Liebesmacht
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Liebesmacht.
Ein Jüngling schlang den Arm um die Maid
Bei traulichem Scherzen und Kosen,
„Zur Priesterin bist du der Venus geweiht,
Vorüber ist Leid und Traurigkeit!“
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Da brach er der Lippen Rosen.
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„Nun sind uns die holdesten Stunden gebracht,
Die Stunden der Liebesvigilien:
Wir lachen des Daseins schauriger Nacht,
Wenn die Fackel der Liebe feurig entfacht!“
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Da brach er des Busens Lilien.
Und des Jünglings Herz ward flammend durchloht,
Er fühlte eine Welt in sich pochen;
Seine Liebe ward stark wie der grimmige Tod;
Die Knospen und Blüten so voll und so rot,
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Hat er alle, alle gebrochen.
Er hat sie gebrochen, dann sind sie verblüht,
Die Rosen, Lilien, Nelken …
O Liebe, wo nur dein Atem glüht,
Da müssen, gleich wie vor dem sengenden Süd,
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Die Blüten, die Blüten verwelken!Max Hoffmann.