MKL1888:Erzlagerstätten

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Erzlagerstätten“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 837838
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Erzlagerstätten. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 837–838. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Erzlagerst%C3%A4tten (Version vom 20.03.2022)

[837] Erzlagerstätten, alle diejenigen Gebirgsglieder, in denen Erze, d. h. nutzbare metallische Mineralien, in abbauwürdiger Menge angehäuft sind. Der Form nach sind zunächst die im allgemeinen plattenförmigen E., deren Längen- oder Flächenausdehnung ihre Dicke oder Mächtigkeit ansehnlich übertrifft, zu trennen von den stockförmigen, d. h. denjenigen E., bei denen die Mächtigkeit und Längenausdehnung einander nahekommen. Dieser Abgrenzung nach der Form der Lagerstätten steht eine andre gegenüber, welche mehr auf die Verbandsverhältnisse und in gewissem Grad auch auf die Bildungsweise Rücksicht nimmt: die Einteilung in Erzlager und Erzgänge (s. Lager, Gang). Die Erzlager (s. Fig. d) liegen den einschließenden meist sedimentären Gebirgsgliedern parallel und [838] stehen auch ihrer Bildungszeit nach zwischen denselben, verhalten sich also im allgemeinen wie Gebirgsschichten und werden wohl auch ebenso wie die Steinkohlenlager als Flöze bezeichnet (Kupferschieferflöz, Eisensteinflöz; in Zinnwald in Sachsen gebraucht man den Ausdruck auch für die dortigen im Granit flach gelagerten, gangartigen Zinnsteinlagerstätten). In einzelnen Fällen (e) stellen sie nicht eine zusammenhängende Schicht dar, sondern bestehen aus einzelnen, einer u. derselben Schicht eingelagerten Sphäroiden (Sphärosiderit der Steinkohlenformation). Spätere Spaltenbildungen und Niveauverschiebungen (Verwerfungen) können den ursprünglichen Zusammenhang eines Lagers (Flözes) nachträglich aufheben (hh′). Die Erzgänge (a) erweisen sich stets jünger als die umgebenden Massen und zwar in der Regel dadurch, daß sie dieselben als selbständige Gebirgsglieder

Schematische Darstellung von Erzlagerstätten.
a Gänge, b Kontaktgang, c Lagergang, d Lager, Flöz, e Flöz, f Imprägnationen, gg′ Verwerfung eines Ganges, hh′ Verwerfung eines Lagers.

