Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Panzerlafetten“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 17 (Supplement, 1890), Seite 638639
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Panzerlafetten. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 17, Seite 638–639. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Panzerlafetten (Version vom 17.11.2022)

[638]  Panzerlafetten. Die vernichtende Wirkung der Brisanzgeschosse (s. d., Bd. 17) machte einen hinreichenden Schutz der in Festungen bisher auf dem Wall oder in Batterien nach obenhin ungedeckt aufgestellten Geschütze notwendig, um sie zu einem nachhaltigen Kampf mit der Belagerungsartillerie zu befähigen. Zu diesem Zweck sind vom Oberstleutnant a. D. Schumann Panzerstände mit Kuppeldecke für Geschütze verschiedenen Kalibers konstruiert worden, welche vom Grusonwerk in Buckau bei Magdeburg ausgeführt sind. Die Panzerstände sind grundsätzlich nur für ein Geschütz eingerichtet, welches keinen Rücklauf hat und seine Seitenrichtung durch Drehen der Panzerkuppel erhält, mit welcher es derart fest verbaut ist, daß es nur die Bewegungen für die Höhenrichtung gestattet, weshalb dieselben P. genannt wurden. Die Panzerdecke fängt daher auch den Rückstoß des Geschützes auf. Die Aufhebung des Rücklaufs gestattet die Verwendung von Schnellfeuergeschützen in den P., so daß die Feuerkraft des einzelnen [639] Geschützes außerordentlich gewonnen hat. Die für das Gefecht bestimmten Geschütze kleinern Kalibers (3,7 und 5,3 cm) liegen in fahrbaren P. (Fig. 1)

Fig. 1. Fahrbare Panzerlafette für 3,7 und 5,3 cm Schnellfeuerkanonen.

und sollen im Vorgelände von Festungswerken, in der Brustwehr von Schützengräben etc. bis zur Panzerkuppel eingegraben werden, nachdem der Panzerstand

Fig. 2. Panzerstand für 12 cm Mörser.

von den Trageschienen des zweiräderigen Transportwagens heruntergefahren ist. Die fahrbaren 3,7 cm P. wiegen 20, die 5,3 cm 52 Ztr. mit Geschütz und können in der Minute 40 Schüsse abgeben. Die für den eigentlichen Artilleriekampf bestimmten Geschütze größern Kalibers, 5,3 und 12 cm Kanone und 12 cm Schnellfeuerhaubitze, liegen in P. mit versenkbarer Panzerdecke, versenkbare P. genannt. Durch eine Hebevorrichtung wird die Panzerdecke zum Schuß gehoben und nach dem Schusse sofort so weit versenkt, daß der Rand der Panzerdecke sich auf den Rand des Verpanzerringes legt. Da vom Augenblick des Schusses bis zum beendeten Versenken nur etwa 3 Sekunden Zeit vergehen, so ist das beabsichtigte Treffen des Geschützes ausgeschlossen. Die Kuppeln der fahrbaren P., der sogen. Schützengrabenpanzer, leisten Widerstand gegen alle Geschosse der Feldartillerie und gewöhnliche 15 cm Granaten, die der versenkbaren P. auch gegen 15 cm Brisanzgeschosse. Die Panzermörser sind im mittlern Teil des Rohrs kugelförmig, so daß sie die Öffnung der flachen Panzerdecke, durch welche die Mündung des Mörsers hinausragt (Fig. 2), vollständig schließen. Der Mörser wird mit seinem Schildzapfenlager von einem Pivotständer getragen, in welchem er um einen Zapfen drehbar ist. Der Panzerstand für 21 cm Mörser ist eine Hartgußkuppel, deren Scheitelöffnung vom Mörser geschlossen wird. Die Kuppel ist bis in die Nähe des höchsten Punktes mit Beton bedeckt. Die versenkbaren P. und Mörserpanzerstände bedürfen eines Fundamentbaues aus Mauerwerk und Beton. Alle P. sind im Innern zur Aufnahme von Munition (100 bis 600 Schüsse) eingerichtet. Bei den Befestigungsneubauten in Belgien und um Bukarest kommen P. verschiedener Kaliber in großer Zahl zur Verwendung. Vgl. Schumann, Die P. und ihre fernere Entwickelung (in der „Internationalen Revue“, Juni 1886, Hannov.); Scheibert, Die Befestigungskunst und die Lehre vom Kampfe (4. Teil, Berl. 1888).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 695696
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[695] Panzerlafetten. Die zunehmende Bedeutung des Wurffeuers im Festungskrieg veranlaßte das Grusonwerk, sein System der P. durch eine 15 cm Haubitze zu ergänzen, deren Einrichtung sich im allgemeinen der der 12 cm Schnellfeuerhaubitze anschließt, welch letztere nebenstehend abgebildet ist. Das 13 Kaliber lange Haubitzrohr ruht nicht in Schildzapfen, sondern mit einem das Rohr muffenartig umschließenden Rohrträger a (Schumannsche Jacke) mit seitlichen Gleitstücken in kreisbogenförmigen Bahnen der Lafettenwände b,

12 cm Schnellfeuerhaubitze in Panzerlafette.

welche an der Unterhaut der gewölbten Panzerdecke z befestigt sind. Der ideale Drehpunkt des Rohres bei der Höhenrichtung liegt etwa in der Schartenmitte. Das Rohr ruht auf dem Zahnbogen d, an dessen unterm Ende bei r ein Stahldrahtband befestigt ist, welches über die Rolle c gleitet und unten ein das Rohr nahezu ausbalancierendes Gewicht i trägt. Das Heben des Rohres ist dadurch so erleichtert, daß ein Mann dasselbe mittels Handrades pro Sekunde um 1° hebt. Durch den Hebel h läßt es sich in jeder Lage festbremsen. Größte und kleinste Höhenrichtung betragen 35 und +5°. Die 10 cm dicke schmiedeeiserne Panzerdecke mit Lafette und Rohr ruht mittels Spurzapfen u auf der im Pivotbock e senkrecht verschiebbaren hohlen Pivotsäule s. Durch Drehen des Handrades o wird der Hebel f angezogen und die Panzerdecke so viel vom Vorpanzer p abgehoben [696] (5 mm), daß das Drehen der Kuppel für die Seitenrichtung mittels Handrades, welches in den Zahnkranz g eingreift, erfolgen kann. In 15 Sekunden dreht ein Mann die Kuppel einmal herum. Zur Bedienung genügen zwei Mann, ein Mann zum Öffnen, Schließen und Abfeuern, ein Mann zum Laden und Richten. Feuergeschwindigkeit 12–15 Schuß in der Minute. Das Rohr wiegt 500, die Eisenkonstruktion mit Vorpanzer 18,000 kg. Der Panzerstand der 15 cm Haubitze hat ein als Munitionsmagazin dienendes unteres Stockwerk, in welchem auch das Anheben der Panzerdecke erfolgt. Die Munition wird mittels Geschoßaufzugs in den obern Raum gehoben. Schießversuche haben gezeigt, daß ohne Nachteil mit vom Vorpanzer abgehobener Panzerdecke geschossen werden kann. Die 12 cm Haubitze erreicht bei 35° mit 1,25 kg Ladung 5700 m Schußweite. Bei den versenkbaren P. der 5,3 und 12 cm Schnellfeuerkanonen ruht die Panzerdecke auf einem niedrigen, senkrechten Cylinder mit Stahlpanzer, in welchen die Geschützscharte eingeschnitten ist. Zum Laden wird die Panzerdecke auf den Vorpanzer herabgelassen, zum Feuern mit der Scharte über denselben angehoben.