MKL1888:Federn
[93] Federn, die Hautbedeckung der Vögel, entsprechen den Haaren der Säugetiere und entstehen am jungen Vogel im Ei aus einer Verdickung der Oberhaut (Epidermis) in Gestalt einer höckerförmigen Erhebung, in welche von innen her eine Zotte (Papille) der Lederhaut (Cutis) mit Gefäßen und Nerven eindringt. Später senkt sich diese Anlage der Feder in die Haut ein und bildet den sogen. Federbalg (Follikel). Im Grunde desselben geschieht das Wachstum und zugleich die Verhornung der Oberhaut, doch bleibt letztere nicht einheitlich, sondern fasert sich beim allmählichen Heraustritt aus dem Balg in eine große Anzahl sogen. Strahlen, die zusammen einer Feder entsprechen. Diese stellen alsdann das erste oder Embryonalgefieder (Jugendkleid) dar, mit dem die Vögel aus dem Ei kommen, und das noch mehr oder weniger gleichförmig den ganzen Körper bedeckt. Doch wird es rasch durch das definitive Gefieder ersetzt. Nämlich unter jedem Balg für die Strahlen bildet sich ein andrer, und die in ihm aufwachsende Feder hebt den obern Balg samt den Strahlen aus der Haut heraus. Sonach entsteht die definitive Feder schon aus einem Balg, nicht erst aus einem Höcker, und entspricht auch hierin völlig dem Haar der Säugetiere; der Hauptunterschied zwischen ihr und der embryonalen besteht jedoch darin, daß ihre Strahlen nicht isoliert bleiben, sondern sich seitlich an den sogen. Schaft, d. h. an einen besonders stark wachsenden Strahl, anlehnen. Die neue Feder wächst also einheitlich aus dem Balg heraus und trägt am Schafte die zum Bart (oder zur Fahne) vereinigten Strahlen. Von diesen ist bei allen Vögeln mit Ausnahme der Strauße (s. d.) jeder noch mit kleinen Häkchen versehen, die ineinander greifen und den Zusammenschluß derselben zu einer festen Fläche bewirken. Hat das Wachstum der Feder einige Zeit bestanden, so unterbleibt die Bildung der Strahlen, und der Schaft rundet sich zu einem Rohr, der Spule, um; zuletzt vertrocknet die Papille in Absätzen, und die von ihr abgeschiedenen Häute bilden die sogen. Seele der Feder. Meist ist übrigens neben dem Hauptschaft noch ein Nebenschaft („Afterschaft“) vorhanden, der aber gewöhnlich klein bleibt, beim Emu jedoch und dem Moa die Größe des erstgenannten erreicht. Die fertige Feder besteht aus Rinde und Mark und ist mit Luft erfüllt; nur der in der Haut steckende Teil der Spule ist weich und saftig. Die weiße Farbe der F. wird durch die Anwesenheit der Luft bedingt, nicht durch einen besondern Farbstoff; dagegen ist im Mark ein braunes Pigment vorhanden, das nach dem Grad seiner Stärke gelb bis schwarz erscheint und durch Chlor oder schweflige Säure gebleicht wird. Die chemische Zusammensetzung der F. ist ziemlich dieselbe wie die der Haare, doch ist der Reichtum an Kieselsäure besonders groß. – Am Körper der Vögel unterscheidet man zweierlei F., nämlich die kleinen, zarten Daunen (sogen. Flaum) und die größern Konturfedern; letztere bedingen die Färbung des Gefieders und sind entweder Schwung- oder Steuerfedern. Über ihre Anordnung auf dem Körper der Vögel s. Vögel. – Jährlich werden durch einen dem Haarwechsel der Säugetiere gleichen Prozeß in der sogen. Mauser die F. erneuert. Hierbei ändert sich häufig die Färbung zur Bildung des sogen. meist prächtigen Hochzeitskleides; doch ist dabei neben der chemischen Umwandlung des Pigments auch das Abstoßen der Federspitzen, wodurch die tiefern Lagen des Gefieders mit andern Farben zum Vorschein kommen, eine wichtige Ursache.
