Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kanäle“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 441447
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Kanäle. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 441–447. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kan%C3%A4le (Version vom 11.02.2023)

[441] Kanäle, künstlich hergestellte Wasserläufe, welche verschiedenen Zwecken dienen. Ihrer Bestimmung nach unterscheidet man hauptsächlich K. für Wasserzu- und Abfuhr und K. für Verkehrszwecke. K. für Wasserzufuhr und Wasserabfuhr dienen der Bewässerung trockner Ländereien als Bewässerungskanäle, der Entwässerung nasser Ländereien als Entwässerungskanäle, der Wasserversorgung von bewohnten Ortschaften, dem Betrieb von Mühlen und Fabrikwerkstätten als Mühlgräben und Fabrikkanäle, der Ableitung des Wassers aus natürlichen Wasserläufen als Flutgräben, der Abfuhr von Wasser und Unratstoffen aus städtischen Wohnstätten als Kloaken etc. Die systematische Anlage unterirdischer K. zur Ableitung von Abfallstoffen aus bewohnten Orten bezeichnet man als Kanalisation (s. d.).

Bei den Kanälen für Verkehrszwecke dient das Wasser als Beförderungsmittel für den Transport von Menschen und Gütern; man unterscheidet: Triftkanäle zur Beförderung von Holz, Flößkanäle zum Flößen, Schiffahrtskanäle für den Betrieb der Schiffahrt und zwar sowohl der Binnen- als der Seeschiffahrt. Die der letztern dienenden maritimen K. können von Seeschiffen befahren werden. Kanalisierung nennt man die Schiffbarmachung natürlicher Wasserläufe durch künstliche Mittel.

[Geschichtliches.] Die K. dienten in der ältesten Zeit mehr dazu, die Bewässerung des Landes zu fördern, als den Verkehr zwischen einzelnen Ländern zu vermitteln. Jenen Zweck hatten namentlich die K. im alten Ägypten, mittels deren das Nilwasser in die höher gelegenen dürren Gegenden des Landes geleitet ward. Dergleichen K. finden sich noch jetzt in den meisten Ländern. So bewässert der oberhalb Lingen abzweigende Emskanal zugleich einen Teil des sogen. Ochsenbruchs; der Canal de l’Ourcq versorgt Paris mit Wasser und trägt gleichzeitig kleinere Schiffe; der Naviglio Grande und der Kanal von Pavia nach Mailand dienen gleichzeitig der Schiffahrt und Wiesenbewässerung, während die K. in den Torfmooren Hollands, Ostfrieslands und Oldenburgs sowohl für die Schiffahrt als auch für die Entwässerung bestimmt sind. Jedoch hatten auch die Alten schon eine hohe Meinung von der Wichtigkeit der K. für Schiffahrtszwecke. Schon unter den ägyptischen Pharaonen und den Ptolemäern wurden große Arbeiten zur Verbindung des Nils mit dem Roten Meer ausgeführt. In Griechenland wurde schon in alten Zeiten ernstlich das Projekt eines Durchstichs des Isthmus von Korinth in Erwägung gezogen. Die Römer nahmen zwar keine Kunstbauten für Binnenschiffahrt vor, aber die riesigen Wasserleitungen, welche zur Wasserversorgung der Städte erbaut wurden, legen Zeugnis von dem hohen Stande der Kanalbautechnik unter ihrer Herrschaft ab. In China existieren schon seit alten Zeiten sowohl Bewässerungs- als Schiffahrtskanäle. Der berühmteste der letztern ist der Kaiserkanal, welcher eine Verbindung zwischen Peking und Kanton herstellt.

In Europa hatte Italien seit dem 11. Jahrh. K. zu Handelszwecken. Verkehrs- und Bewässerungszwecken zugleich dienen die zahlreichen K. der Niederlande, insofern man sie, da sie meist höher liegen als das Weideland, im Winter übertreten und letzteres überschwemmen läßt. Die bedeutendsten in neuerer Zeit vollendeten K. dieser Art sind der Zuyd-Willemskanal (1822–26), von Maastricht nach Herzogenbusch, der großen Seeschiffen zugängliche Nordkanal (1810–24), von Amsterdam nach dem Texel, der Kanal von Voorne (1827–30), von Rotterdam nach Helvoetsluys. In Rußland wurde 1732 der von Peter d. Gr. angelegte, 110 km lange Ladogakanal vollendet, welcher die Verbindung zwischen der Ostsee und dem Kaspischen Meer herstellt, indem er die mit der Wolga vereinigte Wolchow von Neu-Ladoga ab mit Schlüsselburg verbindet. Ein sehr ausgebildetes Kanalsystem entstand in Frankreich. Der älteste der dortigen K. ist der von Briare, welcher zur Verbindung der Seine mit der Loire dient, von 1604 bis 1642 gebaut ist und mit dem 1675 begonnenen Kanal von Orléans in Verbindung steht. Der bei weitem wichtigste ist der Kanal von Languedoc oder du Midi, welcher das Mittelmeer mit dem Atlantischen Ozean verbindet und 1667–81 nach Andréossys Plan mit einem Aufwand von 33 Mill. Frank erbaut worden ist. Er ist 244 km lang, 20 m breit, 2 m tief und trägt Fahrzeuge bis zu 2400 Ztr. Last. Bei Béziers durchschneidet er auf eine Länge von 250 m und 6 m Breite den Berg Malpas, und auf dem höchsten Punkte desselben, bei St.-Ferréol, ist ein Reservoir durch Führung einer Riesenmauer zwischen zwei Bergen gebildet, aus welchem die Schleusen, deren Zahl gegen 100 beträgt, mit Wasser versehen werden. Andre bemerkenswerte K. Frankreichs sind: der Canal du Centre oder Charolais, welcher die südlichen Provinzen des Reichs durch den Rhône, die Saône, Loire und Seine mit Paris und der Nordsee verbindet, 1782–90 erbaut wurde und 81 Schleusen besitzt; der Kanal von St.-Quentin, der die Somme mit der Schelde verbindet, erst mittels 6 Schleusen 12 m steigend, später wieder durch 18 Schleusen 42 m fallend und teilweise unterirdisch geführt; der Kanal des Doubs, der, über 300 km lang, in 4 Abteilungen den Rhône, die Ill, den Doubs u. die Saône verbindet u. 1852 vollendet wurde (vgl. die weitern Angaben im Art. „Frankreich“, S. 529). Eine 1872 veranstaltete parlamentarische Enquete hat ergeben, daß das in den französischen Kanälen (5037 km) niedergelegte Anlagekapital 818,467,912 Frank oder 654,774,329 Mk. beträgt, daß dieses Kapital durch die Kanalabgaben aber nur zu kaum 1/2 Proz. verzinst wird. Dieses ungünstige Finanzergebnis erklärt sich einesteils aus einem äußerst niedrigen Tarif, hauptsächlich aber aus dem Umstand, daß die meisten K. auf Linien angelegt sind, auf denen es seit der Entstehung der Eisenbahnen an der nötigen Fracht mangelt. Englands erster Kanal war der 84 km lange Kanal zwischen dem Sankeybach und Merseyfluß, 1755 angelegt, dem bald der Bridgewaterkanal (s. d.) folgte, von Brindley im Auftrag des Herzogs von Bridgewater 1758–72 ausgeführt und durch den Manchesterkanal mit den Kohlenwerken von Worsley, durch einen andern Arm mit Liverpool in Verbindung gebracht. Gleichfalls nach Brindleys Plan wurde 1766 bis 1777 der Grand-Trunkkanal ausgeführt, welcher, 145 km lang, die Verbindung zwischen Liverpool, Hull, London, Oxford und Bristol vermittelt. Darauf ward der große Kaledonische Kanal (s. d.) in Angriff genommen, welcher das Atlantische Meer mit der Nordsee verbindet. Eine große Anzahl der K. in England ist mit zu geringem Tiefgang und zu engen hölzernen Schleusen ausgeführt und verfiel deshalb, als die Eisenbahnen dem Bedürfnis des Verkehrs [442] besser entsprachen. Seit 1830 sind überhaupt erhebliche Kanalbauten nur insoweit noch unternommen worden, als in Newcastle am Clyde und für andre Häfen Wasserverbindungen zur Aufnahme von Seeschiffen hergerichtet wurden.