unabhängig von der Schichtung durchsetzen; sie sind, wie alle übrigen Gänge, ausgefüllte Spalten (s. Gang). Auch ihr Zusammenhang kann, wie derjenige der Lager, durch spätere Spaltenbildung und Niveauverschiebung (Verwerfung) gestört werden (gg′). Gänge, welche längs der Grenze verschiedenartiger Gesteine verlaufen, heißen Kontaktgänge (b). Wenn die Gänge die Gebirgsschichten nicht durchschneiden, sondern ihnen parallel liegen, dabei aber dennoch durch Abzweigungen (Trümer, Apophysen), durch eingeschlossene Bruchstücke des Nebengesteins oder durch andre Merkzeichen ihre Spaltennatur und damit ihre jüngere, gangartige Bildung bekunden, so werden sie wegen ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit den Lagern Lagergänge (c) genannt. Ist die Lagerstätte durch ihre Verbandsverhältnisse als Gang, durch ihre Form aber als Stock gekennzeichnet, so bildet sie einen Gangstock (Stahlberg bei Müsen im Siegenschen, s. Figur). Ist aber die stockförmige Masse den Gebirgsschichten entsprechend gelagert, so heißt sie Lagerstock (Rammelsberg bei Goslar, die Magneteisenerzstöcke zu Dannemora u. a. O. in Schweden, s. Figur). Wenn eine Gesteinsmasse auf einem stockförmigen Raum von einem Netzwerk von Gangadern (Netzgängen, s. Figur) durchsetzt oder mit Erz imprägniert ist, so heißt sie Stockwerk (Zinnstein führende Stockwerke von Altenberg und Geyer in Sachsen). Wenn dagegen auf einem mehr plattenförmigen, gangartigen Raum eine unregelmäßig verteilte Erzführung in dem Gestein hervortritt, ohne daß sich ein Gang oder Lager als selbständige Lagerstätte abgrenzt, so ist das Vorkommnis als Fahlband (Fallband) oder als Erzzone zu bezeichnen. Je nachdem die Fahlbänder der Schichtung parallel liegen oder nicht, können sie in der äußern Erscheinung wie in der Bildungsweise den Lagern oder den Gängen näher stehen (Fahlbänder von Kongsberg, Skutterud u. a. O. in Norwegen, die Quecksilbererzlagerstätten von Almaden in Spanien, Idria in Krain u. a.). Unter Imprägnationen (f) versteht man eine unregelmäßige sporadische Erzführung des Nebengesteins der eigentlichen E., sei es nun, daß das Erz sich durch sekundäre Prozesse, allmähliche Auflösung und Wiederabscheidung, von der Lagerstätte aus verbreitet, oder daß gleichzeitig mit der Gangbildung auch in dem umgebenden Gestein noch eine Abscheidung der metallischen Verbindungen stattgefunden hat. Für unregelmäßige Erzanhäufungen ohne bestimmt ausgesprochenen Charakter gebraucht man auch wohl die Ausdrücke Nester, wenn sie mit einem gewissen Zusammenhang gangähnlich in ziemliche Tiefe niedersetzen (manche Zink- und Bleierzlagerstätten in Rheinpreußen und Schlesien), u. Putzen oder Butzenwerke (s. Figur), wenn in oberflächlichen, spalten- oder muldenartigen Vertiefungen die Erzmassen angehäuft sind (Bohnerz im Jura, die Eisenerzlagerstätten des Hunsrückens). Ihnen stehen im Vorkommen wie in der Bildungsweise die jüngsten oberflächlichen Erzgebilde nahe, welche als Quellen- oder Raseneisenerze in manchen Gegenden für die Eisenproduktion nicht ohne Bedeutung sind. Seifenlager (s. Figur) sind sekundäre Ansammlungen der nutzbaren Mineralien, durch Erosion aus den ursprünglichen Lagerstätten während der Alluvial- und Diluvialperiode hervorgegangen. Die erzführende Gang- oder Gesteinsmasse ist durch die strömenden Gewässer fortgeführt, und die Erze haben sich dabei in den Thälern und muldenförmigen Vertiefungen angesammelt. Man wird also vorzüglich solche Erze in Seifenlagern antreffen, die fein verteilt in größern Gebirgsmassen vorkommen, und dieselben werden sich um so mehr auf sekundärer Lagerstätte anreichern, je besser sie durch ihre chemische Natur gegen Zersetzung, durch ihr hohes spezifisches Gewicht gegen weitere Verschleppung durch die Gewässer geschützt sind. Aus diesen Gründen sind es vorzüglich die gediegenen edlen Metalle, Gold und Platin, sowie das schwer zersetzbare Zinnerz, welche [839] aus erzführenden Gesteinen oder Lagerstätten in diluviale oder alluviale Schichten übergegangen sind und daraus vielfach gewonnen werden; aber auch Diamant und andre Edelsteine werden aus sekundären Ablagerungen ausgewaschen. Die Gold- und Platinagewinnung am Ural, die Goldproduktion Kaliforniens, Australiens und Afrikas, die Zinnproduktion auf den ostindischen Inseln Bangka, Billiton und auf Malakka beruhen wesentlich auf der Ausbeutung von Seifenlagern. Vgl. v. Cotta, Die Lehre von den E. (2. Aufl., Freiberg 1859; der zweite Teil besonders als „Die E. Europas“, 1861); Derselbe, Gangstudien (mit H. Müller u. a., das. 1847–61, 3 Bde.); Grimm, Lagerstätten der nutzbaren Mineralien (Prag 1869); v. Dechen, Nutzbare Mineralien und Gebirgsarten im Deutschen Reich (Berl. 1873); v. Groddeck; Die Lehre von den Lagerstätten der Erze (Leipz. 1879); Sandberger, Untersuchungen über Erzgänge (Wiesb. 1882–85, 2 Tle.).