Textdaten
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Autor: Dr. Weck
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Titel: Kaisergräber in Wien
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 36–39
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[36]

Kaisergräber in Wien.

Von dem Platze der alten Kaiserstadt, auf dem die herrliche Pyramide des Stephansdomes in die Lüfte steigt, während die Sonne in dem bunten Mosaik des Riesendaches darunter spielt, strahlen, wie von einem bedeutungsvollen Mittelpunkte, enge Gassen nach allen Richtungen aus. Eine derselben führt uns in wenigen Augenblicken nach einem kleineren Platze, der von einem der gefeiertsten Kunstwerke Wiens, dem trefflichen Donner’schen Brunnen, geschmückt wird. Auf den Rändern eines weiten Bassins gruppiren sich da vier gewaltige Gestalten in den großartigsten Stellungen, während die fünfte majestätisch über sie und das Ganze emporragt –: die Personificirung der Donau und ihrer Nebenflüsse im Gebiete des Erzherzogthums Oesterreich. Aber höheres Interesse hat das unscheinbare Gebäude an der Ecke dem Brunnen gegenüber. Die spitze Giebelwand, die es dem Platze zukehrt, überragt kaum die umliegenden Häuser; aber daß seine Bestimmung keine profane ist, erkennt man, wäre es nur an dem kreuzhaltenden Mönch, der oben in einer Nische steht. Er trägt das Gewand des Capuzinerordens, dem das anstoßende Kloster und die Kirche gehören.

Schon zwei Mal war ich umsonst an der Pforte gewesen.

[37]

Die Ruhestätte des Kaisers von Mexico in der Gruft der Kapuziner.

[38] Das erste Mal fand ich sie verschlossen, am nächsten Tage tönten mir das Rauschen der Orgel und die monotonen Responsalien der Priester entgegen. Ueber den absonderlichen Zweck des Gottesdienstes hatten mich zwar die im Vestibulum angeschlagenen Zettel belehrt, in denen ein „Vorbeter“ die Gläubigen zu der Pilgerfahrt nach Mariazell einlud und zugleich die Anzahl der vorbereitenden Exercitien nebst dem obligaten Quantum an Ablaß bekannt machte, aber trotzdem konnte ich mich nicht entschließen, die Messe zu stören. Ich vergaß wieder, daß in katholischen Ländern der Fremde ungehindert zwischen den Andächtigen und den Geistlichen circulirt, wie ich es selbst so oft gethan. Daß die Dinge, die ich suchte, die verrostete eiserne Thür und die düstere gespenstische Höhle, nicht im Innern der Kirche sich befanden, daß sie überhaupt nicht existirten, wie ich sie im Geiste gesehen, erfuhr ich erst heute.

Nicht weit von dem Hauptportal führt ein heller gemauerter Corridor in das Innere des anstoßenden Gebäudes. Als ich eintrat, sah ich zur Rechten eine Pforte geöffnet, die abwärts führen mußte, denn mir war, als vernähme ich aus der Tiefe ein halblautes Gemurmel von Stimmen. Ich hatte mich nicht getäuscht – über steinerne Stufen ging der Weg nach dem Orte, an den ich zu gelangen wünschte. Nicht in die Finsterniß; ein heller Schein von Fliesen und Pfeilern winkte mir entgegen, als ich die Treppe hinunterstieg. Von der einen Seite wenigstens, auf der anderen war es Nacht. Ein Mönch hatte mich oben empfangen. Er trug eine braune Kutte von weißem linnenem Gürtel umschlossen und ein Käppchen auf dem silberlockigen Haar. Seine Gestalt war klein, doch nicht würdelos; er war nicht hager und nicht gedunsen, nicht leichtfüßig und nicht schwerfällig, nicht freundlich und nicht düster. Auf seinen Zügen lag weder Fanatismus noch Schwermuth; seine Stimme klang ruhig, als hätte niemals die Leidenschaft darin vibrirt. In Haltung und Bewegung glich er einem Menschen, in dem Alles entschlafen ist, die Begierde wie die Hoffnung, der Haß, aber auch die Liebe; der die Maschine seines Lebens weiter treiben läßt, ohne zu fragen, ob sie heute oder morgen still steht. So war er der rechte Hüter des Ortes, an den er mich führte. Noch diese letzten Stiegen und ich stand in der Gruft des Hauses Habsburg.

