MKL1888:Arbeitervereine
[753] Arbeitervereine. Unter Arbeitervereinen versteht man die besondern Vereine, welche ausschließlich oder doch wesentlich aus Lohnarbeitern bestehen und welche nicht einen Spezialzweck (wie Konsumvereine, Produktivgenossenschaften, Baugenossenschaften, Krankenkassen etc.) sondern allgemeine Zwecke im Interesse ihrer Mitglieder verfolgen. Die Hauptarten dieser A. sind: 1) Bildungsvereine. Diese A. umfassen Arbeiter verschiedener Produktionszweige und beschränken sich darauf, die allgemeine Bildung und die gute Sitte unter ihren Mitgliedern durch Vorträge, Besprechungen, Unterricht, Bibliothek, Lesezimmer, geselligen Verkehr zu befördern und durch gesellige Zusammenkünfte und gemeinsame Vergnügungen, an denen auch die Angehörigen der Mitglieder teilnehmen, zur Erheiterung und Verschönerung des Lebens der Arbeiter beizutragen. Solche Vereine sind in den letzten Jahrzehnten in allen Kulturstaaten, namentlich auch in Deutschland, in großer Zahl entstanden, und sie verdienen die allseitigste Unterstützung. Zu ihnen gehören auch die in Deutschland in dem letzten Jahrzehnt sehr verbreiteten „katholischen Gesellenvereine“. Weiteres s. Bildungsvereine. 2) Gewerkvereine nach dem Muster der englischen Trades’ unions. Gewerkvereine sind Landesvereine von Lohnarbeitern eines bestimmten Gewerks zur Förderung der gesamten ökonomischen und sozialen Interessen der Lohnarbeiter dieses Gewerks. Sie sind die notwendigen korporativen Gebilde der Lohnarbeiter für die Lösung der industriellen Arbeiterfrage (s. Industrielle Arbeiterfrage und Gewerkvereine). 3) Politische A. Es sind allgemeine A., die in erster Reihe Agitationsvereine für politische Forderungen [754] der Arbeiterklasse sind. Von Vereinen dieser Art haben heute lediglich die sozialdemokratischen A. Bedeutung (s. Sozialismus).