MKL1888:Eisenbau
[468] Eisenbau, im Gegensatz zum Stein- und Holzbau die Herstellung einzelner oder mehrerer zusammenhängender Bauteile aus Eisen. Gedrückte, stets einer ruhenden Belastung ausgesetzte Teile, wie die Stützen von Mauern und die Streben von Dachstühlen, werden hierbei entweder aus Gußeisen oder aus Schmiedeeisen, gezogene oder gedrückte, einer bewegten, mit Erschütterungen verbundenen Belastung ausgesetzte Teile aus Schmiedeeisen hergestellt. Da Gußeisen den 20fachen Druck des Holzes und 200fachen Druck des Steins, Schmiedeeisen den 10fachen Zug und Druck des Holzes und den 100fachen Druck des Steins ertragen kann, während das Eisen nur etwa 8mal soviel wie Holz und 4mal soviel wie Stein wiegt und trotz der bedeutenden Vervollkommnung seiner technischen Darstellung und mechanischen Verarbeitung zur Zeit im Preise sinkt, während Stein und Holz im Preise steigen, so wird bei zahlreichen Baukonstruktionen der Gegenwart Stein und Holz durch Eisen ersetzt. Hierzu kommt dem Holz gegenüber der Vorzug der geringern Feuersgefahr und manchen Steinkonstruktionen, z. B. Gewölben, gegenüber die Möglichkeit einer ungleich raschern Aufstellung. Der E. wird bei kleinern Objekten in Schlosserwerkstätten, bei größern Objekten in sogen. Eisenbauanstalten hergestellt und erstreckt sich auf Gegenstände des Hochbaues und des Ingenieurwesens, insbesondere des Brückenbaues. Im Hochbau gehören besonders die Dach- und Deckenkonstruktionen sowie die Stützen und Säulen dem E. an. Die Eisendächer werden sowohl über rechteckigen als zentralen Grundrissen mit geraden, gebrochenen oder gekrümmten Sparren hergestellt und erhalten die geeignete, aus Streben und Zugstangen bestehende Versteifungskonstruktion, während ihre Eindeckung meist mittels Metall, Schiefer oder Glas erfolgt oder auch aus je zweien dieser Materialien kombiniert wird. Unter die bedeutendsten Ausführungen dieser Gattung gehören die Dächer der Bahnhofshallen, großen Wintergärten und Saalbauten (s. Dach). Die Eisendecken werden meist aus einer Lage gewalzter Balken von I-förmigem Querschnitt hergestellt, mit welchen schwächere Quer- und Längsstäbe verbunden werden. Das hierdurch entstehende eiserne Gerippe wird über Wohnräumen unten meist mit einem Gipsguß überzogen, welcher den Plafond bildet, und oben mit hölzernen Dielen belegt, welche als Fußboden dienen. In Nutzbauten werden statt der eisernen Stäbe mit Vorteil Wellbleche über die Eisenbalken gelegt und mit Zement oder Asphalt ausgefüllt. Hierher gehören ferner die walzeisernen Balken, durch welche Fenster- und Thüröffnungen überdeckt werden, und welche zu Trägern der darüber befindlichen Mauern und Wände dienen (s. Decke). Die eisernen Stützen werden meist aus Gußeisen in Form von Röhren oder hohlen Säulen teils im Äußern, teils im Innern von Hochbauten verwendet und setzen sich bei Fabriken, Warenlagern u. dgl. nicht selten durch sämtliche Etagen fort, wo sie zusammengeschraubt und oft mit der gleichfalls eisernen Deckenkonstruktion verbunden werden. In Bauten, welche starken Erschütterungen ausgesetzt sind, werden solche Stützen zweckmäßiger aus Schmiedeeisen und zwar entweder aus mit kreuzförmigem Querschnitt gewalztem Façoneisen hergestellt, oder aus je vier Winkeleisen oder Quadranteisen zusammengesetzt.