In Amerika hat Witt Clinton 1817–25 den Eriekanal als ein angestauntes Werk ausgeführt, dem New York seine Blüte und die schnelle Überflügelung Philadelphias verdankte. Seitdem entstand rasch ein ausgebreitetes Kanalnetz, welches alle größern Stromgebiete der Vereinigten Staaten mit der atlantischen Küste und der Region der Kanadischen Seen verbindet. Viele dieser K. sind indes gleichfalls nur auf das notdürftigste und mit so mangelhafter Ausrüstung hergestellt worden, daß sie der Konkurrenz der Eisenbahnen unterlagen. Immerhin bestehen noch viele K., namentlich die, welche die reichen Kohlenfelder, Bergwerke und Wälder mit den Handelsplätzen an der Küste verbinden, in früherer Blüte fort und ergeben auch heute noch, ungeachtet der Konkurrenz der Eisenbahnen, eine gute Rente.

In Deutschland war der erste Kanal derjenige, welcher die Elbe mit der Ostsee durch die Trave verband. Verhältnismäßig am meisten ist für K. in der Mark Brandenburg geschehen. Der Finowkanal (s. Finow) und der Müllroser Kanal, an denen das 17. und 18. Jahrh. gearbeitet haben, verbinden das Stromgebiet der Elbe mit dem der Oder, aber in einer für die heutigen Anforderungen des Verkehrs ungenügenden Weise. Der Bromberger Kanal (s. Bromberg) setzt wiederum das Stromgebiet der Oder mit demjenigen der Weichsel in Verbindung. Was sonst bis Anfang dieses Jahrhunderts von Kanälen bestand, war von rein lokaler Bedeutung, wie der Stecknitzkanal, die Verbindung des Pregels mit dem Kurischen Haff und der Gilge etc. Napoleon faßte zur Zeit seiner Weltherrschaft den Gedanken, ein umfassendes Kanalnetz anzulegen, das sich von der Maas bis zur Ostsee erstrecken sollte. Er kam aber nicht über die Vorarbeiten zum Rhein-Maaskanal (sogen. Nordkanal) hinaus. Als im zweiten Viertel dieses Jahrhunderts das Eisenbahnwesen sich zu hoher Bedeutung entwickelte, gab man sich wie in andern Ländern, so auch in Deutschland vielfach dem Glauben hin, daß die Zeit der K. vorüber sei. Es kam nur ein bedeutendes Unternehmen zu stande, der Donau-Mainkanal, auch Ludwigskanal (s. d.) genannt, von Bamberg nach Kelheim, dessen praktische Bedeutung indessen wegen seines geringen Tiefganges hinter den daran geknüpften Erwartungen zurückblieb. Von weniger umfangreichen Unternehmungen, die im Lauf des Jahrhunderts zu stande kamen, nennen wir zwei, den Schiffahrtskanal bei Berlin, welcher der Handelsbedeutung dieses Platzes in erheblicher Weise zu gute kam, und den Elbing-Oberländischen Kanal (s. d.), der mehreren Binnenseen Abfluß schafft und durch die Anwendung des neuen, zukunftsreichen Konstruktionsprinzips der schiefen Ebene für die Überwindung von Niveau-Unterschieden (als Ersatz für die Schleusen) die Aufmerksamkeit der Techniker verdient. Wenn Deutschland in der Ausbreitung des Kanalnetzes noch hinter andern Staaten, namentlich Frankreich und England, zurücksteht und erst jetzt im Begriff ist, den durch die Periode des Aufschwungs der Eisenbahnen unterbrochenen Ausbau der K. fortzusetzen, so ist dieser Rückstand im Interesse einer gesunden Entwickelung der deutschen Binnenschiffahrt nicht zu bedauern, weil man, die Erfahrungen in andern Ländern benutzend und die durch die Eisenbahnen geschaffene Veränderung der Verkehrsverhältnisse berücksichtigend, jetzt die Vervollständigung des Kanalnetzes in weit vorteilhafterer Weise zur Ausführung zu bringen vermag, als dies noch vor wenigen Jahrzehnten möglich war. Das Interesse für den Kanalbau ist daher in Deutschland in rascher Zunahme begriffen. 1868 bildete sich der Zentralverein für Hebung der deutschen Fluß- und Kanalschiffahrt mit dem Sitz in Berlin, welcher für die Aufklärung über den Nutzen der weitern Herstellung künstlicher Wasserwege erfolgreich gewirkt hat. Eine umfassendere Thätigkeit zur Wiederaufnahme des Kanalbaues ist 1886 durch ein Reichsgesetz, betreffend die Herstellung des Nord-Ostseekanals (s. d.) zur direkten Verbindung des Kieler Kriegshafens mit der westholsteinischen Küste, sowie durch ein preußisches Gesetz vom 9. Juli 1886 eingeleitet worden, welches die schon im J. 1883 ohne Erfolg vorgeschlagene Anlage eines Kanals von Dortmund nach den Emshäfen unter zweckmäßiger Erweiterung des Projekts und zugleich den dem Verkehrsbedürfnis entsprechenden Ausbau der Wasserstraße von der mittlern Oder nach Berlin anordnet. Diese Kanalanlagen bilden einen Teil des geplanten umfassenden Kanalnetzes zur Verbindung der deutschen Ströme, auf dessen Projekt im nachstehenden noch näher eingegangen ist, und den Beginn zur Ausführung dieses Projekts.

