Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marmor“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 271273
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Marmor. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 271–273. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marmor (Version vom 22.12.2023)

[271] Marmor (Marmelstein, Urkalkstein zum Teil, körniger Kalkstein), kristallinisch-körniges Aggregat von Kalkspatkristallen (kohlensaurer Kalk), ist grob- bis feinkörnig (zuckerartig), Härte 3, auf frischem Bruch glänzend oder stark schimmernd, durchscheinend bis kantendurchscheinend, weiß in allen Nüancen, seltener gelb, rot, blau, schwarz, auch flammig, geädert, wolkig, fleckig; rein weißer, stark durchscheinender M. bildet den Statuenmarmor (Carrara, Paros, Pentelikon, Hymettos). Sehr häufig enthält der M. accessorische Bestandteile, wie Quarz, Korund, Apatit, Flußspat, Spinell, Turmalin, Vesuvian, Granat, Epidot, Strahlstein, Hornblende, Amianth, Augit, Glimmer, Talk, Serpentin, Orthoklas, Zirkon, Magneteisen, Schwefelmetalle, Graphit etc. Von diesen Beimengungen treten manche in großer Häufigkeit oder in charakteristischer Konstanz auf, und dadurch entstehen gewisse Varietäten: Cipollino (Zwiebelmarmor, phrygischer M. der Römer), mit Talk und Glimmer in schalenförmiger Absonderung, bisweilen von schieferiger Textur (St.-Maurice in den Oberalpen, Savoyen, Piemont, Corsica, Pyrenäen); Ophicalcit (Verde antico), kleinkörniger M. mit edlem Serpentin; Calciphyr, durch Granat, Vesuvian, Augit auffallend porphyrartig; Hemithren, mit Hornblende oder Grammatit; Breccie von Seravezza, feinkörniger Kalk, mit glänzenden Blättern und Streifen durchzogen, von breccienartigem Ansehen. Bisweilen zeigt der M. eine deutliche Schichtung und häufig Zerklüftung zu unregelmäßigen Polyedern; auch finden sich Übergänge in dichten Kalkstein, aus dessen Umwandlung er sehr vielfach hervorgegangen ist. Er tritt besonders als untergeordnete Einlagerung im kristallinischen Schiefergebirge auf, Lager und Stöcke bildend, welche vielfach unregelmäßige Gestalt besitzen und sich bisweilen gangähnlich in das umschließende Gestein fortsetzen; außerdem findet sich M. häufig an Stellen, wo dichter Kalkstein von Eruptivgesteinen durchsetzt wird (Kaiserstuhl im Breisgau, auf Man und Rathlin, Pyrenäen). Auch die Jurakalke bieten stellenweise ausgezeichneten M. dar, und selbst in der Kreide erscheinen noch deutlich kristallinisch-körnige Kalksteine. Man findet M. im Glimmerschiefer des Böhmerwaldes und im Thonschiefer bei Waltersdorf (Bezirk Waldsassen), im Fichtelgebirge bei Wunsiedel, an der Bergstraße bei Auerbach, am Kaiserstuhl, bei Reichenbach, Altenburg, in den Alpen Salzburgs, Gasteins, bei Schlanders in Tirol, Graubünden, Italien bei Massa e Carrara, in Attika am Hymettos und Pentelikon, auf Paros, Naxos und am Athos.