Eisenfachwerkbau findet mehrfach an Stelle massiver Mauern und hölzerner Fachwerkswände Anwendung, indem er vor den erstern den Vorzug größerer Dichtigkeit und Raumersparnis, vor den letztern denjenigen größerer Dauer sowie vollkommener Sicherheit vor Feuersgefahr und Schwammbildung, vor beiden aber den Vorzug größerer Festigkeit darbietet. Die Konstruktion des Eisenfachwerkbaues ist verschieden, je nachdem derselbe das eiserne, später auszumauernde Gerippe der Umfangs- und Zwischenwände eines Hochbaues bilden oder nur als Ersatz starker, massiver Mauern durch schwächere dienen oder Holzfachwerkwände ersetzen soll. Im ersten Fall besteht derselbe meist aus einer etwa 14 × 1 starken, auf gemauertem Sockel ruhenden Fußplatte, worauf die im Querschnitt I-förmigen, ca. 14 × 1 × 4 × 1 starken Zwischenpfosten sowie die aus je zwei ebensolchen, unter rechten Winkeln zusammenstoßenden Pfosten und einem Winkeleisen bestehenden Eckpfosten mittels an jene Fußplatte angenieteter Winkellappen durch Schrauben befestigt werden. Diese Pfosten erhalten einen Abstand von je 1–1,5 m und werden in Stockwerkshöhe durch je zwei im Querschnitt I-förmige; ca. 8 × 1 × 4 × 1 starke Riegel mittels konsolenartig gebogener Flacheisen durch Niete verbunden, welche Riegel zugleich die im Querschnitt I-förmigen Deckenbalken aufnehmen. Thür- und Fensterstürze werden aus ähnlichen doppelten, durch [469] Schrauben verbundenen Riegeln zusammengesetzt. Im letztern Fall werden zum Zweck der Herstellung von 1 Stein starken Wänden aus wagerechten Flacheisen und ca. 9 × 3 × 1 starken, lotrechten T- oder I-Eisen etwa 1,5–2 m breite und 0,7–0,8 m hohe Felder hergestellt, welche so ausgemauert werden, daß die Flacheisen in der Mitte liegen und zu beiden Seiten durch Mörtelfugen verdeckt werden. Wo, wie bei Ecken und Anschlüssen von Zwischenwänden, die Flacheisen sich selbst oder die Ständer treffen, werden sie an den Enden rechtwinkelig umgebogen und mit den letztern überdies vernietet. Wo Fenster oder Thüren anzubringen sind, werden T- oder Z-Eisen eingelegt und mit den rechtwinkelig umgebogenen Enden der Flacheisen vernietet. Bei den zur Zeit verhältnismäßig billigen Eisenpreisen läßt sich der Eisenfachwerkbau mit den gleichen, bisweilen selbst mit niedrigern Kosten herstellen als der entsprechende Massiv- oder Holzfachwerkbau. Im Brückenbau gehören besonders die eisernen Überbaukonstruktionen, teilweise bisweilen auch die Pfeiler und Fundamente dem E. an. Die Überbaukonstruktionen bestehen aus der Brückenbahn und den Brückenträgern, während die letztern schmiedeeiserne Balkenträger, schmiedeeiserne oder gußeiserne Stützträger oder schmiedeeiserne Hängträger sind. Die erstern sind wieder Träger mit vollen Wandungen oder Blechträger, Parallelträger oder Polygonalträger mit gegliederten Wandungen und erhalten, wie die letztern, die im Brückenbau näher beschriebene Konstruktion (s. Brücke). Die eisernen Pfeiler der Brücken sind entweder, wie bei den leichtern Landungsbrücken und den Fußgängerbrücken, nur massive oder hohle Stützen aus Guß- oder Schmiedeeisen mit oder ohne Schraubenflantschen zum Einschrauben in den Boden, oder, wie bei Straßen- und Eisenbahnbrücken, entweder Röhrenpfeiler oder gegliederte Pfeiler aus Gußeisen, gegliederte Pfeiler aus Guß- und Schmiedeeisen oder gegliederte Pfeiler aus Schmiedeeisen, meistens auf Steinuntersätzen. Die gußeisernen Pfeiler werden aus einzelnen Trommeln zusammengeschraubt, während die schmiedeeisernen Pfeileraufsätze auf Gußplatten ruhen und aus schmiedeeisernem Fachwerk hergestellt werden. Auch die Fundamente einzelner Brücken wurden teilweise aus Eisen hergestellt, indem sie entweder nur gußeiserne oder schmiedeeiserne, meist mit Beton gefüllte Umschließungen erhielten, oder aus meist pneumatisch versenkten eisernen Röhren bestanden, welche nach Erreichung des festen Bodens mit Beton gefüllt wurden.
