Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Hansen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 147148
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Hansen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 147–148. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Hansen (Version vom 11.07.2023)

[147] Hansen, s. Hansa.

Hansen, 1) Maurits Christopher, norweg. Dichter, geb. 5. Juli 1794 zu Modum, studierte in Christiania, ward 1820 Lehrer an der Realschule zu Drontheim und 1826 Rektor der Schule zu Kongsberg, wo er 16. März 1842 starb. Als Dichter begründete er durch seine „Digtninger“ (1816) seinen Ruf. Ihnen folgten novellistische Arbeiten, die sich durch Phantasie und richtige Auffassung des Volkslebens auszeichnen, wie: „Luren“, „Bergmanden“, „Den gale Christian“ u. a., ferner die Dramen: „Nor og Gor“, zur Feier der Vereinigung der beiden skandinavischen Reiche, und „Hakon Athelstan“ (1838) und der Roman „Polykarps supplerede Manuskripter eller en Slaegts Historie“. Auch als Lyriker und Idyllendichter, z. B. im „Norsk Idyllekrands“ (Christ. 1831), nimmt H. einen ehrenvollen Platz ein. Eine Sammlung seiner Schriften erschien zu Bergen 1841–43. Seine „Novellen og Fortaellinger“ gab Schwach (Christ. 1855–58, 8 Bde.) heraus.

2) Peter Andreas, Astronom, geb. 8. Dez. 1795 zu Tondern in Schleswig, ward nach Beendigung seiner autodidaktischen Studien 1821 als Gehilfe bei der dänischen Gradmessung in Holstein und bei der Sternwarte in Altona angestellt und folgte 1825 einem Ruf als Direktor der Sternwarte Seeberg bei Gotha. Auf seine Veranlassung ward 1859 die neue Sternwarte in der Erfurter Vorstadt zu Gotha erbaut, an welcher er bis zu seinem Tod (28. März 1874) wirkte. Hansens Thätigkeit war hauptsächlich den Problemen der physischen Astronomie und der Berechnung der Störungen der Planetenbahnen gewidmet. Außer einer Reihe von Abhandlungen über theoretisch-astronomische Gegenstände sind von seinen Arbeiten hervorzuheben: „Methode, mit dem Fraunhoferschen Heliometer Beobachtungen anzustellen“ (Gotha 1827); „Untersuchungen über die gegenseitigen Störungen des Jupiters und Saturns“ (Berl. 1831); „Fundamenta nova investigationis orbitae verae, quam luna perlustrat“ (Gotha 1838), auf Grund deren die „Tables de la lune construites d’après le principe newtonien de la gravitation universelle“ (Lond. 1857) entworfen wurden, welche den Lauf des Mondes mit einer bis dahin für unerreichbar erachteten Genauigkeit darstellen; „Ermittelung der absoluten Störungen in Ellipsen von beliebiger Exzentrizität und Neigung“ (1. Bd., Gotha 1843; bildet zugleich den 1. Teil der „Schriften der Sternwarte Seeberg“); „Linearische Gleichungen“ (Leipz. 1848); „Potenz des radius vector“ (das. 1853); „Entwickelung der negativen Potenzen“ (das. 1854); „Theorie des Äquatoreals“ (das. 1855); „Berechnung der absoluten Störungen der kleinen Planeten 1856 und 1857“ (das. 1858); „Theorie der Sonnenfinsternisse“ (das. 1858); „Theorie der Pendelbewegung mit Rücksicht auf die Gestalt und Bewegung der Erde“ (gekrönte Preisschrift, in den „Neuen Schriften der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig“ 1858); „Darlegung der theoretischen Berechnung der in den Mondtafeln angewandten Störungen“ (Leipz. 1862 u. 1864, 2 Tle.); „Geodätische Untersuchungen“ (das. 1865, 1868 u. 1869); „Bestimmung des Längenunterschiedes zwischen den Sternwarten zu Gotha und Leipzig“ (unter seiner Mitwirkung ausgeführt von Auwers und Bruhns, das. 1865); „Von der Methode der kleinsten Quadrate und ihrer Anwendung auf Geodäsie“ (das. 1868). Mit Olufsen bearbeitete er die „Tables du soleil, exécutées d’après les ordres de la société royale des sciences à Copenhague“ (Kopenh. 1854, Supplem. 1857).

