. Hieran schloß sich dann 1871 das Sklavenemanzipationsgesetz in Brasilien, und ebenso wurde auf Cuba die Befreiung der Sklaven unter harten Kämpfen durchgeführt. Ein Gesetz vom 8. Mai 1880 beseitigte die S. auf dieser Insel gänzlich. In den westindischen Kolonien Dänemarks, Hollands und Schwedens war die S. schon zuvor aufgehoben worden.

Ist sonach in Amerika die S. als abgeschafft anzusehen, so ist dies in Asien und namentlich in Afrika keineswegs der Fall. Allerdings hat die türkische Verfassung vom 23. Dez. 1876 die S. für das ganze osmanische Reich rechtlich beseitigt; aber thatsächlich besteht sie in den türkischen Gebieten immer noch, wenn auch in beschränkterm Umfang als früher. Islam und Vielweiberei sind eben der S. besonders günstig. Ebenso hat sich Ägypten Großbritannien gegenüber zwar 4. Aug. 1877 zur Unterdrückung des Sklavenhandels verpflichtet, ohne jedoch die Beseitigung desselben innerhalb der Grenzen der ägyptischen Herrschaft durchführen zu können. Allerdings sollte das Verbot des Sklavenhandels teilweise erst in sieben, teilweise sogar erst in zwölf Jahren, vom 1. Aug. 1877 an gerechnet, in Kraft treten; letzteres für den Sudân und für die jenseit Assuân gelegenen ägyptischen Provinzen. Die Erfolge des rebellischen Mahdi im Sudân haben diese Bestrebungen jedoch wesentlich beeinträchtigt, so daß das obere Nilgebiet immer noch als ein Hauptherd der S. gelten muß. In Zentralafrika aber bestehen S., Sklavenjagden und Sklavenhandel in der abscheulichsten und grausamsten Weise fort. Die Ergebnisse der entsetzlichsten Menschenraubzüge, welche ganze Länderstriche veröden, sind vielfach zur Ausfuhr nach den Küstenstrichen und nach Arabien, aber auch nach Marokko, Tunis und Tripolis bestimmt. An der ostafrikanischen Küste sind es namentlich arabische Sklavenhändler, welche den Negerhandel betreiben und ihre Beute, soweit die Geraubten die Küste lebend erreichen, auf ihren Sklavenschiffen (Dhaus) fortschaffen. Die Sklavenjagden sind in neuerer Zeit durch die Forschungen und Mitteilungen von Cameron, Livingstone, Stanley und Wißmann in ihrer ganzen Verabscheuungswürdigkeit erkannt worden. Livingstone berechnete, daß jährlich mindestens 350,000 Menschen geraubt würden, von denen aber nur etwa 70,000 lebend ihren Bestimmungsort erreichten. Er rechnete auf jeden Sklaven mindestens fünf Opfer; zuweilen komme sogar nur einer auf zehn Geraubte wirklich zum Verkauf. Der Primas von Afrika, Kardinal Lavigerie, aber nimmt sogar an, daß in ganz Afrika etwa 2 Mill. Menschen jährlich infolge des Sklavenhandels das Leben verlieren. In Süd- und Westafrika ist die S. allerdings zum Teil ganz beseitigt, teils hat sie mildere Formen angenommen. Auf Madagaskar wurde die S. 1877 abgeschafft.

Was die gegenwärtige völkerrechtliche Beurteilung der S. seitens der zivilisierten Staaten anbetrifft, so ist dieselbe als schlechthin völkerrechtswidrig noch nicht aufzufassen. Wohl aber gilt dies von den Sklavenjagden und von dem Sklavenhandel. Die Abschaffung der S. in Afrika selbst ist von dem Fürsten Bismarck 26. Jan. 1889 im Reichstag als zur Zeit unthunlich bezeichnet worden. Auf die Beseitigung des afrikanischen Sklavenhandels aber wird nach dem Vorgang Englands auch von Deutschland hingewirkt. Dem sogen. Quintupelvertrag vom 20. Dez. 1841 war Preußen bereits beigetreten. Dieser von Großbritannien, Österreich, Preußen und Rußland, nicht aber von Frankreich ratifizierte Vertrag statuierte ein wechselseitiges Anhalt- und Durchsuchungsrecht gegenüber den unter den Flaggen der kontrahierenden Staaten fahrenden Schiffen zum Zweck der Unterdrückung des Sklavenhandels und eine Beschlagnahme von Sklavenschiffen in einem bestimmten Meeresgebiet um Afrika herum. An Stelle Preußens trat 29. März 1879 das Deutsche Reich in jenen Vertrag ein, und der Reichstag erteilte 19. Mai 1879 hierzu die Genehmigung. Die Congoakte vom 26. Febr. 1885 erklärt aber im Art. 9 folgendes: „Da nach den Grundsätzen [1020] des Völkerrechts, wie solche von den Signatarmächten anerkannt werden, der Sklavenhandel verboten ist und die Operationen, welche zu Land oder zur See diesem Handel Sklaven zuführen, ebenfalls als verboten anzusehen sind, so erklären die Mächte, welche in den das konventionelle Congobecken bildenden Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluß ausüben oder ausüben werden, daß diese Gebiete weder als Markt noch als Durchgangsstraße für den Handel mit Sklaven, gleichviel welcher Rasse, benutzt werden sollen. Jede dieser Mächte verpflichtet sich zur Anwendung aller ihr zu Gebote stehenden Mittel, um diesem Handel ein Ende zu machen und diejenigen, welche ihm obliegen, zu bestrafen.“ Diese Verpflichtung erstreckt sich auf die 14 Staaten, welche die Berliner Generalakte unterzeichnet haben, sowie auf den Congostaat. Um aber der Sklavenausfuhr in Ostafrika wirksam zu begegnen, welche namentlich von Sansibar aus auf arabischen Dhaus unter französischer Flagge schwunghaft betrieben ward, erklärten Deutschland und England vom 2. Dez. 1888 ab die Küstenlinie des Sultanats von Sansibar in den Blockadezustand; doch ward diese Blockade nur gegen die Einfuhr von Kriegsmaterial und die Ausfuhr von Sklaven gerichtet. Im Anschluß hieran erklärte auch Portugal den nördlichen Teil des portugiesischen Gebiets an der Ostküste von Afrika in den Blockadezustand. Demnächst schloß sich auch Italien der ostafrikanischen Blockade an. Die Bemühungen des Kardinals Lavigerie, welcher im Sommer 1888 in Brüssel, Paris, London und Lissabon Missionsvorträge über die S. in Afrika hielt, fanden den Beifall und die Unterstützung des Papstes. Sie wurden in Deutschland von Versammlungen in Köln und Freiburg i. Br. und von der Zentrumsfraktion des Reichstags unterstützt, welch letzterer 14. Dez. 1888 eine gegen den Negerhandel und die Sklavenjagden gerichtete Resolution „Windthorst“ annahm. Die im Februar 1889 mit Unterstützung des Reichs ermöglichte Expedition des Hauptmanns Wißmann nach Ostafrika ist mit auf die Bekämpfung des Sklavenhandels gerichtet. Vgl. Kapp, Die Sklavenfrage in den Vereinigten Staaten (2. Aufl., Götting. 1858); Derselbe, Geschichte der S. in den Vereinigten Staaten (Hamb. 1861); Wilson, History of the rise and fall of the slave power in America (Bost. 1872, 3 Bde.); Cooper, Der verlorne Weltteil (deutsch, Berl. 1877); Gareis, Der Sklavenhandel, das Völkerrecht und das deutsche Recht (das. 1885); „Wider die S.“ (Düsseld. 1888); Wißmann, Unter deutscher Flagge quer durch Afrika (2. Aufl., Berl. 1889); Wallon, Histoire de l’esclavage dans l’antiquité (2. Aufl., Par. 1879, 3 Bde.).