Auch im internationalen Verkehr bricht sich die Erkenntnis von der wirtschaftlichen Bedeutung der K., deren Überlegenheit über die Eisenbahnen für den Transport von minderwertigen Massengütern und der Zweckmäßigkeit einer erneuten Aufnahme des Kanalbaues Bahn. 1885 tagte in Brüssel ein erster internationaler Kongreß für Binnenschiffahrt, dessen Arbeiten durch eine von demselben ernannte internationale Kommission fortgesetzt werden.

Technik des Kanalbaues.

Bei Anlage von Kanälen handelt es sich zunächst um die Feststellung ihrer Situation und ihres Längenprofils sowie ihres Querprofils auf Grund sorgfältiger Vermessungen, Nivellements und Bodenuntersuchungen. Den Eingang des Kanals (Kanalmund) legt man an einem Punkt an, wo die Strombahn des Flusses, dessen Wasser man benutzen will, nahe am Ufer liegt, während das Ende oder der Ausfluß so angelegt wird, daß die Strombahn des Flusses, in den man einmündet, thunlichst wenig Veränderung erleidet, also unter möglichst spitzem Winkel stromabwärts. Was den Kanalbau betrifft, so richtet man den Lauf desselben (Kanalzug) so ein, daß der erforderliche Erdabtrag und der nötige Erdauftrag sich möglichst ausgleichen, und daß der Querschnitt des Kanals (Kanalgröße) möglichst unverändert bleibt. Der Kanalzug muß bisweilen, um das Gefälle zu vermindern, so gekrümmt werden, daß das Wasser nicht zu schnell abfließt und dann fehlt; auch empfiehlt es sich, einen Kanal wegen des bei starkem Wind leicht entstehenden schädlichen Wellenschlags nicht über 300 m ganz gerade zu führen. Bei Krümmungen des Kanals, welche von der Breite und Länge der ihn befahrenden Schiffe abhängen, soll dessen Krümmungsradius nicht unter 40 m angenommen werden. Die Breite der Kanalsohle beträgt bei geböschten Ufern etwa 1–1,25 m, bei gemauerten Seitenwänden etwa 2–2,5 m über zwei Schiffsbreiten von 4–14 m. Die Tiefe des Wassers muß den Tiefgang beladener Schiffe um 0,3–0,5 m übertreffen, also zwischen 1,5 und 2,5 m betragen. Das Gefälle muß stets so stark sein, daß der Kanal sich selbst reinigt; bei zu viel Gefälle gibt man dem Kanalbett eine Ausweitung [443] oder hilft sich durch Schleusen, welchen man ein Gefälle von höchstens 2 pro Mille gibt. Die Neigung der Böschungen hängt von der Beschaffenheit des Bodens ab und ist eine ein- bis zweifache, gewöhnlich eine anderthalbfache. Den Leinpfad legt man 0,5–1 m über den höchsten Wasserstand und gibt ihm eine Breite von 3–4 m. Die Speisung der K. erfolgt, wenn es Seitenkanäle sind, durch den benachbarten Fluß selbst oder durch Seitenzuflüsse desselben, wenn es Verbindungskanäle sind, durch besondere Speisebassins, worin Regen-, Quell- oder Flutwasser angesammelt wird, oder durch Speisegräben. Zur Ableitung von überflüssigem Wasser, wie es sich bei starken Regengüssen ansammelt, dienen die mit den Kanälen in Verbindung stehenden Flutgerinne oder Leerläufe. Die bei Anlage von Kanälen auf mehr oder minder geneigtem Terrain erforderlichen Kanalschleusen sind je nach der Lebhaftigkeit des Verkehrs entweder einfache, d. h. solche, welche nur ein Schiff, oder Doppelschleusen und Parallelschleusen, welche zwei Schiffe auf einmal aufnehmen können. K. von annähernd horizontaler Lage werden nur an ihren Endpunkten mit Schleusen (s. d.) versehen, um den Wasserstand des Kanals unabhängig von dem der anstoßenden Gewässer zu erhalten. Bei Kanälen sowohl mit gleichartiger als auch mit entgegengesetzter Neigung sind die Schleusen ein Haupterfordernis, um, wo zwei Abteilungen der K. von verschiedenem Niveau aneinander stoßen, die Schiffe beliebig heben und senken zu können. Diese K. sind um so kostspieliger, je mehr Schleusen sie erfordern, wodurch zugleich der Schiffsverkehr verzögert und der Transportpreis erhöht wird. Die Wassermenge, welche zu einem Kanal erforderlich ist, richtet sich nach dem Bedarf der anzulegenden Schleusen. Bei deren Bestimmung, besonders für K. mit horizontaler Lage, ist die Wassermasse in Anrechnung zu bringen, welche versickert, an der Oberfläche verdunstet oder durch die Schleusenthore dringt. Für K. mit gleichartiger Neigung kommt zu derselben Wassermenge die Füllung einer Schleuse aus dem Oberwasser für jedes durchgehende Schiff hinzu, welche ungefähr sechsmal so groß ist als das beladene Kanalboot, und für K. mit entgegengesetzter Neigung die für K. mit horizontaler Lage nötige Wassermasse und die doppelte Wassermasse für die zu füllende Schleuse, da das Schiff auf der einen Seite hinaufgehoben und auf der andern Seite hinabgelassen werden muß. Diese Wassermenge muß dem Kanal auf dem Verteilungspunkt, dem höchsten Punkte desselben, von andern Orten her durch sogen. Speisekanäle zugeführt werden. Um aber stets über das nötige Quantum von Wasser verfügen zu können, legt man auf dem höchsten Punkte der Wasserscheide ein Reservoir an, welches geräumig genug sein muß, um die Schleusen zu beiden Seiten mit dem nötigen Wasser zu versehen. Bei Kanälen, welche eine Verbindung mit dem Meer vermitteln, werden Flutschleusen und Flutthore angelegt.