3) Konstantin, dän. Maler, geb. 3. Nov. 1804 zu Rom, wo sich sein Vater, der Porträtmaler Hans H., damals aufhielt, war anfangs zum Architekten bestimmt, widmete sich aber bald der Malerei an der Akademie unter Eckersberg. Er malte zunächst ausschließlich Stoffe aus dem täglichen Leben und zahlreiche Porträte. 1835 ging er nach Rom, wo er neun Jahre blieb und italienische Genre- und Architekturbilder malte. Nach seiner Heimkehr begann er die Ausführung der in Italien entworfenen Skizzen zur Dekoration der Vorhalle der Universität, woran er zehn Jahre arbeitete. Bei dem Umbau des königlichen Theaters teilte er sich mit Jensen in die Dekoration des Zuschauerraums. Ein Hauptbild ist sein gesetzgebender Reichstag mit mehreren Hundert Porträten. H. zeigte in seinen besten Bildern einen feinen Sinn für die geistige Wirkung und eine sehr entwickelte Technik. Nach Marstrands Tod wurde er Vizedirektor der Akademie; starb 27. März 1880.

4) Jens Andersen, Führer der dänischen Demokratie, geb. 7. Jan. 1806 zu Odense, erlernte bei seinem Vater das Schuhmacherhandwerk, ward 1824 Geselle, 1834 Organist und Stadtmusikant in Rudkjöbing, [148] 1835 Schuhmachermeister daselbst, siedelte 1838 nach Slagelse und 1841 nach Fredericia über, gab, nachdem er 1842 die Herausgabe des „Almuevennen“ („Volksfreund“) begonnen, sein Handwerk auf und ging nach Kopenhagen, wo er zeitweilig Redakteur des „Faedreland“ war. An der politischen Bewegung der 40er Jahre nahm er lebhaften Anteil und ward 1848 von Rudkjöbing in den Konstituierenden Reichstag gewählt; seitdem gehörte er ununterbrochen der Volksvertretung an, in welcher er die Seele der sogen. Linken, der demokratischen Bauernpartei, war und mit Erfolg die Herrschaft der auf der hauptstädtischen Bevölkerung beruhenden nationalliberalen Partei bekämpfte. Nachdem seine Partei die Majorität im Folkething erlangt, ward er Präsident desselben. Wie er selbst seine mangelhafte Jugenderziehung durch rastlosen Fleiß überwunden, so suchte er auch den Bauernstand geistig und materiell zu heben. Als Vorsitzender zweier Versicherungsgesellschaften ließ er sich aber verleiten, zu eignem Vorteil und für Parteizwecke nach und nach 190,000 Kronen zu unterschlagen. Als das Verbrechen 1877 entdeckt wurde, gestand es H. bei der ersten gerichtlichen Vernehmung ein, nahm sich aber dann (1. Juni 1877) das Leben.

5) Theophil, Architekt, geb. 18. Juli 1813 zu Kopenhagen, erhielt seine Ausbildung auf der dortigen Kunstakademie, besuchte mit einem Reisestipendium der dänischen Regierung 1838 Italien und darauf Griechenland, wo sich sein Bruder Christian (bekannt als Mitherausgeber des Werkes über die Akropolis von Roß und Schaubert) aufhielt, verweilte acht Jahre in Athen und war als Lehrer an der dortigen technischen Anstalt thätig. Von den daselbst ausgeführten Bauten sind die Baron Sinasche Sternwarte und das Privathaus eines reichen Griechen, Demetrios, zu nennen. 1846 siedelte er auf Einladung des Wiener Architekten Ludwig Förster nach Wien über. Mit diesem wirkte H. eine lange Zeit vereint, so an dem Bau der 1849 vollendeten evangelischen Kirche zu Gumpendorf und der 1853–58 im byzantinisch-maurischen Stil erbauten Synagoge in der Leopoldstadt. Selbständig trat H. zuerst auf bei dem Bau des in demselben Stil ausgeführten Waffenmuseums des Arsenals in Wien. Diese Periode seiner Thätigkeit kennzeichnet sich durch eine Vorliebe für frühmittelalterliche Stile und Anwendung farbigen Materials. Andre Bauwerke byzantinischen Stils von ihm sind der Friedhof der Wiener evangelischen Gemeinde mit seiner Kapelle, der Neubau des am Fleischmarkt gelegenen Pfarr- und Schulgebäudes und die Kuppelkirche der nichtunierten Griechen in Wien (1858). In den Jahren 1860 und 1861 hielt er sich wieder in Athen auf, wo ihm Baron Sina den Bau der griechischen Akademie der Wissenschaften übertragen hatte. Nach seinen Plänen entstanden in Wien seit 1860 das evangelische Schulhaus, der Heinrichshof, dem neuen Opernhaus gegenüber, ein kolossales, palastartiges Mietshaus, der durch glänzende Ausführung ausgezeichnete Palast des Erzherzogs Wilhelm und das Gebäude der Gesellschaft österreichischer Musikfreunde. Diese Werke zeigen einen eigentümlichen, der Renaissance am nächsten verwandten Stil, welcher in studierter Strenge eine Anpassung der griechischen Formen an das moderne Bedürfnis des nordischen Lebens versucht. Dadurch erscheint H. als Fortsetzer von Schinkels Wirksamkeit. Von seinen Studien in dieser Richtung zeugt namentlich sein Entwurf zur Restauration des Lysikrates-Denkmals in Athen („Zeitschrift für bildende Kunst“, Bd. 3). Eine neue Periode seiner Thätigkeit beginnt mit den 70er Jahren, in welche drei seiner Hauptwerke: die Börse (s. Tafel „Wiener Bauten“), die Akademie der bildenden Künste (beide in italienischer Renaissance) und das Parlamentsgebäude (seine edelste und harmonievollste Schöpfung im Anschluß an hellenische Bauformen), fallen. Zuletzt hat er ein Restaurationsprojekt für das abgebrannte Schloß Christiansborg in Kopenhagen ausgearbeitet. Weniger glücklich ist H. im kunstgewerblichen Fache gewesen, indem ein allzu strenges Trachten nach sogen. klassischer Korrektheit zuweilen mit den Anforderungen der Phantasie sowie der praktischen Verwendbarkeit der Geräte nicht im Einklang stand. Das Bedeutendste in diesem Fach leistete er in der innern Dekoration und Ausstattung des Palastes des Bankiers Todesco.

