Kaiser Karls des Großen Schaafpelz
Album der Poesieen.
Nach Ingelheim zur Weihnacht in seine Pfalz am Rhein
Lädt König Karl die Ritter der Tafelrunde ein.
Die gegen die Lombarden jüngst siegreich sich geschlagen,
Will er nun gut bewirthen in diesen Wintertagen.
Die Herrn in welschen Schauben von Seide und feinem Tuch,
Mit zartem Pelz gefüttert, gar köstliche Gewande,
Die venetian’sche Schiffe geholt aus der Levante.
Die Paladine haben in Mailand wälsche Tracht
Sie kauften sich die Schauben von der lombard’schen Beute
Und gehn darin zu Hofe als sehr geputzte Leute.
Seit ihrer Heimkehr grüßen die Herrn zum ersten Mal
Den jugendlichen König daheim und sein Gemahl.
Die Königin, die holde, im schlichten wollnen Kleide.
Sie hat nicht nur ihr eig’nes, sie hat auch sein Gewand
Gesponnen, gewebt, geschneidert mit ihrer hohen Hand;
Sie hat mit Scheer’ und Nadel für ihn und ihre Kinder
Der junge König lächelt ob all dem Glanz und Prunk
Und beut den Paladinen vergnügt den Ehrentrunk.
Er ist gleich einem Knechte der Ritter anzuschauen
Und die Frau Königin gleichet der Magd der Ritterfrauen.
Der sieht der Herrschaft Stempel auf seine Stirn geprägt,
Und wer ihn auch nicht kennte, der würd’ es dennoch wissen,
Daß Ihm die tapfern Recken hier all gehorchen müssen. –
Am Morgen Karl entbietet zur Jagd die Kämpen all;
In ihren wälschen Schauben die Hofherrn und die Ritter,
Der König in der Kutte, dem Pelz vom deutschen Widder.
Wild braust der Sturm im Forste, dicht fallen Schnee und Eis;
Die Paladine frieren, dem König wird es heiß.
Und läßt mit stillem Lachen die Hörner lustig blasen.
Der Eber bricht durch’s Dickicht, ihm nach durch Busch und Dorn
Der König und sein Gefolge mit Armbrust, Spieß und Horn.
Bald an den Dornen hängen die feinen wälschen Fetzen;
Der Schnee fällt immer feuchter, die Ritter werden naß,
Der König reitet trocken fürbaß ohn’ Unterlaß
Bis daß das Wild getroffen am Waldessaum sich wälzet.
Und rings der Schnee von Blute geröthet wird und schmelzet.
Herr Karl kehrt mit den Rittern in eine Mühle ein,
Da läßt er in den Ofen einfeuern tücht’ge Blöcke,
Daß sich die Jäger wärmen und trocknen ihre Röcke.
Indeß sie Imbiß nehmen und trinken firnen Wein,
Der derbe Pelz des Königs behält die Form, die alte,
Als wär’ ihm nichts begegnet im rauhen Bergeswalde.
Am hellen Tage kehren mit Beute Mann und Roß
Im lustigen Hörnerklange zum Ingelheimer Schloß,
In Schauben, die zu eng sind, zerrissen und verschossen.
So kommen sie zu Hofe und gehen zum Bankett,
Ach, heute so unsauber und gestern noch so nett!
Die Frauen lachen weidlich. Was hilft’s! Auch gute Miene
Der König nimmt den Becher und spricht: „Thut mir Bescheid!
Es lebe deutsche Sitte! Es lebe deutsches Kleid!
Die schützen Herz und Magen, die wahren Haupt und Glieder
Und halten in der Kälte und in der Hitze wider.“