König Salomon und der Sperling
König Salomon und der Sperling.
Einst stand der König Salomon
Am Fenster früh um Sechse schon
Und sah mit Stolz und Herzensfreude
Auf seines Tempels Prachtgebäude,
Erst kürzlich unter Dach gebracht.
Nun lag es da im Sonnenschein
Hell wie ein großer Edelstein.
Da nahm des Königs Auge wahr
Das zwitschernd flog und liebesfroh
Sein Nestlein flocht aus Heu und Stroh.
Und da der Weise, wie bekannt,
Die Vogelsprache gut verstand,
Zu seiner Hausfrau so begann:
„Was meinst du,“ sprach der Meister Spatz
Und blähte seinen Busenlatz,
„Wenn ich gebrauchend meine Stärke
Ein Tritt von mir – Geliebte, glaube –
Und dieser Tempel liegt im Staube.“
„Du Prahlhans!“ lachte Salomon
Und rief den Spatz vor seinen Thron
Von meinem Tempel so gering,
Daß du zu stürzen dich getraut,
Was tausend Hände aufgebaut?“
„Verzeiht mir,“ sprach der Spatz dagegen,
Auf daß, die mich zum Herrn gewann,
Respect bekommt vor ihrem Mann.“
Da lachte König Salomon
Und neigte sich von seinem Thron
So unrecht hast du eben nicht.
Was doch ein grundgelehrter Mann
Von einem Sperling lernen kann!“
Er sprach’s und ging mit festem Schritt
Rudolf Baumbach.