Unter weißgetünchten Wölbungen zog es sich hin, zu beiden Seiten, Sarkophag neben Sarkophag. Aber während zur Linken das Licht des Tages durch die Fensteröffnungen hereinfiel, lag über den Räumen zur Rechten bleischwere Dämmerung. Nur hie und da blinkte es wie ein matter metallischer Glanz durch das eiserne Gitter, welches die beiden Hälften des unterirdischen Friedhofes trennte.

Ich war nicht allein; zwei Damen in Begleitung eines Führers waren kurz vor mir hinabgestiegen. Es waren Russinnen, denn ich hörte sie flüsternd Worte in ihrer Muttersprache wechseln; Beide waren edle und vornehme Erscheinungen, aber die Todten waren mir jetzt interessanter, als die Lebenden.

Der Capuziner hatte eine brennende Lampe ergriffen und ging unhörbaren Schrittes vor uns her auf das Gitter zur Rechten zu. Eine Pforte bewegte sich in ihren Angeln und wir traten durch sie in einen Gang, den wiederum auf jeder Seite eine Reihe eiserner Stäbe abgrenzte. Nur auf die vordersten fiel der bleiche, flackernde Schein der Flamme, dahinter war Alles in tiefe Finsterniß gehüllt. Die Leuchte bewegte sich nach rechts – wir sahen sie hoch schweben auf der dünnen Hand, die aus den braunen Falten der Kutte hervorblickte, und im nächsten Augenblicke stiegen die bauchigen Wandungen eines Sarkophages vor uns auf. Matte und polirte Flächen übereinander und die scharfen Kanten eines seltsam verzierten Deckels glitzern uns entgegen und von den Ecken herab grinsen uns gekrönte Todtenschädel an. „Leopold der Erste!“ sagt die eintönige Stimme unseres Begleiters.

Die Geschichte ist eine harte Richterin, daß sie das Bild derer, die in ihren Blättern verzeichnet stehen, so tief in die Erinnerung der Nachkommen eingräbt, daß es auch da nicht weicht, wo persönlicher Haß und egoistische Leidenschaft schweigen – an den Gräbern der Heimgegangenen. Ich konnte vor diesem nicht an die versöhnende Vorstellung zerfallener Erdenherrlichkeit mich halten; ich dachte nur an das, was der Todte Deutschland gekostet an Ehre und Macht – daneben auch an die schreckliche Lippe, die seit ihm in gemilderter Gestalt im Hause der Habsburger erblich geworden, und die mir an seinen Büsten schon mehr als ein Mal Entsetzen eingeflößt hatte.

Unserem Führer folgend traten wir jetzt hinter das Gitter in einen andern schmäleren Gang, der zwischen diesem und den Särgen hinführte. Ein zweiter niedrigerer Schrein mit trübe blinkenden Schildern und Festons tauchte aus dem Dunkel empor.

„Karl der Sechste!“ ertönte es wie vorhin.

Auch ein Fürst, dem es nicht um’s Ganze zu thun war! Seinen Namen hat er zu verewigen gesucht durch zwei Denkmäler in der Prager St. Veitskirche: das geschmacklose Johann Nepomuk’s aus siebenunddreißig Centner Silber, um die seine Unterthanen ärmer wurden, und das schöne marmorne seiner Vorgänger auf dem Kaiserthron; dann durch ein drittes in der Geschichte, das die pragmatische Sanction heißt – aber das Vaterland setzt ihm keine Ehrensäule.

Es folgten drei schlichte zinnerne Särge; der vorderste war der unscheinbarste, jedes Zierraths und Schmuckes baar.

„Kaiser Matthias!“ rief der Capuziner.

Armer Fürst! Dein Vergehen war, Kaiser zu sein in einer Zeit, deren stürmischer Kraft die Deinige nicht gewachsen war. Niemand war wohl glücklicher, als Du selbst, da der Tod das Scepter Deiner zitternden Hand entriß. Dritthalb Jahrhunderte verronnen vor wenigen Tagen – schlaf’ in Frieden!