Wo K. über andre Wasserläufe oder über Verkehrswege zu führen sind, erhalten dieselben steinerne, eiserne oder hölzerne Kanalbetten, von welchen die erstern auf Gewölben ruhen, die letztern bez. durch Eisen- oder Holzkonstruktion unterstützt werden. Bei der Kanalbrücke über den Calder bei Stanley hat man das aus Eisenblech konstruierte Kanalbett an Scharnierbogenträgern, bei dem Aquädukt des Pennsylvaniakanals über den Alleghany ein hölzernes, sorgfältig gedichtetes Kanalbett an Drahtseilen aufgehangen. Meist werden, wie bei der Kanalbrücke über die Garonne bei Agen, die Betten der Kanalbrücken für den Durchgang nur eines Schiffs bemessen, während an deren Enden eine solche Erweiterung angebracht ist, daß sich zwei Schiffe bequem ausweichen können. Die Überführung von Straßen oder Eisenbahnen über K. wird teils durch feste, teils durch bewegliche Brücken entweder mit Einschränkung oder besser mit Beibehaltung ihres vollen Profils bewirkt. Kanalhäfen werden an den Stellen von Schiffahrtskanälen angelegt, wo häufig Güter ein- oder auszuladen sind. Die Größe der Häfen richtet sich nach dem Umfang des Verkehrs. Die kleinsten Häfen erhalten die Länge und Breite eines Schiffs, die größern eine Länge von fünf bis zehn Schiffen und mindestens eine Schiffslänge zur Breite, damit die Schiffe wenden können. Zwischen dem Mauerwerk von Kanalbrücken und Kanalhäfen und dem Erdkörper muß eine sorgfältige Dichtung durch Thonschlag oder Sandbeton hergestellt werden, damit der Wasserverlust auf ein Minimum eingeschränkt wird. Aus demselben Grund werden die Böschungen von Kanälen, welche durch wasserdurchlässiges Terrain, wie Sand- und Kiesboden, führen, gewöhnlich mit einem 40–80 cm starken Thonschlag bekleidet, worauf wieder Deckschichten von urbarer Erde zu liegen kommen. In Frankreich ersetzt man den Thonschlag nicht selten durch eine Lage sandigen Bodens, welchen man mit Kalkmilch tränkt.

Vgl. Hagen, Wasserbaukunst, Teil 2, Bd. 3 (3. Aufl., Berl. 1874); Gräff, Construction des canaux et des chemins de fer (Par. 1861); Stevenson, Principles and practice of canal and river engineering (Edinb. 1858); Malézieux, Travaux publics des États d’Amérique en 1870 (Par. 1873); „Handbuch der Ingenieurwissenschaften“, Bd. 3: „Der Wasserbau“ (hrsg. von Frantzius und Sonne, 2. Aufl., Leipz. 1882).

Volkswirtschaftliche Bedeutung.

Vor der Zeit der Eisenbahnen war der Antrieb zum Kanalbau sehr stark, und K. erschienen auch da noch zweckmäßig, wo sie mit vielen Krümmungen, mit geringer Fahrtiefe und vielen Schleusen angelegt werden mußten, und unter solchen für die heutigen Anforderungen der Binnenschiffahrt ungünstigen Bedingungen der Nutzbarkeit sind fast alle gegenwärtig bestehenden K. ursprünglich angelegt worden. Nachdem der Bau der Eisenbahnen begonnen hatte, mußte sich deren Überlegenheit gegenüber den bestehenden Kanälen bald herausstellen. Die Eisenbahn bringt die Ladungsgegenstände in vier- bis sechsmal kürzerer Zeit ans Ziel, als es durch K. möglich ist. Sie befördert die Güter zu jeder Zeit, während die K. durch Wintereis, Wassermangel, Reparaturen etc. einen Teil des Jahrs unbenutzbar sind. Für den Osten Deutschlands ist beispielsweise die Fahrzeit auf den Kanälen mit Sicherheit nur auf etwa 250 Tage im Jahr anzunehmen. Die Eisenbahn vermag auch kleinere Warenmengen leichter zu verladen und abzufertigen und trifft in der Spedition einzelner Stückgüter Einrichtungen, welche jedermann bequem zugänglich sind. Sie kann ihre Stationen in die nächste Nähe der Bezugs- und Absatzorte legen, während die K. an das Terrain, Wasserversorgung und andre Hindernisse gebunden sind. Dagegen können bei dem Kanal die Frachten an jeder Stelle ein- und ausgeladen werden; die Verladung von Massenfrachten auf Flußschiffe (ein einziges Schiff von 4000 Ztr. faßt soviel wie ein ziemlich schwerer Eisenbahnzug) bietet größere Einfachheit, und manche Güter, welche feuergefährlich sind oder das Schütteln der Eisenbahnwagen nicht vertragen können, eignen sich vorzugsweise [444] für den Wassertransport. Gleichwohl kann ein Kanal im allgemeinen für gewöhnliche Verkehrsverhältnisse nur dann mit einer Eisenbahn konkurrieren, wenn die Gesamtkosten der Kanalfracht sich niedriger stellen als die Fracht für den bequemern und schnellern Eisenbahntransport und etwa nicht über drei Viertel der niedrigsten Bahnfracht hinausgehen. Anderseits gibt es bei Versendung eigentlicher Massenfrachten bald eine Grenze, über welche hinaus die Eisenbahn die Konkurrenz mit dem Kanal nicht mehr aufnehmen kann, und wo der Kanal volkswirtschaftliche Vorteile vor der Eisenbahn bietet. Bei Bewältigung einer mehrere Millionen Tonnen jährlich betragenden Kohlenfracht zwischen Dortmund und Hamburg würde eine Eisenbahn über 30 schwere Kohlenzüge täglich und ebensoviel Trains mit leer zurückgehenden Wagen zu befördern haben und einen ungeheuern Betriebsaufwand erfordern, während der Kanal leicht die dreifache Warenmenge ohne unverhältnismäßige Erhöhung der laufenden Betriebskosten bewältigt. Berechnungen über die Rentabilität eines Kanals gehen von der Erfahrung aus, daß der Satz von 2 Pf. für Tonne und Kilometer den äußersten Satz bildet, für welchen auch eine nur für Gütertransport gebaute Bahn die Fracht noch zu befördern vermag, und daß die Kanalfracht sich daher, um mit den Eisenbahnen zu konkurrieren, auf höchstens drei Viertel der Eisenbahnfracht = 1,5 Pfennig für die Tonne und das Kilometer zu stellen hat. Dem gegenüber stellen sich die Bedingungen für Rentabilität der K. wie folgt:

