Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marsch“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 284
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Marsch. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 284. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marsch (Version vom 16.01.2024)

[284] Marsch (die), s. Marschland.

Marsch, die geordnete Bewegung von Truppen nach einem vorgesetzten Ziel. Der gewöhnliche Tagesmarsch eines Armeekorps beträgt bis zu 20 km, der vierte Tag ist Ruhetag; bei Eilmärschen bis etwa 30 km. Man unterscheidet dann wohl noch beschleunigte Eilmärsche, bei denen ohne Ruhetag täglich 40–45 km, und Gewaltmärsche, bei denen noch größere Entfernungen unter Zuhilfenahme der Nacht zurückgelegt werden. Doch sind dies nur ungefähre Zahlen, die den jeweiligen Verhältnissen unterliegen. Bei künstlich beschleunigten Märschen wird die Beförderung auf Eisenbahnen, Dampfschiffen, Wagen etc. zu Hilfe genommen. Durch die Marschordnung wird die Reihenfolge der Truppen während des Marsches, und wie diese in den Kampf eingreifen sollen, vorausbestimmt. In Rücksicht hierauf wird die Artillerie möglichst weit nach vorn in die Marschkolonne eingefügt. Alle diese Anordnungen (Avantgarde, Gros, Sicherungsdienst etc.) werden in der Marschdisposition durch den Marschbefehl den Truppen vorher bekannt gemacht. Für den M. größerer Heeresteile nach dem Kriegsschauplatz wird ein Marschtableau unter Bezeichnung der täglichen Marschziele, ob kantoniert, biwakiert etc. werden soll, aufgestellt. Auf dem M. selbst muß strengste Marschdisziplin herrschen, um Unordnungen zu vermeiden. – Die Marschtiefe, Länge der Marschkolonne, beträgt (einschließlich Bagage) für 1 Infanterieregiment in 4 Rotten (Marschsektionen) 1590 m, 1 Kavallerieregiment 730, 1 Feldartillerieabteilung (4 Batterien) 1789 m, 1 Feldartilleriebrigade (einschließlich Munitionskolonnen) 14,375 m, 1 Divisionsbrückentrain 321 m, die Administrationsbranchen eines Armeekorps 2355 m, das Generalkommando und die beiden Infanteriedivisionsstäbe eines Armeekorps 1088 m, ein mobiles Armeekorps rund 60 km. – Marschübungen gehören zur militärischen Erziehung, obgleich sie nicht unmittelbar auf den Krieg sich übertragen.

Marsch (ital. marcia, franz. marche), eine Musik, deren Zweck ist, die Bewegung einer größern Menschenmenge zu regeln, in diesem Sinn dem Tanz verwandt. Der M. ist ohne Zweifel sehr alt. Festliche Aufzüge wurden schon im Altertum mit Musik begleitet; eine höhere künstlerische Gestaltung erhielt der M. in der griechischen Tragödie, wo der Chor in gemessener Bewegung auftrat und ebenso abtrat, freilich nicht mit Instrumentalbegleitung, sondern singend. Den Militärmarsch führt man gewöhnlich auf den Dreißigjährigen Krieg zurück, schwerlich mit Recht. Die Trommeln, Pauken, Trompeten und Schweizerpfeifen waren schon zu Anfang des 16. Jahrh. in Gebrauch, wenn ein Fürst in eine Stadt einritt oder in das Feld zog (Virdung). Die Form des Marsches, wie wir ihn als Kunstmusik zuerst in Opern (Lully) und dann als Klavierstück (Couperin) finden, ist die der ältern Tanzformen (zwei 8–16taktige Reprisen). Der heutige M. ist in der Regel weiter ausgeführt und hat ein mehr melodiös gehaltenes Trio. Die Militärmärsche sind entweder Parademärsche (Pas ordinaires) oder Geschwindmärsche (Pas redoublés) oder endlich Sturmmärsche (Pas de charge). Aus der Zahl der für besondere Zwecke und Gelegenheiten bestimmten Märsche (Festmärsche, Huldigungsmärsche, kirchliche Märsche; fast nur auf der Bühne bei Aufzügen etc.) hebt sich als besonders charakteristisch der Trauermarsch (Marcia funebre) heraus.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 554555
korrigiert
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[554] Marsch (Musikstück). Einzelne Militär- oder Armeemärsche haben historische Bedeutung und werden deshalb in der preußischen Armee in Ehren gehalten, ihr Spielen bei besonderer Gelegenheit als Auszeichnung [555] verliehen. Der älteste Armeemarsch ist der „Dessauer M.“ den die Truppen des Alten Dessauers aus dem Feldzug in Piemont 1707 mit heimbrachten. Der „Hohenfriedeberger“ und der „Mollwitzer M.“ werden Friedrich d. Gr. zugeschrieben. Ersterer wird zur Erinnerung an die Schlacht bei Hohenfriedeberg 4. Juni 1745 noch heute vom pommerschen Kürassierregiment (Königin) Nr. 2 bei Paraden als Präsentiermarsch gespielt. Ebenso wird der „Torgauer M.“, den König Friedrich Wilhelm III. Anfang dieses Jahrhunderts als Komposition eines dortigen Lehrers, Scholz, aus Torgau mitbrachte, vom König Wilhelm-Grenadierregiment Nr. 7 als Präsentiermarsch gespielt. Der seit 1806 von der preußischen Infanterie gespielte Präsentiermarsch ist eine Jugendkomposition Friedrich Wilhelms III. Der klassische „Yorksche M.“ stammt von Beethoven, der beim Einzug der verbündeten Truppen im März 1814 gespielte „Pariser Einzugsmarsch“ von dem 1855 gestorbenen Hofkapellmeister Walch in Gotha, der „Möllendorfmarsch“ aus dem Jahr 1846 vom Amtsrichter Möllendorf in Potsdam.