„Ferdinand der Zweite!“

Ha, Ferdinand, ich grüße Dich – grüße Dich von den Prager Siebenundzwanzig – eben komme ich von den Steinen, über die ihr Blut rann auf Dein Geheiß! – grüße Dich von Böhmen, dem gesegneten, das manche Tage des Elends geschaut, aber nimmer solche, wie die Deiner Herrschaft – ich grüße Dich von Deinen Freunden, den Jesuiten, die, aus Deiner Hauptstadt verwiesen, dafür Deutschlands Gefilde beglücken! Freust Du Dich nicht der Botschaft?

Neben Ferdinand liegt sein Sohn, der Dritte dieses Namens – dann folgen Mitglieder des Kaiserhauses, die keine Krone getragen. Die letzten drei Sarkophage stehen nicht parallel den andern, sondern in gleicher Linie mit der Mauer nebeneinander, so daß die Füße der Leichen nach den Seitenwänden jener gerichtet sind. Es sind zwei Geschwister Maria Theresia’s und zwischen ihnen die Oberhofmeisterin ihrer kaiserlichen Schwester, Gräfin Fuchs, die Einzige aus geringerem Stamm, die hier Theil hat an der Herrlichkeit des erlauchten Fürstengeschlechtes.

Zufällig war ich bisher der erste in der Reihe der Besucher gewesen und dicht hinter dem Capuziner hergeschritten; jetzt, als dieser den Rückweg antrat und mit hochgehobener Leuchte sich abermals an die Spitze des Zuges stellte, schloß ich denselben. Unser Führer ging rascher als vorhin und die Uebrigen folgten ihm in gleicher Weise, mir aber war, als hemmte eine dunkle Gewalt meinen Gang. Im nächsten Moment fühlte ich eine eisige Berührung meiner Hand – ich war dem einen Sarg zu nahe gekommen – als ich mich umwandte, erkannte ich den des blutigen Ferdinand. Ich mußte still stehen, wie von magischer Kraft gefesselt, und hinblicken, starr und unbeweglich nach dem Kopfende der Leiche. Ich hörte vorn den dumpfen Klang der eisernen Thür und das Rauschen der Gewänder, die an den Gitterstäben hinglitten – dann bewegte sich darüber die andere Pforte und noch einmal ertönte in meinem Rücken ein dumpfes Murmeln und das Gleiten der Füße über die Steine des Bodens hin, dann erstickte die Entfernung und die doppelte Scheidewand den letzten Laut. Ich war allein mit den Todten.

Das Auge hatte sich an das Halbdunkel gewöhnt und die Gegenstände vor mir traten in nebelhaften Umrissen aus den Schatten des Gemäuers hervor. Wo die untere Wand des Ganges an die Straße draußen stieß, da glitten durch eine enge vergitterte Oeffnung einzelne Lichtstrahlen herein und beleuchteten grell die nächsten Särge. Dort tanzten auch die Moderstäubchen, welche unter unsern Schritten aufgewirbelt waren, in der glänzenden Luft um die vorspringenden Strebepfeiler. Dunkle unregelmäßige Streifen traten auf der bleigrauen Wand hervor, als ob eine Flüssigkeit dort an ihnen herabgetroffen wäre, und wo ein Schimmer Lichtes über sie glitt, da schillerten sie in feuchtem widerlichem Grün. Ich hatte meine Hand an die eisernen Stäbe gepreßt, während mein Auge abermals über die schweigende Genossenschaft vor mir hinflog. Wie ein Sturm umbrauste es meine Stirne, mir war, als sähe ich Deckel sich heben und als hörte ich Purpurfalten rauschen. Mein Ohr vernahm es wie drohenden Zuruf der Todten, deren Ruhe ich gestört, und ich fühlte Augen, die schon längst [39] geschlossen gewesen waren, in lebendigem Zorne auf mich gerichtet, da ermannte ich mich – eine Bewegung der Hand, die Betäubung war gewichen, ich eilte den Gang zurück, den wir herabgekommen waren, und warf keinen Blick zurück, bis ich draußen stand auf den Fliesen der Halle.