In der Baukunst und Plastik fand der M. seit den ältesten Zeiten vielfache Verwendung bei Ägyptern, Hebräern, Phönikern; Homer besingt ihn, und von den Griechen lernten die Römer seine Benutzung. Die Karier sollen das Schneiden des Marmors in Platten erfunden und ihn in dieser Form zuerst beim Bau des Mausoleums zu Halikarnassos verwendet haben. In Rom schmückte wohl zuerst Crassus 672 v. Chr. sein Haus mit Marmorsäulen vom Hymettos, aber unter Augustus fand die Anwendung des Marmors ganz allgemeine Verbreitung. Der Tempel der Vesta und mehrere andre, die Trajanssäule, der Triumphbogen des Titus und des Konstantin waren ganz aus M. erbaut, welcher zumeist aus den entferntesten Gegenden herbeigeschafft wurde. Bald waren in Rom kolossale Massen von M. angehäuft, und so groß blieb die Nachfrage, daß Nero die Marmorbrüche für Staatseigentum erklären und durch kaiserliche Kommissare verwalten ließ. Später wurde viel M. aus Rom nach Konstantinopel geschleppt und die Stadt fast wie ein Steinbruch behandelt. Dennoch besitzt das moderne Rom noch mehr als 7000 Marmorsäulen. Im 13. Jahrh. blühte der Marmorbau in Norditalien und erhielt sich bis zur Zeit der Renaissance, doch mehr im Innern der Gebäude als im Äußern. Im 17. Jahrh. schnitt man Ornamente aus M., und in dieser Form fand er auch in Frankreich und Deutschland Eingang. Ludwig XIV. bemühte sich vergebens, die Marmorindustrie wieder zu heben, und erst in neuester Zeit schenkt man dem edlen Gestein wieder größere Aufmerksamkeit. In Athen hat man die Universität und die Akademie aus pentelischem M. erbaut. Dieser letztere ist feinkörnig, weiß mit lichtbläulichem Schimmer und war schon im Altertum das Material für alle Kunst- und Prachtbauten Athens. Außerdem benutzte man salischen M. von grobem, durchscheinendem, weißem Korn, feinkörnigen hymettischen M. mit grauem Farbenstich, feinkörnigen parischen M. mit gelb rosafarbenem Schein, sehr durchscheinend und lebhaft glänzend (Lychnitis des Plinius). Sehr geschätzt waren ferner der thasische M. von der Insel Thasos, der prokonnesische [272] M. in der Propontis, der arabische M., welcher den parischen M. noch übertraf, der M. von Chios und der stark durchscheinende kappadokische M., den man in dünnen Platten nach Art des Fensterglases benutzte. Fast alle diese Marmorarten kennen wir nur aus den Kunstwerken (antiker M.), während der moderne M. größtenteils aus Italien stammt. Dort gibt es bei Carrara 600, bei Seravezza gegen 100, bei Massa gegen 180 Marmorbrüche, und der geschätzteste Stein ist der Statuario de Falcovaja (Monte altissimo). Auch die Umgegend von Padua, Pisa, Verona und Florenz sowie Sizilien, Corsica und Elba liefern verschiedene Marmorarten. Der weiße M. wird an der Luft allmählich gelblich, selbst braun, indem sich in geringer Menge darin enthaltenes farbloses Eisenoxydul höher oxydiert und in gelbes Eisenoxyd verwandelt. Er unterliegt ferner der Verwitterung, zum Teil veranlaßt durch diesen Eisengehalt, noch mehr durch die Kohlensäure der Luft und durch Flechten und Moose, welche sich auf dem M. ansiedeln. In der Technik nennt man außer dem körnigen Kalkstein auch alle diejenigen Kalksteine M., welche schön gefärbt sind und bei gleichförmigem Korn sich gut schneiden und polieren lassen. Sie sind weiß, häufiger rot oder gelb durch Eisenoxyd und Eisenhydroxyd, blau oder schwarz durch bituminöse oder kohlige Substanzen, bald einfarbig, bald bunt, mit wolkigen, flammigen, äderigen, anders gefärbten Zeichnungen, daher der Ausdruck marmoriert. Die Schönheit wird nicht selten dadurch erhöht, daß sich Adern von Kalkspat, auch Chalcedon oder Quarz, oder Versteinerungen durch ihre verschiedene, meist lichtere, oft rein weiße Färbung vom anders gefärbten Grund abheben. Manche von Adern durchtrümmerte Gesteine erscheinen breccienartig; andre sind wirkliche Breccien, entstanden