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 840845
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[840] Sklaverei. Nach Abschaffung der S. in Brasilien durch Gesetz vom 13. Mai 1888 (Bd. 17, S. 162) besteht eine solche nur noch in Asien und Afrika. Und auch in Asien haben die fortschreitenden Eroberungen der Russen (so in Turkistan) das Feld immer enger beschränkt. Aber als das eigentliche Land der S. und des Sklavenhandels hat vor allem immer Afrika gegolten. Das Institut der einheimischen S. besteht hier seit uralten Zeiten. Wie in andern Teilen der Welt entstand dasselbe in Afrika durch Kriegsgefangenschaft und wegen Schulden. Und die S. ist überall zu finden, nur nicht unter Jägervölkern, welche für Sklaven keine Verwendung haben, dafür aber meist um so eifriger am Menschenraub und Sklavenhandel sich beteiligen. Die Haussklaverei war ursprünglich keine harte, wenigstens nicht für die, welche Landsleute ihrer Herren sind, während die durch Raub oder Kriegszüge erbeuteten Sklaven erst durch lange Dienstzeit oder Einheiraten eine rücksichtsvollere Behandlung erlangen. Bei den Aschanti hat das Verhältnis zwischen Herren und Sklaven einen rein feudalen Charakter. Bei den Mpongwe am Gabun verschafft den Sklaven der Glaube ihrer Herren, daß jene ihnen durch Zauberei schaden könnten, eine gute Behandlung. In Ibu können Haussklaven nach einigen Jahren Dienstzeit ein eignes Haus bauen, Eigentum erwerben und heiraten. Sie zahlen dann nur eine jährliche, nicht hohe Abgabe an ihren Herrn, der freilich ein unbeschränktes Strafrecht hat, aber sein Anrecht auf den Sklaven verliert, wenn der mißhandelte Sklave nach Anrufen des großen Fetisches von den Priestern für diesen als Sklave angenommen wird. Auch am Kongo ist das Verhältnis des Besitzers zu den Haussklaven meist ein patriarchalisches; man bezeichnet die letztern als erkaufte Söhne des Besitzers. Viele geraten auch als Schuldner in die meist nur temporäre [841] Gewalt ihrer Gläubiger. Namentlich wandern so Kinder als Sklaven in das Dorf des oft entfernt wohnenden Gläubigers. Auf der That ertappte Diebe werden gleichfalls zu Sklaven gemacht. Die Sklaven können wieder Sklaven halten. Aber sie sind rechtlos, ihre Tötung hat nicht Blutrache im Gefolge, wird indes von manchen Häuptlingen zur Auferlegung von Geldbußen benutzt. Auf der Insel Sansibar besteht der größte Teil der Bevölkerung aus Sklaven. Alle Araber wie auch sehr viele Neger besitzen solche. Selbst dem Europäer war es bei Kenntnis der Verhältnisse noch bis vor kurzem möglich, Sklaven in beliebiger Anzahl zu kaufen. Der Sklave lebt entweder bei seinem Herrn als dessen persönlicher Diener oder auf den ländlichen Besitzungen desselben. Sein Los ist selten ein hartes. Er darf sich auch an Fremde vermieten, wobei er freilich oft das meiste seines Verdienstes an seinen Herrn abgeben muß. So besteht ein guter Teil der sich den Europäern als Träger für Expeditionen verdingenden Neger aus Sklaven. Peters fand auf seinem Zuge den Tana hinauf bei den Galla von Odu-Boru-Ruwa ein ganzes Sklavendorf, vornehmlich bewohnt von geraubten Suaheli aus Witu. Solche Sklavendörfer, ja förmliche von Sklaven bewohnte Städte gibt es auch im Hinterland von Liberia, wo manche Herren, namentlich die Häuptlinge, oft viele Hunderte von Sklaven besitzen, die größtenteils dem Feldbau obliegen. Hier ist die Stellung eines Sklaven eine so gute, daß man oft nur mit Mühe einen Unterschied zwischen ihm und seinem Herrn erkennen kann, was ihn freilich nicht davor schützt, im Notfall oder wegen schlechter Aufführung verkauft zu werden. Auch die mehrjährigen Beobachtungen Reichards im Innern Afrikas überzeugten ihn, daß die Lage der Sklaven, mit seltenen Ausnahmen, bei ihren afrikanischen Herren, ja sogar bei den meisten Arabern keine schlechte ist, und daß die Neger selbst ihre Sklaverei der Lage unsrer freien europäischen Arbeiter weit vorziehen. Bei alledem bleibt die Rechtlosigkeit bestehen, wenn schon dieselbe in der Regel nicht zum praktischen Ausdruck kommt. Hat man aber Opfer zu politischen oder politisch-religiösen Zwecken nötig, so werden Sklaven, die man häufig schon lange vorher dazu bestimmt, ohne weiteres hingeschlachtet. Solche Opfersklaven werden von einem Stamme an den andern verkauft. An dieser Haussklaverei bei dem gegenwärtigen Kulturzustand der afrikanischen Völker zu rütteln, erscheint nicht ratsam, wenngleich im Laufe der Zeit jeder sklavereiähnliche Zustand überall, wohin das Christentum und seine Kultur dringt, beseitigt werden muß. Jede Überstürzung in dieser Richtung würde jedoch die schwersten wirtschaftlichen, sittlichen und sozialen Übelstände zur Folge haben.