Als ich zu der Gesellschaft zurückkehrte, fand ich sie noch drüben im entgegengesetzten Gange. Mechanisch schritt ich den Uebrigen nach; die Namen der Todten, an welchen wir vorbeikamen, verhallten mir ungehört; daß sie keinen historisch wichtigen Persönlichkeiten angehörten, erfuhr ich später. Nur zwei Mal erwachte ich aus meinen Träumereien; vor dem kostbaren Sarge Margaretha’s von Spanien, der ersten Gemahlin Leopold des Ersten, der aus sechszehn Centnern reinen Silbers gearbeitet ist, und vor dem der Gemahlin des Kaisers Matthias, der ältesten Leiche, die seit dem Jahre 1618 hier ruht.

Und nun heraus aus den Räumen der Finsterniß und hinüber in die hellen und freundlicheren, würdig des Jahrhunderts, dessen Todte sie umschließen! Eine Reihe freistehender Pfeiler scheidet diese Hälfte der Gruft in zwei Theile, und die Bogenwölbungen der Decke wiederum bilden mit ihnen mehrere einzelne Grabkammern. Die erste, in die wir treten, enthält eine große Anzahl von Särgen, die im Kreise um einen gewaltigen Doppelsarkophag stehen. Auf dem letzteren blinken die Embleme der Herrschaft, Kronen und Hermelin. Faltige Purpurmäntel wallen von beiden Seiten herab und beschatten die figurenreichen Reliefs, welche die Wände des Monumentes schmücken. Hier schläft Maria Theresia und ihr Gemahl Franz der Erste in einem Grabe. Die sie umringen, sind ihre Kinder und nächsten Verwandten. Dort liegt Herzog Albert von Sachsen-Teschen, neben ihm seine Gemahlin Christine, die Lieblingstochter der Kaiserin. Beiden war ich schon in der Augustinerkirche begegnet, wo sich das Grabmal der Herzogin, ein Meisterwerk Canova’s, befindet. Die weiße Marmorpyramide mit dem Zuge klagender Gestalten, der auf sie zuschreitet, mit dem Genius, der sich trauernd auf einen düsterblickenden Löwen stützt, und der Inschrift über dem Eingange: uxori optimae Albertus, redet draußen zu der Welt – mächtiger aber zu dem fühlenden Herzen der stille Familienkreis selbst, in dessen Mitte wir hier stehen.

Wer aber ist der fürstliche Schläfer, der dieses bescheidene Haus sich erwählt hat? Eine viereckige Kammer aus dem schlechtesten Metall, aus trübem glanzlosem Blei, kein Schnörkel daran und kein Zierrath – wie dürftig erscheint sie unter den prunkenden Gemächern umher! Ihr einziger Schmuck ist ein Name – der Name Joseph der Zweite! Wer die Segnungen begriffen hat, die eine neue Zeit der Menschheit gebracht, den wird es wie Andacht umwehen an dieser Stätte! Wer noch Glauben hat an das Herz und an Leiden der Fürsten, der wird die Hände falten vor diesem Sarge! Joseph’s Denkmal in stolzer Imperatorentracht steht draußen auf dem Burgplatz, aber beredter als selbst die Worte der Inschrift: saluti suorum non diu vixit, sed totus – ist dieses schlichte Grab, das der mächtige Fürst sich erwählte im Bewußtsein der Richtigkeit seines Wirkens und Wollens und das er demuthsvoll hinstellen hieß zu den Füßen seiner Eltern.

Die folgende Zelle umschließt die Familie Kaiser Franz des Zweiten. Unter allen Habsburgern war mir kaum einer so widerwärtig, als dieser. Ueberall in den Straßen Wiens macht sich sein Name breit, auf Thoren, Monumenten, Schulen und Casernen. Sein langweiliges und hochmüthiges Gesicht hatte mich erst gestern geärgert, wo ich das prachtvollste goldene Gemach des Bellevuepalastes ausschließlich seinem Bilde reservirt fand, das überdies von himmlischen Genien – wenn nicht gar von den Musen gekrönt wurde. Auch hier in der Gruft mußte er etwas voraus haben; sein prunkender Sarkophag aus braunem Marmor dort auf dem Postamente mit dem unvermeidlichen „Franciscus imperator“ erschien wie das letzte Zeugniß eines nimmer endenden Stolzes.

