Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Küstenkrieg“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 357358
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Küstenkrieg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 357–358. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:K%C3%BCstenkrieg (Version vom 18.11.2022)

[357] Küstenkrieg, alle Kriegshandlungen, deren Aufgabe die Verhinderung des Schiffsverkehrs an der feindlichen Küste, die Zerstörung der dort gelegenen Häfen, Marineetablissements etc., endlich die Besitznahme eines Küstenstrichs oder die Verteidigung gegen diese Absichten ist. Die Mittel für den K. sind seitens des Angreifers eine Kriegsflotte, bestehend aus einer Anzahl leichter, schnell segelnder Schiffe (Avisos, Torpedoboote, Kreuzer), zur Beobachtung der feindlichen Küste und zu schneller Benachrichtigung, und aus schweren Schlachtschiffen, welche den Kampf mit den Küstenbatterien und den Schiffen des Verteidigers [358] aufnehmen und die Marineetablissements etc. am Land zerstören sollen. Zur Besitznahme der Küste ist außerdem noch eine Transportflotte mit Landungstruppen erforderlich. Die Verteidigung besteht in dem von Avisos und Torpedobooten ausgeübten Sicherheitsdienst auf hoher See, in Offensivunternehmungen der Panzerschiffe, nächtlicher Beunruhigung vor Anker liegender feindlicher Schiffe durch Torpedoboote und in der lokalen Einrichtung der Reeden und Häfen durch Küstenbefestigungen und Seeminen. Zur Abwehr der Landung werden die wichtigsten Küstenpunkte besetzt und Reservetruppen konzentriert sowie namentlich Torpedoboote bereit gehalten, um dahin zu eilen, wo der Feind eine Ausschiffung versuchen sollte. Die bloße Verhinderung des Seeverkehrs ist die Küsten- resp. Hafenblockade (s. Blockade), welche so gehandhabt werden muß, daß kein Schiff unbemerkt der Küste sich nähern oder aus den Häfen auslaufen kann. Die beobachtenden Kreuzer nehmen die Schiffe, welche die Blockade zu brechen versuchen, weg oder rufen, wenn der auslaufende Gegner überlegen erscheint, ihre Schlachtflotte herbei. Gelingt es der Angriffsflotte, sich die Einfahrt in den Hafen durch Niederkämpfung der Küstenartillerie zu erzwingen oder vermöge der Unverwundbarkeit ihrer Panzer durch das Geschützfeuer hindurchzufahren und die Minensperren unschädlich zu machen, so wird sie durch nichts am Bombardement der Hafenanlagen und der Stadt zu hindern sein. Die Abwehr des Angriffs erfolgt durch Geschützfeuer aus den Küstenbefestigungen, durch Torpedos aus verankerten Torpedobatterien wie aus Torpedobooten und die speziell für die Küstenverteidigung bestimmten Fahrzeuge (gepanzerte Batterien, Panzerkanonenboote etc.). Landungen erfolgen meist von der Besatzung der Kriegsschiffe selbst und in deren Booten zu vorübergehendem Aufenthalt behufs Zerstörung von Material und Befestigungen, Überfall von Wachen u. dgl. Größere Truppenabteilungen können nur nach sorgfältigen Vorbereitungen und an solchen Stellen der Küste ausgeschifft werden, die der Feind nicht besetzt hat, und wo die Schlachtschiffe nahe genug an die Küste herangehen können, um die Landung durch ihr Feuer zu decken. Auch dann kann sich die Landungstruppe nicht ohne Gefahr weit von der Küste und von ihrer Flotte entfernen, auf die sie für Verpflegung und Rückzug angewiesen ist. Der Verteidiger wird durch sein Beobachtungssystem längs der Küste rasch von der beginnenden Landung benachrichtigt und setzt seine Truppen nach der Landungsstelle in Bewegung. Je ausgedehnter das Eisenbahnnetz parallel der Küste und nach dem Innern ist, um so weiter her kann er Verstärkungen zur Abwehr der Landung herbeiführen. Bei den heutigen Mitteln braucht ein Armeekorps von 30,000 Mann mit allen Trains zur Ausschiffung etwa drei Tage, ein Zeitraum, der stets genügt, überlegene Kräfte dem Angreifer gegenüber zu versammeln und den Landungstruppen jedes Vordringen zu verwehren oder ihren Rückzug ernstlich zu gefährden. Die größte in der Neuzeit ausgeführte Landung ist die in der Krim 1854; aber die Russen störten sie nicht und waren auch nachher dem Gegner an Zahl lange nicht gewachsen. Vgl. Panzerschiff und Festung, S. 187.