Kanalbaukosten für das Kilometer 225,000 Mk.

Verzinsung und Unterhaltung zu 6 Proz. ergibt ein zu erforderndes Erträgnis für das Kilometer jährlich von 13,500 Mk.

Die Selbstkosten der Kanalfracht (Schiffe, Bemannung, Traktionskosten etc.) sind nach genauen Berechnungen für neue ausgiebige Kanalanlagen mit 0,8 Pf. für die Tonne und das Kilometer in Anschlag zu bringen.

Zur Erreichung des zulässigen Frachtsatzes von 1,5 Pf. für Tonne und Kilometer können daher noch 1,5 − 0,8 = 0,7 Pf. für Tonne und Kilometer an Kanalabgabe erlegt werden, ohne die Konkurrenzfähigkeit gegen die Eisenbahn zu gefährden.

Rentabilität wird also möglich, wenn die oben berechneten 13,500 Mk. für das Kilometer aus der Kanalabgabe von 0,7 Pf. für das Kilometer eingehen. Dies geschieht, sofern 1,928,501 oder rund 2 Mill. Ton. jährlich jedes Kilometer durchlaufen.

Diese vorausgesetzte Frachtmenge von 2 Mill. Ton. bezeichnet auch die äußerste Grenze, bei der die Verwendung von Eisenbahnen noch wirtschaftlich erscheinen kann. Da aber solche Verkehrsmengen im Massenverkehr in Deutschland schon jetzt nach einigen Verkehrsrichtungen vorkommen, so erscheint das Bestreben einiger Staaten, wie Preußen und Frankreich, den Ausbau eines den heutigen Anforderungen entsprechenden Kanalnetzes zu befördern, durchaus berechtigt. Man nimmt wohl nicht mit Unrecht an, daß damit eine neue Zeitepoche eingeleitet wird, in welcher die K. die Eisenbahnen in der Massenverfrachtung geringwertiger Güter abzulösen beginnen. Da allerorts noch viele Artikel ihrer Hebung und Bewegung durch billigern Transport harren, so dürfte ein gutes Kanalnetz auch einen erheblichen Verkehr neu hervorrufen.

Statistisches. Kanalprojekte.

Deutschland. Die letzten umfassenden statistischen Erhebungen über die deutschen Binnenwasserstraßen liegen aus dem Jahr 1881 vor und sind im „Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich“ veröffentlicht worden. Da ein weiterer belangreicher Ausbau der Wasserstraßen inzwischen nicht stattgefunden hat, so sind die bezüglichen Veröffentlichungen auch für den jetzigen Stand im wesentlichen noch zutreffend. Danach betrug 1881 die Gesamtlänge der schiffbaren deutschen Binnenwasserstraßen, d. h. der schiffbaren Flüsse und K., zusammen 12,441 km. Weiteres ist aus nachfolgender Tabelle I. ersichtlich.

I. Verteilung der deutschen Wasserstraßen auf die einzelnen Stromgebiete.
Bezeichnung der Wasserstraßen und der Stromgebiete Gesamt­länge der schiffbaren Strecken Davon können befahren werden mit einem Tiefgang von
1,50 m 1,00 m 0,75 m unter 0,75 m
Kilometer
Memelgebiet 247,3 83,6 156,5 7,2
Dange 11,3 1,9 9,4
Küstenflüsse des Kurischen Haffs 64,0 58,3 5,7
Pregelgebiet 397,2 29,8 139,1 152,0 76,3
Küstenflüsse des Frischen Haffs 32,1 11,3 8,8 12,0
Elbing-Oberländischer Kanal 195,8 195,8
Weichselgebiet 438,1 16,1 283,9 138,1
Bromberger Kanal (Verbindung zwischen Weichsel- und Odergebiet) 26,5 26,5
Odergebiet 1802,5 222,2 765,7 550,6 264,0
Küstengewässer der Ostsee westlich der Oder 445,4 184,6 28,3 232,5
Verbindungskanäle zwischen Oder- und Elbegebiet 80,6 57,9 22,7
Elbegebiet 2606,6 527,7 813,4 354,7 910,8
Küstenflüsse nördlich der Elbe 313,3 199,8 110,5 3,0
Oste-Hammekanal (Verbindung zwischen Elbe- und Wesergebiet) 16,4 16,4
Wesergebiet 1175,4 146,3 365,6 249,3 414,2
Küstengewässer zwischen Weser und Ems 7,7 7,7
Emsgebiet 466,4 99,9 196,1 11,0 159,4
Ostfriesische Kanäle 441,5 23,4 389,4 12,8 15,9
Rheingebiet 2789,8 534,3 1069,0 474,7 711,8
Main-Donaukanal (Verbindung zwischen Rhein und Donau) 136,4 136,4
Donaugebiet 746,8 332,8 414,0
Im Deutschen Reich: 12441,1 2139,2 4623,6 2325,4 3352,9

Da Deutschland 1887 rund 40,000 km Eisenbahnen besitzt, so beträgt die Länge der schiffbaren Wasserstraßen nur etwa 3/10 der Eisenbahnen. Die in der Länge der schiffbaren Wasserstraßen inbegriffene Länge der schiffbaren K. belief sich 1887 auf rund 2420 km. Nach Ausführung der vorliegenden Kanalprojekte (s. S. 446) würden hierzu ca. 900 km hinzukommen.