Ganz anders aber steht es mit dem Sklavenhandel nach überseeischen Ländern. Trotz aller gegen denselben getroffenen Maßregeln besteht derselbe noch heute fort. Es ist bekannt, daß die Routen der Sklavenkarawanen ziemlich nahe an die mittelländische Küste führen, und zwar nicht bloß in Marokko, sondern auch nördlich der Libyschen Wüste, wo sie die Oasen des 30.° nördl. Br. erreichen. Daß von hier aus Verschiffungen nach der Levantinischen Küste stattfinden, scheint keineswegs ausgeschlossen. Vogel und Nachtigal haben die Raubzüge der Sultane von Bornu und Baghirmi mitgemacht. Der Sultan von Bornu schleppte nach oft grausamster Hinrichtung der Männer 4000 Sklaven fort, von welchen er indes nur 500 nach Kuku brachte. Nachtigal mußte es mit ansehen, wie die Männer hingemordet und eine hilflose Schar von Frauen und Kindern, im ungesunden Lager zusammengedrängt, aneinander gekettet und aufs dürftigste ernährt, von Krankheiten dezimiert wurde. Die übriggebliebene Handvoll Gefangener, meist im elendesten Zustande, konnte endlich vom Markt in Kuku aus über Mursuk in Fezzan an die Nord- und Ostküste des Mittelmeeres gebracht werden. Den Weg, welchen die Karawanen nehmen, kann man an den rechts und links am Wege verstreuten Gebeinen erkennen. Freilich ist der Sklavenhandel in Tripolis ebenso streng verboten wie in Ägypten, aber er besteht dennoch unter den Augen der Behörden wenig geschmälert fort. Der gar nicht oder schlecht bezahlte Gouverneur von Fezzan nahm aus der Kopfsteuer von den durchziehenden Sklavenkarawanen jährlich 40,000 Mk. ein. Die von oben an ihn ergangenen Erlasse veröffentlichte er immer erst dann, wenn eine Sklavenkarawane glücklich vorüber war. Die Zufuhren stammen aus den Raubzügen der genannten Sultane, aus den Abgaben der Vasallen, die ihren Bedarf ebenfalls durch Raubzüge erlangen, endlich aus dem Handel mit den Haussa, Adamaua u. a. Die Ausfuhr geht außer nach Tripolis auch nach Ghat und Ägypten. Ein andres wichtiges Absatzgebiet ist Marokko. Im ganzen Westsudan wird eifrig Sklavenhandel getrieben, das haben auch die neuesten Reisen und Erkundigungen von Foucauld, Teisserenc de Bort und Thompson wiederum bestätigt. Sklavenkarawanen ziehen über Timbuktu, welche ihre Transporte an Händler aus Fez, Mequinez, Marokko und Mogador verkaufen. Jährlich sollen hier 4000 Sklaven feilgeboten werden, wofür der Sultan sich einen Einfuhrzoll von 96,000 Mk. zahlen läßt, aber so stark ist der Verbrauch, daß die Zahl aller Sklaven im Sultanat auf nur 50,000 geschätzt wird.

In Westafrika besteht eigentlicher Sklavenhandel über See schon seit längerer Zeit nicht mehr, wiewohl von einigen Reisenden behauptet wurde, daß derselbe am Golf von Guinea noch immer fortdauert. Aber ein verkappter Sklavenhandel von Angola, Benguela und Mossamedes aus nach São Thomé und Fernando Po besteht noch immer. Der Anwerbeplatz, um nicht zu sagen Sklavenhandelsplatz, ist hauptsächlich in Benguela. Der Bewerber zahlt für einen kräftigen Sklaven durchschnittlich 250 Fr. bei einer mehrjährigen Arbeitsdauer. Die Händler aus dem portugiesischen Bihé dringen bis nach Luluaburg, von SW. kommend, vor. Sie treiben, nach Wissmann, den schändlichsten Handel mit Menschen, den man sich denken kann. Schwarze Händler aus Angola oder Benguela rekrutieren sich in Bihé Träger und Begleiter, die kriegerisch sind und weitere Reisen unternehmen als irgend ein andrer Neger der Westküste. Sie suchen Länder auf, in denen das Gewehr noch nicht bekannt ist, machen mit den Häuptlingen Verträge über Lieferung von Sklaven und schließen sich selbst den Sklavenjägern an. Die Gefangenen und Erhandelten bringen sie dann zu den Bakubastämmen und verhandeln sie dort gegen Elfenbein weiter, mit dem sie auf dem nächsten Wege, meist über Kubao und Lulua, nach Hause reisen. Etwas Ähnliches wie Sklavenhandel wird übrigens in fast allen tropischen Kolonien, auch in der Südsee, praktiziert, denn eigentliche tropische Kolonisation und S. „liebäugeln“ miteinander. Aber abgesehen von der überseeischen Verschiffung besteht der Sklavenhandel nach den portugiesischen Besitzungen in Westafrika noch immer schwunghaft. Offiziell [842] freilich ist dort die S. abgeschafft, aber man kauft sich noch immer Arbeiter für die Pflanzungen, und wiewohl es dem Arbeiter freisteht, in andre, ihm mehr zusagende Dienste zu treten, so bürgen doch die Einigkeit der Sklavereibesitzer einerseits sowie die Toleranz der Behörden anderseits dafür, daß der Arbeiter auch bei der schlechtesten Behandlung bei seinem Herrn ausharrt. Das beim Ankauf von Sklaven bevorzugte Gebiet ist das Reich des Muata Jamvo, die Händler sind meist Bangala. Auf dem Transport werden den Sklaven, damit sie arbeitsfähig an ihren Bestimmungsort gelangen, so wenig Schwierigkeiten wie möglich bereitet, besonders Widerspenstige indes in plumpe hölzerne Fesseln gelegt und zum Weitermarsch Unfähige kalten Blutes abgeschlachtet.

