Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Achenbach“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 8485
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Achenbach. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 84–85. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Achenbach (Version vom 10.09.2022)

[84] Achenbach, 1) Andreas, Landschaftsmaler, geb. 29. Sept. 1815 zu Kassel, war 1827–35 Schüler der Düsseldorfer Akademie, wo er bei Schirmer und Lessing lernte. Neben dem akademischen Unterricht bildeten mehrere nordische Reisen seinen Sinn für die Landschaft. In den Jahren 1832 und 1833 lernte er die Natur der Nord- und Ostseeländer kennen. Vom Herbst 1843 bis 1845 weilte er in Italien, nachdem er in den unmittelbar vorausgegangenen Jahren in Tirol, Süddeutschland, England, Dänemark, Schweden, Norwegen, Holland seine Studien gemacht hatte. Achenbachs Bedeutung beruht in der unendlich wahren, realistischen und doch stimmungsvollen Auffassung der landschaftlichen Bilder. In der Art der Wiedergabe hat er einige Verwandtschaft mit Ruysdael. Seestürme, Marinen, düstere Wolkenszenerien sind seine Lieblingsmotive; aber sein eminentes Talent für den Ausdruck der naturwahren Stimmung im Landschaftsbild ist ebenso geeignet für die Darstellung von lieblichen und anspruchslosen Landschaften im Zustand idyllischer Ruhe. Trotzdem ist es keineswegs die Idealisierung der Natur, was aus seiner Landschaft uns entgegentritt, sondern eine überaus wahr getroffene Charakteristik, zu der seine allgemeine realistische Kunstanschauung die Basis bildet. Daher stammt auch die gewaltige Kraft der Konzeption, mit welcher er ganz besonders der Eindrücke einer wild bewegten, stürmischen Natur für seine Kunst sich zu bemächtigen versteht, und der wir jene großartigen Marinen, Seestürme und Strandbilder, wie auch jene ernsten Waldszenen der norwegischen Fjordgegenden verdanken, in denen der Meister das Bedeutendste geleistet hat. Sein männlich ernster Sinn hat in der Landschaft des Nordens das naturgemäß ihm zusagende Gebiet für seine Kunst gefunden; weniger glücklich ist er in der Wiedergabe der südlichen Gegenden. Eine Reise nach Sizilien (auf der er Katholik wurde) brachte ihm vielfache Anregungen in dieser Richtung; doch entsprechen die klassische Ruhe, die ebenmäßige Linienbildung in der südlichen Landschaft nicht dem Wesen des Künstlers. Hauptwerke sind: der Hardangerfjord bei Bergen (von 1843), in der Düsseldorfer Galerie; Untergang des Dampfboots Präsident (von 1842), in jener zu Karlsruhe; Herbstmorgen in den Pontinischen Sümpfen (von 1846), in der Münchener Pinakothek; Ansicht von Ostende, Scheveningen und holländischer Hafen, in der Berliner Nationalgalerie; Fischmarkt in Ostende, Vlissingen und Überschwemmung am Niederrhein. Der Künstler hat sich mit Glück auch als Aquarellist, Radierer und Lithograph versucht. Er ist Professor und Mitglied der Akademien von Berlin, Wien und Antwerpen.

2) Oswald, Bruder des vorigen, ebenfalls Landschaftsmaler, geb. 2. Febr. 1827 zu Düsseldorf, trat 1839 als Schüler in die dortige Akademie ein und gehörte ihr bis 1841 an. Seine Richtung schließt sich der des Bruders an, bei dem er auch als Schüler lernte; doch waltet ein mehr südliches Element in der Wahl seiner Stoffe und in der Auffassung größere Idealistik vor. A. hat frühzeitig auf Reisen in der Schweiz, in Süddeutschland und 1850–51 im südlichen Italien die Natur dieser Länder kennen und jener des Nordens vorziehen gelernt. Er versteht es, vornehmlich durch die Farbe zu wirken und die Lichtspiele in der Luft des Südens überraschend wahr wiederzugeben. Auch durch die realistisch gehaltene, zu großer Bedeutung erhobene Staffage weiß er seine Bilder zu beleben. Vorzüglich sind seine schlicht gehaltenen Ansichten, oft bei Mondlicht oder im glühenden Ton des Sonnenuntergangs aufgefaßt. So das schöne Parkbild: Villa d’Este bei Tivoli, Torre del Greco am Fuß des Vesuvs, Mondnacht am Strand von Neapel (1864). Andre Hauptbilder sind: Villa Torlonia bei Frascati und Marktplatz von Amalfi (Berliner Nationalgalerie), Palast der Königin Johanna (Museum von Breslau), Santa Lucia, das Kolosseum, die Engelsburg. A. wirkte seit 1863 als Professor und Lehrer der Landschaftsmalerei an der Düsseldorfer Akademie, trat aber 1872 von dieser Stellung zurück. Auch er hat Lithographien geliefert.

