MKL1888:Brisanzgeschosse

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Brisanzgeschosse“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 17 (Supplement, 1890), Seite 169
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Brisanzgeschosse. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 17, Seite 169. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Brisanzgeschosse (Version vom 02.11.2024)

[169]  Brisanzgeschosse, die mit brisanten Sprengstoffen (Dynamit, Melinit, Schießwolle) gefüllten Artilleriegeschosse. Langjährige Versuche mit solchen Geschossen blieben erfolglos, weil die Sprengstoffe durch den Stoß, den das Geschoß im Geschütz erhielt, meist schon im Rohr entzündet wurden und Geschoß u. Rohr zersprengten. Artillerieleutnant Zalinski in New York verwendete zur Verminderung des Stoßes als Triebkraft bei seiner Dynamitkanone (s. Geschütz, Bd. 17) verdichtete Luft und gab dem mit großen Ladungen Dynamit oder Nitroglycerin gefüllten Geschossen am Boden einen elastischen Puffer. Auch in Frankreich gelang es nach mehrjährigen Versuchen, mit Melinit gefüllte B. zu schießen. Ihre Einrichtung ist unbekannt. In Deutschland, wo man die Schießwolle zur Verwendung als Sprengstoff mit Erfolg vervollkommt, gelang es dem Direktor der Schießwollfabrik in Walsrode, v. Förster, mit Schießwolle gefüllten Granaten die gleiche Sicherheit zu geben wie mit Pulver gefüllten. Die Schießwolle wird in Scheiben, Cylindern oder Prismen mit 15–25 Proz. Wasser angefeuchtet und dann zur Herstellung eines die Verdunstung des Wassers beschränkenden Überzugs von Kollodium in Essigäther getaucht. Die B. mit Körnerfüllung sind meist gußeiserne Granaten von 21/2–3 Kaliber Länge. Die Zwischenräume zwischen den Körnern sind mit einer geschmolzenen Mischung von Karnaubawachs und Paraffin ausgegossen. Zum Einschießen starker Gewölbedecken dienen 4–5 Kaliber Torpedogranaten aus Stahl mit abschraubbarem Kopf, welche mit Schießwollscheiben oder -Cylindern gefüllt sind. Die ungeheure Sprengwirkung der B. hat eine Umwälzung im Befestigungswesen und Festungskrieg (s. Festung u. Festungskrieg, Bd. 17) hervorgerufen. Vgl. v. Förster, Schießwolle in ihrer militärischen Verwendung (Berl. 1888).