durch Verkittung eckiger Bruchstücke, andre Puddingmarmore, bei denen die Bruchstücke abgerundet sind. Der geschätzte Pfauenmarmor (Pavonazetto) ist ein weißer M. mit dunkelvioletten Adern und Flecken. Cipollino und Verde antico wurden schon erwähnt. Viel Anwendung finden die dunkelgrauen, blauen und blauschwarzen Marmore, die als schwarze zusammengefaßt werden: der rein schwarze (nero antico aus Oberäygpten), weil ihn Lucullus vor allem liebte, Lukullan genannt; der Bianco in nero der Italiener, schwarz mit weißen Adern; der prachtvolle Port’ or oder M. von Porto Venere bei Spezia, mit leuchtenden, gelben Adern auf schwarzblauem Grunde. Der Marmo africano, schwarz mit weißen und roten Flecken, hat oft schon breccienartiges Ansehen. Die roten Marmore von mannigfacher Nüancierung der Farbe, oft prachtvoll marmoriert, auch ins Breccienartige übergehend, wurden schon im Altertum vielfach verwendet und dienten im Mittelalter bis auf unsre Zeit vorzugsweise zu Altären und Grabdenkmälern. Hierher gehören: der einfarbige dunkelrote Rosso antico aus Oberägypten, der Campaner M. aus den französischen Pyrenäen, der Mandelmarmor (marmo mandolato) von Lugezzana bei Verona, mit weißen Flecken auf hellrotem Grunde, der sogen. sizilische Jaspis (marmo Jaspis) von Sizilien, hellrot mit breiten, bandförmigen, weißen und grünen Zickzackstreifen. Sie gehören zu den mannigfachsten Formationen vom silurischen Übergangsgebirge an; reich daran ist vor allem der Lias der Alpen und Apenninen. Selten sind einfache echte grüne Marmore, denn der Marmo carystium vom Berg Ocha bei Karystos, halb grün mit weißen Streifen, gehört zu dem Cipollino, und die meisten übrigen sind grüne Porphyre u. dgl., so der grüne tänarische vom Taygetos in der Maina. Ungemein mannigfaltig in ihren Farben sind die Breccien, echte, aus verkitteten Bruchstücken entstandene sowohl als scheinbare, dichte Kalksteine, von zahlreichen Adern durchsetzt (Breccie von Seravezza, s. oben). In dem dichten Kalk häufen sich die Versteinerungen oft derart an, daß sie zu Muschelmarmoren werden, so besonders Schnecken und Muscheln im Muschelmarmor im engern Sinn, darunter Klymenien und Goniatiten, Orthoceratiten im nordischen silurischen roten Übergangskalk, Ammoniten in schwarzen und roten Trias- und Liaskalken (Altdorf in Franken, Adneth bei Salzburg). Auch der durch den prachtvollen Perlmutterglanz seiner Schneckenschalen berühmte opalisierende Muschelmarmor (Helmintholith) von Bleiberg in Kärnten und vom Lavetscher Joch bei Hall in Tirol gehört hierher. Der Hippuritenkalk liefert ebenfalls schwarzen, mit weißen Muscheln durchsetzten M. (Leichentuchmarmor). Auch der geschätzte Pfauenaugenmarmor gehört hierher. Erfüllt von kleinen Resten von Bryozoen sind die schönen grauen, granitähnlichen Marmore, der Granitello di Mosciano aus Toscana, der Granitmarmor (s. d.) von Neubeuern in Oberbayern. In Deutschland ist besonders Bayern nach M. erforscht und ausgebeutet worden, und es haben die Umgegend von Schlanders, Füssen, Tegernsee, Neubeuern bei Rosenheim, Untersberg, Kelheim sowie der Frankenjura und das Fichtelgebirge einen Reichtum schöner Gesteine geliefert; die größten Werkstücke für die Walhalla der Bruch auf eine kleinkörnige, weiße Breccie der Hippuritenkreide am Untersberg. Das Fichtelgebirge liefert bei Wunsiedel schönen salinischen M., bei Hof dichte, schwarze devonische Marmore. Der sächsische M. vom Fürstenberg bei Gräfenhein ist dem Wunsiedler ähnlich. Schlesien besitzt salinische und dichte Marmore, grauen, körnigen M. zu Prieborn bei Brieg, schwarzen zu Greifenberg, roten bei Jauer. Der Reichtum Österreichs an M. wird wenig ausgebeutet; doch sind wichtige Brüche in Kärnten, Vorarlberg, Istrien, Salzburg und im Küstenland bei Tolmein vorhanden. Auch die Schweiz ist marmorreich. Das Übergangsgebirge des Thüringer Waldes (Döschnitz), des