Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Martinez de la Rosa“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 298299
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Martinez de la Rosa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 298–299. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Martinez_de_la_Rosa (Version vom 18.01.2024)

[298] Martinez de la Rosa, Don Francisco, span. Staatsmann und Dichter, geb. 10. März 1789 zu Granada, ward 1808 Professor der Philosophie und Litteratur an der Universität daselbst. Während der Erhebung gegen die Franzosen benutzten ihn die Cortes zu einigen diplomatischen Missionen, unter andern nach London, wo M. ein Jahr blieb und sich mit dem Konstitutionalismus vertraut machte. Von dort aus feierte er den heldenmütigen Widerstand der Stadt Saragossa durch das epische Gedicht „Zaragoza“. 1813 trat er als Deputierter für Granada in die Cortes ein und wurde zum Präsidenten der Versammlung gewählt. Als eifriger Verteidiger der Konstitution wurde er nach der Rückkehr Ferdinands VII. ins Gefängnis gesetzt und nach zweijähriger Haft nach den Presidios von Gomera auf der afrikanischen Küste deportiert. Hier schrieb er sein Trauerspiel „Morayma“. Riegos Aufstand führte ihn 1820 nach Madrid zurück, wo er wiederum zum Präsidenten der Cortes ernannt wurde. Seine gemäßigte Haltung war die Ursache, daß ihm der König im Februar 1822 den Vorsitz in einem neuen Ministerium übertrug; doch gelang es M. nicht, die absolutistische und liberale Partei zu versöhnen, und bei einem Volksaufstand entging er nur mit Not dem Tod. Er legte daher sein Portefeuille nieder, ging bei der französischen Invasion 1823 nach Italien und lebte dann in Paris und London mit litterarischen Arbeiten beschäftigt. 1833 nach Spanien zurückgekehrt und Anfang 1834 mit dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten und dem Vorsitz im Kabinett betraut, erließ er 10. April 1834 das Estatuto real, welches die Verfassung von 1812 von ihren radikalen Bestandteilen reinigte, konnte aber den Karlistenkrieg nicht beendigen, erlangte auch von Frankreich die erbetene Intervention nicht und legte daher im Juni 1835 sein Ministerium nieder. Er war nun eins der hervorragendsten Mitglieder der Moderados in der Kammer, zog sich aber nach dem vollständigen Sieg der Anhänger der Verfassung von 1812 nach Paris zurück, wo er später den Gesandtschaftsposten bekleidete, den er dann mit dem in Rom vertauschte. Nach Spanien zurückgekehrt, ward er 1843 Mitglied des Kabinetts Narvaez, trat aber mit diesem im Februar 1846 zurück und ging 1847 abermals als spanischer Gesandter nach Paris. 1851 zurückgerufen, nahm er seinen Sitz in den Cortes wieder ein. Fortan blieb er der Führer der gemäßigten [299] konstitutionellen Opposition. Gleichwohl war er 1857 für kurze Zeit erster Staatssekretär im Ministerium Armero-Mon, ward 10. Aug. 1858 von der Königin mit Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt und zum Präsidenten des Staatsrats ernannt. Daneben war er Vorsitzender des Universitätsrats. Er starb 7. Febr. 1862. Als Dichter hat er sich fast in allen Gattungen der Poesie versucht. Seine besten Werke sind: die Tragödie „Edipo“, das Drama „La conjuracion de Venecia“ und das Lustspiel „La hija en casa y la madre en la mascara“. Sein didaktisches Gedicht „El arte poetica“ zeichnet sich durch Eleganz und Präzision aus, hat aber seinen Hauptwert in den beigegebenen litterarhistorischen Anmerkungen und Exkursen. Auch in seinen lyrischen Gedichten (Madr. 1833, 2. Aufl. 1847) liegt die Hauptstärke in der Diktion und dem Wohllaut. Schwächer sind seine prosaischen Schriften: „Hernan Perez del Pulgar“ (Madr. 1834); „Isabel de Solis“, Roman (das. 1837–40, 3 Bde.; neue Ausg. 1845), und „Espiritu del siglo“ (das. 1835–51, 10 Bde.), eine Geschichte der französischen Revolution, in Wirklichkeit aber nur eine Umarbeitung des Werkes von Thiers hierüber. Eine Sammlung seiner Werke erschien zu Paris 1844–46, 5 Bde.; die Dramen besonders Madrid 1884; eine Übersetzung ausgewählter Werke lieferte Schäfer (Heidelb. 1835–36, 2 Bde.). M. hat sich entschieden die französischen Dichter zum Muster genommen und sich deren glänzende Darstellung angeeignet. Das große litterarische Museum in Madrid verdankt ihm seine Entstehung.