Am Boden, in drei Ecken des Gewölbes, stehen die Särge seiner vor ihm gestorbenen Frauen; die vierte ist für die noch lebende Kaiserin Karolina Augusta bestimmt. Zu seiner Linken aber ruhen noch Zwei, die ihn angehen: seine Tochter Marie Louise und der Sohn seines Feindes, sein Enkel – der König von Rom. Draußen „im Garten von Schönbronnen“ hatte ich ihn gesucht, von Saphir’s Ballade verleitet – aber Niemand wußte mir dort von ihm zu sagen; nun fand ich ihn hier, zu äußerst an die Mauer gesetzt, wie es dem heimathlosen Fremdling geziemt.

Die zweite Reihe der Gemächer umschließt die Leichen des Kaiser Leopold des Zweiten und der Seinen, dann die in den letzten Jahrzehnten verstorbenen Glieder des Herrscherhauses und am äußersten Ende fünf Särge der Familie Toscana. Mitten unter Jenen ruht auch die Jüngste der Todten, die arme Mathilde. Vorhin erst war ich unter dem Fenster vorübergegangen, aus dem sie sich herausgebeugt, als die Flamme ihr Kleid erfaßte, und ich kannte das Gemach draußen in Hietzing, aus dem ihr grausiges Schmerzensgeschrei Tage und Nächte hindurch erklungen war, daß die Umstehenden kaum vermocht hatten, es zu ertragen. Nun war es so still da unter dem Deckel – verblichene Kränze und Guirlanden umfingen ihn noch, die letzten Gaben der Liebe. Ihr Vater hat der Stadt Wien jetzt für die Erlaubniß, seine beiden Paläste durch einen bedeckten Gang verbinden zu dürfen, vier Marmorgruppen geschenkt, zu denen die Blöcke allein vierzigtausend Gulden kosten. Was würde er wohl geben für die Todte hier unten in der Capuzinergruft?

Und nun – einsam steht dort der letzte Sarg in der letzten Zelle zur Rechten. Wer ist der Ausgestoßene, bei dem Niemand liegen gewollt hat, auch im Tode nicht? Sanftes Licht fließt über den zinnernen Schrein und die Kette verwelkter Blumen, die ihn umschlingt. Zwei silberne Kränze liegen oben auf, ein großer reichblätteriger zu Häupten – ein kleiner halbgeschlossener zu Füßen. Breite Seidenbänder, rothe und weiße, schmiegen sich unter der Guirlande hervor und flattern empor, da wir näher treten. Auf dem einen steht: „Erinnerung“, auf dem andern: „Maximilian Ferdinand Max, Erzherzog von Oesterreich, Kaiser von Mexico“ – der Erschossene von Queretaro!! Giebt es einen Sarg in einer Fürstengruft, der gewaltig redete gleich diesem? Den einzigen vielleicht drüben in Westminster, wo das Haupt eines Königs neben seinem Leichnam liegt. Beide gerichtet von ihren Völkern, beide Tyrannen genannt, und um der Tyrannei willen gefallen. Aber der Schuldigere war dieser hier gewiß nicht; mag man ihn kurzsichtig und verblendet schelten – sein Herz hat noch Niemand anzuklagen gewagt. Wie die Kränze blinken in trübem Schrein, als quöllen Thränen unter den silbernen Blättern hervor! Den hier unten haben die Damen von Mexico, jenen zu Häupten hat seine Gemahlin für seine Gruft geschickt – einstweilen, bis sie selbst zu ihm niedersteigt, wenn die Nacht des Wahnsinns einer friedlichen ewigen Nacht gewichen ist, und dann wird er nicht mehr einsam sein, hier wo Jeder unter den Geliebten seines Herzens ruht!

Wir schreiten rückwärts durch die stillen Gemächer. Freundlich erschienen sie mir zuvor, aber die Schauer des Todes durchwehen doch auch sie. Moder und Verwesung ist hier – was Licht und Leben heißt, quillt nur draußen, nur von oben herab, vom strahlenden Himmel!
Dr. Weck.