6) Heinrich, dän. Maler, geb. 23. Nov. 1821 zu Hadersleben, trat 1842 in die Akademie zu Kopenhagen, um sich zum Dekorationsmaler auszubilden, und war als solcher bei den Malereien an der Außenseite des Thorwaldsen-Museums und denen der Kapelle Christians IV. im Dom zu Roeskilde beschäftigt. Nachdem er 1847 die bedeutendsten Kunststädte Deutschlands besucht hatte, wurde er Lehrer der Perspektive und begann die Architekturmalerei, machte aber, um seine Kenntnis malerischer Gebäude zu erweitern, noch Reisen durch das westliche Europa bis Spanien. Von seinen Bildern, die sich im allgemeinen durch eine feine Führung des Lichts auszeichnen, sind vier in der Galerie zu Kopenhagen, unter ihnen das Zimmer Christians IV. im Schloß Rosenborg. 1875 besuchte er Italien und brachte 1878 auf die Pariser Ausstellung den Saal der vier Türme im Dogenpalast zu Venedig und das Wohnzimmer eines Lübecker Kaufmanns im 16. Jahrh.

7) Karl, geb. 1833 zu Odense, beschäftigte sich frühzeitig mit den Fragen des tierischen Magnetismus und mit Experimenten, wanderte 1853 nach Australien aus, wo er 1859 als Magnetiseur auftrat, und setzte derartige Vorstellungen später in den skandinavischen Ländern fort. Seit 1866 privatisierte er in Paris, bis er 1879 wieder an die Öffentlichkeit trat. Weiteres s. Hypnotismus.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 419
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[419]  Hansen, 8) Johann Holm, dän. Schriftsteller, geb. 1841 zu Ribe auf Jütland, wurde vom Vater frühzeitig zum Schneiderhandwerk angehalten, das er jedoch bald aufgab, um sich der Schauspiel- und Dichtkunst zu widmen, debütierte, nachdem er 1864 als Freiwilliger am Krieg teilgenommen, 1868 auf dem königlichen Theater als Leontes in Shakespeares „Wintermärchen“, verließ jedoch auch bald wieder die Bühne, um sich poetischem Schaffen zu widmen. Sein Erstlingswerk: „En katholsk Familie“ (1875), Bilder aus der Gegenwart von der Schweizer Grenze, verschaffte ihm sofort die allgemeine Anerkennung. Es folgten das mit Beifall aufgeführte Schauspiel „Kejserfesten paa Kreml“ (1876) und die Erzählungen: „En fri Mand“ („Ein freier Mann“, 1877) und „Vikingeblod“ (1878), aus der Gegenwart Islands, wo er zwei Jahre geweilt, „Fra Dannevirke til Rosenvänget“ (1880), „Karsten Ulv“ (1884), „Ved Hojvande“ (1886), „Karen Hav“ (1887).