Die F. finden im allgemeinen eine dreifache technische Anwendung: zum Ausstopfen der Betten (Bettfedern), zum Schmuck (Schmuckfedern) und zum Schreiben (Schreibfedern).
Die vorzüglichsten Bettfedern sind Eiderdunen oder -Daunen (s. Eiderente) und die Daunen von Brust und Bauch des Schwans. Am häufigsten sind aber Gänsefedern im Handel, welche aus Norddeutschland, Rußland, Polen, Böhmen, Galizien, Ungarn in den Handel kommen, gewaschen, geschlissen und sortiert werden. Die besten F. liefern lebende Gänse kurz vor Beginn der Mauser. Man nimmt wiederholt die nur noch lose sitzenden F. ab und erhält [94] so eine vollkommen reife, sehr elastische und haltbare Ware (lebendiges oder Sommergut zum Unterschied von dem toten oder Wintergut, welches die geschlachteten Gänse liefern). Die mit Gewalt ausgerupften F. enthalten, weil sie noch unreif sind, Fett und werden daher von Milben angegriffen. Stall- und Mastgänse haben weniger gute F. als die auf der Weide erzogenen Tiere; am schlechtesten sind F. von krepierten Vögeln. Die F. der wilden Gänse sind reiner und elastischer als die der zahmen. Entenfedern dienen nur zum Polstern oder zu schweren Betten. Viel besser sind die F. der Möwen und Meerschwalben, und gut sortierte Hühnerfedern können ebenfalls mit Vorteil verwendet werden. Rebhuhnfedern kommen aus der Hudsonbai nach England; Truthahnfedern werden in Amerika, Ungarn und Slawonien benutzt. Die F. von fleischfressenden Vögeln riechen widrig und werden deshalb nicht benutzt. Man erhält im Durchschnitt von 8 Gänsen 1 kg Deckfedern (die obere Bedeckung des Vogels, die von den Kielen befreit werden müssen: geschlissene F.) und von 32 Gänsen 1 kg Flaumfedern. Die von den gereinigten Gänsen entnommenen F. schüttet man am besten in einen Korb, rührt sie locker auf, setzt sie der Zugluft aus und schüttet sie endlich in Säcke, um sie an der Sonne unter wiederholtem Schütteln und Klopfen so lange hängen zu lassen, bis sie weder Staub noch Geruch mehr verbreiten. In diesen Säcken können die F. vorteilhaft aufbewahrt werden, wenn man sie in einer trocknen Kammer an der Decke aufhängt. Zum Schutz gegen Motten kann man etwas Naphthalin hinzuthun. Zur Benutzung sollen die F. wenigstens ein Jahr alt sein, die von toten oder gemästeten Gänsen stammenden dürfen nicht mit den von lebendigen Gänsen entnommenen F. vermischt werden; ebensowenig darf man Gänsefedern mit Entenfedern mischen, weil sie sich sonst leicht in Klumpen setzen. Der Abgang von Kielen und Unrat beim Reißen der F. beträgt bei guter Ware 50 g, bei groben und schlechten F. 240–330 g vom Kilogramm. Alte F. erkennt man leicht an ihrer geringen Weiße und namentlich an den abgenutzten Spitzen. Beimengungen von Thon, Gips, Kreide, welche das Gewicht der F. vermehren sollen, erkennt man leicht, wenn man eine Handvoll F. auf schwarzem Papier stark schüttelt. Um alte F. zu reinigen, rühre man sie zunächst in einem Sieb mit der Hand langsam um, schütte sie dann in einen Korb, der etwa 60 cm weit und 30 cm tief ist, und rühre nun mit einem stumpf abgehauenen Besen ruhig spiralförmig darin herum, ohne den Boden des Gefäßes zu berühren. Die guten F. fliegen heraus und zwar die Daunen am weitesten, die schlechten F. und der Unrat bleiben im Korb zurück. Zu gründlicherer Reinigung kocht man die F. in einem leinenen Beutel mit Seifenwasser