Harzes (Rübeland) und am Niederrhein liefert schöne schwarze und rote Marmore. Ausgezeichnete rote Marmore hat der skandinavische Norden (Osterzyllen, Öland), aus dem auch die viel über Norddeutschland verbreiteten und hier verarbeiteten erratischen Kalkblöcke stammen. England hat, vorzüglich in seinem Kohlenkalk, ausgedehnte Brüche auf schwarze, schwarze weiß gefleckte und geäderte, auch bunte Marmore. Der Schildkrötenmarmor (Turtle-marble) von Weymouth besteht aus großen Septarien, die im Oxfordthon liegen und zu schönen Platten verarbeitet werden. In Schottland bildet bei Assynt in Sutherlandshire ein sehr schöner weißer M. außerordentlich ausgedehnte Lager. Sehr schön ist der hell blutrote oder fleischrote oder rötlichweiße, mit dunkelgrünen Hornblendeteilchen eingesprengte M. von Tirne, einer der Hebrideninseln. Aus Irland ist am bekanntesten der Kilkennymarmor von schwarzer Farbe mit weißen oder grünlichen Petrefakten. Ein ungemein schöner schwarzer M. kommt bei Crayleath vor, und Louthlougher in Tipperary liefert einen schönen purpurfarbigen M. Unter den zahlreichen französischen Marmorsorten sind die bekanntesten die von Charleville, Lavelle, Antibes, [273] Campan etc. Auch Belgien liefert viele, oft sehr schöne Marmorsorten, die sämtlich dem Kohlenkalk angehören und meist durch inliegende Korallen sehr gefällige Farbenzeichnungen tragen. Spanien führt seinen schönen Broccaletto, rot mit gelben Flecken und einigen weißen Adern, aus. Vgl. Bäumer, M. und Mosaik in der Architektur (Wien 1875); Pugnot, La marbrerie moderne (Par. 1878); Blümner, Technologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern, Bd. 3 (Leipz. 1884).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 603604
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[603] Marmor in Griechenland. Das Wort M. ist griechisch und bedeutet ursprünglich nur ein Felsstück ohne Rücksicht auf die Gesteinsart. Da aber Griechenland hauptsächlich das Land des sogen. Marmors ist, war es natürlich, daß der allgemeine Name auf das am häufigsten vorkommende Gestein angewandt wurde, so daß allmählich aus dem allgemeinen Worte die Bezeichnung einer besondern Gesteinsart wurde und in dieser Gestalt zu andern Völkern überging. Über den griechischen M. sind wir in neuerer Zeit durch R. Lepsius’ Untersuchungen („Griechische Marmorstudien“, 1890) aufs beste belehrt worden. Am reichsten ausgestattet mit M. ist Attika. Das pentelische Gebirge, der hohe Rücken des Hymettos, ein großer Teil der Laurischen Bergwerke bestehen aus M., zum größern Teile aus dem ältern, weißen, zum kleinern aus dem geologisch jüngern, bläulichen Steine. Aus dem pentelischen Steine sind die Tempel Athens gebaut. Der Skulpturenschmuck ist jedoch zum Teil aus dem noch bessern parischen M. verfertigt. Nur die Perikleïschen Bauten bestehen ganz aus pentelischem M., weil die parischen Brüche so große Marmormassen in so kurzer Zeit, als die plastische Ausschmückung des Parthenon in Anspruch nahm, nicht liefern konnten. Der pentelische M. zeichnet sich vor andern griechischen Marmoren durch seinen Eisengehalt aus: die schöne goldbraune Patina auf den Säulen und Werkstücken des Parthenon, der Propyläen, des Theseion, des Olympieion und aller andern, dem Wetter ausgesetzten Bauwerke und Denkmäler von pentelischem M. rührt davon her, daß bei der Anwitterung der Gesteinsoberfläche der Kalk des Marmors vom Regenwasser aufgelöst und fortgeführt wird, dagegen der Eisengehalt des Marmors umgesetzt wird in Brauneisen (Eisenhydroxyd), dessen intensiv braune Färbung auch bei Gegenwart von nur sehr kleinen Quantitäten deutlich zu Tage tritt. Die chemische Analyse gibt beim pentelischen M. einen verhältnismäßig hohen Gehalt von Eisen, nämlich:

Kalkerde 56,000 Proz. kohlensaurer Kalk in Form von Kalkspat
Kohlensäure 44,002
Eisenoxyd 0,122  
  100,124 Proz.  