Von den natürlichen Gewässern sind wegen teilweise starken Gefälles und der an einzelnen Stellen sich ablagernden Barren und Sandbänke nur wenige [445] Strecken auch für Schiffe von geringem Tiefgang wirklich gut fahrbar. Zu den besten gehören trotz der Kleinheit der Gewässer Spree und Havel von oberhalb Berlin bis zur Elbe. Die Vorzüge dieser Wasserverbindung, der Berlin seine Entwickelung verdankt, erklären sich aus geringem, durch drei Schleusen noch gemindertem Gefälle und durch eine Anzahl tiefer Seen, welche die Senkstoffe aufnehmen. Ähnlich günstig erweist sich die Elbe auf der Strecke im Gebirgsland von Aussig bis Meißen. Nicht immer, aber doch in der Regel hinreichend fahrbar ist die Elbe von Magdeburg bis Hamburg für Schiffe von 120–150 Ton. und die Netze und Warthe durch den Finowkanal bis zur Spree für Schiffe mit 100–120 T. Ladung. Sehr benachteiligt ist indes die Schiffahrt auf der Elbe zwischen Meißen und Magdeburg und auf verschiedenen Strecken der Oder oberhalb Frankfurt. Die Weser hat zwar den Vorzug ziemlich gleichmäßiger Wasserstände für Frachten bis 100 T., ist aber wegen ihrer Richtung und des Mangels an Seitenverbindungen kein allgemein nutzbarer Wasserweg. Auch der Ems fehlt auf einer großen Strecke eine dauernd genügende Wassertiefe. Nur der Rhein ist ein auch für größere Schiffe bis 350 T. und darüber auf der ganzen Strecke von Mannheim bis zur Mündung gut benutzbarer Wasserweg, welcher durch Lippe und Ruhr sowie durch den Main drei durch Kanalisierung fahrbar gewordene Arme in das Binnenland vorstreckt. Die Lippe trägt vermöge 12 Schleusen bis Lünen Schiffe von 170, bis Hamm von 140 T., oberhalb Hamm nur kleine Kähne. Die Ruhr ist mit 13 Schleusen so kanalisiert, daß Schiffe bis 150 T. verkehren. – Das bedeutendste Werk, welches bisher auf dem Gebiet der Flußkanalisierung unternommen worden ist, besteht in der Kanalisierung des Mains zwischen Frankfurt a. M. und dem Rhein. Die Arbeiten hierzu waren im Herbst 1886 beendet; es sind dazu aus öffentlichen Mitteln 51/2 Mill. Mk. aufgewendet worden. Der Tiefgang des Mains ist dadurch von 0,90 auf 2 m gebracht und erlaubt den größten Rheinbooten, bis Frankfurt stromauf zu fahren. In Frankfurt enden die Anlagen in einem großen Hafen, welcher mit dem neuen Zentralbahnhof in Verbindung steht. Über die bedeutendern schiffbaren K. und deren Benutzbarkeit gibt die nachfolgende Tabelle II. Auskunft.

II. Übersicht der Schiffahrtskanäle in Deutschland,
welche eine Länge von 20 km und darüber haben, sowie der für die Binnenschiffahrt wichtigern Kanäle von geringerer Länge.
Bezeichnung mit Angabe der Anfangs- und Endpunkte Länge Wasser­tiefe Schleusen Trag­fähig­keit
Zahl Länge Breite
Kilom. Meter Meter Ton.
Breisacher Kanal, Rhein bei Alt-Breisach – Rhônekanal 9,5 1,6 1 36,7 7,0 200
Bromberger Kanal, Bromberg – Nakel 26,5 1,2 9 40,2 8,8 125
Breuschkanal, Wolxheim – Ill bei Straßburg 20,0 1,0 11 58,0 4,5 60
Kolmarer Kanal, Ill bei Kolmar – Rhein-Rhônekanal 13,0 1,6 1 34,5 5,2 200
Duisburger Kanal, Ruhr – Rhein 4,5 2,0 1 42,6 5,96 700
Eiderkanal, Obereider bei Voorde – Kieler Bucht 32,0 3,2 5 35–35,9 8,1 200
Elbing-Oberländer Kanal, Elbing – Drausensee – Geserichsee – Schillingsee 115,0 1,3 11 31,3 3,1 60
Emdener Fahrwasser, Emden – Ems 3,5 3,5 1 11,0 600
Emskanal, Hanekenfähr – Meppen 26,0 1,4 5 30,0 5,8 80
Ems-Vechtekanal, Hanekenfähr – Frenswegen 21,0 1,9 2 33,0 6,5 100
Erftkanal, Neuß – Rhein 4,0 1,8 350
Finowkanal, Havel – Oder bei Hohensaaten 69,5 1,3 17 47,6 5,3–14,1 110
Friedrich Wilhelm-Kanal (auch Müllroser Kanal genannt), Spree bei Neuhaus – Oder 24,0 1,5 9 40,2 5,2 120
Großefehnkanal, Fehnter Tief – Großefehn 21,0 1,1 4 16,0 5,0
Hadlerkanal, Bederkesa – Elbe b. Otterndorf (vorzugsweise Entwässerungskanal) 32,0 1,1 1 20,2 6,1 16
Holländischer Kanal (Entwässerungskanal, Schiffbarkeit unvollkommen) 58,0
Hüninger Kanal, Rhein bei Hüningen – Rhein-Rhônek. bei Mülhausen 28,0 1,6 4 34,5 5,2 200
Hunte-Emskanal, Ems – Hunte bei Oldenburg 45,0 1,5 4 30,0 5,2 50
Ill-Rheinkanal, Verbindung zwischen Rhein-Rhône, Rhein-Marne sowie Breuschkanal und dem Rhein 2,0 2 55,0 12,0 400
Klodnitzkanal, Gleiwitz – Oder bei Kosel 45,5 1,3 18 36,6 4,0 60
König Wilhelms-Kanal, Langkuppen – Kurisches Haff 23,0 1,6 1 157,0 23,5 80
Main-Donaukanal, Main bei Bamberg – Donau 173,0 1,6 91 36,5 5,0 100
Nottekanal, Wellensee – Dahme bei Wusterhausen 22,0 0,9 3 37,7 5,3 75
Papenburger Kanal, Stadt Papenburg 30,0 1,8 3 30,0 6,5 80
Plauer Kanal, Niegripp an der Elbe – Plaue an der Havel 57,5 1,6 5 46,9 8,0 225
   9,5 1,1 1 50,2 7,9 200
Rhauderfehnerkanäle 98,5 1,4 30–40,5 4,8–6,5 28
Rhein-Marnekanal, Ill bei Straßburg – Xures (französische Grenze) 104,0 1,6 64 34,5 5,2 200
Rhein-Rhônekanal, Illkanal bei Straßburg – Französische Grenze 132,0 1,6 87 34,5 5,2 200
Rheinsburger Kanal, Rhinfluß – Pälitzsee 16,0 1,3 1 45,0 5,5 220
Saarkanal, See von Gondresanges – Saargemünd 63,5 1,6 27 34,5 5,2 200
Spandauer Kanal, Spree bei Berlin – Havel bei Spandau 9,0 1,4 1 39,0 6,0 200
Spoykanal, Kleve – Rhein bei Kecken 9,4 2,3 1 46,0 6,9 200
Stecknitzkanal, Elbe bei Lauenburg – Trave 56,0 0,9 13 22,0 4,0 50
Storkower Kanal, Scharmützelsee – Dahmefluß 28,0 0,8 3 38,5 5,0 80
Süd-Nordkanal, Bockholt – Rheede (Meliorations- und Schiffahrtskanal durch das Bourtanger Moor) 71,0 1,9 12 33,0 6,5 100
Templiner Kanal, Templiner See – Havel 13,5 0,7 3 36,6–110,5 5,9–26,0 60
Trekfahrtskanal, Emden – Aurich 23,5 1,1 3 14,7–16,1 4,1–4,7 20
Warsingfehntiefkanal, Fehntertief – Warsingfehn 21,0 1,1 1 16,1 4,7 20
Weichsel-Haffkanal, Weichsel – Frisches Haff 19,0 2,0 2 40,3 6,3 155