[232] Eisenbau (hierzu zwei Tafeln). Wird nach der allgemeinern Begriffserklärung unter E. im Gegensatz zum Stein- und Holzbau die Herstellung einzelner oder mehrerer zusammenhängender Bauteile aus Eisen verstanden, so hat man, insbesondere in stilistischer Beziehung, zwischen Eisen-Klein- und -Großkonstruktionen zu unterscheiden. Die erstern umfassen die Herstellung einzelner Bauteile in Eisen, welche auch Stücke des Stein- oder Holzbaues sein können. Zu ihnen gehören z. B. die Säulen und Träger, die Beschläge aller Art, die eisernen Thüren und Fenster mit ihrem Zubehör, die Treppen, Gitter, Anker, First- und Turmkrönungen und sonstige Gegenstände des Kleingewerbes, im wesentlichen also die Arbeiten des Kunstschmiedes und Schlossers. Sie wurden zum Teil von alters her und besonders seit den Zeiten des Mittelalters ausgeführt, gehören dann den geschichtlichen Stilen an und sind in konstruktiver wie formaler Beziehung unter deren Gesichtspunkten zu betrachten und zu behandeln. Anders die Großkonstruktionen, d. h. die Bauwerke, welche ganz oder doch vorwiegend aus Eisen bestehen und den E. im engern Sinn ausmachen. Sie sind durchaus ein Produkt der neuern Zeit (wenn diese begrenzt werden soll, des gegenwärtigen Jahrhunderts) und bilden in der Architekturentwickelung desselben eins der wichtigsten und interessantesten Kapitel. Vielfach wird sogar der Satz aufgestellt, daß der E. vor allem berufen sei, der Neuzeit ihren Stil zu geben. Inwieweit dies der Fall, ist für den in der Zeit Stehenden schwer zu entscheiden. Zweifellos sind die durch die Programme der neuern großen Kulturbauten bedingten Eisenkonstruktionen berufen, einen bedeutenden Einfluß auf die Stilbildung auszuüben. Mit Vorsicht aber ist jener Satz aufzunehmen. Durch eine der wesentlichsten Eigenschaften des Eisens, seine verhältnismäßige Masselosigkeit, werden der formalen Ausbildung des Eisenbaues fast unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet. Man hat sich über dieselben hinweggesetzt, indem man die überkommenen Formen des Stein- und Holzbaues in Eisen nachahmte. Eine gesunde Bauweise aber kann das nicht genannt werden; denn für eine solche gilt nach dem Stande der Erkenntnis allgemein das Gesetz, daß die Gestaltung der Kunstform abhängig sein muß von dem Wesen, den Eigenschaften des Materials, aus dem sie gefertigt ist. Bei der Durchführung dieses eigentlichen Materialstils hat man für den E. zwischen den beiden Haupteisenarten, die bei ihm in Betracht kommen, zwischen dem Guß- und Schmiedeeisen zu unterscheiden. Für das Gußeisen wird man sich noch eher an die Formen des Stein- und Holzbaues, insbesondere des erstern, halten dürfen, weil es dem Wesen des Gußeisens durchaus entspricht, in Gestalt hohler Massenstücke, wenn auch unter gewissen, von der Gußtechnik abhängigen Einschränkungen, in jede beliebige Form gebracht zu werden. Charakteristischer freilich sind diejenigen Gußeisenbildungen, welche man als Wandstücke bezeichnet, z. B. Platten aller Art, kreuzförmige Stützen, Barren mit Flantschen u. dgl. m., Stücke also, die aus einer oder mehreren dünnwandigen Flächen bestehen und die allein oder zusammengesetzt, aber nicht unter Bildung von Hohlräumen auftreten. Für sie kann die Stein- oder Holzform nicht mehr vorbildlich sein und mit ihrer Ausgestaltung ist ein Schritt vorwärts in der