Daß die Säulenreihe auf dem Südkap von Attika, auf Sunion, schneeweiß erscheint, obwohl der M. stärker verwittert ist als derjenige auf der Akropolis von Athen, kommt nur daher, daß der M. von Sunion nach der chemischen Analyse kaum Spuren von Eisen in seiner Gesteinsmasse enthält.

Für das Verständnis der Verwitterung der Skulpturen des Parthenon ist es wichtig, die Schichtung und den Abbau des pentelischen Steines zu kennen. Er ist stets deutlich geschichtet, daher können die Marmorplatten parallel den Schichtflächen leichter als nach der andern Richtung aus der anstehenden Bank herausgebrochen werden. In den modernen, viel ausgebeuteten Brüchen am Pentelikon benutzt auch der Arbeiter die Schichtung des Marmors, um lagerhafte Stücke zu gewinnen. Die Alten aber haben sich selten nach der Schichtung gerichtet, sondern häufig die Blöcke schief zur Schichtung aus dem Anstehenden herausgehauen; die Schichten fallen meist schief in den Berg hinein, während die Alten den Berg stets in senkrechten, resp. horizontalen Flächen einschnitten. Wir sehen daher bei den Werkstücken antiker Bauten, die aus dem ältern, weißen, pentelischen M. gearbeitet wurden, die Schichtung meist quer durch die Säulentrommeln, Architrave und Marmorquadern hindurchlaufen, nicht zum Vorteil der Haltbarkeit dieser Stücke; denn wir sehen zugleich, daß das Regenwasser in diese Schichtenfugen und Glimmerdurchgänge eindringt und von ihnen aus den M. zernagt und anwittert; parallel den Schichtfugen blättern z. B. häufig Schalen und Platten von den Säulentrommeln des Parthenon oder des Olympieion ab.

Der hymettische, blaugraue M. war mehr noch als bei den Griechen in späterer Zeit bei den Römern beliebt, die ihn zur Kaiserzeit in zahlreichen und großen Werkstücken, besonders aber in Säulenmonolithen (Säulen aus einem Stück) nach Rom gebracht haben. Die graue Färbung rührt von einer Masse sehr kleiner Kohlenstoffpartikelchen her. Ebenso tragen kleine schwarze Eisenkörnchen zu der grauen Färbung bei.

Von den auf den griechischen Inseln vorhandenen Marmorarten ist der M. von Karystos auf Euböa wegen der zahlreichen Glimmerlager schon Kalkglimmerschiefer oder eigentlich Marmorglimmerschiefer zu nennen. Der weiße, hellgraue, auch gelbliche und rötliche, körnige M. wird parallell der deutlich hervortretenden Schichtung von vielen Streifen grauer, auch silberweißer Glimmerblättchen durchzogen. Die geschliffenen und polierten Flächen dieses dünnschichtigen Marmors zeigen eine schöne Maserung durch die vielfach wechselnden farbigen Zonen und Streifen. Im griechischen und römischen Altertum war dies Gestein als karystischer M. berühmt; in Italien nennt man ihn Cipollino (Zwiebelmarmor), indem man die dünnen Schichten des farbigen Gesteins mit den vielfach übereinander liegenden Schalen der Zwiebel (cipolla) vergleicht. Dieser M. von Karystos wurde während der Kaiserzeit in Rom bei den Prachtbauten zu Säulen, Stufen, für Wandbekleidung in großen Werkstücken verwendet.