unter öfterm Drücken und Drehen, schüttet sie dann in Körbe, übergießt sie mit warmem und dann mit kaltem Wasser und trocknet sie schließlich auf einem Boden. Sind die F. in Betten klumpig geworden, so genügt einfaches Erwärmen und häufiges Klopfen. Bettfedernreinigungsmaschinen bestehen aus einem geschlossenen Kasten, in welchem sich eine mit Stöcken besetzte Welle dreht, durch welche die F. aufgelockert werden. Unter dem Kasten befindet sich ein Windflügel, welcher heiße Luft durch ein grobes Drahtgeflecht hindurch zwischen die F. hineinbläst. Die Abführung des Staubes geschieht durch ein senkrechtes Rohr, welches mit einem Drahtgeflecht verschlossen ist, damit keine F. fortgeblasen werden können. Enten- und Hühnerfedern macht man elastischer, besser riechend und weniger geneigt, zusammenzuballen, wenn man in einem Kessel voll kochenden Wassers ein wenig Kalk löscht, in dieser schwachen Lauge die F. ein paarmal aufwallen läßt, sie dann herausnimmt, nach dem Abtrocknen mit reinem Wasser gut auswäscht und zuletzt unter öfterm Aufrühren auf dem Ofen trocknet.
[Schmuckfedern.] Die vorzüglichsten Schmuckfedern sind die Straußfedern, welche aus den Flügeln und dem Schwanz des afrikanischen Straußes (Struthio Camelus) stammen. Die besten Straußfedern kommen aus Oberägypten, Dar Fur etc. über Aleppo nach Livorno und Marseille. Dann folgen die marokkanischen, und die geringsten stammen aus der Sahara und dem Sudân. Auch das Kap liefert viele Straußfedern. Der südamerikanische Strauß liefert graue und braune, den Marabufedern ähnliche Schmuckfedern. Unechte Straußfedern sind zugerichtete Hahnenfedern, welche aus Italien, namentlich aus Venedig, in den Handel kommen. Reiherfedern, vom Hinterkopf der Männchen verschiedener Reiherarten, wurden im Mittelalter auf Helmen getragen; später verloren sie allmählich an Wert, und jetzt sind sie nur noch im Orient beliebt. Die schönsten Reiherfedern sind tief schwarz und gleichen einem Band, welches oben zugespitzt und an den Rändern zart gefasert ist. Diese F. kommen aus Sibirien, Indien, vom Senegal, aus Guayana etc. Graue und bläuliche Reiherfedern kommen aus Ungarn, Dalmatien und Preußen. Die sogen. Aigrettes, weiße F. mit sehr dünnem Schaft, von welchem in kleinen Zwischenräumen feine, paarweise gestellte Fäserchen von seidenartigem Glanz und silberweißer Farbe auslaufen, stammen vom Silberreiher (Ardea Garzetta), die Espadonfedern von dem in Südamerika heimischen roten Löffelreiher (Platalea Ajaja); diese F. sind sehr selten. Marabufedern (Marabouts) sind die Steißfedern verschiedener Storcharten (Ciconia Marabu in Indien, C. Argala in Innerafrika, C. Mycteria in Brasilien). Diese sehr kostbaren F. sind kurz, blendend weiß oder grau, fein zerschlissen, flaumartig weich und zart. Unechte Marabouts stammen vom ostindischen Storch und werden auch aus den Schwanzfedern des Storchs, Pfauhahns und Truthahns nachgemacht. Vom Paradiesvogel in Neuguinea kommt das ganze Gefieder in den Handel zu turbanartigem Kopfputz, zum Schmücken von Hüten etc. Geierfedern (Vulturfedern), aus dem Federkragen am Hals des Geiers, werden roh und gefärbt benutzt. Außerdem dienen zu billigem Federschmuck Hahnen- und Kapaunfedern, ferner Raben-, Fasan-, Kranich-, Schwan-, Gans-, Tauben-, Truthahn- und Pfauenfedern. Aus Papageifedern werden Federblumen dargestellt.
