Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Auskultation“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 118
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Auskultation. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 118. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Auskultation (Version vom 24.03.2022)

[118] Auskultation (lat.), das Behorchen des Körpers, welches in der Absicht vorgenommen wird, um diejenigen Geräusche, welche innerhalb desselben sowohl im gesunden als im kranken Zustand entstehen, zu erforschen und daraus auf den Zustand der Organe zu schließen. Die A. ist ein Teil der physikalischen Untersuchungsmethode; sie wird ergänzt durch die Perkussion (s. d.), d. h. durch diejenige Untersuchungsmethode, bei welcher man durch ein kunstgerechtes Anklopfen an den Körper die Form, Lage, Bewegungsfähigkeit, den Widerstand und den Schall der untersuchten Teile zu erforschen sucht. Die A. und Perkussion, schon im 18. Jahrh. durch Auenbrugger bei Krankheiten der Brustorgane geübt, wurden durch Corvisart im Beginn des 19. Jahrh. in Frankreich eingeführt. Corvisart legte schon bei Krankheiten des Herzens das Ohr an die Brust an; doch scheint diese Methode, zu untersuchen, keinen Eingang gefunden zu haben, bis Laënnec dieselbe wieder aufnahm und seine Resultate der Öffentlichkeit übergab (1819). Seitdem verbreiteten sich die A. und Perkussion schnell über alle zivilisierten Länder, und heutzutage wird diese durch Skoda zu ihrer jetzigen Höhe erhobene Methode von jedem wissenschaftlich gebildeten Arzt geübt. Das Behorchen mit dem nackten Ohr nennt man die unmittelbare A., dasjenige vermittelst eines besonders konstruierten Hörrohrs (Stethoskops) die mittelbare A. oder Stethoskopie.

Hörrohr (Stethoskop).

Neben mancherlei ästhetischen Vorzügen der letztern Methode gestattet sie eine viel genauere Begrenzung abnormer Töne, so daß man die Größe erkrankter Stellen, z. B. einer Höhle der Lunge, weit genauer bestimmen kann. Das Stethoskop (s. Abbildung) ist eine 26–31 cm lange Röhre aus Holz, die unten trichterförmig gestaltet, und an der oben eine runde Scheibe, die sogen. Ohrplatte, gewöhnlich aus Elfenbein, angebracht ist. Das untere Ende von etwa 2,6–3,9 cm Durchmesser muß abgerundet sein, damit es beim Aufsetzen auf die Körperhaut nicht schmerzhaft einschneide. Beim Gebrauch ergreift man das Stethoskop am trichterförmigen Ende, setzt es genau auf die Oberfläche des Körperteils, welcher untersucht werden soll, so daß es rundum fest aufsitzt, und legt dann das Ohr auf die Ohrplatte. Außer bei Brust- und Herzkrankheiten wird die A. auch mit Nutzen angewendet zur Untersuchung von Knochenbrüchen, zur Auffindung der Herztöne des Kindes im Mutterleib, überhaupt zur Exploration der Unterleibsorgane. Am wichtigsten ist die A. jedenfalls für die Brustorgane, für die Krankheiten des Rippenfells, der Lungen und des Herzens. Die verschiedenen Auskultationszeichen im gesunden und kranken Zustand beziehen sich auf die Stimme, den Husten, die Geräusche beim Aus- und Einatmen, auf die Geräusche, welche durch Reibung der durch Entzündung rauh gewordenen Brustfellflächen, der äußern und innern Herzbekleidung und der Herzklappen sowie der Innenfläche der großen Schlagader (Aorta) entstehen. Vgl. Laënnec, De l’auscultation médiate etc. (4. Aufl., Par. 1836, 3 Bde.; deutsch, Weim. 1832, 2 Bde.); Skoda, Über Perkussion und A. (6. Aufl., Wien 1864); Traube, Symptome der Krankheiten des Respirations- und Zirkulationsapparats (Berl. 1867). Die besten und vollständigsten Werke über A. sind gegenwärtig: Niemeyer, Grundriß der Perkussion und A. (3. Aufl., Stuttg. 1880); Gerhardt, Lehrbuch der A. und Perkussion (3. Aufl., Tübing. 1876).