Der größte Teil der bestehenden K. ist, was ihre Tragfähigkeit betrifft, bislang noch wenig leistungsfähig. Damit ein deutsches Kanalnetz Rentabilität erlangen u. durch Tauerei, Dampfbetrieb etc. den Anforderungen [446] der Schnelligkeit des Transports entsprechen kann, nimmt man an, daß für den Osten Berlins mit Rücksicht auf die dort bereits bestehenden und schwer völlig umzugestaltenden Linien ein Normalschiff von 220 T., für die Linien von Berlin nach Stettin, Hamburg und dem Rhein aber ein solches von 350 T. zu Grunde zu legen ist. Abgesehen von dem vorwiegend maritimen Zwecken bestimmten Nordostseekanal liegen, auf dieser Grundlage die folgenden Kanalprojekte vor: 1) Der Elbe-Spreekanal, soll den Produkten Sachsens und Böhmens einen billigen Weg nach Berlin eröffnen und würde den Wasserweg zwischen Riesa und Berlin, welcher jetzt 409 km beträgt, auf 146 km kürzen. 2) Ein Rhein-Weserkanal, welcher für die Kohlengegenden Westfalens und die Rheinlande von Wichtigkeit wäre. Nach den veröffentlichten vorläufigen Projekten würden die Anschlüsse an den Rhein bei Ruhrort und an die Weser bei Minden erfolgen. Länge 252 km. Zu dessen Verlängerung würden dienen: 3) ein Rhein-Maaskanal, 47 km lang, zwischen Venloo an der Maas und Ürdingen (bei Krefeld) am Rhein, welcher eine schon seit Jahrhunderten befürwortete Idee verwirklichen würde; ferner 4) ein Weser-Elbkanal, 220 km lang, von der Weser bei Minden bis zur Elbe bei Wolmirstedt unterhalb Magdeburg. 5) Ein Kanal von Berlin nach Rostock, 265 km; derselbe trifft auf seiner Trace ein sehr günstiges Bauterrain, weil daselbst eine größere Anzahl von Landseen vorhanden ist.

Mit der Ausführung des projektierten Kanalnetzes ist auf Grund eines preußischen Gesetzes vom 9. Juli 1886 der Anfang durch zwei Kanalbauten gemacht worden, welche, obwohl sie einen Teil des großen Kanalprojekts bilden, dennoch für sich einen selbständigen Charakter haben und einen besondern Nutzen gewähren. Es sind dies: a) der Neubau eines Kanals von Fürstenberg nach dem Kersdorfer See unter teilweiser Benutzung des Friedrich Wilhelm-Kanals, Regulierung der Spree von da bis unterhalb Fürstenwalde und Neubau eines daselbst beginnenden Kanals bis zum Seddinsee, zur Herstellung einer leistungsfähigen Wasserstraße zwischen Schlesien und Berlin. Gesamtkosten 12,600,000 Mk. Diese Anlage wird die bereits vorhandene Kanalverbindung zwischen Oder und Spree in der Weise ergänzen, bez. ersetzen, daß künftig den auf der Oder verkehrenden größern Fahrzeugen die Erreichung der Stadt Berlin möglich gemacht wird. Von noch größerer Wichtigkeit ist b) der gleichfalls eingeleitete Bau eines Kanals von Dortmund nach der Ems als Teilstrecke eines Kanals, welcher in Anlehnung an die vorstehend unter 2) und 4) bezeichneten Projekte den Rhein mit der Ems, Weser und Elbe in Verbindung bringen soll. Der mit einem Kostenaufwand von 58,400,000 Mk. herzustellende Dortmund-Emskanal beginnt mit einem in unmittelbarer Nähe von Dortmund im W. der Stadt anzulegenden Hafen und verfolgt dann in Länge von 15 km das Thal der Emscher bis Henrichenburg, wo die später nach dem Rhein hin anzulegende Kanalverbindung abzweigen soll. Von hier wird die Hauptlinie in Länge von 109,3 km in nordöstlicher Richtung mit Durchbrechung der Wasserscheiden zwischen Lippe und Ems, bez. Überschreitung der Flußthäler der Lippe und Stever über Münster und Bevergern nach Papenburg geführt. Von hier aus wird das Fahrwasser der Ems benutzt unter Hinzufügung eines Kanals von der Ems bei Oldersum nach Emden und einer größern Hafenanlage in Emden. Das Kanalprofil erhält 16 m Sohlenbreite, 24 m Breite im Wasserspiegel und 2 m Tiefe; die Schleusen werden mit 67 m Kaimauerlänge, 8,6 m lichter Weite in den Thoren und 2,5 m Wassertiefe auf den Drempeln gebaut, so daß späterhin im Fall des Bedürfnisses eine Vertiefung des ganzen Kanals bis zu 2 m der gleichen Tiefe vorgenommen werden kann. Diese Abmessungen werden allenthalben den Verkehr von Fahrzeugen bis zu 10,000 Ztr. Tragfähigkeit gestatten.