Die Federschmückerei beschäftigt sich mit der Herrichtung der F. zu Schmuckgegenständen. Man reinigt sie durch ein Seifenbad, legt sie mehrere Stunden in eine lauwarme Lösung von rotem chromsauren Kali mit Salpetersäure, spült und behandelt sie mit schwefliger Säure, bis sie hinreichend gebleicht sind. Die F., welche weiß bleiben sollen, werden mit Indigkarmin schwach gebläut. Um die F. zu trocknen, behandelt man sie mit einer Mischung von kaltem Wasser mit Stärke oder fein geschlämmter Kreide, nimmt sie sodann heraus und schlägt mit der Hand, mit welcher man die F. hält, auf den Vorderarm der andern Hand. Hierbei werden die Fransen der Bärte voneinander getrennt, indem die Kreide- oder Stärketeilchen mit Gewalt aus den Zwischenräumen herausgetrieben werden. Zum Färben der F. dienen jetzt [95] allgemein Anilinfarben, nur Schwarz muß man mit Eisenbeize und Farbhölzern herstellen. Um die F. zu kräuseln oder zu frisieren, zieht man sie an allen Stellen mehrmals zwischen dem Daumen und einem glatten Horn oder einer stumpfen Messerklinge durch. Vielfach dienen F. gefärbt und ungefärbt in der Blumenmacherei. Federmosaik besteht in Zeichnungen, meist Abbildungen von Vögeln, die man durch auf Papier geklebte F. hervorbringt. Federstickerei wird in Salzburg, Tirol etc. als Verzierung auf ledernen Gürteln getragen. Man bedient sich dazu des harten, weißen Rückens der Schäfte der Pfauenfedern und näht damit wie mit einem Faden beliebige Zeichnungen in das Leder. Als Federpelzwerk dient der Balg einiger Wasservögel, welcher wie das Pelzwerk der Säugetiere benutzt wird. Man läßt den Balg unverändert oder entfernt die Deckfedern und läßt nur das flaumige Unterkleid stehen. Besonders schön ist das Fell des auf einigen Seen Hollands, dem Bodensee, Genfer See, Neuenburger See lebenden Steißvogels, Haubentauchers oder Grebers, Podiceps cristatus (Grebenfelle). Unter demselben Namen kommt auch das Fell eines andern Steißvogels vor, welches größer, aber weniger schön und glanzlos ist. Ein zartes, flaumig weiches Pelzwerk gewinnt man in Holland vom Schwan, bisweilen auch von der Gans und vom grauen Geier. Früher wurde auch auf dem Webstuhl Federpelzwerk dargestellt.
Schreibfedern stammen größtenteils von der Gans, und man verwendet als Posen die fünf äußersten Schwungfedern jedes Flügels, von denen die zweite und dritte (Schlachtposen) die besten sind. Die im Mai und Juni von selbst ausgefallenen sind viel wertvoller als die gerupften. Zum Verkauf werden sie durch Erwärmung erweicht, wiederholt unter einer stumpfen Messerklinge durchgezogen, dann wieder rund gedrückt, getrocknet und durch Abreiben mit wollenen Lappen geglättet. Durch Erweichen in heißem Alaunwasser werden die Posen durchsichtig hell (Glasspulen). Früher ganz allgemein im Gebrauch, sind sie jetzt von den Stahlfedern (s. d.) fast gänzlich verdrängt.
Federn, in der Jägersprache die dornartigen Erhöhungen an der Rückenwirbelsäule der Hirscharten; f. (als Verbum), das Verletzen derselben oder des Rückgrats durch einen Schuß; s. Birschzeichen.