Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Metamorphōse“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 531
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Metamorphōse. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 531. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Metamorph%C5%8Dse (Version vom 05.10.2022)

[531] Metamorphōse (griech.), jede „Verwandlung“ in eine andre Gestalt oder Umgestaltung, besonders in der Mythologie der Alten die zahlreichen Sagen von Verwandlungen Menschen in Tiere, Bäume, Quellen etc., die namentlich von gelehrten Dichtern des alexandrinischen Zeitalters und nach deren Vorbild von Ovid in seinem gleichnamigen Epos dichterisch behandelt wurden. – In der Zoologie versteht man unter M. diejenige Verwandlung, welche ein dem Ei entschlüpftes Tier in seiner Jugend durchmacht, ehe es die Form des Erwachsenen annimmt. Manche Tiere gehen aus dem Ei bereits vollendet hervor, erleiden also keine M.; die meisten jedoch sind zunächst den Erwachsenen mehr oder weniger unähnlich (sogen. Larven, z. B. Raupen der Schmetterlinge, Kaulquappen der Frösche) und erlangen erst allmählich die endgültige Gestalt, in welcher sie auf die Fortpflanzung bedacht sind. Besonders bekannt ist die M. bei den Insekten, bei welchen man von einer sogen. vollständigen M. (Larve, Puppe und Geschlechtstier oder Imago) und einer sogen. unvollständigen M. (mehrere nur wenig voneinander und von der Imago verschiedene Larvenformen) redet. Bei jeder M. werden gewisse überflüssig gewordene Teile abgeworfen oder treten andre bis dahin unthätige in Wirksamkeit (vgl. Insekten, S. 979). Regressive oder rückschreitende M. findet dann statt, wenn ein Tier, das in seiner Jugend auf höherer Organisationsstufe steht, nach und nach bei den Verwandlungen herabsinkt, also z. B. aus einem frei umherschwimmenden zu einem festgewachsenen, beinlosen Tier wird. Dies ist fast stets der Fall bei den seßhaften Schmarotzern aus dem Reich der niedern Tiere; unter ihnen gibt es Formen, die durch Parasitismus bis zu einem einfachen Sack voller Eier und Samen, sonst aber ohne irgend andre Organe reduziert sind. Vgl. Schmarotzer. – In der Botanik heißt M. die zuerst von Wolff ausgesprochene, von Goethe („Über die M. der Pflanze“, Gotha 1790) klarer ausgeführte Idee, welche in der Vielheit der Pflanzenformen nur Verwandlungen einiger weniger Grundorgane sieht, nämlich des Stengels und des Blattes, daher insbesondere die Blüten durch M. der Blätter eines Stengels erklärt (s. Blatt, S. 1017). Vgl. Wigand, Kritik und Geschichte der Lehre von der M. der Pflanze (Leipz. 1846). Rückschreitende M. (Anamorphose, s. d.) ist eine Mißbildung.