MKL1888:Eisenbahnpolitik

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Eisenbahnpolitik“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 461
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Eisenbahnpolitik. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 461. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Eisenbahnpolitik (Version vom 11.12.2022)

[461] Eisenbahnpolitik, die Summe derjenigen Grundsätze, nach welchen der Staat das Eisenbahnwesen zu behandeln hat. Die hervorragende Wichtigkeit, welche die Eisenbahnen für das gesamte wirtschaftliche Leben dadurch gewonnen haben, daß sie gegenwärtig den größten Teil des Verkehrs vermitteln, daß ihre Transportkosten einen mehr oder minder großen Bestandteil der Produktionskosten fast aller wirtschaftlichen Güter ausmachen, und daß auf ihre Anlage überall ein beträchtlicher Teil des Nationalkapitals verwendet werden mußte, macht die Frage einer richtigen E. zu einer der wichtigsten Fragen der Volkswirtschaftspolitik. Im allgemeinen wird die E. der einzelnen Staaten durch die volkswirtschaftlichen Grundsätze, welchen ihre Regierungen huldigen, zum Teil auch durch die Lage der Staatsfinanzen bedingt und dabei bald der Charakter der Eisenbahnen als Transportunternehmungen, bald der der Eisenbahnen als Verkehrsstraßen in den Vordergrund gestellt. Es kommt dabei in Frage, wer die Eisenbahnen bauen soll, der Staat oder Private, ferner, unter welchen Bedingungen der Staat durch finanzielle Beihilfe den Privatbahnbau fördern soll, oder inwieweit die Interessenten zu dem Bau von Staatsbahnen beizutragen haben. Namentlich bei dem Bau der Sekundärbahnen (s. Nebenbahnen) sind diese letztern Fragen von Bedeutung. Von der herrschenden E. werden die Gesetzgebung in Bezug auf das Konzessionswesen, die Rechte und Pflichten der E. (s. Eisenbahnrecht), namentlich aber die Grundsätze für die Preisstellung der Eisenbahnen (s. Eisenbahntarife) wesentlich beeinflußt. Die Richtigkeit der synthetischen Aufstellung allgemeiner abstrakter Regeln für die E., wie solche in einseitigem Parteiinteresse häufig versucht ist, kann nicht anerkannt werden. Die E. ist vielmehr in hohem Grad abhängig von den geographischen, wirtschaftlichen und allgemein politischen Verhältnissen des betreffenden Landes. Allgemein gültige Grundsätze lassen sich kaum für ein bestimmtes Land und für eine bestimmte Zeit aufstellen. Erst nachdem die Eisenbahnnetze völlig ausgebaut und die wirtschaftlichen Umbildungsprozesse, welche eine unausbleibliche Folge der Vermehrung der Eisenbahnen sind, abgeschlossen sein werden, läßt sich erwarten, daß die E. innerhalb größerer Ländergruppen stabilere und gleichmäßigere Grundsätze annehmen wird. Vgl. Eisenbahn, bes. S. 435 f.