Aber dieser Handel verschwindet ins Unbedeutende gegen den, welcher nach der Ostküste seinen Weg nimmt und dazu dient, das mohammedanische Westasien zu versorgen. Gegenwärtig gibt es drei Hauptzentren, aus denen Sklavenausfuhr stattfindet: der Sudân, südlich von der Sahara, das Nilbecken bis zu den großen Seen, endlich die östlichsten Teile des Kongostaates mit den Nyassadistrikten. Vom Sudân gehen die erbeuteten Sklaven meist nach Marokko und Tripolis, wie schon gezeigt wurde, ein Teil auch nach Ägypten und übers Rote Meer nach Arabien. Dorthin wird auch die Beute der Raubzüge aus dem Nilbecken geführt. Hier haben die Sklavenräuber wieder freies Spiel, seitdem das ganze große Gebiet der Äquatorialprovinzen im Sudân bis zu den Quellen des Nils und seiner Nebenflüsse, den Gordon, Gessi und Emin vom Fluche der Sklavenhändler zu reinigen suchten, durch die große Bewegung des Mahdi wiederum eine Beute der Sklavenhändler geworden ist, welche das Land mit einem förmlichen Netz ihrer Seribas überziehen. Wie im N., so sind es auch weiter südlich mohammedanische, meist arabische oder doch dieser Nationalität sich zurechnende Individuen, welche den abscheulichen Handel betreiben. Nachdem die Araber an der Ostküste Afrikas und namentlich auch auf der Insel Sansibar sich festgesetzt hatten und durch die Forschungen der letzten Jahrzehnte das vordem unbekannte Innere immer mehr erschlossen worden war, ergoß sich ein wahrer Strom arabischer Kaufleute in die ungeheuern Landschaften zwischen den von Livingstone, Speke und Burton entdeckten Seen, dem Tanganjika, Mwutan und Ukerewe, und der Küste und dann über jene großen Binnenmeere hinaus nördlich, östlich und südlich in das Innere Afrikas. Livingstone traf schon 1859 am Ausfluß des Schire aus dem Nyassasee auf arabische Sklavenhändler, die aus dem damals großen Negerreich des Kazembe neben Elfenbein und Malachit auch zahlreiche Sklaven brachten. Bald danach wurde das Kazembereich von einer kleinen Macht arabischer Händler überfallen, gestürzt und der Kazembe selbst getötet. Wenige Monate nach Livingstone kam Roscher zum Nyassa. Er fand bereits ganze Landschaften durch die Sklavenjäger verwüstet. Noch schlimmer sah es aus, als Young 1867 zur Aufsuchung des verschollenen Livingstone am Schire erschien. Wissmann kam westwärts vom Tanganjika auf seiner ersten Durchquerung Afrikas durch schöne, von wohlhabenden Negerdörfern dicht besetzte Gegenden. Als er wenige Jahre später zum zweitenmal desselben Weges zog, starrte ihm überall die Öde der Verwüstung entgegen, tagelang ging der Marsch durch verlassene, halb zerstörte Dörfer und Pflanzungen. In derselben Weise sprechen sich die Berichte Stanleys aus, welcher trotzdem einen der berüchtigtsten Sklavenhändler, Tippu Tip, zum Gouverneur des obern Kongo einsetzte, allerdings unter dem Versprechen, daß er fortan dem Sklavenhandel entsage. Wie wenig dies Versprechen aber gehalten wurde, hat die Folge gezeigt. Die Hauptsitze der Araber am Kongo sind Nyangwe, Kassongo und weiter flußabwärts Singatini, gegenüber Stanley Falls. In den letzten Jahren sind sie auch in die Gegenden nördlich des Kongo gedrungen und suchen eine engere Verbindung mit den Arabern und Sklavenjägern des Sudâns. Schon ist im letzten Jahre von dort Elfenbein den Kongo herunter gekommen. Stanley konnte auf seiner letzten Reise bereits die Anwesenheit arabischer Sklavenjäger am mittlern Aruwimi feststellen; Barttelot hat gezeigt, daß das ganze Land zwischen der Fallsstation und dem untern Aruwimi von arabischen Lagern besetzt ist, und daß die Araber schon über den Rubi (Itimbiri) nach dem Ubangi gedrungen sind, während Jameson nachwies, daß die Araber den Spuren Stanleys folgten und Stationen längs seiner Route anlegten, welche sie mit ansehnlicher Truppenmacht besetzten. Kapitän Trivier fand die Araber bereits am rechten Ufer des Aruwimi. Heute bedrohen sie schon Djabbir, eine der erst ganz kürzlich durch Van Gèle am Uëlle gegründeten Stationen des Kongostaates. Hier berühren sich die Sansibar-Araber mit den Sudanesen. Nach neuesten wiederholten Meldungen beabsichtigen die Araber das ganze Land den Kongo abwärts bis Bangala in Besitz zu nehmen, um im Falle eines Zerwürfnisses mit dem Kongostaat einen genügenden Rückhalt zu haben; sie suchen auch das linke Kongoufer in ihre Gewalt zu bekommen. Tippu Tips Hauptquartiere sind Singatini und Kassongo, andre große Araberhäuptlinge sind Said bin Abéde (in Nyangwe), Mohamed bin Hamed, Said bin Habib, Riba Riba u. a. Nyangwe besteht aus drei Dörfern; das nördlich gelegene ist zum großen Teil von Ansiedlern aus Bagamoyo bewohnt und Muni Muharra unterthan, dem Stellvertreter eines mächtigen Häuptlings in Bagamoyo. In dem mittlern und südlichen wohnen Sansibar-Araber, welche über den Lomami bis zum Sankuru vorgedrungen sind, ihrerseits wieder die Sklaven jagenden Bassongahäuptlinge verdrängend. Der Kongostaat zeigte früher oft eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Vordringen der Araber. Er hat jeden Konflikt vermieden, aber im Hinblick auf die ihm selbst drohende Gefahr neuerdings eine starke militärische Organisation am obern Kongo geschaffen. In der Bangalastation wurde ein großes Waffen- und Munitionslager errichtet und mit drei Maximgeschützen und 16 Bronzekanonen ausgerüstet. Zugleich wurde eine einheimische Miliz eingerichtet und einer der Dampfer des Kongostaates als ein Kanonenboot armiert. Weiter aufwärts wurden in Upoto und Jambiga Beobachtungsstationen und am Zusammenfluß des Kongo und Aruwimi ein zweites, stark befestigtes Lager, Basoko, errichtet und mit 10 Europäern und 400 Haussa- und Bangalasoldaten besetzt, während der Fluß durch einen bewaffneten Dampfer beherrscht wird. Von dort werden die nördlichen Stationen Ibembo, Akuettana, Likatu, Djabbir bis zum Uëlle unterstützt. Im mittern Gebiet sind besonders gute Stützpunkte die Stationen Luluaburg, Lusambo und Bena Kamba, das letzte am Lomami gelegen und nur einen kurzen Marsch vom Kongo entfernt. Den Hauptstoß gegen die Sklaven jagenden Araber zwischen Kongo und Uëlle scheint die Expedition van Kerkhoven führen zu sollen, welche aus 20 Europäern und 300 Soldaten aus Ägypten besteht und von Bangala aufgebrochen ist, um zwischen [843] Rubi und Aruwimi zu operieren. Kapitän Ponthus wurde Mitte 1891 mit einer starken Truppe ausgeschickt, um zwischen Kongo und Uëlle eine Linie von Stationen zum Schutz gegen die Einfälle der Araber anzulegen. Ebenso sind auf beiden Seiten des obern und untern Kongo Ansiedelungen befreiter Schwarzen in ähnlicher Weise geplant, wie es die Franzosen am Senegal gethan haben, um feste Kristallisationspunkte zu schaffen. Kapitän Joubert, ein früherer päpstlicher Zuave, war 1880 nach Ostafrika gekommen als Führer der Bedeckungsmannschaften für die Karawanen der weißen Väter und hatte sie dann in Kibanga am Tanganjika beschützt. Als die Verwaltung des Kongostaates beschloß, ihre Thätigkeit auf das unmittelbare Kongogebiet zu beschränken, und die Station Mpala den weißen Vätern 1885 übergab, gestaltete die Lage sich dort sehr kritisch, so daß Joubert, welcher sich zur Erholung in Frankreich befand, vom Kardinal Lavigerie zum Kommandanten von Mpala ernannt wurde. Er begab sich sofort auf seinen Posten, legte etwas südlich von Mpala einen neuen Posten, Saint Louis, an und beabsichtigte, auch bei Mtowa, von wo die Sklavenkarawanen nach Udschidschi hinübersetzen, eine Station zu errichten. Die weißen Väter haben ihren Hauptsitz in Karema, wo Joubert eine Schutzmacht von frühern Sklaven herangebildet hat. Da er aber durch die Feindseligkeit der Araber in arge Bedrängnis geriet, so entsandte die belgische Antisklavereigesellschaft, welche auch in Bena Kamba zwei Offiziere stationieren will, eine Karawane unter dem belgischen Leutnant Jacques, welcher ihm von der Ostküste aus Hilfe bringen soll.