Entwickelung des Eisenbaues gethan. In weit höherm Maße gilt dies vom Schmiedeeisen, welches auch in der neuesten Zeit die bei weitem bedeutendere Rolle spielt. Seine Formen müssen, weil seine Herstellung an bestimmte Temperaturzustände gebunden ist, also schnell erfolgen muß, zunächst einfach sein. Bei Handarbeit sind aus gleichem Grunde gewisse Zufälligkeiten für die Formgebung bezeichnend. Ganz besonders wichtig für die Gewinnung guten, homogenen Schmiedeeisens ist dann aber seine Herstellung in geringen Dicken. Hieraus und aus Rücksicht auf die beim E. in der Regel nach dem Gewicht berechneten Kosten folgen die erwähnten formalen Schwierigkeiten der Masselosigkeit. Der Materialüberschuß welcher bei andern Baustoffen aus Schönheitsrücksichten gegeben werden darf, wird hier verschwindend klein, und damit verliert die Schmuckform ihren Boden. Auf diese wird also beim reinen E. thunlichst zu verzichten, seine Schönheit vornehmlich in der Wirkung im großen, in der allgemeinen Anordnung der Großkonstruktion, in der Kühnheit und Schönheit der Linienführung des Werkes zu suchen sein. Es gilt dies besonders von den einschlägigen Eisenbauten des Ingenieurwesens, den Brücken, welche jetzt fast nur noch in Schmiedeeisen und ihm verwandten Eisenarten,
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[233] jedenfalls kaum noch in Gußeisen ausgeführt werden. Bei den Eisenhochbauten, bei denen der reine Nutzzweck nicht in gleichem Maße im Vordergrund steht, bei denen die schmückende Zuthat mehr Bedürfnis ist und überdies die Bildung größerer, d. h. geschlossener Massen im Programm liegt, wird auf den reinen E. mehr oder weniger verzichtet und unter Hinzunahme andrer Materialien gemischter E. angewandt werden müssen.
Bezüglich der verschiedenen Eisenbrückengattungen und ihrer Konstruktionen wird auf den Artikel „Brücken“ (Bd. 3, S. 491 ff.) verwiesen. Was die ästhetischen Momente betrifft, so kommen diese bei Brücken mit vollwandigen Trägern kaum in Betracht. Ihr Eisenoberbau hat aber doch immer noch eine gewisse Masse und bietet dadurch bei der Einzelbildung Gelegenheit zur Anbringung schmückender Zuthat, mit welcher freilich, da sie sich auf Belegen oder Bemalen der Trägerwandungen mit passendem, bescheidenem Ornament beschränkt, nur geringe Wirkung zu erzielen ist (s. Taf. I, Fig. 2). Die Fachwerkbrücken bieten auch sehr wenig Anhalt für die stilistische Bethätigung. Bei ihnen wird es im wesentlichen auf eine den allgemeinen Schönheitsgesetzen thunlichst entsprechende Anordnung der Gesamtbaumasse sowie der Trägerbegrenzungslinien und des füllenden Gitterstabwerks ankommen. Leider aber stehen selbst mit dieser ersten Anforderung die für den Ingenieur vor allem maßgebenden Nützlichkeitsrücksichten oft im stärksten Widerspruch. Die größten Brückenbauten der Neuzeit, welche gerade dieser Gattung angehören, die Brücken aus Trägern mit schwebenden Stützen, sogen. Cantilever- oder Auslegerbrücken, sind zum Teil wahre Urbilder von Geschmack- und Stillosigkeit (vgl. z. B. die Coloradobrücke, Taf. I, Fig. 3). Eins der berühmtesten Beispiele der neuesten Zeit, die Fowlersche Forthbrücke in Schottland (Taf. II, Fig. 7), befriedigt das Schönheitsgefühl wenigstens in ihrer Gesamtanordnung einigermaßen. Schöner im allgemeinen sind die Hänge- und Bogenbrücken. Die Hängebrücken namentlich dann, wenn