Männerkeuschheit
Wer nie in schnöder Wollust Schoos
Die Fülle der Gesundheit gos,
Den ziemt’s, daß er sich brüsten kan;
Ihn ziemt das Wort: Ich bin ein Man!
Wie auf der Wies’ ein schlankes Rohr;
Und lebt und webt, der Gottheit vol,
An Kraft und Schönheit ein Apol.
Die Götterkraft, die ihn durchfleust,
Und treibt, aus kalter Dämmerung,
Gen Himmel seinen Adlerschwung.
Er badet sich im Sonnenmeer,
Und Klarheit strömet um ihn her.
Durch alle Schöpfung Gottes hin.
Und er durchspäht, und wägt, und mist,
Was in der Schöpfung herlich ist,
Und stelt es dar in Red’ und Sang,
O schaut, wie er vol Majestät,
Ein Gott, daher auf Erden geht!
Er geht und steht in Herlichkeit,
Und fleht um nichts; denn er gebeut.
Wie ein kristalner Schattenquell.
Sein Antliz stralt, wie Morgenrot;
Auf Nas’ und Stirn herscht Machtgebot.
Das Machtgebot, das drauf regiert,
Denn der schnelt aus, wie Federstal;
Sein Schwerthieb ist ein Wetterstral.
Das Ros fühlt seines Schenkels Macht,
Der nimmer wanket, nimmer kracht.
Er zwängt das Ros, und horch! es stöhnt.
Er geht und steht in Herlichkeit,
Und fleht um nichts; denn er gebeut:
Und dennoch schaut, wo er sich zeigt,
Die edelsten der Jungfraun blühn,
Sie blühn und duften nur für ihn.
O Glükliche, die er erkiest!
O Selige, die sein geniest!
Wie Wein, von Rosen rund umkränzt.
Sein glüklich Weib, an seiner Brust,
Berauscht sich draus zu Lieb’ und Lust.
Frohlockend blikt sie rund umher:
Fleuch, Zärtling, fleuch! Sie spottet dein.
Nur Er nimt Bett’ und Busen ein.
Sie steht und fodert auf umher:
„Wo ist, wo ist ein Man, wie Er?“
Erkauft kein Fürst mit Ehr’ und Gold.
Wie, wann der Lenz die Erd’ umfäht,
Drob sie mit Blumen schwanger geht:
So segnet Gott durch ihn sein Weib,
Die alle blühn, wie Sie und Er,
Sie blühn und duften um ihn her;
Und wachsen auf, ein Zedernwald,
Vol Vaterkraft und Wolgestalt. –
So das Geschlecht, das dem entspriest,
Der nie in schnöder Wollust Schoos
Die Fülle der Gesundheit gos.