Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Republīk“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 739
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Republīk. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 739. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Republ%C4%ABk (Version vom 14.09.2022)

[739] Republīk (v. lat. res publica, „Gemeinwesen“, Freistaat), Volksherrschaft im Gegensatz zur Einherrschaft oder Monarchie. Die republikanische Staatsverfassung legt der Gesamtheit des Volkes die Souveränität (Volkssouveränität) bei, während diese in monarchischen Staaten einem Einzelnen, dem Fürsten (Fürstensouveränität), zusteht. Je nachdem nun aber in einer R. die Regierungsgewalt von einer bevorzugten Klasse des Volles in dessen Namen oder wirklich von der Gesamtheit der Staatsangehörigen ausgeübt wird, unterscheidet man wiederum zwischen Aristokratie (s. d.) und Demokratie (s. d.). Während jedoch nach den demokratischen Staatsverfassungen des Altertums, z. B. in Athen, wirklich die Gesamtheit des Volkes in den Volksversammlungen über die wichtigern Staatsangelegenheiten entschied (unmittelbare, antike Demokratie), übt das Volk in der modernen Demokratie nur mittelbar durch seine Volksvertreter und durch die von ihm gewählten Organe die Staatsgewalt aus (repräsentative Demokratie). Da nun für die Aristokratien des Altertums und des Mittelalters in dem modernen Staat kein Raum mehr ist, und da auch die unmittelbare Demokratie sich, abgesehen von wenigen Bergkantonen der Schweiz, nicht mehr findet, so kann man die repräsentative Demokratie als die moderne R. bezeichnen. Diese repräsentative R. gelangte namentlich in Nordamerika zur Ausbildung, indem sie hier aus den von England mit herübergebrachten Ideen und Grundsätzen der monarchisch-aristokratischen Repräsentativverfassung hervorging. Das amerikanische Vorbild fand dann in Frankreich Nachahmung, woselbst nach dem Sturz Napoleons III. wiederum eine repräsentative R. errichtet ist. Auch der Schweizer Bundesstaat hat eine repräsentativ-republikanische Verfassung, wie denn auch dort die meisten einzelnen Kantone eine solche angenommen haben. Unter der Bezeichnung rote R. versteht man die von dem äußersten Radikalismus angestrebte R. mit absoluter Gleichstellung der Individuen (soziale R.), welche nötigen Falls mit blutiger Gewalt (daher der Name) verwirklicht werden soll; scherzhaft auch als „das rote Gespenst“ (nach einer 1851 erschienenen Broschüre von Romieu: „Le spectre rouge de 1852“) bezeichnet. Vgl. die statistische Übersicht bei Bevölkerung: „Staats- und Regierungsformen“ (mit Karte).