ihre Hängekurve der natürlichen Kettenlinie folgt, wie dies bei den frühern und kleinern Ausführungen der Fall zu sein pflegt; weniger, wenn bei großen Brücken zum Zwecke der Versteifung diese Linie aufgegeben und die Tragkette durch anders begrenzte Trägerformen ersetzt wird, oder wenn Bündel von Hilfsseilen den harmonischen Eindruck der Aufhängevorrichtung stören. Mit einer Bogenbrücke wird den ästhetischen Anforderungen immer entsprochen werden können, wie die Ausführungen allerorten beweisen. In kleinerm Maßstab, für den sie sich besonders eignen, ausgeführt, wird bei diesen Brücken sogar bis zu gewissem Grade ornamentale Zuthat am Platze sein (vgl. z. B. Taf. I, Fig. 1, 4, 5 u. 6). Wie aber auch bei bedeutenden Verhältnissen lediglich durch Schönheit der Linien und der Gesamtanordnung das Ziel erreicht werden kann, beweisen Beispiele, wie die auf Taf. II, Fig. 6, abgebildete wundervolle Sichelträger-Bogenbrücke über den Nordostseekanal bei Grünenthal. Der Unterbau der Brücken, d. h. die Gesamtheit der den Oberbau derselben stützenden Teile, wird selbst bei Eisenbrücken meist in Stein ausgeführt. Genau genommen sind diese dann keine reinen Eisenbauten. Jedoch treten für den Anblick der Brücken jene Teile der Eisenkonstruktion gegenüber meist stark zurück. Kommen Eisenpfeiler vor, so erhalten sie bei großen Abmessungen gewöhnlich röhrenförmige Gestalt oder die Form großer Böcke aus Stabwerk und bieten wenig Anhalt für das Einsetzen architektonischer Behandlung. Anders bei kleinern Verhältnissen, wo die Stützen auf Säulenform gebracht werden können. Hier sind künstlerische Bildungen von Eigenart schon vielfach gelungen, besonders bei der dem E. ureigen angehörigen Pendelsäule, für welche z. B. die Berliner Stadteisenbahn gute Lösungen aufweist (s. Taf. II, Fig. 8 u. 9).
Im Hochbau gelangt der reine E. fast nur für untergeordnete Zwecke, so z. B. für Bahnwärterhäuser, Schuppen u. dgl., zur Anwendung. Die Wände solcher Gebäude werden aus einem schlichten Guß- oder Walzeisengerippe hergestellt, dessen Gefache man mit Wellblechtafeln, Gußeisenplatten, gepreßtem Flußeisenblech etc. schließt. Das Dach pflegt aus Trägerwellblech gebildet zu werden, manchmal sogar das ganze Gebäude, dem dann das Eisengerippe fehlen kann. Taugen solche Bauten der guten Wärmeleitungsfähigkeit und Luftundurchlässigkeit des Eisens wegen zum Wohnen wenig, so macht sie die Möglichkeit, sie leicht von einem Platze zum andern zu schaffen, für gewisse Zwecke, z. B. zur Verwendung in Kolonien, geeignet. Gegen die architektonische Formgebung verhalten sie sich spröde. Auch aus diesen Gründen bringt man im Hochbau meist gemischten E. zur Anwendung und zwar derart, daß bei den Wänden sowohl wie bei den Decken und Dächern das Eisen nur das konstruktive Gerüst bildet, während zur Herstellung der raumabschließenden Teile andre Materialien herangezogen werden. Die Bildung der Wände kann dabei auf zweierlei Weise geschehen. Entweder das Eisengerüst wird außen sichtbar gemacht und erhält in seinen Gefachen eine innig mit ihm verbundene, den eigentlichen Wandschluß bildende Ausfüllung, allenfalls auch noch eine Umhüllung mit anderm Material; oder das Eisengerüst wird eingestellt, d. h. es ist mit der raumschließenden Wand, die dann in der Regel aus Stein besteht, nicht überall innig verbunden, sondern im Innern des