In Deutsch-Ostafrika ist trotz des energischen Einschreitens v. Wissmanns der Sklavenhandel nicht aus der Welt geschafft. Nach einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Stationschefs, Leutnant Sigl, sind noch heute sämtliche Araber und alle freien Leute in Uniamwesi, von den Sultanen bis zu deren Leuten, Sklavenhändler oder dienen direkt oder indirekt als Agenten für den Sklavenhandel. Insbesondere bilden Tabora mit all den zahlreichen zerstreut liegenden Araber- und Wangwaner-Temben und -Häusern sowie die sämtlichen Ortschaften des Sultans von Unjamjembe den Zentrallager- und Sammelplatz nicht nur für den Elfenbeinhandel, sondern ganz besonders für den Sklavenhandel. Nachdem die Sklaven in den geschlossenen, festungsartigen Temben bei guter Verpflegung das ausschweifendste Leben geführt haben, gehen sie willig und ohne Ketten nötig zu haben als Träger, Haushaltssklaven u. a. zur Küste. Da man durch aufgetischte Schauermärchen den Sklaven gegen den Europäer und dessen Regierung eingenommen hat, so will der größte Teil der Sklaven gar nicht vom Europäer befreit sein. Ihm sagt das Leben in Araberhäusern viel mehr zu als freie regelmäßige Lohnarbeit und Selbstversorgung im Dienste des Europäers. Von Tabora werden die Sklaven in das Hinterland von Pangani bis Dar es Salaam, besonders in das Hinterland von Saadani und Bagamoyo in den Landschaften Usegua und Nguru gebracht, um von dort einzeln in die nicht besetzten kleinen Küstenplätze geführt und von da weiter heimlicherweise verschifft zu werden. Der Araber nimmt den Sklaven erst an seinem Bestimmungsorte in Empfang. Aber auch wenn die Ausfuhr von Sklaven über See verhindert werden könnte, wird nach der Ansicht von Afrikakennern Sklavenhandel so lange bestehen, als Araber und Eingeborne Negerhandel treiben und im Lande Haushaltssklaven und Vielweiberei der Verhältnisse wegen geduldet werden müssen.

