Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Menschenraub“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 479
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Menschenraub. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 479. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Menschenraub (Version vom 20.03.2024)

[479] Menschenraub (Plagĭum), das Verbrechen desjenigen, welcher sich eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt bemächtigt, um ihn in eine hilflose Lage zu versetzen und darin preiszugeben, oder um ihn in Sklaverei, Leibeigenschaft oder in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienste zu bringen. Das Verbrechen ist mit dem Bemächtigungsakt, d. h. damit vollendet, daß der Thäter den andern unter die eigne Macht unterwirft, so daß jenem die freie Selbstbestimmung entzogen wird. Die Strafe ist nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 234) Zuchthaus von 1 bis zu 15 Jahren. Das Strafgesetzbuch (§ 235) stellt aber mit dem M. noch das Vergehen desjenigen zusammen, welcher eine minderjährige Person durch List, Drohung oder Gewalt ihren Eltern oder Vormund widerrechtlich entzieht, obwohl hier das strafbare Moment nicht sowohl in der Freiheitsentziehung als vielmehr in der Vereitelung des Erziehungs- und Aufsichtsrechts der Eltern oder deren Stellvertreter liegt, so daß die That immerhin strafbar bleibt, wenn sie auch mit Einwilligung des Minderjährigen geschah. Auf eine Benachteiligung des Minderjährigen braucht dabei die Absicht nicht gerichtet zu sein. Die Strafe ist in diesem Fall Gefängnis von einem Tag bis zu 5 Jahren und, wenn die Handlung in der Absicht geschieht, um die minderjährige Person zum Betteln oder zu gewinnsüchtigen oder unsittlichen Zwecken oder Beschäftigungen zu gebrauchen, Zuchthaus bis zu 10 Jahren. Das österreichische Strafgesetzbuch (§ 90 f., 96 f.) bedroht den M. mit schwerer Kerkerstrafe von 5–10 und in schweren Fällen bis zu 20 Jahren. Dagegen fällt eine bloße widerrechtliche Entziehung der Freiheit nicht unter den Begriff des Menschenraubs (s. Gefangenhaltung). S. auch Entführung.