Gebäudes, um Decken und Dach zu tragen, vor jene gestellt und mit ihr nur entsprechend verankert. Die erste Weise bildet eine vollständige Analogie zum Holzfachwerk und wird daher auch, besonders wenn der Wandschluß durch Steine erfolgt, als Eisenfachwerk bezeichnet. Seine formale Behandlung war anfänglich wenig charakteristisch und lehnte sich unmittelbar an die des Holzfachwerks an. Die Wirkung war unbefriedigend, mager, trocken, namentlich wenn einfache Walzeisen zur Verwendung kamen. Für die Erscheinung dankbarere, wenn auch nur wenig eigenartigere Bildungen waren schon früher durch Anwendung gußeiserner Gerippe gewonnen worden. Wesentlich bezeichnender wurde später das Eisenfachwerk gestaltet, indem einerseits das Eisengerippe mehr gemäß seiner konstruktiven Wirkungsweise angeordnet, anderseits auch das Steinwerk, seinem ausfüllenden, raumschließenden Wesen entsprechend, nach Art von Teppichen reich musivisch behandelt wurde. Die Meniersche Schokoladenfabrik in Noisiel (Taf. I, Fig. 8) und die Mannschaftsgebäude der Kaserne Louviers in Paris (Taf. I, Fig. 9) geben dafür bekannte gute Beispiele. Auch der Bau der Berliner Stadtbahn und die Pariser Weltausstellungen von 1878 und 1889 brachten bemerkenswerte einschlägige Versuche, welche namentlich darauf hinauslaufen, der Magerkeit des Eisengerippes durch die verschiedensten Anordnungen abzuhelfen. Stilistisch besondere Beachtung verdienen diese Versuche, wenn sie das Schönheitsgefühl befriedigende Wirkungen ergeben haden, ohne zu massegebenden Umhüllungen [234] der Eisenteile mit allerhand getriebenem, verziertem Blech ihre Zuflucht zu nehmen. Ein sehr schönes Beispiel bildet unter anderm das Palais du Champ de Mars von der 1878er Ausstellung in Paris, bei welchem die in Eisengitterwerk hergestellten Wandpfeiler nach außen farbige Fayencefüllungen erhalten hatten (Taf. II, Fig. 4). Auch das Hauptgebäude der Pariser Ausstellung von 1889 (Taf. II, Fig. 2) darf hier als bedeutendes Beispiel angeführt werden, obwohl es keinen wesentlichen Fortschritt darstellt. An Stelle der raumabschließenden Steinwände sind hierbei übrigens vielfach Glaswände getreten, was ja auch bei dem gesamten in dieses Kapitel gehörigen, für die stilistische Entwickelung aber kaum in Betracht kommenden Gewächshausbau der Fall ist. Die zweite Art der Wandbildung im E., diejenige mit eingestellter Eisenkonstruktion, hat namentlich in Frankreich Anwendung gefunden, wie denn überhaupt die Entwickelung des Eisenbaues vornehmlich in diesem Lande stattgefunden hat. Hervorragende Beispiele sind unter anderm die Lesesäle der Bibliotheken Ste.-Geneviève und Nationale, der Lichthof in der École des beaux-arts (Taf. II, Fig. 5) und die Kirche St. Augustin (Taf. I, Fig. 7) in Paris. Besonders konsequent ist das in Rede stehende Konstruktionsprinzip bei dem letztgenannten Bauwerk zur Durchführung gebracht. Allerdings läßt es dort auch die Grenzen, die ihm gesteckt sind, recht erkennen. Eisen und Stein treten als Rivalen auf. Ihr Nebeneinander führt bald zu doppeltem Ausdruck ähnlicher oder gleicher Konstruktionsgedanken und dabei naturgemäß zur Verkümmerung der Steinformen, bald zu Konflikten beider Bauweisen, deren Bewältigung die größten Schwierigkeiten bereitet. Doch sind auch glücklichere Lösungen zu verzeichnen; so Labroustes Lesesäle der genannten beiden