Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marianen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 242
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Marianen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 242. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marianen (Version vom 23.01.2024)

[242] Marianen (Ladronen, „Diebsinseln“), span. Inselgruppe im nordwestlichen Teil des Stillen Ozeans, zwischen 13–21° nördl. Br. und 145–146° östl. L. v. Gr., eine von N. nach S. gestreckte Reihe von 15 Inseln mit zusammen 1140 qkm (21 QM.) Flächeninhalt. Unter 16° nördl. Br. teilt sie ein Kanal in zwei Abteilungen. Die südlichen Inseln sind eben, bestehen aus gehobenem, von vulkanischem Gestein durchbrochenem Korallenkalk; die Küsten sind von Korallenriffen umgeben, hinter denen gute Häfen liegen. Zu ihnen gehören die südlichste und größte, Guam (s. d.), Rota, Tinian (mit Überresten alter Tempel und Paläste) und Saypan. Die nördlichen Inseln sind vulkanischen Ursprungs, steil und bergig; es gibt dort noch jetzt mindestens sechs thätige Vulkane. Das Klima ist gesund, Pflanzen- und Tierwelt wie auf den Karolinen. Die Bewohner der Inseln, die Chamorro, waren bei der Entdeckung durch Magelhaens sehr zahlreich und als ein den übrigen Mikronesiern, aber zugleich auch den philippinischen Tagalen verwandter Menschenstamm im Besitz einer nicht unbedeutenden Bildung (sie allein von allen Bewohnern der ozeanischen Inseln bauten Reis) und den Europäern gegenüber von großer Freundlichkeit, Herzlichkeit und Anhänglichkeit. Aber ihre Verbindung mit den Spaniern brachte ihnen Verderben. Als diese 1668 auf Guam eine Kolonie gründeten zur Versorgung der nach den Philippinen bestimmten Schiffe und zur Bekehrung der Bewohner, trieb die damit verbundene Unterjochung das durch seine Freiheitsliebe ausgezeichnete Volk zum Widerstand; es brach ein Vertilgungskrieg aus, der erst nach 50 Jahren mit der fast gänzlichen Vernichtung der Chamorro endete. Die geringen Überreste derselben wurden sodann auf Guam und Rota vereinigt, und da die Bevölkerung auch später immer mehr abnahm, sah man sich gezwungen, tagalische Familien aus Luzon einzuführen. So besteht die jetzige Bevölkerung, welche (1878) 8665, davon 7000 auf Guam, auf Rota und Tinian je 400, auf Saypan 433, auf Agrigan nebst Pagan 18, Menschen zählt, aus einem Gemisch von Chamorro und Tagalen und spricht neben der alten Landessprache besonders spanisch. Die Fröhlichkeit der alten Einwohner ist verschwunden, das Heidentum durch eine gedankenlose Übung christlicher Zeremonien ersetzt, die alte Bildung untergegangen, die Betriebsamkeit und der Fleiß der Bewohner infolge systematischer Aussaugung und Bedrückung einer stumpfen Gleichgültigkeit gewichen, während Zuchtlosigkeit und Unsittlichkeit in größtem Maß verbreitet sind. Landbau wird nur in sehr beschränktem Maß betrieben, viel stärker die Jagd auf die eingeführten Hirsche sowie verwildertes Rindvieh und Schweine. Industrie und Handel liegen ganz danieder. Die Hauptstadt ist Agaña (s. d.) auf Guam. Vgl. Montero y Vidal, El archipiélago Filipino y las islas Marianas etc. (Madr. 1886).