[604] Die Marmore von den Inseln Paros und Naxos, die, nahe bei einander gelegen in der Mitte der Cykladen, sich in ihrer geologischen Beschaffenheit gleichen, sind an dem gröbern Kalkspatkorn von den attischen Marmoren zu unterscheiden. Ferner ist keine dichte oder feinkörnige Grundmasse zwischen den deutlich erkennbaren einzelnen Kalkspatkristallen übriggeblieben, sondern die ganze Gesteinsmasse ist zu einem körnigen oder grobkörnigen Mosaik von Kalkspatkristallen auskristallisiert; hierdurch kann man den besten parischen, den verhältnismäßig nicht so grobkörnigen Lychnites-Lithos, von dem besten, gut auskristallisierten pentelischen M. unterscheiden. Dieser Lychnites-Lithos (Lampenstein) war der berühmteste Statuenmarmor des Altertums; z. B. ist aus ihm der Hermes des Praxiteles gemeißelt. Dieser M. stand nicht zu Tage, sondern er wurde in unterirdischen Gruben gewonnen, weil die nur 2–4 m dicke Schicht des besten Statuenmarmors mit Winkeln von 5–70° nach O. zu in den Berg einfällt; schief nach unten eindringende Schleppschächte führen von mehreren Eingängen, die in einer Höhe von ca. 200 m über dem Meere stehen, durch ausgedehnte Höhlungen und Grotten (alle künstlich in den Felsen gehauen) bis zu einer Tiefe von ca. 140–120 m ü. M. hinab. Durch die Arbeiten einer neuern Gesellschaft, welche im J. 1879 gegründet und im J. 1884 bankrott wurde, sind die Schuttmassen aus einigen Teilen dieser Gruben so weit entfernt worden, daß man die gute Marmorschicht im Anstehenden auf eine Länge von ca. 300 m längs der Linie verfolgen kann, an welcher an der Peripherie in der Tiefe der Grotten die antiken Arbeiten aufgehört hatten. Die Alten haben von dieser 2–4 m mächtigen Bank besten Statuenmarmors aus diesen Gruben mindestens 30,000 cbm herausgeschafft, nur einen Teil freilich als brauchbare Blöcke, sehr viel auch als Brockenwerk. Die neue Gesellschaft mußte deshalb die Arbeit einstellen, weil ihr nicht gelang, große ganze Blöcke des Statuenmarmors aus der zerklüfteten Bank herauszuarbeiten und fördern zu lassen. Herr Cordellas in Athen glaubt aber nach neuern Untersuchungen, daß auf der Südostseite der Bank der M. weniger brüchig sei, und will deshalb die Arbeiten von einer neuen Gesellschaft wieder aufnehmen lassen.

Die Struktur dieses Lychnites, des bei Lampenlicht gewonnenen Steines, charakterisiert sich dadurch, daß die ganze Gesteinsmasse aus Kalkspatkristallen zusammengesetzt ist, ohne daß eine dichte oder feinkörnige Zwischenmasse zwischen den Kristallen zu bemerken ist; dieser M. hat daher die Struktur wie etwa unser sogen. Kolonialzucker, im Gegensatz zu dem feinkörnigern pentelischen oder attischen M., der in seinem Korne unserm gewöhnlichen Rübenzucker gleicht. Das gröbere, zugleich feste Kristallgefüge verschafft dem Lychnites seine verhältnismäßig große Durchsichtigkeit: das Licht dringt in keinen M. tiefer ein als in diesen. Der beste pentelische M. läßt das Licht nur bis zu Gesteinsdicken von 15 mm, der beste karrarische bis zu 25 mm, der Lychnites aus der Nymphengrotte aber bis zu 35 mm durchscheinen und eindringen. Auf diesem verhältnismäßig tiefen Eindringen des Lichtes beruht zum großen Teil die Schönheit des guten parischen Marmors. Daher kann sicherlich nicht die ganze Statue des Hermes von Olympia bemalt gewesen sein, weil die Farbendecke gerade die beste Eigenschaft dieses kostbaren Marmors, seine relative Durchsichtigkeit, verdeckt haben würde.

Der Peloponnes ist arm an M.; dort wurde nur bunter M. gebrochen, roter und schwarzer, deren antike Brüche aber erst zum Teil wieder aufgefunden sind. Eigentlicher Statuenmarmor ist sonst nicht vorhanden. Der bunte aber wurde im Altertum namentlich zu Rom viel verarbeitet, besonders der schwarze von Tänaron.