Indem die neuen K., insbesondere der Dortmund-Emskanal, in den Abmessungen über alle dem Seeverkehr dienenden K., sowohl in Deutschland als auch im Ausland einschließlich Amerikas, weit hinausgehen, wird dadurch eine bisher noch niemals gebotene Gelegenheit zur Lösung der die Binnenschiffahrt angehenden Fragen gegeben, und es läßt sich voraussehen, daß die zu gewinnenden Erfahrungen auf die weitere Entwickelung des Kanalbauwesens einen bestimmenden Einfluß haben werden.

Österreich. Ein Projekt zu einem Donau-Oderkanal wurde bereits 1881 dem Reichsrat vorgelegt; derselbe durchzieht, von Wien ausgehend, das Marchfeld, die Wasserscheide zwischen Donau und March, führt von Angern als Lateralkanal zur March bis Kwassitz, überschreitet dort die March und führt, die Karpathen überschreitend, zur Oder bei Oderberg; Gesamtlänge 276 km. Das für die österreichische Strecke zu verzinsende Baukapital würde sich auf 32,280,000 Gulden oder 140,107 Guld. für das Kilometer belaufen. Der Gesamtverkehr auf dem Kanal wird auf 1,800,000 Ton. geschätzt.

Das gesamte Kanalnetz Frankreichs betrug 1880: 5037 km mit einem Anlagekapital von 818,467,913 Frank. Eine den heutigen Verkehrsanforderungen entsprechende Verbesserung und der Ausbau dieses Wassernetzes wurden 1878 durch die Nationalversammlung beschlossen, wozu ein Aufwand von 833 Mill. Fr. in Aussicht genommen war. Die Projekte wurden nach der Dringlichkeit in drei Klassen verteilt und zwar:

erste Klasse rund 435 Mill. Frank
zweite 192
dritte 206

Als dringendste Projekte (erste Klasse) wurden genannt: 1) Kanalisierung der Seine zwischen Paris und Rouen auf 3 m Wassertiefe; 2) Verbindung der Oise, Aisne, Marne, obern Seine, Yonne und der K. von Bourgogne, Briare und Orléans; 3) Lateralkanal zum Rhône von Lyon bis Arles; 4) Kanal von Bouc bis Marseille; 5) Verbindung des Kanals von Orléans mit Loire, Sarthe, Mayenne und Vilaine; 6) Kanal von Montluçon nach Châlons und Verbesserung der Loire von Angers bis Nantes; 7) Kanal von Bordeaux nach Bayonne. Ein Teil dieser K. ist bereits im Bau begriffen.

Über den Suez-, Panama- und Nord-Ostseekanal vgl. die besondern Artikel. Über den Kanal- und Binnenschiffahrtsverkehr s. Schiffahrt.

Vgl. außer den S. 443 angegebenen technischen Werken Villaume, Versuch über die Flüsse und ihre Bildung zu Handelsstraßen in dem Kontinent von Europa und durch dasselbe (Kopenh. 1822); Grangez, Précis historique et statistique des voies navigables de la France et d’une partie de la Belgique (Par. 1855); de Lagrené, Cours de navigation intérieure. Fleuves et rivières (das. 1869–73, 3 Bde. und Atlas); Krantz, Schlußbericht über den vorzunehmenden Ausbau der Wasserstraßen in Frankreich (Wien 1874); Larue, Manuel des voies navigables de la France (2. Aufl., Creusot 1877); „Commission supérieure pour l’aménagement et [447] l’utilisation des eaux“, 1. Session 1878–79 (Par. 1879); Große, Über den Nutzen der Schiffahrtskanäle (Berl. 1868); „Denkschrift, betreffend die im preußischen Staat vorhandenen Wasserstraßen, deren Verbesserungen und Vermehrungen“ (mit einer Karte, offiziell, 2. Aufl., das. 1877); Dünkelberg, Schiffahrtkanäle und ihre Bedeutung für die Landesmelioration (Bonn 1877); Mosler, Die Wasserstraßen in den Vereinigten Staaten von Amerika in ihrer kommerziellen und industriellen Bedeutung (Berl. 1877); Richter, Die Entwickelung der Verkehrsgrundlagen, Eisenbahnen, Flüsse, K. und Landstraßen (2. Aufl., das. 1878); Sax, Die Verkehrsmittel, Bd. 1 (Wien 1878); Meyer, Über eine neue Methode der Anlage und des Betriebes geneigter Ebenen für Schiffstransporte. Ein Beitrag zur Kanalfrage (Berl. 1877); Bellingrath, Studien über Bau und Betriebsweise eines deutschen Kanalnetzes (mit Atlas, das. 1879); v. Weber, Studie über die Wasserstraßen Englands (amtlicher Bericht, das. 1880); Derselbe, Die Wasserstraßen Nordeuropas (Leipz. 1881); Derselbe, Studie über die Wasserstraßen Schwedens (Berl. 1880); „Denkschrift über den Ausbau der Wasserstraßen in Österreich“ (Wien 1884); Meitzen, Die Frage des Kanalbaues in Preußen (Berl. 1885); die Protokolle des internationalen Kongresses für Binnenschiffahrt zu Brüssel vom 24. Mai bis 22. Juni 1885. Über die verschiedenen Kanalprojekte hat sich eine reiche Litteratur angesammelt.