Der Sultan von Sansibar hatte bereits 1876 verboten, daß Sklaven von den Nyassaländern, aus dem Yaogebiet und andern Landesteilen Ostafrikas nach der Küste gebracht würden und mit Beschlagnahme aller solcher Sklaven gedroht. Da die Araber aber diesen Befehl als rechtswidrig ansahen, so blieb er ein toter Buchstabe. Nachdem aber Sansibar unter englisches Protektorat getreten ist und deutsche wie englische Kriegsschiffe die Küste bewachen, hat der Sklavenhandel sehr abgenommen. Nach dem Bericht des an der ostafrikan. Küste stationierten Admirals Fremantle wurden 1890 an den Küsten von Sansibar und Pemba 12 arabische Dhaus beschlagnahmt, deren Bemannung verurteilt und 194 Sklaven befreit. Während eine Unterdrückung des Sklavenhandels hier möglich erscheint, erweist sie sich im Golf von Tadschurra und an den Küsten des Roten Meeres als sehr schwierig. Soweit bekannt, wird derselbe dort noch in demselben Umfang betrieben wie früher. Die Karawanen kommen weit aus dem Innern zur Küste und legen oft einen drei- bis vierwöchigen Marsch zurück. Sie ziehen an der Nordküste des afrikanischen Festlandes entlang und erspähen eine günstige Gelegenheit, um nachts nach den Marktplätzen an der arabischen Küste überzusetzen. Man glaubt, daß nicht weniger als 2000–3000 Sklaven auf diese Weise jährlich Arabien erreichen. Mit Hilfe des Telegraphen, von Eilboten und Segelschiffen unterhalten die Sklavenhändler längs und zwischen den Küsten ein vollständiges Nachrichtensystem, durch welches die Bewegungen der britischen Kreuzer sofort überall bekannt werden. Dagegen wird portugiesischerseits gegenwärtig alles gethan, um die Sklavenausfuhr über See zu verhindern.

Die Brüsseler Antisklavereiakte etc.

Das Bestreben der europäischen Mächte, den Sklavenhandel über See zu unterdrücken, datiert aus den ersten Jahren unsers Jahrhunderts. Hatten die Verträge von Wien und Verona die Grundsätze der Bekämpfung des Sklavenhandels ganz allgemein aufgestellt, der Vertrag von 1841, bez. 1879 aber eine Ausführung jener Grundsätze eingeleitet, so stellt sich das Verhältnis des Berliner Vertrages von 1885 zu den Ergebnissen der Brüsseler Konferenz vom 18. Nov. 1889 bis 2. Juli 1890 ebenso. Der Berliner Kongovertrag enthält nämlich das Prinzip, wonach der Sklavenhandel und alle Veranstaltungen, welche, zu Lande oder zur See, diesem Sklaven zuführen, als verboten und völkerrechtswidrig anzusehen seien, und gibt nur einige wenige Andeutungen über die Art und Weise, wie jenes Verbot, insbesondere innerhalb des vertragsmäßigen Kongobeckens, durchzuführen sei. Die Konferenzakte vom 2. Juli 1890 jedoch stellt in bindender Weise eine ganze Reihe von Einzelmaßregeln fest, deren Zweck die Unterdrückung des Sklavenhandels in dem ganzen weiten Gebiet ist, in dem er heute noch vorkommt. Während der Vertrag von 1841 als geographische Grenze der damals vorgesehenen Maßregeln den 32.° nördl. Br. und den 45.° südl. Br., die Ostküste von Amerika zwischen diesen beiden Graden und dem 80.° östl. L. v. Gr., bez. die Ostküste von Vorderindien festsetzt, beschränkt sich der Vertrag von Brüssel auf die Küste von Ostafrika und Arabien, und zwar so, daß eine neue Zone entsteht, begrenzt auf der einen Seite von den Küsten des Indischen Ozeans (einschließlich derjenigen des Persischen Meerbusens und des Roten Meeres), von Belutschistan bis zum Kap von Tangalane (Quilimane), und anderseits von einer konventionellen [844] Linie, welche zunächst dem Meridian von Tangalane bis zu dessen Schnittpunkt mit dem 26.° südl. Br. folgt, sich hierauf mit diesem Parallelkreis vereinigt und dann östlich um die Insel Madagasgar führt, 20 Meilen von deren Ost- und Nordküste entfernt, bis sie den Meridian des Kap Amber erreicht. Von diesem Punkte aus wird die Grenze der Zone durch eine in schräger Richtung nach der Küste von Belutschistan zurückführende Linie bestimmt, welche in einer Entfernung von 20 Meilen vom Kap Ras el-Had vorbeiführt. Leider ist die mittelländische Küste hierbei nicht eingeschlossen. Früher hatten nur einzelne, besonders dazu ermächtigte Kreuzer das Anhalterecht verdächtiger Schiffe, nach dem Brüsseler Vertrag von 1890 sind die Kriegsschiffe der 17 Signatarmächte (Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien, Italien, Rußland, Türkei, Belgien, Dänemark, Spanien, Nordamerikanische Union, Niederlande, Portugal, Schweden-Norwegen, Kongostaat, Persien, Sansibar) befugt und verpflichtet, gegen verdächtige Schiffe vorzugehen. Doch erstreckt sich das Durchsuchungsrecht nur auf Schiffe von weniger als 500 Ton. Gehalt. Darunter fallen gerade die arabischen Dhaus, welche hauptsächlich zum Sklavenhandel verwendet werden, nicht aber die großen ozeanischen Schiffe, für welche das droit de visite besonders lästig wäre.

Neben der Bekämpfung des Sklavenhandels machte es sich die Konferenz zur Aufgabe, die eingeborne Bevölkerung von Afrika wirksam zu schützen und diesem Weltteil die Wohlthaten des Friedens und der Zivilisation zu sichern. Als Maßregeln zur Bekämpfung des Sklavenhandels im Innern von Afrika sind in Aussicht genommen worden die allmähliche Organisation des Verwaltungs- und Gerichtsdienstes sowie der militärischen und religiösen Angelegenheiten innerhalb der Gebietsteile, welche der Herrschaft oder dem Protektorat der zivilisierten Nationen unterstehen; die allmähliche Einrichtung von festen, militärischen Stationen innerhalb der Gebiete, wo Jagden auf Sklaven stattfinden, die Schaffung von Wegen und Eisenbahnen zur Verbindung des Innern, besonders der Seen, mit der Küste, die Einrichtung von Dampfschiffahrten auf den Seen im Innern, die Schaffung von telegraphischen Verbindungen, die Organisation von Expeditionen und mobilen Kolonnen zur Aufrechterhaltung der Verbindung der Stationen untereinander und mit der Küste; endlich die Beschränkung der Einfuhr von Feuerwaffen neuerer Konstruktion und der dazu gehörigen Munition. Die erwähnten festen Stationen sollen außerdem als Zufluchtsorte, insbesondere für die eingeborne Bevölkerung, dienen, Handelsunternehmungen unterstützen und schützen, aber auch deren Verkehr mit den Eingebornen überwachen, ferner die Missionen aller Kulte beschützen und den Sanitätsdienst sowie die Erforschungsthätigkeit fördern.