Pariser Bibliotheken, bei denen die Rolle, die der E. spielt, allerdings eine wesentlich untergeordnetere ist. Bei der Bildung der Decken des gemischten Eisenbaues bildet die Eisenkonstruktion fast immer das allein tragende konstruktive Gerüst und tritt dabei mit bald mehr, bald weniger Selbständigkeit in die Erscheinung. Die ästhetischen Schwierigkeiten sind nicht so groß wie bei den Wänden, weil größere Leichtigkeit, Kühnheit und Masselosigkeit mehr im Wesen der Decke liegen als in dem der Wand. Überdies wird ein gewisser Schönheitsüberfluß sich hier leichter geben lassen, welcher übrigens stilistisch richtiger in schmückender Zuthat als in einhüllender Verkleidung zu bestehen haben wird. Die großen Bauten der letzten Pariser Weltausstellung zeigten hierfür bemerkenswerte Beispiele. Durch Anordnung von Gefachausfüllung mit Terrakotten und allerhand Steinplattenwerk, durch Aufheften von Kartuschen, Schilden sowie von naturalistisch-pflanzlichem Schmuck auf das frei gezeigte Gitterwerk der Binder, Gurte etc., durch geeignete Anbringung selbständiger Malereien und in barocker Weise aus ihren Rahmen ungezwungen heraustretender Skulpturen sind Ergebnisse gewonnen, welche mehr als dekorative Bedeutung beanspruchen können. Das eben von den Decken Gesagte gilt übrigens auch für die Wandbildungen, wenn, wie z. B. bei den großen Hallenbauten, Decke und Wand nahezu vollständig zu einer Einheit zusammenschmelzen, wie dies, um eins der bedeutendsten neuern Beispiele anzuführen, bei der Empfangshalle des Hauptbahnhofs in Frankfurt a. M. (Taf. II, Fig. 1) der Fall ist. Bei diesen Hallenbauten pflegen auch Decke und Dach eins zu sein; letzteres wird also von innen sichtbar und kommt stilistisch auch nur in solchem Fall als Teil des Eisenbaues in Betracht. Als besondere Gattung von Eisenhochbauten der Neuzeit sind schließlich noch die eisernen Turmbauten zu erwähnen. Sie zeigen bald gemischten, bald reinen E. Oft dienen sie (als Leuchttürme, Wassertürme u. dgl.) so ausschließlich Nutzzwecken, daß das formale Moment sehr stark zurücktritt; sie können aber auch eine ästhetisch und damit stilistisch bedeutsame Rolle spielen. Hervorragendster Vertreter der letztern Art ist der bei Gelegenheit der mehrerwähnten 1889er Pariser Weltausstellung der Hauptsache nach als Schau- und Repräsentationsstück errichtete Eiffelturm (Taf. II, Fig. 3), ein Meisterwerk der Ingenieurkunst auch in architektonischer Beziehung und ein schlagender Beweis dafür, wie ein Eisenbauwerk lediglich durch seine Gesamtanordnung und Linienschönheit zum Kunstwerk werden kann.
Was geschichtlich über die stilistische Entwickelung des Eisenbaues zu sagen ist, erhellt in der Hauptsache aus dem vorstehenden von selbst. Vorangegangen ist im allgemeinen Frankreich. Dort sind zumeist die ersten sowohl als bedeutsamsten charakteristischen Lösungen der schwierigen Probleme entstanden. England und Amerika, auch Italien haben wenig zur Sache gethan. Deutschland hat sich besonders um die tektonische Durchbildung der Einzelheiten bemüht (vgl. z. B. Taf. I, Fig. 1, 2, 5, 6; Taf. II, Fig. 8, 9, 10), hat dabei jedoch oft die großen Gesichtspunkte aus dem Auge verloren. Immerhin sind aber auch auf deutschem Boden Werke entstanden, die von dem erfolgreichen Bestreben Zeugnis ablegen, diese Bauweise auch im großen künstlerisch fortzuentwickeln.