3) Heinrich, preuß. Staatsmann, geb. 23. Nov. 1829 zu Saarbrücken, besuchte das Archigymnasium zu Soest, studierte in Bonn und Berlin die Rechtswissenschaft, habilitierte sich 1858 als Privatdozent [85] für deutsches Recht in Bonn und wurde 1860 Professor und Oberbergrat beim Oberbergamt in Bonn. In diese Zeit fällt ein wesentlicher Teil seiner schriftstellerischen Thätigkeit sowie auch die Begründung der „Zeitschrift für Bergrecht“ (Bonn 1860 ff.). Von Bonn wurde A. 1866, während er gleichzeitig als Vertreter des Kreises Siegen-Wittgenstein in das Abgeordnetenhaus eintrat, in dem er die freikonservative Partei mitbegründen half, als Geheimer Bergrat und vortragender Rat in das preußische Handelsministerium berufen, dem er angehörte, bis ihn Bismarck 1871 als vortragenden Rat in das Reichskanzleramt zog. Als dessen Delegierter im Reichstag hatte er namentlich bei den Debatten über das Haftpflichtgesetz und später über das Reichsbeamtengesetz sowohl in den Kommissionssitzungen als im Hause selbst die Reichsregierung zu vertreten. Nach Ernennung Falks zum Kultusminister (1872) trat A. als Unterstaatssekretär in das Kultusministerium über und wirkte insbesondere wesentlich mit bei der Durchbringung der neuen kirchenpolitischen Gesetze. Doch ward er bald dem Handelsminister Grafen Itzenplitz als Unterstaatssekretär zur Seite gegeben und 13. Mai 1873 selbst zum Staatsminister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ernannt. Obwohl er sich in dieser Stellung durch unermüdliche Thätigkeit, unparteiische, gerechte, jedoch zu sehr ins Detail eingehende Geschäftsführung, streng konstitutionelle Haltung und persönliche Liebenswürdigkeit die Anerkennung weiter Kreise, besonders seiner Untergebenen und des Landtags, erwarb, so geriet er doch wegen des Eisenbahnwesens mit Bismarck, der eine schärfere Zentralisation und größere Berücksichtigung der Interessen der deutschen Industrie wünschte, wiederholt in Differenzen, die endlich 1878 zu dem Antrag der Errichtung eines besondern Eisenbahnministeriums und, als Bismarck bei der Beratung dieser Vorlage im Abgeordnetenhaus die Achenbachsche Verwaltung einer scharfen Kritik unterzog, zu dessen Gesuch um Entlassung führten. Dieselbe ward 30. März genehmigt und A. zum Oberpräsidenten der neuerrichteten Provinz Westpreußen und 15. Febr. 1879 zum Oberpräsidenten von Brandenburg ernannt. Aus seiner litterarischen Thätigkeit sind hervorzuheben: „Das französische Bergrecht und die Fortbildung desselben durch das preußische allgemeine Berggesetz“ (Bonn 1869); „Das gemeine deutsche Bergrecht“ (das. 1871, Teil 1) sowie mehrere Schriften, betreffend die Lokalgeschichte des Fürstentums Siegen.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 6
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[6] Achenbach, 3) Heinrich von, Oberpräsident der preuß. Provinz Brandenburg, unterrichtete 1885 den damaligen Prinzen Wilhelm, jetzigen Kaiser Wilhelm II., im Staatsverwaltungsdienst. Der von den regierungsfreundlichen Parteien im Januar 1886 im preußischen Landtag gestellte Antrag auf Förderung des Deutschtums in Posen wurde nach A., dem ersten Unterzeichner, Achenbachscher Antrag genannt. Von Kaiser Friedrich III. wurde er im Mai 1888 in den Adelstand erhoben.