Vor allem verpflichteten sich die beteiligten Staaten, Strafbestimmungen gegen Menschenjagd, Sklavenhandel und -Transport sowie gewerbsmäßige Kastration in möglichster Bälde zu schaffen, soweit solche nicht schon bestehen; eine Folge dieser Bestimmung ist der am 2. Juli 1891 dem deutschen Reichstag vorgelegte Entwurf zu einem Gesetz, betreffend die Bestrafung des Sklavenhandels. Werden Sklaventransporte im Innern angehalten oder auseinander gesprengt, so sollen die Sklaven in Freiheit gesetzt und, wenn irgend möglich, in ihre Heimat zurückgeschafft werden; auf Wunsch ist ihnen jedoch auch Unterstützung zu gewähren, sich anderweitig aufzuhalten und niederzulassen. Sonstige flüchtige Sklaven finden auf den Stationen und den Staatsschiffen Aufnahme zum Schutze gegen ihre Verfolger. Das Verbot der Einfuhr von modernen Feuerwaffen erstreckt sich auf das Gebiet zwischen dem 20.° nördl. Br. und dem 22.° südl. Br. einerseits und zwischen dem Atlantischen und dem Indischen Ozean, einschließlich der bis 100 Seemeilen von der Küste entfernt gelegenen Inseln, anderseits. Ausgenommen von diesem Verbote sind selbstverständlich die zur Ausrüstung der Truppen und sonstigen Organe der Vertragsstaaten sowie für Forschungsexpeditionen erforderlichen Waffen, und außerdem kann in besondern Fällen in Ansehung bestimmter Personen Dispens erteilt werden. Zur Sicherung gegen jeglichen Mißbrauch sind alle Waffeneinfuhren in öffentliche Lager zu bringen, aus welchen sie nur mit Erlaubnis der Lokalregierung entnommen werden dürfen. Um dem Sklavenhandel und -Transport zu Lande ein Ziel zu setzen, sind die von den Sklavenhändlern gewöhnlich eingeschlagenen Wege genau zu überwachen, zum Abfangen etwaniger Transporte und zur Befreiung der Sklaven Posten aufzustellen, die Häfen und Küstenstriche, von denen aus Sklaven zur Zeit verschifft werden, streng zu kontrollieren und jeder, der einmal wegen Verstoßes gegen die einschlägigen Prohibitivbestimmungen bestraft worden ist, vor seiner Zulassung zu weitern kaufmännischen Unternehmungen in Sklavenhandelsgegenden zur Stellung einer Kaution anzuhalten.

Besondere Schwierigkeiten boten die Verhandlungen über die Aufstellung geeigneter Grundsätze zur Unterdrückung des Sklavenhandels zur See. Hier traten die Traditionen der zwei Seemächte England und Frankreich in offenen Widerspruch zu einander. Während früher England eine Reihe von Staaten dazu bewogen hatte, in Staatsverträgen ihm das Recht einzuräumen, innerhalb der Region des Sklavenhandels Schiffe, die ihre Flagge führen, nach Sklaven durchsuchen zu lassen, hat von jeher Frankreich sich der Einräumung eines solchen Vorrechts an eine andre Macht widersetzt, ein solches auch nicht für sich beansprucht. Nach längern Verhandlungen gelang es endlich, die Zustimmung aller Vertragsmächte dafür zu gewinnen, daß die bestehenden einschlägigen Verträge im allgemeinen aufrecht zu erhalten seien, während hinsichtlich der Fahrzeuge solcher Staaten, die keinen bezüglichen Vertrag eingegangen haben, lediglich die beschränktere Befugnis der Prüfung der Schiffspapiere zugestanden wurde.

Das Hauptgewicht ist zu legen auf Maßregeln gegen die mißbräuchliche Führung der Flagge eines der Vertragsstaaten durch einheimische Fahrzeuge, weshalb einerseits eine genaue Kontrolle hierüber und anderseits genaue Bestimmungen über die Verleihung der Befugnis zur Flaggenführung und der Erteilung von Flaggenattesten vereinbart wurden. Selbstverständlich bringt jeder vollendete oder versuchte Akt des Sklavenhandels die Entziehung des Rechtes zur Flaggenführung mit sich. So oft der Kommandant eines Kriegsschiffes einer der Vertragsmächte Verdacht schöpft, daß ein Fahrzeug des genannten Tonnengehaltes sich mit Sklavenhandel abgebe oder eine Flagge ohne Befugnis führe, darf er dasselbe anhalten und dessen Schiffspapiere, besonders Flaggenatteste, besichtigen. Zeigt sich jener Verdacht als begründet, so wird das Schiff in den nächsten Hafen geführt, in welchem sich eine Behörde desjenigen Staates befindet, dessen Flagge das Fahrzeug geheißt hatte. Die Untersuchung und Aburteilung [845] des Falles erfolgt nach der Gesetzgebung der einzelnen Staaten. Im Fall eines Schuldigspruches verfällt das Schiff dem Beschlagnehmer; etwanige darauf befindliche Sklaven werden freigelassen. Um jedoch gegen Übereifer Garantien zu bieten, bestimmt die Generalakte, daß bei unberechtigter Festnahme das Schiff sofort freigegeben und der Beschlagnehmer für den durch ihn verschuldeten Schaden aufzukommen verpflichtet ist. Ein weiteres Mittel gegen den Sklavenhandel bildet die strenge Überwachung und Hintanhaltung der Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr afrikanischer Sklaven in solchen Ländern, wo noch die Haussklaverei besteht. Etwa hierbei aufgegriffene Sklaven werden in Freiheit gesetzt und ihnen Freiheitsbriefe behändigt, ebenso jenen flüchtigen Sklaven, welche die Grenze des Gebietes eines der Vertragsstaaten erreichen. Zur Durchführung dieser Grundsätze wurde in der Türkei bereits unterm 4. (16.) Dez. 1889 ein Gesetz erlassen, dem der Schah von Persien und der Sultan von Sansibar ihre werkdienliche Unterstützung zugesagt haben. Besonders sollen Sklavenbefreiungsbüreaus in denjenigen Ländern errichtet werden, nach welchen gewöhnlich der Sklavenhandel stattfindet.

