Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Maimonĭdes“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 114115
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Maimonĭdes. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 114–115. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Maimon%C4%ADdes (Version vom 22.11.2023)

[114] Maimonĭdes (Rabbi Moses ben Maimun, nach den Anfangsbuchstaben dieses Namens von den Juden Rambam genannt, arab. Abu Amran Musa ibn Abdallah), der bedeutendste jüd. Gelehrte des Mittelalters, geb. 30. März 1135 zu Cordova aus angesehener Familie, wurde früh von seinem gelehrten Vater in das jüdische Wissen, in die mathematischen und astronomischen Wissenschaften eingeführt und zeigte ebenso bald einen scharfen Verstand und ordnenden Geist nebst einer fast unerreichten Arbeitskraft, mit der sich ein fester, sittenreiner Charakter vereinigte. Die Religionsverfolgungen der Almohaden, die 1148 Cordova eroberten, veranlaßten die Familie M.’, nach kürzern Aufenthaltsfristen an verschiedenen spanischen Orten 1159 nach Fes überzusiedeln, welches sie 1165, um dem Religionszwang abermals zu entgehen, wieder verließen. Sie reisten über Akka, Jerusalem und Hebron nach Ägypten, wo sie Fostat (Altkairo) zum dauernden Wohnsitz wählten. M. trieb hier mit seinem Bruder einen Juwelenhandel, wurde aber bald zum Leibarzt des Sultans von Ägypten und neben dieser Stellung später zum Rabbiner von Kairo berufen. Trotz seines vielbewegten Lebens hat M. sich eine seltene Kenntnis der jüdischen und arabischen Wissenschaft, der griechischen, besonders Aristotelischen, Philosophie, die er aus hebräischen und arabischen Bearbeitungen studierte, und der Medizin erworben, und wenn er auch zeitweilig gezwungen war, den Islam zu bekennen, so beweist doch seine ganze litterarische Thätigkeit, daß er nie der mosaischen Religion untreu ward. Er starb 13. Dez. 1204. Der Einfluß, den M. auf die Denkweise seiner Glaubensgenossen und auf die Entwickelung des Judentums übte, war außerordentlich; eine blühende Schule wirkte lange im Geist ihres Meisters fort. Seine litterarische Arbeit galt der Erklärung des biblischen u. talmudischen Schrifttums, der Philosophie, Mathematik, Astronomie, Medizin, der Erörterung von Zeitfragen, der Abfassung von Sendschreiben etc. Seine drei Hauptwerke, von denen das erste und zweite arabisch, das dritte hebräisch geschrieben ist, sind: 1) der Kommentar zur „Mischnah“ (vollendet [115] 1168), von mehreren ins Hebräische übersetzt und in den Mischnah- und Talmudausgaben abgedruckt; 2) „Dalâlat al-’Hâïrîn“ (um 1190), eine philosophische Begründung des Judentums; zuerst ins Hebräische von Samuel ibn Tibbon (um 1200) unter dem Titel: „Moreh ha-nebuchim“ („Führer der Verirrten“), dann von andern übersetzt (Charisi) und erklärt (Abravanel). Das Werk, früh schon von Mohammedanern und Christen (Albertus Magnus, Thomas von Aquino) geschätzt und benutzt, erschien in lateinischer Übersetzung Paris 1520, dann unter dem Titel: „Doctor perplexorum“ von dem jüngern Buxtorf herausgegeben, Basel 1629; die bedeutendste Übersetzung und Erklärung des Buches in der Gegenwart, auf Grundlage des gleichzeitig mit edierten arabischen Originals, ist die von Munk („Le guide des égarés“, Par. 1856–66, 3 Bde.), welcher deutsche Bearbeitungen von Fürstenthal (Krotoschin 1839) und Scheyer (Frankf. a. M. 1838) vorangingen und die nach der französischen Munkschen gearbeitete Übersetzung von Stern (Wien 1864) folgte; 3) „Mischne Thora“ („Wiederholung des Gesetzes“), später „Jad chasaka“ („Starke Hand“) genannt, vollendet 1178–80, das aus 14 Büchern bestehende größte Werk des M., ein streng wissenschaftliches Kompendium über den religiösen und rechtlichen Stoff der gesamten jüdischen Gesetzgebung. Vgl. Geiger, Moses ben Maimon (Rosenb. 1850); Joël, Beiträge zur Geschichte der Philosophie (Bresl. 1876); Rosin, Die Ethik des M. (im „Jahresbericht“ des Breslauer jüdisch-theologischen Seminars, 1876); Münz, Die Religionsphilosophie des M. (Berl. 1887 ff.).