Zur Sicherung und Beförderung aller vorerwähnten Maßregeln wird auf Kosten der Vertragsmächte und zusammengesetzt aus Vertretern derselben ein internationales Büreau in Sansibar errichtet, welches als Zentral- und Mitteilungsstelle für alle die Unterdrückung des Sklavenhandels betreffenden Vorkommnisse und Maßregeln zu dienen hat. Zu diesem Büreau können an verschiedenen Orten Nebenbüreaus geschaffen werden. Das Hauptbüreau in Sansibar hat jährlich über seine und der Nebenbüreaus Thätigkeit Bericht zu erstatten. Derselbe ist vorzulegen einem weitern internationalen Büreau, welches, wiederum auf Kosten der Vertragsmächte, beim Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Brüssel errichtet wird, und welchem seitens der verschiedenen Staaten die zur Ausführung der Generalakte bestimmten Gesetze und Verordnungen sowie statistische Mitteilungen über den Sklavenhandel, insbesondere die Zahl der angehaltenen und in Freiheit gesetzten Sklaven, sowie über den Verkehr mit Waffen und Spirituosen übermittelt werden. Die eingehenden Schriftstücke werden gesammelt und in bestimmten Zwischenräumen publiziert sowie den sämtlichen Signatarmächten zugesendet. Zur Hebung der eingebornen Bevölkerung Afrikas sollen endlich auch Maßregeln behufs Beschränkung des Handels mit Spirituosen getroffen werden, und zwar innerhalb der gleichen Zone, für welche der Verkehr mit modernen Feuerwaffen besondern Vorschriften unterstellt ist. In diejenigen Gebietsteile, in welchen der Gebrauch von Spirituosen zur Zeit noch nicht üblich ist, bleibt die Einfuhr derselben gänzlich untersagt. Nur für nicht eingeborne Personen kann aus besondern Gründen eine Ausnahme gestattet werden. In den übrigen Gebietsteilen soll ein Mißbrauch mit Spirituosen durch Auferlegung von Einfuhrzöllen von nach und nach ansteigender Höhe verhindert werden. Auch die hierauf bezüglichen Anordnungen werden dem internationalen Büreau in Brüssel zur Publikation mitgeteilt.

Den Mächten, welche sich an der Konferenz nicht beteiligt haben, ist der Beitritt zur Generalakte vorbehalten. Gemäß einer der Generalakte beigefügten Deklaration, welche die an der Berliner Generalakte über die Verhältnisse im Kongobecken vom 26. Februar 1885 beteiligten Mächte vereinbart haben, können innerhalb des Kongobeckens zur Aufbringung der Mittel für die Durchführung der Antisklavereiakte Einfuhrzölle bis zur Höhe von 10 Proz. des Wertes erhoben werden; jedoch sind hierbei Differential- und Transitzölle ausgeschlossen, die Zollformalitäten möglichst zu vereinfachen und Handelsunternehmungen thunlichst zu begünstigen. Wenn auch die heilsamen Folgen, welche sich die kontrahierenden Mächte von den Bestimmungen der Generalakte erhoffen, voraussichtlich nicht schon in der allernächsten Zeit zu Tage treten werden, so ist doch vor allem zu begrüßen, daß über eine so große Zahl von schwierigen und weittragenden Fragen eine Einigkeit unter den wichtigsten Staaten der Welt erzielt werden konnte; und es steht zu hoffen, daß durch das gemeinsame, ernstliche Streben in noch absehbarer Zeit die Schmach und Geißel der Menschheit, der Sklavenhandel, mehr und mehr eingedämmt und seiner gänzlichen Ausrottung entgegengeführt werden können.

Da die bestehenden Bestimmungen des Deutschen Reichsstrafgesetzbuches für die Aufgaben nicht ausreichen, welche dem Reiche bezüglich der Bekämpfung des Sklavenhandels in dem ostafrikanischen Schutzgebiet, dessen Hinterland und den benachbarten Meeresteilen zugefallen ist, so war es zur Ausfüllung dieser Lücken erforderlich, den Weg der Reichsgesetzgebung zu beschreiten. Der oben erwähnte, dem Bundesrat vorgelegte Gesetzentwurf bedroht Veranstalter und Anführer von Sklavenjagden mit Zuchthaus von 3 Jahren aufwärts. Kommt bei solchen Jagden ein Todesfall vor, so büßen alle Teilnehmer der Jagd mit Zuchthaus nicht unter 3 Jahren. Ebenso wird Sklavenhandel und alles, was damit zusammenhängt, mit Zuchthaus bestraft. Bei mildernden Umständen darf auf Gefängnis, jedoch nicht unter 3 Monaten, erkannt werden. Neben der Freiheitsstrafe ist Verhängung von Polizeiaufsicht statthaft. Wer den kaiserlichen Verordnungen zur Verhütung des Sklavenhandels zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu 6000 Mk. oder mit Gefängnis bestraft. Die Bestimmung des Strafgesetzbuches über die Verfolgung im Ausland begangener Verbrechen findet auch auf Sklavenjagd und Sklavenhandel statt. Zur Bekämpfung des Sklavenhandels wurde in Deutschland eine Antisklavereilotterie ins Werk gesetzt, deren Gewinn man auf 1,824,000 Mk. bemessen hat. Als wirksamstes Mittel zur Bekämpfung der Sklavenjagden und des Sklavenhandels beschloß man zunächst die Indienststellung von Dampfern und Schnellseglern auf den großen ostafrikanischen Seen, insbesondere auf dem Victoria und Tanganjika, und dem entsprechend die Sendung einer Expedition nach dem Victoriasee, um dessen Tiefen- und Küstenverhältnisse in den zunächst in Betracht kommenden Teilen zu untersuchen und festzustellen. Vgl. „Actes de la conférence de Bruxelles 1889–90 et la traite des esclaves en Afrique“ (Brüss. 1890, 3 Tle.); Klein, Le cardinal Lavigerie et ses œuvres d’Afrique (Par. 1890); Scarsez de Locqueneuille, L’esclavage, ses promoteurs et ses adversaires (Lüttich 1890); Lacour, L’esclavage africain (Dünkirchen 1890); Ebeling, Die S. von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Paderb. 1889).